ZWEI WILDE COMPANEROS
(„Viva la muerte…tua!", Deutschland/Italien/Spanien 1972) R: Duccio Tessari
Dimitri Orlowski (Franco Nero) ist ein umherreisender russischer Ganove, der
als protestantischer Priester verkleidet, reichen Bürgern bei
Hochzeitsfeiern die Börse konfisziert um seinen privaten
Klingelbeutel zu füllen. Per Zufall erfährt er durch einen
Sterbenden, dem er die letzte Ölung erteilen soll, von einem
vergrabenen Goldschatz. Um diesen zu heben, muss er jedoch zuvor den
zum Tode verurteilten mexikanischen Banditen Lozoya (Eli Wallach) aus
dem Kittchen befreien, denn nur der kennt das genaue Versteck. In
einer notgedrungenen Zweckgemeinschaft raufen die beiden
Galgenstricke sich zusammen, begleitet von der penetranten
Journalistin Mary (Lynn Redgrave), die Lozoya für den legendären
Revolutionsführer Salvador hält und eine Bildreportage über
ihn und sein ruhmreiches Leben machen will. Ihnen auf den Fersen ist
der Cousin des Russen, ein Sheriff (Horst Janson), der seit einem
Zusammenstoß mit Dimitri eine Halskrause samt Brustharnisch
tragen muss, sowie ein mexikanischer General (Eduardo Fajardo) samt
kompletter Armee. Wie die brennenden Lunten an einem Pulverfass, so
führen sämtliche Wege im kleinen Dörfchen Piedas
Negras zusammen, wo es mächtig krachen wird…
Was soll
ich sagen: Der Film ist klamaukig und albern, der Humor überkandidelt
und infantil. Aber… ich gebe es zu, ich oute mich: ich habe mich
köstlich amüsiert! Ja, an manchen Stellen kullerten gar ein
paar Lachtränen, ich habe mich hier und da gar nicht mehr
eingekriegt. Offensichtlich bin ich ein schlichter Geist, den man mit
primitivsten Mitteln zufrieden stellen kann. Der ohnehin schon als
markige Komödie konzipierte Film wird zu höheren Weihen des
Schwachsinns erhoben durch die schier unfassbare Kalauer-Synchro aus
dem Hause Karl Brunnemann. Was die Synchron-Legenden Rainer Brandt,
Arnold Marquis & Co hier wieder mal abliefern, sucht selbst im
Olymp der dummen Sprüche seinesgleichen – es werden Zoten
gerissen, daß die Schamhaare nur so qualmen.
Beispiele gefällig?
Mary: „Halt!! Ein Ehrenmann lässt keine Dame im Stich!"
Lozoya:„Wie kommen Sie denn auf ‚Dame’? Und den Stich können wir später nachholen."
Mary: „Warum sind sie eigentlich aus Russland wegegegangen?"
Russe:„Ich hab was gegen Schneeschippen."
Mary: „Ist das der einzige Grund?"
Russe:„Das russische Roulette stört mich auch."
Mary: „Sie hätten da bleiben sollen. Russland braucht sicher Männer wie sie."
Russe:„Hier wird ich aber mehr gebraucht, das seh ich doch an ihnen. Sie sind ja schon ganz wuschig."
Lozoya vor seiner Hinrichtung: „He, Sie da, darf ich mir noch ´nen letzten Kotzbalken genehmigen?"
Lozoya:„Wie kommen Sie denn auf ‚Dame’? Und den Stich können wir später nachholen."
Mary: „Warum sind sie eigentlich aus Russland wegegegangen?"
Russe:„Ich hab was gegen Schneeschippen."
Mary: „Ist das der einzige Grund?"
Russe:„Das russische Roulette stört mich auch."
Mary: „Sie hätten da bleiben sollen. Russland braucht sicher Männer wie sie."
Russe:„Hier wird ich aber mehr gebraucht, das seh ich doch an ihnen. Sie sind ja schon ganz wuschig."
Lozoya vor seiner Hinrichtung: „He, Sie da, darf ich mir noch ´nen letzten Kotzbalken genehmigen?"
Und hier der Unglaublichste:
Lozoya: „Sachma, hast du eigentlich ´ne Mutti?"
Mary: „Na, sicher hab ich eine Mutter. Die ist zuhause in Irland."
Lozoya: „Muss ja ´n selten dummes Schwein sein!"
Lozoya: „Sachma, hast du eigentlich ´ne Mutti?"
Mary: „Na, sicher hab ich eine Mutter. Die ist zuhause in Irland."
Lozoya: „Muss ja ´n selten dummes Schwein sein!"
Keine
Peinlichkeit wird ausgelassen, es gibt sogar die unvermeidliche
Szene, in der ein Pferd plappert… er kann´s nicht lassen, der
Brandt. Aber was soll´s: Ich habe gelacht!
VIVA LA MUERTE… TUA! gibt sich inhaltlich als Revolutionswestern
mit deutlichen Anleihen bei Corbuccis LASST UNS TÖTEN,
COMPANEROS und IL MERCENARIO, die Story weist im Übrigen
Parallelen zu ZWEI GLORREICHE HALUNKEN auf. Viel Neues gibt es hier
also nicht zu verzeichnen, die gängigen Revolutions-Topoi werden
weidlich ausgereizt. Was den Streifen zu einem wachechten Vergnügen
werden lässt, ist (neben der Synchro!) seine halsbrecherische
Geschwindigkeit. Nach einer Stunde Spielzeit meint man, der Film
laufe schon doppelt so lange, soviel passiert hier – ein Ereignis
jagt im Eiltempo das nächste, Rapid Fire aus allen Rohren.
Leerlauf ist hier ein Fremdwort, phlegmatische Naturen könnten
sich eher beklagen, daß es ihnen zu fix geht. Das Drehbuch
erweist sich hierbei als absolutes Meisterstück und serviert
eine Überraschung nach der anderen, Plottwists und Wendungen
werden im Jumbopack geliefert. In dieser Hinsicht lehnt sich die
Geschichte an den ähnlich aufgebauten ZWEI GLORREICHE HALUNKEN
an, nur ist das Tempo hier noch enormer, da VIVA LA MUERTE…TUA! mit
105 Minuten auch deutlich kürzer ausfällt. Außerdem
präsentiert sich das verspielte Skript extrem zitierfreudig –
Genrekenner werden etliche Anleihen aus berühmten
Spaghettiwestern antreffen!
Die
Inszenierung von Duccio Tessari ist virtuos, jede Szene sitzt genau
auf dem Punkt, das Timing ist perfekt. Mir gefielen bislang alle
Filme, die ich von ihm gesehen habe ganz vorzüglich. Er zeichnet
für die beiden tollen Western EINE PISTOLE FÜR RINGO und
RINGO KOMMT ZURÜCK verantwortlich, sowie für den sehr
gelungenen Thriller DAS GRAUEN KAM AUS DEM NEBEL und die beiden
hervorragenden Ausnahme-Gialli BLUTSPUR IM PARK und DER MANN OHNE
GEDÄCHTNIS. Sein zu unrecht unterschlagener Gangster-Thriller
TÖDLICHER HASS mit Alain Delon zählt zu meinen
Lieblingsfilmen. Tja, auch hier beweist es sich mal wieder: Tessari
rockt gewaltig!
Das
Ensemble schien derselben Ansicht gewesen zu sein, denn man merkt
deutlich, daß alle Beteiligten mit viel Freude bei der Sache
waren. Nero und Wallach präsentieren sich in Höchstform;
unserem Franco bietet sich hier mal reichlich Gelegenheit, seinem
Hang zum Over-Acting nachzugeben, während Eli – was in der
Natur des Stoffes liegt – seine Performance als Tuco neu
interpretiert. Zwar fehlen seiner Figur im vorliegenden Fall die
feinen Nuancen und Charaktereigenarten, trotzdem verleiht er dem
Banditen Lozoya eine gehörige Portion brodelndes Leben. Neros
Charakter ähnelt seinen Rollen in Corbuccis Revolutionswestern,
der Pole ist hier ein Russe, geht aber fast identisch zuwerke. In
jedem Fall ist es ein Genuss, Nero und Wallach Seite an Seite zu
sehen, im ständigen Wechselspiel von Freund und Feind und dem
pausenlosen Jonglieren mit Motivationen.
Sehr
reizvoll finde ich den Kniff, den rachsüchtigen Sheriff mit
Horst Janson zu besetzen, dessen sanftmütiges und etwas fades
Äußeres im krassen Kontrast zu seiner Rolle steht. Einer
seiner Handlanger wird von Dan van Husen gegeben, der hier eine
besonders fiese Haar- und Barttracht zur Schau trägt. Der
bewährte Eduardo Fajardo (DJANGO, MERCENARIO – DER
GEFÜRCHTETE) spielt einen sadistischen General mit kochendem
Testosteron und darf ein paar herrlich überdrehte
Verführungs-Szenen mit Lynn Redrave zum Besten geben. Überhaupt:
die recht derbe Lynn Redgrave (die Schwester von Neros langjähriger
Lebensgefährtin Vanessa) ist eine gute Wahl – sie spielt die
irische, rothaarige Reporterin Mary, die zuschlagen kann wie ein Kerl
und mit ihrem resoluten Auftreten und der runden Nickelbrille
wahrscheinlich eine Spitze auf die 68er Feministinnen-Bewegung sein
soll.
Der Film
muss über ein recht üppiges Budget verfügt haben,
bedenkt man die Materialschlacht, die vor allem im Finale abgefeuert
wird und die prominente Besetzungsliste. Die Fotografie von José
F. Aguayo ist bravourös gelungen – jede Einstellung ist ein
Schmuckstück, die flotte, präzise Bildmontage tut ihr
Übriges. Bombig ist auch die abwechslungsreiche Musik von Gianni
Ferrio, die mit tollen Melodien auftrumpft, erzeugt von schallenden
Bläsern, Teufelsgeigen, Maultrommeln, Spieluhren und Chören
und stellenweise den Scores von Morricone in nichts nachsteht.
Kurzum:
Ein ganz toller Spätwestern und ein Heidenspaß –
vorausgesetzt, man ist bekloppt genug. Es gibt gewiss einige, die den
Film hassen werden. Ich liebe ihn!
Lieblingszitat (der Film besteht nur aus Lieblingszitaten):
„Als ich 13 Jahre alt war hat mir irgendein Schwein eine Tortilla gestohlen, aber ich hab sie ihm dann wieder weggenommen."
"Das ist doch keine Sünde."
"Ich hab die Sau erschossen."
"Das zählt zu den kleinen Sünden."
Einen hab ich noch:
"Wir Mexikaner sind richtige Männer. Merk dir das! Und einem richtigen Mann fasst man nicht an den Arsch. Der hat gar keinen!! – Ist das klar?"
„Als ich 13 Jahre alt war hat mir irgendein Schwein eine Tortilla gestohlen, aber ich hab sie ihm dann wieder weggenommen."
"Das ist doch keine Sünde."
"Ich hab die Sau erschossen."
"Das zählt zu den kleinen Sünden."
Einen hab ich noch:
"Wir Mexikaner sind richtige Männer. Merk dir das! Und einem richtigen Mann fasst man nicht an den Arsch. Der hat gar keinen!! – Ist das klar?"
***
So gut mir der Film gefallen hat, so scheußlich ist die Scheibe von VPS, welche die Bezeichnung DVD nicht annähernd verdient hat. Das damalige Kultlabel hat doch tatsächlich die Unverfrorenheit besessen, eine schäbige VHS-Kopie 1:1 auf Silberling zu brennen, als Vorlage diente zudem eine Kinokopie, die man offensichtlich zum Kartoffelschälen verwendet hat. Die Farben sind blass, das Bild unscharf und verwaschen, ständige Störungen verursachen Wutanfälle. Da entschädigt auch das korrekte Bildformat nicht viel. Obendrein ist die Fassung gekürzt, denn die italienische DVD aus dem Hause Fabbri läuft satte 7 Minuten länger. Hier ging es augenscheinlich nur um schnöde Kohlemacherei, und das ist Verarsche am Kunden und eine niederträchtige Verhöhnung von Filmfreunden.
So gut mir der Film gefallen hat, so scheußlich ist die Scheibe von VPS, welche die Bezeichnung DVD nicht annähernd verdient hat. Das damalige Kultlabel hat doch tatsächlich die Unverfrorenheit besessen, eine schäbige VHS-Kopie 1:1 auf Silberling zu brennen, als Vorlage diente zudem eine Kinokopie, die man offensichtlich zum Kartoffelschälen verwendet hat. Die Farben sind blass, das Bild unscharf und verwaschen, ständige Störungen verursachen Wutanfälle. Da entschädigt auch das korrekte Bildformat nicht viel. Obendrein ist die Fassung gekürzt, denn die italienische DVD aus dem Hause Fabbri läuft satte 7 Minuten länger. Hier ging es augenscheinlich nur um schnöde Kohlemacherei, und das ist Verarsche am Kunden und eine niederträchtige Verhöhnung von Filmfreunden.
Bitte,
bitte, Koch Media: legt dieses Juwel in anständiger Qualität
neu auf, zumindest ein Fan wird es euch lebenslang danken!
- Pelle -
Die auf dieser Netzpräsenz veröffentlichten Filmbesprechungen haben rein
filmjournalistische Bedeutung. Das verwendete Bildmaterial dient nicht zu Werbezwecken,
sondern ausschließlich zur filmhistorischen Dokumentation.