2. Böse Blagen-Nacht
am Freitag, den 08.01. um 20:30 Uhr im Kino Babylon
Kinder
sind etwas Scheußliches. Sie stinken, sind laut und machen nichts
als Dreck und Arbeit. Außerdem kosten sie Unmengen von Kohle, die
man für sinnvolle Dinge wie Saufen & Rauchen ausgeben könnte:
Windeln, Kindertagesstätte, Schulbücher – ein Vermögen! Kleine
Kinder sind ja schon der blanke Horror, wie wir in unserer
1. Böse Blagen-Nacht
vor ein paar Jahren bewiesen haben – richtig schlimm wird es aber
erst, wenn die Rangen in die Flegeljahre kommen. Was wir mit der nun
folgenden 2. Filmnacht anschaulich darlegen werden!
Sie
rasen durch die Straßen – und die Gassen – sie sind
menschenleer…“ – So sangen Anno 1965 die
Yankees
in ihrem populären Gassenhauer „Halbstark“, und was für die
Beatschuppen und Tanzdielen galt, das galt erst recht für die
Lichtspielhäuser: Juvenile Delinquent-Filme
waren der letzte Schrei. Die Leinwände der Kinos wimmelten von
rüpelhaften Rowdys, denen die Schmalztolle keck in die Stirn wippte,
ausstaffiert mit schwarzem Leder und engen Bluejeans, die blonde
Biene auf dem Sozius ihrer heißen Öfen, die Fluppe lässig im
Mundwinkel, das Springmesser und die Mofakette stets griffbereit.
Das (Sub-)Genre reicht zurück bis 1949, zu Kurt Neumanns BAD BOY
(„Gefängnis ohne Gitter“). Die Hochzeit der B- und C-Filme um
kriminelle Jungspunde lag in den 50er Jahren und bescherte und
klangvolle Titel wie SO YOUNG SO BAD („So jung und so verdorben“,
1950), THE NIGHT HOLDS TERROR („Die Nacht ist voller Schrecken“,
1955), TEEN-AGE CRIME WAVE (1955), HOT ROD GIRL (1956), TEENAGE REBEL
(„Moderne Jugend“, 1956), MOTORCYCLE GANG („Lederjacken rechnen
ab“, 1957), REFORM SCHOOL GIRL („Mannstoll und gefährlich“,
1957), HOT CAR GIRL („Die letzte Mahnung war aus Blei“, 1958)
oder RIOT IN JUVENILE PRISON („Jugend ohne Gesetz“, 1959).
Aber
auch höher budgetierte Produktionen zählten dazu, die sich zu
Kassenschlagern und später nicht selten zu Kultfilmen mauserten:
Laslo Benedeks THE WILD ONE („Der Wilde“, 1953) mit Marlon
Brando, Richard Brooks‘ BLACKBOARD JUNGLE („Die Saat der Gewalt“,
1955) mit Glenn Ford und Anne Francis, Nicholas Rays REBEL WITHOUT A
CAUSE („…denn sie wissen nicht, was sie tun“, 1955) mit James
Dean oder Don Siegels CRIME IN THE STREETS („Entfesselte Jugend“,
1956) mit John Cassavetes.
Die
meisten Lichtspiele über adoleszente Kriminelle kamen aus den USA,
aber auch in Deutschland (Georg Tresslers DIE HALBSTARKEN [1956] mit
Horst Buchholz und Karin Baal), England (Basil Deardens VIOLENT
PLAYGROUND [„Kinder der Straße“, 1958]), Frankreich (Francois
Truffauts LES QUATRE CENTS COUP [„Sie küssten und sie schlugen
ihn“, 1959]) oder Mexiko (Luis Buñuels LOS OLVIDADOS [„Die
Vergessenen“, 1950]) erfreuten sie sich großer Beliebtheit beim
Kinopublikum. In Japan waren die
Juvenile Delinquent-Stoffe
so populär, dass mit den Sukeban-Filmen
sogar ein Sub-Genre innerhalb des Sub-Genres entstand.
Auf
Japan wird sich auch unser Fokus in der ersten BALI-Filmnacht Anno
2016 richten, zuerst geht die Reise aber in die USA. Der erste
Filmbeitrag ist ein Meilenstein der Sozialstudien über schwer
sozialisierbare Halbstarke und wurde 1982 von Mark L. Lester in Szene
gesetzt.
Der
junge Lehrer Andy Norris (Perry King) wird an eine Schule versetzt,
wo Lehrkräfte und Mitschüler von einer brutalen Punker-Bande
terrorisiert werden. Norris Bestreben, dem üblen Treiben auf
friedfertigem Weg ein Ende zu bereiten, führt zur Vergewaltigung
seiner Frau durch die kriminellen Halbstarken. Daraufhin sieht der
gedemütigte Lehrer rot und geht ebenso schonungslos gegen die
gewalttätige Gang vor…
Soll heißen: Statt Diskussionsrunden mit Veilchentee, regiert die
Selbstjustiz, und die Blutwurst kreist im Quadrat!
Da
verstand auch das „Lexikon des internationalen Films“ keinen Spaß
mehr:
„Der zynische Film, bar jeglichen moralischen Anspruchs, versucht seine
Botschaft, dass auf Mord und Terror nur mit Terror und Mord
geantwortet werden könne, auf besonders perfide Weise zu
vermitteln.“
Filmbeitrag
Nummer Zwei führt uns in eine nicht allzu ferne Zukunft in Japan, wo
das schulische Bildungssystem restlos versagt hat und die Regierung
verhaltensauffällige Schüler bewaffnet auf einer abgelegenen Insel
aussetzt, wo es dann heißt: Jeder gegen jeden, nur einer darf
überleben. Der im Jahr 2000 inszenierte Film von Meiserregisseur
Kinji Fukasaku präsentiert sich als böse Satire in Form eines
staatlich sanktionierten Menschenjagd-Spiels, die nicht nur den
desolaten Stand der japanischen Gesellschaft spiegelt, sondern
allgemein Formen der medialen Reizüberflutung thematisiert. In
Deutschland wurde diese kompromisslose Mixtur aus LORD OF THE FLIES
und THE MOST DANGEROUS GAME weidlich missverstanden, und so bekam
selbst die stark geschnittene Version von der FSK keine Freigabe und
wurde am 30. Juni 2006 indiziert.
Wir führen selbstverständlich die unzensierte Fassung vor!
„Den jungen Darstellern, die alle ohne Stuntdoubles arbeiteten, kauft man
ihr Verhalten in der perversen Lage überwiegend ab. Stellen- und
charakterweise wird es auch mal so überzeichnet, dass es im
wörtlichen Sinne irr-witzig erscheint und einen Unterhaltungswert
hinzufügt.“
---Andreas Becker auf Filmstarts.de
Die auf dieser Netzpräsenz veröffentlichten Filmbesprechungen haben rein
filmjournalistische Bedeutung. Das verwendete Bildmaterial dient nicht zu Werbezwecken,
sondern ausschließlich zur filmhistorischen Dokumentation.