Filmclub Bali
   
 

DIE VIPER

(„Roma a mano armata", Italien 1976) R: Umberto Lenzi

Rom in bewaffneter Hand! Das Verbrechen regiert auf den Straßen, die Polizei ist machtlos – gäbe es nicht die Gewalt, die durch die Straßen rast, in Form von Kommissar Ferro (Maurizio Merli)! Mit eisernem Besen fegt er die Unterwelt aus. Wer nicht pariert, kriegt Ohrfeigen und Kopfnüsse. Die verweichlichten Methoden der liberalen Gesetze sind ihm zuwider, es wird erst zugeschlagen, dann gefragt. Besonders abgesehen hat er es auf den buckligen Vincento Moretto (Tomas Milian), der von Ferro und seinem Assistenten bei einem Verhör ordentlich durchgewalkt wird. Aber der Krüppel schlägt erbarmungslos zurück…
Die Viper
Das Drehbuch von Dardano Sacchetti ist in seiner starken Episodenhaftigkeit gewiss kein subtiles Meisterwerk, aber dennoch – oder gerade deshalb! – bereitet der Film dem Anhänger des Poliziottescho die reinste Freude, denn hier haben wir es mit einem Italo-Reißer von waschechter Güte zu tun. Die repetitive Dramaturgie wirkt sich auch keineswegs ermüdend aus, sondern peitscht das Geschehen in halsbrecherischem Tempo auf die unausweichliche Entladung zu.
DIE VIPER ist pure Reduktion auf die elementarsten Versatzstücke des Genres, eine Filterung und Komprimierung zum Wesentlichsten. Lenzis Werk bietet alles, was ein rasanter Polizeifilm aus Bella Italia benötigt: fiese & kernasoziale Gangster, ruppige Bullen, brutale Schießereien, geohrfeigte Lebedamen, Lynchjustiz, temporeiche und perfekt inszenierte Autoverfolgungsjagden mit reichlich zerschrotteten Alfa Romeos, Tomas Milian und natürlich – Maurizio Merli, der Watschenmann der Rechtschaffenheit! Der Schnäuzer bebt vor Wut, die Goldkette funkelt im Brusthaar, und die Ganoven kriegen in einer Tour die Fresse poliert. Es hagelt Action satt ohne kaum eine Sekunde Verschnaufpause. Wer noch nie zuvor einen Poliziottescho gesehen hat, dem bietet DIE VIPER die ultimative Einstiegsdroge.
Und natürlich ist die ganze Chose so politisch unkorrekt und erzreaktionär, wie es halt in den wilden 70er Jahren in Italien zuging. Das sollte man aber nicht überbewerten – solche Filme dienen der Unterhaltung und nicht dem soziologischen Diskurs.
DIE VIPER wimmelt von bekannten Schauspieler-Gesichtern aus der Dekade. Allen voran glänzt natürlich Merli, dessen Kommissar Ferro so eisern ist, wie sein Name verspricht. Darstellerische Meisterleistungen erwartet man nicht, aber die benötigt der Mann auch nicht – sein minimalistisches Minenspiel pendelt zwischen Zorn und Resignation, das sagt alles, mehr braucht es nicht. Tomas Milian gibt den buckligen Erzschurken Vincente Moretto, eine Figur, die an seine Rolle des Vince Marazzi in DIE KRÖTE angelehnt ist. Hier gefiel er mir fast noch ein bisschen besser, zumal seine Wandlung vom gepeinigten Kleinganoven zum Killer, der erst durch die sadistische Gewaltausübung der Polizei selber zum Soziopathen wird, sehr glaubhaft rüberkam. In einer – leider viel zu kurzen – Nebenrolle sehen wir den großartigen Ivan Rassimov als ekligen Dealer. Der Vize-Polizeipräsident wird von Arthur Kennedy gespielt, den mich erst vor ein paar Tagen in Martinos SCHWARZE MESSE DER DÄMONEN als Priester überzeugte. Die Geliebte von Merli, Anna, wird von Maria Rosaria Omaggio gespielt, die auch in Lenzis GROSSANGRIFF DER ZOMBIES an der Seite von Hugo Stiglitz durchs infizierte Hinterland taumelte. Auf der Seite der bösen Buben sehen wir außerdem noch Charakterkopf Luciano Catenacci und den stets gern eingesetzten Fiesling Luciano Pigozzi.
Die schmissige Musik stammt aus der Feder von Franco Micalizzi, der unter anderem für die Soundtracks von DIE RECHTE UND DIE LINKE HAND DES TEUFELS, JÄGER DER APOKALYPSE und zahlreiche weitere Poliziotteschi von Umberto Lenzi verantwortlich zeichnet.
Die DVD von NEW präsentiert den Film in anständigem Bild. Der Ton ist leider etwas knarzig, zumindest auf der deutschen Tonspur. Der italienische 5.1-Ton ist sauberer, dann entgehen einem aber die unglaublichen Synchro-Sprüche von Milian.
Der Katholische Filmdienst beurteilte DIE VIPER damals als „naiv, dumpf und spekulativ" – ich sage: Molto fantastico!
Zitat:
"Warum nehmen Sie keine Beruhigungstabletten, Herr Kommissar? Sie brauchen sie!"
„Willst du noch ein paar in die Schnauze?"
- Pelle -





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