Filmclub Bali
   
 

PUSHER -Trilogie

(Dänemark, 1996-2005) R: Nicolas Winding Refn



Pusher 1 (1996)

Dealer Frank (Kim Bodnia) hängt mit seinem Kumpel Tonny (Mads Mikkelsen) in Kopenhagen ab und schlägt sich mit kleinen Rauschgiftgeschäften durch. Ein großer Heroindeal mit einem schwedischen Ex-Mithäftling soll ihm die ganz dicke Kohle einfahren. Der Handel platzt jedoch, die Zivilfahndung überrascht Frank und er ist gezwungen, den Stoff in einem See zu versenken. Zwar lassen die Bullen ihn nach 24 Stunden mangels Beweisen laufen, nun schuldet er aber dem serbischen Mittelklasse-Unterweltkönig Milo (Zlatko Buric) stolze 230 000 Kronen, weil der das Geschäft vorfinanziert hat. Die Kohle muss er binnen drei Tagen ranschaffen. Obendrein singt Tonny bei der Polizei, worauf Frank ihn mit einem Baseballschläger zu Brei schlägt. Die Zeit läuft Frank davon und somit verzettelt er sich allerlei dubiosen Geschäften, zockt seine Kumpels ab, macht weitere Schulden und reitet sich immer tiefer in die Scheiße. Milo setzt seinen Leibwächter, den eigentlich sensiblen Knochenbrecher Radovan (Slavko Labovic), auf Frank an. Von allen Seiten ziehen sich die Schlingen um seinen Hals zusammen...

Pusher 2 (2004)

Tonny, dessen Kopf seit der Behandlung durch Franks Baseballknüppel arg gelitten hat, kommt nach Abbuße einer Haftstrafe zurück auf freien Fuß. Der Empfang "draußen" fällt alles andere als warm aus: Sein Vater, der Hehler und Autoschieber "Der Schmied" (Leif Sylvester) ist nicht gerade begeistert, seinen missratenen und dummen Sohn aufnehmen zu müssen und spart seine Zuneigung für seinen zweiten Sprössling Waldemar auf. Seine Ex-Freundin Charlotte (Anne Sorensen) überrascht ihn mit einem Stammhalter und verlangt Alimentezahlungen. Durch seinen früheren Kumpel, den Zuhälter Mösen-Kurt (Kurt Nielsen), gerät Tonny in Nullkommanix zurück auf die schiefe Bahn und verdingt sich mit Dealereien. Als Kurt einen Drogenhandel vergeigt, steckt auch Tonny mit in der Bredouille – sämtliche Versuche, sich ein Quentchen Respekt zu erarbeiten, gehen sattsam in die Hose. Schließlich wird er bis zum Äußersten getrieben...

Pusher 3 (2005)

Der serbische Großdealer und Unterweltherzog Milo hat Sorgen: Der anstehende 25. Geburtstag seiner verwöhnten Tochter (Marinela Dekic) steht ins Haus, ein frisch angetretener Drogenentzug schlägt ihm aufs Gemüt und obendrein plagen ihn geschäftliche Probleme. Eine mutmaßliche Lieferung Heroin entpuppt sich als Extasy, wovon Milo keine Ahnung hat. Er zieht als Zwischenhändler den jungen türkischen Möchtgern-Gangsterkönig Mohammed (Ilyas Agac) hinzu, der die Pillen auf Kommission verticken soll. Während Milo mit der Organisation und der Essenszubereitung für die Geburtstagsparty hinterherhinkt, zwischendurch seine Suchtgruppe besuchen muss und von den fiesen albanischen Extasy-Lieferanten unter Druck gesetzt wird, setzt Mohammed sich mit den Pillen ab. Um dem Druck von allen Seiten standzuhalten, fängt Milo wieder an, Heroin zu rauchen. Benebelt von der Droge und von allen Fronten in die Enge getrieben, besinnt er sich auf seinen "Mann fürs Grobe", seinen früheren Leibwächter Radovan. Es dauert nicht lange bis literweise Blut zu fließen beginnt...
Pusher - Trilogie
Nicolas Winding Refns Pusher-Trilogie stellt das unangefochtene Nonplusultra des modernen europäischen Gangsterfilms dar. Die Filme atmen einen derart ungeschönten und schmerzhaften Realismus, daß man das Gefühl hat, mittendrin zu stecken – wo man manchmal gar nicht sein möchte. Ganz anders als die Werke seiner Kollegen Lasse Spang Olsen (IN CHINA ESSEN SIE HUNDE), dessen bemühte Komik und Anbiederung an Tarantino einen eher unangenehmen Beigeschmack hinterlassen, oder Anders Thomas Jensen (ADAMS ÄPFEL), der zwar schwarzhumorig aber leichtfüßig daherkommt, setzt Refn auf knallharte Milieu- und Charakterstudien. Die Handlung dreht sich stets eng um die Protagonisten, was von der brillanten Machart unterstützt wird – gefilmt wurde ausschließlich mit der Handkamera, die den Protagonisten niemals von den Fersen weicht. Immerzu ist der Zuschauer dicht am Geschehen, niemals geht die Kamera auf Distanz oder werden künstlerische Mittel eingesetzt, um das Geschehen zu verfremden oder auf eine artifizielle Metaebene zu erhöhen. Als filmische Vergleiche fallen mir hierzu allenfalls Abel Ferraras BAD LIEUTENANT oder Darren Aronofskys großartiger THE WRESTLER ein. Und immer wieder kann man Parallelen zu den SOPRANOS ziehen.
Es ist die beiläufige Alltäglichkeit der Handlungen, die so schockierend auf den Betrachter wirkt (der sich oftmals als Voyeur fühlt). An manchen Stellen ist dies kaum zu ertragen, z.B. wenn Tonny mit schlaffem Glied vor einem Billigpornofilm im TV onaniert, während die beiden Nutten ihn verspotten, weil er keinen hochkriegt. Oder wenn Frank nach zehn Jahren zum ersten Mal seine Mutter wieder besucht, nur um sich Geld zu schlauchen, sie ihn umarmen will und er sich ihr genervt entzieht. Oder wenn Milo in einer seltenen Gefühlswallung einer minderjährigen Zwangsprostituierten ein Stück Geburtstagstorte seiner Tochter serviert, während der schmierige polnische Zuhälter sagt: "Sie hat keine Familie, du kannst alles mit ihr machen, du kannst sie ficken oder töten."
Und trotzdem blitzen bei aller Härte immer wieder Momente der Menschlichkeit und des feinen, skandinavischen Humors auf.
Die Leistungen der Schauspieler sind geradezu unfassbar. Würde man nicht wissen, daß Kim Bodnia und (vor allem!) Mads Mikkelsen Schauspieler sind, könnte man annehmen, es handle sich um authentische Mitglieder des Kiez, die mit der Doku-Kamera begleitet wurden. Dasselbe gilt auch für den unglaublich guten Zlatko Buric und den glatzköpfigen Slavko Labovic, der schon als Gangsterboss in Lasse Spang Olsens Filmen glänzte. Aber selbst die kleinsten Nebenrollen sind hervorragend besetzt, jeder Darsteller spielt absolut glaubwürdig und überzeugend.
Regisseur Refn hat soeben (ebenfalls mit Mikkelsen in der Hauptrolle) das Wikingerdrama VALHALLA RISING abgedreht, außerdem ist sein britisch produzierter Film BRONSON kürzlich erschienen, der zwar etwas eintönig rüberkommt, aber dennoch einen Blick wert ist.
Kurzum: PUSHER ist Pflichtstoff. Ein weiterer Beweis dafür, daß die Zukunft des europäischen Kinos offenkundig in Dänemark liegt. Zumindest die deutschen Nachbarn sind Lichtjahre von einer solchen Größe entfernt – hierzulande muss man unsägliche und überflüssige Peinlichkeiten wie das Debakel ZEITEN ÄNDERN DICH ertragen, wo Produzentenhure Bernd Eichinger am Schwanz des Hip Hop-Losers Bushido lutscht.
9 von 10 Tritten in die Weichteile!
- Pelle -





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