DER TODESRÄCHER VON SOHO
(„El muerto hace las maletas“, Deutschland/ Spanien 1971) R. Jess Franco
Horst im Zwielicht
In London geht die Angst um. Wer seinen Koffer
gepackt vorfindet, endet wenig später mit einem Messer im Rücken.
Inspector Rupert Redford (Fred Williams) baut auf die Hilfe seines
Freundes Charles Barton (Horst Tappert), einem recht erfolgreichen
Autor von Kriminalromanen. Doch Barton treibt seine eigenen
Ermittlungen auf riskante Weise vorwärts, was in bald in große
Gefahr bringt. In einem Nachtclub wird offenbar mit Drogen
gehandelt, aber warum zeigt der Schriftsteller derartig großes
Interesse an den dortigen Umtrieben? Inspector Redford hat derweil
ein Auge auf den windigen Mediziner Dr. Bladmore (Siegfried
Schürenberg) geworfen, der zur Tatzeit stets in der Nähe der Opfer
gewesen sein muss. Barton greift derweil zu radikalen Methoden, um
der verruchten Celia (Barbara Rütting) Informationen zu
entlocken...
"Der Todesrächer von Soho" ist
gewissermaßen ein Remake des 1961 produzierten Streifens "Das
Geheimnis der schwarzen Koffer". Der eher zähflüssige, von
Werner Klingler inszenierte Vorläufer, wird von der Neuauflage ganz
locker und lässig gedeckelt. Jess Franco erfreute bereits mit
seinem Edgar Wallace Flick "Der Teufel kam aus Akasava",
der innerhalb des "Wallace-Universums" ein echter
Geheimtipp für aufgeschlossene Filmfreunde ist. Sein Beitrag zur
"Bryan Edgar Wallace" Reihe fällt zwar deutlich hinter
"Akasava" zurück, konnte mich aber trotzdem ansprechend
(und vor allem sympathisch) unterhalten.
Zunächst fällt
auf, dass Franco die Kamera weniger "pulsierend" einsetzt,
als man es aus vielen anderen seiner Filme kennt. Mit Kameramann
Manuel Merino arbeitete Franco -der bekanntlich auch gern selbst
diesen Job übernahm- häufiger zusammen, ich mag seine kreativen
und teils ungewöhnlichen Einstellungen sehr gern. Die musikalische
Untermalung passt gut zum Treiben auf der Leinwand, die Kulissen
weisen ab und an auf ein kleines Budget hin. Man schaue sich nur das
angebliche Büro von Scotland Yard an, welches mehr nach
Kellerräumen denn Behörde anmutet, aber dadurch umso knuffiger
und liebenswerter wirkt.
Ein Schwachpunkt von "Das
Geheimnis der schwarzen Koffer" war nicht nur die biedere
Inszenierung, sondern vor allem auch die sehr unscheinbare
Besetzung. Da konnte selbst Senta Berger nicht viel retten, die erst
wenige Jahre später in voller Schönheit erstrahlte. Jess Franco
stand ein deutlich interessanteres Ensemble zur Verfügung, selbst
kleinere Nebenrollen können für Begeisterung sorgen. Fred Williams
(der als Friedrich Wilhelm Löcherer geboren wurde) war auch in "Der
Teufel kam aus Akasava" in einer Hauptrolle zu sehen, seine
Darbietung als leitender Ermittler überzeugt und wirkt erfrischend.
Auch Horst Tappert wirkte in "Akasava" mit, seine
Anwesenheit erfreut mich als Derrick-Fan natürlich sehr. Tapperts
Rolle bietet mehr Raum zur Entfaltung, da er nicht wie Williams an
die Fesseln eines Staatsdieners gebunden ist. Am herrlichsten finde
ich Horst Tappert immer dann, wenn er sein schelmisches, breites
Grinsen aufsetzt, welches er später in seiner Paraderolle Derrick
perfektionierte. Barbara Rütting hat sogar einen ihrer besten
Auftritte überhaupt! Die Rolle der kalten, bösartigen und
verruchten Halbweltdame, passt perfekt zu ihrer
kantig-charaktervollen Ausstrahlung. Die Szene in der Tappert seine
Gegenspielerin auf harsche Weise "verhört", gehört zu
den stärksten Momenten des Films. Ein weiterer Höhepunkt poltert
in Form von Siegfried Schürenberg durchs Szenario, der hier nicht
in seiner Stammrolle als "Sir John" zu sehen ist. Die
Rolle des Scotland Yard Bonzen übernahm ein Bursche namens Ángel
Menéndez, der ein paar schrullige Szenen mit Fred Williams
veredelt. Rainer Basedow taucht als Sergeant auf, Dan van Husen
sehen wir kriminelles Helferlein mit Bart (steht im gut, sollte er
häufiger tragen). Sehr gut geraten ist der kurze Auftritt von
Wolfgang Kieling, der in verschwitzter Panik durch die Kulissen
taumelt. Herr Franco lässt es sich nicht nehmen, ebenfalls in einer
kleinen Rolle aufzutauchen. Elisa Montés und Eva Garden sorgen für
weibliche Anmut, insgesamt hält sich der Film im Bereich Erotik
aber (leider) sehr bedeckt.
Wirft man die eingefahrene
Erwartungshaltung über Bord, kann man mit "Der Todesrächer
von Soho" seinen Spaß haben. Wer generell nichts mit Filmen
von Jess Franco anfangen kann, wird vermutlich auch mit dieser Sause
nicht glücklich werden. Für einen Franco aus den frühen
Siebzigern kommt der Todesrächer recht bodenständig daher,
unterscheidet sich aber trotzdem deutlich von anderen Filmen aus dem
"Wallace Universum". Auch wenn "Der Teufel aus
Akasava" mich auf Anhieb weitaus stärker beeindrucken und
packen konnte, bin ich mit "Der Todesrächer von Soho"
durchaus zufrieden. Zwar scheint der eigentliche Fall manchmal ein
wenig zur Nebensache zu geraten, doch warum sollte ich mich daran
stören, wenn ich mich wohlig in der warmen, dezent schmuddeligen
Atmosphäre suhlen darf!? Sicher kein Höhepunkt im Schaffen von
Jess Franco, aber ein kantiger und beachtenswerter Film, der
zusätzlich mit seiner sehr guten Besetzung punkten kann.
Die
DVD aus dem Hause Universum geht völlig in Ordnung. In der "Bryan
Edgar Wallace DVD Collection 3" sind neben "Der
Todesrächer von Soho" folgende Filme enthalten:
Es soll nicht verschwiegen werden, dass "Handschuhe" lediglich gekürzt und in mittelprächtiger Qualität vorliegt. Ergo sollte man sich bezüglich "Handschuhe" nach einer brauchbaren Alternative umschauen, die Box lohnt aber schon allein wegen "Todesrächer" und "Grab". Das Set ist für weniger als 20€ zu bekommen, was für zwei solide DVDs völlig in Ordnung geht.
- Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe
- Das Geheimnis des gelben Grabes
Es soll nicht verschwiegen werden, dass "Handschuhe" lediglich gekürzt und in mittelprächtiger Qualität vorliegt. Ergo sollte man sich bezüglich "Handschuhe" nach einer brauchbaren Alternative umschauen, die Box lohnt aber schon allein wegen "Todesrächer" und "Grab". Das Set ist für weniger als 20€ zu bekommen, was für zwei solide DVDs völlig in Ordnung geht.
Zunächst 6,5/10 (oberste
Mittelklasse) ...aber da geht noch mehr...
Lieblingszitat:
"Und wenn Sie mich auch totschlagen, ich bin nur ein kleiner Fisch."
"Und wenn Sie mich auch totschlagen, ich bin nur ein kleiner Fisch."
- Blap -
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