DER TIGER VON OSAKA
(„0-ka no onna: Akai wappa“ aka „Zero Woman: Red Handcuffs“, Japan 1974) R: Yukio Noda
Polizistin Rei regelt ihren Dienst in der Manier eines
„Hardboiled-Detective“. Ihren Vorgesetzten ist Rei natürlich ein
Dorn im Auge. Nach der Eliminierung eines Sexualmörders stellt sich
heraus, dass es sich beim Hingerichteten um einen Diplomaten handelt.
Damit ist Rei zu weit gegangen und landet im Knast. Doch der Abschaum
der Straßen gibt keine Ruhe und die skrupellose Polizistin soll die
entführte Tochter des Politikers Nagumo befreien. Der Auftrag darf
kein Aufsehen erregen, denn Nagumos Karriere steht auf dem Spiel. Rei
stürzt sich in ein Himmelkommando bei dem auch die „Guten“ ihre
schmutzigen Finger im (noch schmutzigeren) Spiel haben.
„Der Tiger von Osaka“ beginnt mit einer beruhigenden Easy
Listening-Musik die den Rezipient in die Sphären der Entspannung
gleiten lässt. Alles ist gut, alles ist ruhig und niemand ahnt: dass
sich dieser Film zum Albtraum entwickeln wird. Ein Nachtmahr der die
Kritiker des katholischen Filmdiensts die Flinte ins Korn werfen -
und ernsthaft über den Suizid nachdenken lässt. In meiner langen
Zeit als Filmliebhaber sind mir zahlreiche befremdliche, schräge und
asoziale Filmwerke untergekommen. „Der Tiger von Osaka“ lässt
sich in dieser (nennen wir sie mal) „Liste des Absonderlichen“
auf einem der vorderen Ränge nieder.
Yukio
Noda lässt Begriffe wie Ethik und Moral zu Geächteten werden. Egal
ob Verbrecher, Politiker, Polizisten. Sie alle wurden vom Schlund der
Hölle ausgespuckt. Sie sind Teil eines apokalyptischen
Strafkommandos welches die Menschheit nicht nur bestrafen, sondern
vernichten soll. Inmitten von Asozialen, Geisteskranken und Perversen
treibt die Polizistin Rei (Miki Sugimoto) ihr Unwesen. Wer Miki
Sugimoto kennt, der weiß, dass allein durch ihre Präsenz der
„Bildschirm zu glühen beginnt“. Charisma und Attraktivität,
gepaart mit Brutalität und Coolness. Miki macht in diesem Film
gleich mehrere „Fässer auf“, denn Rei kennt keinen Schmerz, Rei
kennt keine Angst, Rei ist gerissen, gemein und eiskalt. Diese
Eigenschaften sind derart dominant ausgeprägt, dass selbst die
europäischen Polizieschi-Kollegen vor Neid erblassen. Die Gegner
dieser „Gesetzeshüterin“ sind irrsinnige Kernassis und
Vergewaltiger. Ein ekelhaftes Pack, welches von der deutschen
Synchronisation als: „schlitzäugige Benzinkutscher“ vorgestellt
wird. Diese Aussage ist Teil einer unfassbaren deutschen
Synchronisation. Rainer Brandt kreierte mit seinem Dialogbuch ein
Feuerwerk der Sprachkunst. Es ist die Bibel der Gosse, das Vaterunser
des Abschaums.
Trotzdem
sollte man „Der Tiger von Osaka“ nicht allein am Schmuddel, an
seiner Brutalität und der sagenhaften Synchronisation festmachen.
Man achte auf die starken und durchaus anspruchsvollen
Bildgestaltungen. Yoshio Nakajima und Yukio Noda haben eine
hervorragende Gemeinschaftsarbeit abgeliefert. Gerade das Finale –
auf einer Müllhalde – kann herausstechen. Dieser Schuttabladeplatz
ist das Abbild der dreckigen Gesellschaft in der Rei ermittelt. Es
gibt keine Guten, alle sind von Hass zerfressen und darauf bedacht
ihren Mitmenschen möglichst viel Schmerz zuzufügen. Die
Darsteller/innen blühen in ihren Rollen auf und verbreiten ein Flair
das den Abgesandten der Hölle gerecht wird. Manchmal stelle ich mir
die Frage ob es sich wirklich um Schauspieler handelt oder ob Yukio
Nodas Antagonisten aus der Klappsmühle entflohen sind?
„Der Tiger von Osaka“ gibt über seine gesamte Spielzeit Vollgas.
Verschnaufpausen gibt es hier keine und es ist so dreckig wie es
nicht dreckiger sein kann. Genug Gründe um diesen Film zu mögen.
Wer dem „Raubtier aus Osaka“ seine minimale Story negativ
ankreidet, der soll einfach die Fresse halten. Die Rahmenhandlung
reicht aus um es mächtig krachen zu lassen - und das ist nun mal die
Hauptsache bei einem Film der sich Wut, Verachtung und Pinky Violence
auf die Fahnen geschrieben hat. Denn Rei wird sie alle töten.
Alle!!!
Fazit:
Ein gemeines und fieses Dreckstück, das sich Film nennt. Sadistisch,
krank, pervers und scheißenbrutal… und gerade deshalb so genial.
„Der Tiger von Osaka“ ist einer der ganz wenigen Ausnahmen (des Pinky
Violence-Genres) welche es in Deutschland zur VHS-Veröffentlichung
geschafft hat. Diese - von ITT und VMP veröffentlichte Version - ist
um ca. 10 Minuten geschnitten. 2004 erschien beim niederländische
Label Japan Shock eine ungekürzte DVD-Version welche u.a. die
deutsche Tonspur enthält. Die qualitativ beste Variante kam 2013 vom
deutschen Label Motion Picture. Diese ist ein Teil (Nummer 9) der,
bisher 26 Titel umfassenden, „roten Reihe“.
Frank Faltin
Die auf dieser Netzpräsenz veröffentlichten Filmbesprechungen haben rein
filmjournalistische Bedeutung. Das verwendete Bildmaterial dient nicht zu Werbezwecken,
sondern ausschließlich zur filmhistorischen Dokumentation.