Filmclub Bali
   
 

SKLAVIN FÜR EINEN SOMMER

(„L'alcova“, Italien 1984) R: Joe D‘Amato

Nippel, Strapse, Bärenmarke

Italien zur Zeit der Herrschaft des verwirrten Herrn Mussolini. Alessandra (Lilli Carati) teilt das Bett gern mit ihrer Angestellten Wirma (Annie Belle), die Damen erwarten jedoch die unmittelbar bevorstehende Rückkehr von Elio (Al Cliver), dem Ehegatten der lüsternen Alessandra, welcher in Afrika dem blutigen Handwerk des Krieges nachging. Im Köfferchen schleppt Elio diverse Mitbringsel an, die Krönung seines Beutezuges sorgt zunächst für erstaunte Empörung seitens Alessandra. Unglaublicherweise stellt ihr der holde Göttergatte eine dunkelhäutige Schönheit namens Zerbal (Laura Gemser) vor, die Tochter eines Stammesfürsten, eine afrikanische Prinzessin, die nun zum persönlichen Besitz des Heimkehrer zählt. Obwohl sich die Dame des Hauses zunächst echauffiert, findet sie recht schnell mehr und mehr Gefallen an den Vorzügen der exotischen Perle. Für Wirma bricht eine harte Zeit an, da sie nun ihrer eigentlichen Aufgabe nachkommen muss, sie steht Elio als Sekretärin zur Seite, soll die geistigen Ergüsse des Schriftstellers in die Schreibmaschine hacken. Schwerer wiegt allerdings, dass sich Alessandra zunehmend von ihr abwendet. Zerbal gewinnt zunehmend Einfluss auf Alessandra, die Italienerin scheint der Abessinierin regelrecht zu verfallen. Derweil wird Elio von Geldsorgen geplagt, denn die Schriftstellerei erweist sich als wenig ertragreich. Schließlich kommt dem Hausherrn die glanzvolle Idee, mit der Produktion eigener Pornofilme Geld in die leere Kasse zu spülen. Alessandra, Wirma und Zerbal sollen die Stars seiner Machwerke werden, beim ersten Dreh kommt es zu einem schrecklichen Vorfall…
Sklavin für einen Sommer
Joe D’Amato wird heute meist mit den noch immer recht bekannten Horrorfilmen „Sado – Stoß das Tor zur Hölle auf“ (Buio Omega, 1979) und „Man-Eater – Der Menschenfresser“ (Antropophagus, 1980) in Verbindung gebracht. Tatsächlich war aber D’Amatos (bürgerlich Aristide Massaccesi) vorrangiges Schaffensfeld der erotische Film, oft vermischte er Horror und Erotik, in der späten Phase seiner Karriere (ab den frühen neunziger Jahren) wich die Erotik der Pornographie. Nicht überraschend, bekanntlich ging das italienische Genrekino in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre weitgehend den Bach herunter. Ergo lag der Umstieg auf HC-Gerödel nahe, hatte D’Amato doch bereits zuvor den einen oder anderen HC-Streifen inszeniert. Als Kameramann gestartet, werden seine Fähigkeiten hinter dieser Gerätschaft selbst von Skeptikern selten in Frage gestellt, während er als Regisseur keinesfalls unumstritten ist. Ich mag die Arbeiten von D’Amato sehr, meiner Meinung nach verfügt er über ein treffsicheres Gespür für Atmosphäre, mich fesseln die Filme des geilen Römers mit Nachdruck.
Sklavin für einen Sommer möchte ich nicht auf das (schöne) Thema Erotik reduzieren. Nicht nur drei attraktive Frauen sind die Zierde des Streifens, der interessant gezeichnete Charaktere und deren Leidenschaften zum Leben erweckt. Jede Figur ist auf ihre Art verdorben und niederträchtig, die Herren neigen gar zur ausgeprägten Stumpfsinnigkeit, doch kein Beteiligter bleibt auf ein völlig eindimensionales Abziehbild beschränkt. Auf den ersten Blick mag recht plump die Ausbeutung des afrikanischen Kontinents anprangert werden, doch das vermeintliche Opferlamm ist weitaus cleverer als die Mitglieder der "Herrenrasse" annehmen. An dieser Stelle geht D’Amato angenehmerweise nicht den einfachsten Weg, er tappt nicht in die Falle die aus ihrem Umfeld gerissene Afrikanerin als gute Seele der Handlung darzustellen, sondern zeigt uns eine verschlagene und eiskalt berechnende Rachegöttin, eine tragische Rachegöttin. Sklavin für einen Sommer bewertet die Taten der Charaktere nicht, er wirft dem Zuschauer die Brocken ins Gesicht, ganz nach dem Motto: Denk dir deinen Teil dazu. Die Thematik Mussolini wird ab und zu am Rande behandelt, auch hier verzichtet der Film auf den erhobenen Zeigefinger, dem aufmerksamen Betrachter werden diverse Seitenhiebe sicher nicht entgehen. Die kleine Gesellschaft lebt in ihrer eigenen (Bett-)Nische (siehe Originaltitel), zelebriert in aller Ausführlichkeit ihren hauseigenen Faschismus (dessen Auswüchse in ein grausiges Desaster münden). Unterschiedliche Interpretationen des Stoffes sind fraglos möglich, vermutlich wird das Publikum zu einer gespaltenen Ansicht bezüglich Gewichtung der kritischen Zwischentöne der Erzählung gelangen.
Die kleine und feine Besetzung soll nicht ohne Würdigung bleiben, starten wir mit den Damen. Klaro, Laura Gemser ist der Star, die Chefin im Ring. Gemser ist in einigen Flicks des Herrn D’Amato zu bewundern, wie das Kino des Stiefellandes ging ihre Karriere wenig später über den Jordan (Po?, Tiber?). Meist spielt Laura die gute und liebenswerte Heldin (siehe „Black Emanuelle“), diesmal zeigt sie uns eine arrogante und durchtriebene Person, geizt dabei freilich nicht mit ihren Reizen. Ich schrieb bereits mehrfach, dass Laura Gemser "gar nicht so richtig" (oh weh) in mein lüsternes Beuteschema passt, bevorzuge ich doch Damen mit etwas üppigeren Rundungen der Freude. Wie dem auch sei, Laura nimmt eine Sonderstellung (wie belieben?) ein, ich mag und respektiere ich natürliche Eleganz und Schönheit. Übrigens könnte ich mir in der Rolle der Zerbal sehr gut Ajita Wilson vorstellen, die die teuflische Seite der Prinzessin eventuell noch eine Spur intensiver vorgetragen hätte (verzeih mir bitte, liebe Laura). Indes ist Lilli Carati gewissermaßen die perfekte Besetzung für den Part der ständig nach sexueller Befriedigung gierenden Hausherrin. Ein rassiges Weib mit ansprechenden Kurven, verloren im Taumel der Lust, die herablassende Fassade bricht völlig in sich zusammen. Herrlich die deutsche Synchronisation: (Alessandra erblickt erstmalig Zerbal):
"Um Gottes Willen! Sie ist ja eine Negerin! Was ist dir bloß in den Sinn gekommen, mir eine Negerin ins Haus zu schleppen!?"
Wer in diesem Spiel der wahre "Neger" ist? Ihr könnte es euch ausmalen, Frau Gemser sicher nicht. Mein sinnlicher Höhepunkt trägt den Namen Annie Belle, die als verstoßene Wirma bezaubernd und anziehend wirkt. Wenn sie im Garten sitzend, den Blick auf ihre (in schwarze Nylons) gekleideten Schenkel freigibt, hängt nicht nur Gärtner Nello die Zunge meterweit aus dem Schlund. Wirma muss schmerzhaft erfahren, dass sie für Alessandra lediglich ein nettes Spielzeug war. Der Stachel des Verlustes sitzt tief, doch es kommt noch viel schlimmer. Wenden wir uns nun den Herren zu. Al Cliver gefällt mir als Taugenichts mit ausgeprägtem Hang zu Selbstüberschätzung sehr gut, sein Elio ist ein stupider Drecksack, dem es vor allem um die Erfüllung der eigenen Begierden geht. Roberto Caruso spielt Furio, den unscheinbaren Sohn Elios, der seine Stiefmutter Alessandra nicht ausstehen kann, dafür aber umso mehr für Wirma übrig hat. Eine Szene hat mich vor Lachen fast vom Sofa gerissen: Furio steckt für einen kurzen Moment seine Zunge in das Allerheiligste seiner Angebeteten, als diese ihn dann doch zurückweist, gibt er sinngemäß folgende Worte von sich: "Ich wollte dir nicht zu nahe treten" (grandios, muss ich mir merken)! Den letzten Schliff erhält das Ensemble durch die omnipräsente Nebenrollen-Gesichtsruine Nello Pazzafini, welcher in der Rolle des Gärtners nur anscheinend ein zurückhaltender Bursche ist. Die Maske fällt, mehr verrate ich nicht.
Für auf Spannung, Krawall und Hektik konditionierte Zuschauer ist Sklavin für einen Sommer mit Sicherheit nicht geeignet. Wer Schwierigkeiten mit Erotik und Nacktheit hat, sollte ebenfalls einen Bogen um diesen Film machen. Mir haben die erotischen Szenen gut gefallen, es muss nicht immer HC sein, in den letzten Jahren finde ich mehr und mehr Gefallen an den oft gescholtenen "Softsexfilmchen". Warum auch nicht, manchmal ist prickelnde Erotik weitaus phantasieanregender als pures Gerammel im Dauerzoom. Sowieso bietet uns Joe D’Amato hier mehr als nur nackte Haut und schicke Strapse. Schöne Frauen und hässliche Kerle, allesamt verdorbene Fieslinge, großes Drama, ansprechende Kulissen, obendrauf diese typische D’Amato-Atmosphäre, von der ich mich mit Vorliebe einsaugen lasse. Danke dafür!
Die DVD aus dem Hause X-NK / X-Rated ist nicht sensationell geraten, geht aber insgesamt als brauchbar durch. Wie üblich kommt die Scheibe in einer großen Hartbox daher, auf dem Silberling ist eine kleine Prise Bonusmaterial zu finden.
7/10 (gut) + diverse Wohlfühlpunkte, verbunden mit einer Sichtungswarnung für "normale" Zuschauer!
Lieblingszitat:
"Die Bräuche der Weißen sind heuchlerisch und voller Scham."

- Blap -





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