Hongkong Action-Nacht
am Freitag, den 08.02. um 20:30 Uhrim Kino Babylon
Aufgepasst liebe Bali-nesen: Ist unser kleines Hagener Bahnhofskino doch eher
bekannt dafür, sich im feuchten Kellermuff des Genrekinos mit den
fragwürdigen Nachbarskindern unterhaltsam im Schlamm zu suhlen,
kommt diesmal die Fernost-Post direkt aus dem chinesischen Film-Olymp
der frühen 90er Jahre. Also werft euch in euer feinstes Geschmeide,
brezelt euch auf und macht euch fein, denn diesmal wird wirklich das
richtig gute China-Porzellan aufgetragen! Mit dem Bali-Orientexpress
gibt es bei BLUT, REIS UND TRÄNEN gleich zweimal das ganz große
Unterhaltungskino aus Fernost zu sehen.
Dem jüngst und
mit 63 Jahren deutlich zu früh verstorbenen Regisseur RINGO LAM
widmet der Filmclub BALI die erste unerhörte Volldröhnung, die
einem wie heißes Blei und kalter Stahl gleichzeitig unter die
Netzhaut dringt. Waren Ringo Lams Hongkong-Filme (u.a. CITY ON FIRE,
PRISON ON FIRE) immer der realistisch krasse wie harte Gegenentwurf
zu John Woos emotional aufgeputschten Blut- und Blei-Opern, so gab er
sich 1992 ähnlich wie Woo mit HARD BOILED dem Exzess hin.
(Ringo Lam)
Mit
Hilfe von Chow Yun Fat, Anthony Wong und Simon Yam inszeniert Ringo
Lam die thailändische Gangsterwelt in unserem Film Nummer 1 als
grellbuntes Loony Tunes auf Crack im Blutrausch Spektakel. Hier geht
alles über Bord und der Schauspiel-Verstärker wird erfolgreich
mindestens auf Zwölf gedreht. Die Stars sind komplett gegen den
Strich besetzt und mit einer erfreulich unverantwortlichen Mischung
aus schwitzendem Sex und brachialer Gewalt floppte der Film massiv
auf dem heimischen Markt. In Übersee wurde Lams überbordender
Gewalt-Comic zum verdienten Kulthit. Der Begriff „Manga in Motion“
trifft ins Schwarze und sorgte mit seinem ungehobeltem, blutigem
Machismo und unverfrorenem Eskapismus, einschließlich damals neuer
inszenatorischer Sperenzchen, für eine der hübsch
selbst-entlarvensten Fehleinschätzungen in der deutschen
Genre-Filmkritik jener Zeit:
„Zwischendurch gibt’s ein
paar nette Schusswechsel, die aus der Sicht der Kugel gefilmt werden.
Das war’s aber auch schon. Husch, husch in’s Massengrab mit Dir,
du kleiner Drecksfilm!“
---- Thomas Schweer in Splatting Image Nr. 12 / 1993
Richtig ist:
„[The Film] is simply an awesome movie highly recommended to all gun-worship
bloodshed fans.“
---- Rick Baker, Toby Russell in The Essential Guide to Hongkong Movies 1994
Nach
dieser brutalen Comic-Abrissbirne in der Unterwelt von Bangkok geht
es mit Regisseur Ronny Yu weit zurück in die chinesische Mythenwelt:
Unser zweiter BALI-Film ist mit Abstand die bezaubernd mitreißendste
Legenden-Adaption der kompletten New Wave Kung Fu Welle der 90er
Jahre. In der legendären chinesischen Kämpferwelt von Jiang Hu
treffen verfeindete Clans aufeinander, die sich ordentlich ans Leder
wollen. Mittendrin ein Liebespaar wider Willen, das zwischen
Loyalität, traditionellem Gehorsam und der eigenen Leidenschaft
zerrissen wird. Klingt irgendwie nach Shakespeare in Fernost? Ist
aber millionenfach besser. Die bezaubernde Brigitte Lin (POLICE
STORY, SWORDSMAN 2) lässt sich hier wegen Leslie Cheung
(A CHINESE GHOST STORY,
A BETTER TOMORROW) graue bzw. weiße Haare wachsen und plättet aus
Gram, alles was sich ihr in den Weg stellt. Gesegnet mit opulenten
Bildern von Kameramann Peter Pau und einem Ohrwurm-Soundtrack, der
einem auch lange nach Filmende noch durch den Kopf wandert,
verzaubert dieses Meisterwerk von Anfang bis Ende.
(Brigitte Lin)
Inszenatorisch
eine bunt beleuchtete Neuauflage und Hommage an das klassische
Studiokino der Shaw Brothers ist der Film gespickt mit wuchtigen
Kampfszenen aus der Hand von Action-Choreograph Phillip Kwok (Mad Dog
aus HARD BOILED) und John Woos Stamm-Editor David Wu. Das schwerelose
Schwertspektakel reißt aber vor allem emotional voll mit. Herzen
werden gebrochen und Menschen zerteilt, während das Schicksal des
chinesischen Kaiserreichs mal wieder deutlich auf der Kippe steht.
Eintritt wird nur mit einem Extra-Vorrat an Taschentüchern
gestattet.
„My last film is from my heart.“
---- Ronny Yu, Interview von Barrie Pattison in HKFC 1994
[Tausend Dank an Gastautor Kay Pinno für den wunderbaren Text!]
Die auf dieser Netzpräsenz veröffentlichten Filmbesprechungen haben rein
filmjournalistische Bedeutung. Das verwendete Bildmaterial dient nicht zu Werbezwecken,
sondern ausschließlich zur filmhistorischen Dokumentation.