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DIE 7 GOLDENEN VAMPIRE

("The Legend of the 7 golden Vampires",Großbritannien/Hongkong 1974) R: Roy Ward Baker

Transsylvanien 1804: Der chinesische Hohepriester Kah (Chan Shen) hat eine lange und beschwerliche Reise in die Kaparten angetreten, um den berühmten Grafen Dracula (John Forbes-Robertson) in dessen Burgfeste aufzusuchen. Er erbittet die Unterstützung des Fürsten der Finsternis, denn um die fernöstliche Zweigstelle in Sachen Blutsaugerei steht es schlecht: Der Einfluss der Vampire auf die Landbevölkerung schwindet zusehends und man fordert Hilfe von erfahrener Hand an. Doch der Graf hat andere Pläne: Sein unsterblicher Geist fährt in Kahs Körper, um die Sache höchstpersönlich in Angriff zu nehmen...
Knapp 100 Jahre später in China: Der altgediente Anthropologe und Vampirjäger Van Helsing (Peter Cushing) hält Vorträge über die Legende der 7 Vampire an der Universität von Chungking, wo ihn jedoch keiner der Studenten für voll nimmt — außer dem jungen Kung Fu-Kämpfer Hsi Ching (David Chiang), der aus dem Dorf stammt, in dessen Umfeld die 7 Unholde wüteten. Zeitgleich lernt Van Helsings Sohn Leyland (Robin Stewart) die schöne und reiche Schwedin Vanessa Buren (Julie Ege) kennen, die sich bereit erklärt, die gefahrvolle Expedition zu Hsi Chings Heimatdorf zu finanzieren — unter der Bedingung, mitreisen zu dürfen. Van Helsing willigt ein, und unter Geleitschutz der acht kampferprobten Geschwister von Hsi Ching begibt das Team sich auf die Reise zum Hort des Unheils...
Die 7 goldenen Vampire
Hossa, was für ein Höllenspaß! Die DVD steht bereits seit einiger Zeit angestaubt in meiner Sammlung und wurde bislang schmählich missachtet, was sich als grobe Fahrlässigkeit herausstellte — denn der Film ist absolut wunderbar!
Mitte der 70er Jahren waren die Hammer-Studios an dem Punkt angelangt, wo neue Schauwerte ran mussten, um ihr angestaubtes Grusel-Kintopp für jüngere, an härtere Gangarten gewöhnte Zuschauer schmackhaft zu machen und die Kassen wieder klingeln zu lassen. Vornehmlich bedeutete dieser Entschluss vor allem: mehr Blut, mehr Titten! Gleichzeitig versuchte man jedoch auch neue und unverbrauchte Konzepte in die gängigen Hammer-Sujets einfließen zu lassen. Neben den beliebten Spaghettiwestern lockten vor allem ruppige Martial Arts-Streifen das zahlende Publikum in die Lichtspielhäuser. Auch die erfolgreiche Vermischung dieser beiden Genres hatte bereits mehrmals funktioniert, so bei FÄUSTE, BOHNEN... UND KARATE von Tonino Ricci, IN MEINER WUT WIEG ICH VIER ZENTNER von Antonio Margheriti und DER MANN MIT DER KUGELPEITSCHE von Mario Caiano. Insofern war es nur ein konsequenter Schritt, auf der Welle mitzusegeln und das britische Gothic-Gruselkino mit asiatischen Handkanten-Krachern zu verweben. Die Hammer-Studios gingen eine Allianz mit den Shaw Brothers ein und produzierten im Jahr 1974 den äußerst unterhaltsamen DIE 7 GOLDENEN VAMPIRE.
Die zunächst etwas absurd anmutende Verquickung von Motiven des typischen Vampirfilms aus der Hammer-Schmiede mit dem Kung Fu-Kino aus Hongkong funktioniert prächtig. Der Film bietet ansprechend gefilmte Actionszenen deren Hauptaugenmerk natürlich auf rasantem Kung Fu liegt. Die Ausführung muss man als sehr gelungen bezeichnen, was nicht weiter verwundert, wurden die Kampf-Sequenzen doch vom Shaw Brothers Haus und Hof-Regisseur Chang Cheh choreographiert. Aufgrund der bunten Palette verschiedener Kämpfer und Martial Arts-Stile (es gibt einen "Axtmann" mit zwei Beilen, einen Speermeister, einen Keulenklopper und eine süße Mieze mit zwei Kurzschwertern) wird reichlich Abwechselung geboten, und obendrein weht ein Hauch von DIE REBELLEN VPM LIANG SHAN-PO durch die Kulissen. Aber auch der Horror kommt nicht zu kurz — die 7 titelgebenden Blutsauger kommen schön morbide daher, und wenn die zombifizierten Skelett-Lakaien der Vampire sich aus ihren Grüften wühlen, wird man auf wohlige Weise an DIE NACHT DER REITENDEN LEICHEN erinnert. Überhaupt sind die hüpfenden Knochenköppe mit ihren Sensen eine Wucht. Sehr gelungen ist auch eine Konstruktion im Kerker des Obervampirs Kah alias Dracula, die dazu dient, halbnackten Jungfern das Blut abzuzapfen und in einen brodelnden Suppenkessel fließen zu lassen. Darüber hinaus wird recht beherzt gemetzelt, besonders beim finalen Massaker bleibt kein Armstumpf trocken, und die Untoten zerfließen und zerfallen auf drastische Art zu stinkenden Eitertümpeln.
Die Kameraführung von Roy Ford und John Wilcox ist ein Augenschmaus, die stimmungsvolle Ausleuchtung gemahnt gelegentlich sogar an Bava und Argento — satte Rot- und Grüntöne dominieren die Bildgestaltung, besonders in den häufigen Grotten- und Gewölbeszenen. Für die sehr straffe, schnörkellose Inszenierung zeichnet Roy Ward Baker verantwortlich, der bereits mit DAS GRÜNE BLUT DER DÄMONEN und GRUFT DER VAMPIRE solide Kost ablieferte. Als Pluspunkt bei der Erzeugung von Atmosphäre kann man auch die zuweilen sehr hektische Musik von James Bernard (u.a. DRACULA) anführen.
Der Clou ist natürlich die Besetzung: Mit Peter Cushing und David Chiang wurden die Superstars des jeweiligen Genres unter Vertrag genommen. Gefehlt hätte eigentlich nur noch Christopher Lee als Graf Dracula, der lehnte jedoch dankend ab, ergo wurde auf den wenig charismatischen John Forbes-Robertson zurückgegriffen — da er aber nur einen Kurzauftritt absolviert, ist diese "Fehlbesetzung" zu verschmerzen. Draculas asiatischen Wirtskörper gibt uns Kung Fu-Ikone Chan Shen, bekannt aus DIE 36 KAMMERN DER SHAOLIN und dem schon erwähnten Italowestern-Crossover IN MEINER WUT WIEG ICH VIER ZENTNER. Cushing spielt seinen Van Helsing auf die ihm eigene kühle und präzise Manier, dabei stört es auch nicht weiter, daß er zuweilen etwas deplaziert in der Gegend herumsteht, wenn die Schwerter und Fäuste fliegen. David Chiang (DIE GNADENLOSEN FÜNF, BLUTSBRÜDER DES KUNG-FU) gehörte neben Wang Yu, Alexander Fu Sheng oder Ti Lung zu den populärsten Darstellern im Martial-Arts-Genre der 1970er Jahre. Die niedliche Szu Shih (DER TEMPEL DER SHAOLIN) spielt die einzige Schwester von Hsi Ching, fechtet mit zwei Kurzschwertern und darf sich einer Romanze mit Robin Stewart hingeben. Als sehr angenehm empfand ich auch die Anwesenheit von Bond-Girl Julie Ege (CRAZE — DÄMON DES GRAUENS), die ursprünglich aus Norwegen und nicht (wie im Film) aus Schweden stammt. Die aparte Schönheit trat nach den 7 GOLDENEN VAMPIREN nur noch in einer schwachen englischen Erotikkomödie namens PERCY — DER POTENZPROTZ auf, dann verschwand sie von der Leinwand. Vor zwei Jahren verschwand sie leider auch aus dem Leben. Im Film bahnt sich zwischen ihr und David Chaings Charakter eine Liaison an, jedoch stehen diese zarten Bande unter einem düsteren Stern...
Perfekt wäre der Film geworden, wenn das Skript sich etwas mehr Zeit bei der Beleuchtung der Charaktere gelassen und die etwas farblosen Figurengerippe mit mehr Fleisch bestückt hätte. Aber dieses "Manko" ist ja fast schon als Markenzeichen der Hammer-Produktionen zu bewerten, die mit ihrem naiv-kindlichen Charme oftmals das wohltuende Flair eines Europa-Gruselhörspiels verströmen.
Fazit: Grandiose Unterhaltung mit leichten Exploitation-Anteilen, die mir einen extrem vergnüglichen und entspannten Filmabend bereitet hat. Hier kann nur die volle Punktzahl gezogen werden!

Die DVD kommt von Warner Home-Video und weist eine vorzügliche Bildqualität im schönen 2,40:1-Format auf. Bonusmaterial ist leider Fehlanzeige.
- Pelle -





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