WARTEZIMMER ZUM JENSEITS
(Deutschland 1964) R: Alfred Vohrer
Als
sein wohlhabender Erbonkel Cyrus (Hans Paetsch) erpresst wird, will
der Student Don Micklem (Götz George) den Erpressern auf den
Zahn fühlen. Mit der Unterstützung seines Freundes Harry
(Hans Clarin) hofft er den oder die Fieslinge überführen zu
können. Leider geht das Vorhaben nach hinten los, der reiche
Onkel fällt einem gezielten Messerwurf zum Opfer. Harry kann
sich zunächst an die Fersen des Killers heften, beobachtet wie
dieser in einem Hotel verschwindet. Der Bursche ist ein
abgehalfterter Artist namens Shapiro (Klaus Kinski), für Geld
übernimmt er die schmutzigsten Jobs. Die Polizei taucht mit Don
im Schlepptau auf, Inspektor Dickes (Heinz Reincke) lässt das
Hotel umgehend nach dem Verbrecher durchforsten. Zwar findet man den
Mörder nicht, dafür entdeckt Don aber einen wichtigen
Hinweis im Zimmer eines weiblichen Hotelgasts. Ohne Wissen der
Polizei befragt der Student die rätselhafte Fremde (Hildegard
Knef), geschickt kann er sie des Lügens überführen.
Die Dame verlässt England, Don und Harry folgen ihr nach
Italien. Auf eigene Faust zu ermitteln kann sehr gefährlich
werden, was den beiden Freunden kurz nach ihrer Ankunft im Hotel
durchschlagend vor Augen geführt wird. Der kleine Bombengruß
soll allerdings erst der Auftakt einer ereignisreichen Reise
sein...
Bei dieser
Produktion von Rialto Film führte -wie so oft- Alfred Vohrer
Regie. Doch in diesem Fall haben wir es nicht mit einer Edgar Wallace
Verfilmung zu tun, auch wenn das Werk seine Nähe zu der Reihe
nicht leugnen kann (und vermutlich auch gar nicht leugnen will). So
gibt es zu Beginn dann auch die gewohnte Kulisse Londons zu sehen.
Jedoch wechselt der Schauplatz der Handlung später nach Italien,
was durchaus für eine angenehme Erfrischung sorgt. Es tauchen
bekannte Gesichter aus der Wallace "Stammbesetzung" auf,
Hans Clarin darf hier zur Abwechslung einfach nur das freundliche
Helferlein geben, muss sich nicht von seiner abgründigen Seite
zeigen. Klaus Kinksi hat einen ganz starken Auftritt, der sich leider
nur auf die erste Phase des Werkes beschränkt. Pinkas Braun muss
fies wie immer sein, bei dem Gesicht kein Wunder, herrlich. Heinz
Reincke schüttelt seinen Bullen locker aus der Hüfte, ihm
hätte ich mehr Spielzeit gewünscht. Bei den Hauptrollen
setzt man auf Abwechslung. Götz George arbeitete in diversen
Karl May Verfilmungen für Rialto, zum Teil auch unter der Regie
von Alfred Vohrer, doch den Wallace Streifen blieb er fern. Nun ist
er hier immerhin in einem artverwandten Werk zu sehen, wobei es nicht
sein erster Auftritt in einem Kriminalfilm war. Wie allgemein bekannt
ist, sollte er etliche Jahre später gar zu einem der
bekanntesten Fernseh-Kommissare werden, doch das ist eine andere
Geschichte. Hier spielt er frisch und frei auf, lediglich die
"Prügelszenen" sind dem guten Götz nicht
gelungen, in dieser Disziplin wirkte er damals noch sehr hölzern.
Wobei diese Momente so dreist vergeigt sind, dass man fast Absicht
und Augenzwinkern vermuten möchte. Die Knef mag keine besonders
schöne Frau gewesen sein, aber sie hatte ohne Zweifel eine
intensive Ausstrahlung, der man sich kaum entziehen konnte. Vohrer
zeigt sie als ambivalente Figur, die immer für eine Überraschung
gut ist. Besonders das Ende der Geschichte dürfte so manchem
Moralapostel damals ein wenig sauer aufgestoßen sein, doch
gerade die (fast) immer präsente Verschlagenheit macht die Rolle
Knefs erst so richtig interessant. Wer hätte "Lorelli"
besser spielen können als Hildegard Knef? Vielleicht eine
Elisabeth Flickenschildt, doch die war für diesen Part damals
bereits zu alt. Bei den Bösewichtern soll Carl Lange nicht
unerwähnt bleiben, der als Gesichtsruine besonders abscheulich
daherkommt. Jan Hendricks bleibt leider ein wenig blass, seine Rolle
ist eine Spur zu unbedeutend angelegt. Da es aber nicht an
überzeugenden Fieslingen mangelt, kann man darüber ganz
locker hinwegsehen.
"Wartezimmer zum Jenseits"
vermischt typische Wallace Elemente mit frischen Ideen. Die Kulissen
sorgen in der zweiten Filmhälfte für Abwechslung, der
weitgehende Verzicht auf platten Humor steht dem Film gut zu Gesicht.
Eddi Arent vermisse ich zu keiner Sekunde, glücklicherweise
tölpelt Hans Clarin dezenter vor sich hin. Nur sein brüchiges
Knabenstimmchen strengt dann doch ein klein wenig an. Wer die Wallace
Filme mag, darf auch im Wartezimmer zum Jenseits vorbeischauen. Wem
es bei den Wallace Streifen zu wenig ernst herging, darf hier
ebenfalls einen Blick riskieren! Die DVD Auswertung ist gut gelungen,
der Film ist einzeln erhältlich, alternativ als Teil der "Edgar
Wallace Edition 5". (Zwar ist "Wartezimmer..." kein
Wallace, doch sehen wir Universum diese kleine Schummelei wohlwollend
nach. In den Box-Sets 1-4 und 6-8 kommen solche Mogeleien nicht
vor).
In der Box 5 sind ferner enthalten (allesamt echte
Wallace Filme):
- Die Gruft mit dem Rätselschloss
- Das Verrätertor
- Neues vom Hexer
Für diesen
guten und unterhaltsamen Krimi ziehe ich gern solide 7/10 (gut).
Vielen Dank, Herr Vohrer!
Lieblingszitat:
"Aber ich bin nur eine dumme Frau. Ich hab einfach Angst." (Aber, aber... ...so nicht, Herr Vohrer!)
"Aber ich bin nur eine dumme Frau. Ich hab einfach Angst." (Aber, aber... ...so nicht, Herr Vohrer!)
- Blap -
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