DER SCHRECKEN DER MEDUSA
("The Medusa Touch", Großbritannien/Frankreich 1978) R: Jack Gold
John
Morlar (Richard Burton) empfängt in seiner Wohnung einen
Besucher. Kein guter Abend für Morlar, denn der Besucher schlägt
ihm dem Schädel ein. Kommissar Brunel (Lino Ventura) ist ein
französischer Ermittler, der momentan im Rahmen eines
Austauschprogramms seinen Dienst in London verrichtet, er wird mit
den Ermittlungen beauftragt. Am Tatort gibt die vermeintliche Leiche
plötzlich doch noch ein Lebenszeichen von sich. Sofort schafft
man das Opfer ins Krankenhaus. Zwar ist Morlar klinisch tot, doch
sein EEG belegt eine rege Tätigkeit seines Gehirns. Erste
Nachforschungen ergeben, dass Morlar offenbar ein verschrobener
Einzelgänger war, der keinerlei Freundschaften pflegte und keine
Familie hatte. Die Ermittlungen führen Brunel in die Praxis von
Doctor Zonfeld (Lee Remick), Morlar war seit einiger Zeit bei der
Psychologin in Behandlung. Zonfeld schildert dem Kommissar das
Krankheitsbild ihres Patienten. John Morlar war fest davon überzeugt,
dass er Kraft seiner Gedanken bestimmte Ereignisse auslösen
könne. So will er für den Tod seiner Eltern verantwortlich
gewesen sein, wenige Jahre später ein Feuer an seiner Schule
verursacht haben, bei dem mehrere Todesopfer zu beklagen waren. Was
zunächst nach den wirren Gedanken eines psychisch gestörten
Menschen klingt, wird für den Kriminalisten nach und nach
greifbar. In der Klinik liegt Morlar noch immer regungslos im Bett,
doch seine Hirnaktivität erreicht ungeahnte Ausmaße. Als
Brunel weitere Erkenntnisse erlangt, zeichnet sich die grauenvolle
Wahrheit ab. Eine Katastrophe größerer Dimension bahnt
sich an, doch wie soll der Kriminalist seine Vorgesetzten davon
überzeugen, dass von einem klinisch Toten unfassbare Gefahren
ausgehen...???
Was für
ein Pfund! "The Medusa Touch" präsentiert sich als
explosiver Mix aus Thriller und Horror, streift dabei gar den
Katastrophenfilm. Dies mag sich zunächst ein wenig grotesk
anhören, doch der Cocktail ist äußerst schmackhaft,
fasziniert bis zur letzten Sekunde des bitterbösen Finales.
Während Kommissar Brunel ermittelt, erhält der Zuschauer in
Form von Rückblenden tieferen Einblick in frühere
Ereignisse, wird Zeuge der Vorgeschichte um den rätselhaften
John Morlar. Betrachtet man den Film primär als Kriminalfilm,
wird man vielleicht die ein wenig zu frühe Enttarnung des
Angreifers erahnen, der Morlar das Leben aus dem Schädel klopfen
wollte. Tatsächlich ist dieser Aspekt aber kein Schwachpunkt,
sondern passt perfekt in das Gesamtbild. Die Frage nach dem Täter
rückt letztlich sowieso in den Hintergrund. Wer den Denkkasten
einschlug bleibt zweitrangig, viel wichtiger ist die Frage nach dem
Motiv für die Tat. "Der Schrecken der Medusa" hat mich
sofort gepackt, der Streifen sorgt für einige Horrorschauer,
kommt dabei aber fast völlig ohne Gewaltschauwerte aus. Daher
wird auch der "Anschlag" auf Morlar nicht sonderlich
grafisch dargestellt, denn der Film funktioniert auf einer anderen
Ebene. Das Grausen schleicht sich heimtückisch an den gebannten
Zuschauer heran, der sich plötzlich im Griff des eiskalten
Terrors befindet, Gnade wird nicht ansatzweise gewährt. Dass
"The Medusa Touch" so stimmig und rund läuft, verdankt
der Film nicht nur dem guten Drehbuch. Vor allem sind es die drei
sehr gut aufgelegten Hauptdarsteller, die sich in absoluter Topform
zeigen. Lino Ventura ist die Rolle des kantigen Kriminalisten
freilich auf den Leib geschneidert, hier nutzt er allerdings seinen
Kopf als Arbeitsgerät, Faust und Knarre bleiben in der Tasche.
Lee Remick wirkte in einem weiteren Horrorklassiker mit. Im ersten
Teil der "Omen" Reihe, war sie als Ehefrau von Gregory Peck
zu sehen, holte sich zusammen mit ihrem (Film)Gatten den Sohn des
Leibhaftigen ins luxuriöse Gemäuer. Der wahre Star ist
allerdings Richard Burton. Obwohl er nicht besonders häufig zu
sehen ist, dazu noch nahezu ausschließlich in Rückblenden
aktiv sein darf, ist seine Präsenz nahezu erdrückend. Wenn
Burton mit eindringlichem Blick hypnotisch und abgründig durch
das Szenario streift, wird man unweigerlich vom blanken Entsetzen
gepackt. Erst vor kurzer Zeit begeisterte mich Burton mit seiner
Darstellung des fiesen "Blaubart". In "The Touch of
Medusa" ist seine Darbietung nicht minder kraftvoll, sogar noch
erschreckender, da "Blaubart" durchaus humorige Momente
aufbot und sich weniger "real" anfühlte. Am Rande sei
noch erwähnt, dass sich Freunde der Fernsehserie "Die
Profis", auf ein Wiedersehen mit Gordon Jackson freuen dürfen.
Der Chef der beiden harten Fernsehbullen, ist hier in der Rolle eines
Arztes zu sehen.
Regisseur Jack Gold gelang mit diesem Werk
ein packendes Stück Kino. Wenn man mit Nachdruck nach einem
Schwachpunkt sucht, mag man diesen in den (wenigen)
Katastrophenszenen finden. Der Absturz eines Flugzeugs wirkt ein
wenig unpassend, tricktechnisch glaubt man eher einen zweitklassigen
Desasterfilm zu sehen. Ich hege eine große Vorliebe für
derartige Special Effects, denen man sofort ansieht, dass sie mit
Modellen realisiert wurden. Was in vielen Filmen für Freude
sorgt, wirkt hier ein wenig deplaziert. Vermutlich hätte man
besser auf solche Momente verzichtet. Die subtile Bedrohung und
Boshaftigkeit, die sich wie ein roter Faden durch den gesamten Film
zieht, hat solche wilden Ausritte überhaupt nicht nötig.
Das erstklassige Gesamtbild wird dadurch aber nicht nachhaltig
beschädigt, dazu sind die Stärken des Werkes zu ausgrägt
und sattelfest. "Der Schrecken der Medusa" bleibt durchweg
spannend und faszinierend, versetzt dem Zuschauer einen Schlag in den
Nacken, beeindruckt mit sehr guten Darstellern und einem
fantastischen Richard Burton! Europäisches Kino feinster
Machart, ich verneige mich vor dieser Perle und bedanke mich für
die schöne Nacht!
Beim Kauf der DVD sollte man die
ältere Ausgabe von VCL meiden. Die neuere Auflage von Concorde
überzeugt mit ansprechender Bildqualität, als Boni gibt es
lediglich ein paar Trailer, was aber bei dem wundervollen
Hauptprogramm locker zu verschmerzen ist! Ganz klarer Kaufzwang!
Dicke 8/10 (sehr gut)
Lieblingszitat:
"Das Ganze ist wirklich eine bemerkenswerte Kette... ...von Zufällen."
"Das Ganze ist wirklich eine bemerkenswerte Kette... ...von Zufällen."
- Blap -
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