DIE SCHLACHT DER CENTURIONS
(„I guerrieri dell'anno 2072“, Italien 1984) R: Lucio Fulci
Im Jahr 2072 buhlen mächtige
Fernsehsender um die Einschaltquoten. Um die Quoten in die Höhe zu
treiben, hat man bizarre Sportarten erdacht, bei denen sich die
Teilnehmer bis aufs Blut bekämpfen. Der größte Star in diesem
irren Zirkus ist Drake (Jared Martin), der auf seinem Moped von
Triumph zu Triumph reitet. Seinem einstigen Entdecker Cortez
(Claudio Cassinelli) steht derweil das Wasser bis zur Oberkante der
Unterlippe, denn Drake ist längst für einen anderen Fernsehsender
aktiv. Programmdirektor Cortez benötigt dringend einen neuen
Quotenhit, sein Chef erscheint bereits beängstigend häufig auf den
Studiobildschirmen, seine Fratze verrät aufkommende Ungeduld. Um
Zugriff auf den Quotengarant Drake zu erhalten, führt man
kaltblütig einen skrupellosen Plan aus. Drakes Frau wird brutal
ermordet, Drake verübt Selbstjustiz an den Killern, wird daraufhin
zum Tode verurteilt. Als Ausweg bietet man ihm die Teilnahme an
einer neuen Show an, in der er gegen etliche Schwerverbrecher
antreten soll. Man hat den Abschaum der Menschheit aus den
Todeszellen geholt, schließlich soll das bevorstehende Ereignis
alles vorherige in den Schatten stellen. Bevor die Spiele ihren Lauf
nehmen, ackern sich die Teilnehmer durch ein hartes
Trainingsprogramm. Drake lernt dabei seine zukünftigen Gegner
kennen, unter denen sich finstere Gestalten wie Abdul (Fred
Williamson) und Kirk (Al Cliver) befinden. Können die Männer das
perfide Spiel der Fernsehmacher entlarven? Welchen Einfluss hat das
Elektronengehirn namens Chakunah?
Fällt in der heutigen
Zeit der Name Lucio Fulci, bringt man den leider bereits 1996
verstorbenen Regisseur, meist mit seinen "Metzelfilmen"
der späten siebziger/frühen achtziger Jahre in Verbindung. Als
Beispiele seien "Woodoo - Die Schreckensinsel der Zombies"
(1979), "Ein Zombie hing am Glockenseil" (1980), sowie
"Die Geisterstadt der Zombies" (1981) genannt. Ergänzend
wird teils auf die recht grotesken Streifen hingewiesen, die ab der
frühen Mitte der achtziger Jahre entstanden. "Conquest"
(1983) und "Zombie III" (1988) seien als entsprechende
Hinweise genannt. Auch der hier kurz vorgestellte "Die Schlacht
der Centurions" schlägt in die zweite Kerbe, die den
Niedergang des italienischen Genrekinos ankündigte. Damit keine
Missverständnisse entstehen: Ich liebe diese Filme! Es mutet jedoch
schon nahezu tragisch an, dass man die großartigen Meisterstücke
unterschlägt, die dieser begnadete Regisseur in den siebziger
Jahren inszenierte. "A Lizard in a Woman's Skin" (1971)
und "Don't torture a Duckling" (1971) sind großartige
Werke, die sich zur Spitze des Giallo Genres zählen dürfen. Es
würde den Rahmen sprengen, auf die weiteren Schätze hinzuweisen,
die Fulci im Bereich Italowestern abgeliefert hat. Ganz zu schweigen
davon, dass er seine ersten Filme in den letzten Zügen der
fünfziger Jahre drehte, in den sechziger Jahren auch im
Komödienfach aktiv war... ...wie ich bereits schrieb, ein
Kurzkommentar ist nicht dazu geeignet, den Werdegang dieser
interessanten Persönlichkeit nachzuzeichnen. Zumindest soll dies
ein kleiner Denkanstoss sein, sich ein wenig intensiver mit den
Filmen des Herrn Fulci zu beschäftigen.
"Die Schlacht
der Centurions" haut uns einen Mix diverser Spielarten vor den
Latz. Über dem Geschehen liegt der dunkle Mantel der Endzeit. Eine
damals angesagte Richtung, der sich auch andere gestandene
Regisseure des italienischen Genrekinos nicht entziehen konnte.
Sergio Martino spulte "Fireflash - Der Tag nach dem Ende"
(1983) herunter, sein Kollege Enzo G. Castellari legte 1982 den
Steifen "Metropolis 2000" vor. Obwohl die Filme mit wenig
Geld realisiert wurden, sie ohne Zweifel recht bizarr anmuten,
bürgen die Namen der Regisseure jedoch für handwerkliche Qualität.
"Centurions" wird zwar gern der Stempel "Endzeit"
aufgedrückt, doch hier bekommen wir keine Zivilisation zu Gesicht,
deren Städte in Schutt und Asche liegen. Die Kamera fährt gar
mehrfach über eine knuffige Modellmetropole, die jede Menge "Blade
Runner als C-Movie" Charme versprüht. Der Verfall findet eher
von innerhalb statt, mächtige Fernsehsender bestimmen den Alltag,
das Volk wird mit Brot und Spielen ruhig gehalten. Die Handlung
verzichtet dabei auf Ausflüge in die Wohnzimmer der Zuschauer, es
spielt sich fast alles im Umfeld des Senders ab, was IMHO die
Fantasie des Zuschauern anregt. Damit sind wir beim Thema "Medien-
und Gesellschaftskritik" angekommen, im Zusammenhang mit diesem
Film absolut unvermeidbar. Was vor mehr als 25 Jahren noch (fast)
undenkbar anmutete, wirkt in der heutigen Zeit (fast) greifbar nahe.
Menschen lassen sich in Container sperren und beobachten,
abstossende Gestalten verbreiten ihre orale Diarrhoe in debilen
Talkshows. Das Volk geht den "Privatsendern" nahezu
kritiklos auf den giftigen Leim. Gern meckert man mit Ausdauer über
die (moderaten) Rundfunkgebühren, mit denen man das
öffentlich-rechtliche Fernsehen finanziert, das sich längst als
letzte Bastion gegen den geisten Verfall positioniert hat (Im Ansatz
leider selbst erste Ausfallerscheinungen offenbart).
Fulci
rundet das Treiben mit ein wenig Action ab. Hier ein paar Schläge
und Tritte, dort eine Prise Gladiatorenkämpfe. Der Gewaltanteil
bleibt erstaunlich zahm, da hatte der Meister bereits zuvor ganz
andere Kaliber aufgeboten. Statt Gewalt gibt es Science-Fiction
Feeling, welches uns gar einen kurzen Blick in die Tiefen des
Weltraums erlaubt, doch ich will nicht zuviel verraten. Die
Besetzungsliste lässt den Italo-Fan ausgiebig mit der Zunge
schnalzen. Hauptdarsteller Jared Martin wirkt zwar ein wenig blass,
doch in den Nebenrollen bringt man die volle Dosis Glückseligkeit
an den Start. Claudio Cassinelli glotzt herrlich verkniffen aus der
Wäsche, ein toller Schauspieler, der leider viel zu früh
verstorben ist. Howard Ross ekelt sich als "Sicherheitschef"
in einer SS-Uniform durch die Reihen der Gefangenen, wirkt dabei
stets ein wenig verschwitzt und unterschwellig hektisch.
Blaxploitation-Ikone Fred Williamson sorgt immer für Freude. Der
Mann mag kein großartiger Schauspieler sein, doch er ist schlicht
und ergreifend ein Typ, kein langweiliges Abziehbildchen ohne Eier
in der Rüstung. Al Cliver kann zwar keine Glanzlichter setzen, doch
er gehört einfach in die B- und C-Klasse Orgien dieser Zeit. Die
Modellstadt erwähnte ich bereits, die übrigen Kulissen sind durch
und durch "Achtziger-Jahre-Low-Budget". Es macht einfach
Spaß zu beobachten, wie sich die geschätzten Kultschädel durch
die Pappe und das Plastik bewegen, garniert mit allerlei
Schalttafeln, die fröhlich vor sich hin blinken und flimmern. Ist
euch übrigens bewusst, dass man Stahl zum Schmelzpunkt bringen
kann, wenn man zuvor einen Mikroprozessor verspeist? Es blinkt und
blitzt fröhlich, Strahlwaffen geben bei Benutzung dieses typische
"Piuuu-Piuuuuh" Geräusch von sich. Die Kamera fängt das
nicht allzu temporeiche Gewusel stilsicher ein, Riz Ortolani liefert
einen passenden Score ab.
Wer ein wüste Orgie der Gewalt
erwartet, wer auf die üppige Produktion von Mettgut baut, der wird
sich mit "Die Schlacht der Centurions" ein wenig schwer
tun. Die Stärke des Films liegt in der durch und durch
"trashigen-80er-Jahre-Atmosphäre". Der billige Look
erfreut das Herz des Liebhabers, die beknackten Dialoge und
Geräusche sorgen für wohlige Nostalgie. Schlechter Geschmack auf
den Punkt gebracht, dabei aber mit handwerklicher Routine
ausgeführt. Selbst bei Genrefreunden hat diese Sause oft keinen
leichten Stand. Für mich ist "Die Schlacht der Centurions"
ein Streifen zum knuddeln und herzen, ich muss dieses Knuffelchen
von Film einfach gern haben.
Um die DVD Auswertungen ist es
leider nicht ganz so erfreulich bestellt. Laser Paradise brachte den
Film schon vor etlichen Jahren heraus, im Rahmen der
berühmt-berüchtigten "Red Edtion". Diese Fassung ist
nicht ganz uncut, doch in dieser Disziplin versagt die US-DVD
ebenfalls. Die Bildqualität der deutschen DVD ist sehr
mittelprächtig, dafür stimmt bei der US-Scheibe das Format nicht,
es fehlt ein erheblicher Teil des Bildes. Weil es keine wirklich
befriedigende DVD zu diesem Film gibt, habe ich zum Silberling aus
der "Red Edition" gegriffen. Ich genieße die Centurions
lieber in dieser Form, als auf den Streifen zu verzichten.
Vielleicht -es wäre wirklich sehr wünschenswert- spendiert man uns
irgendwann eine bessere Ausgabe. Die Indizierung wurde 2009
aufgehoben, was die Vertriebswege erweitert. Also liebe Label, bitte
traut euch ran!
7,5/10 (gut bis sehr gut) - Sehr subjektive
Fanpunkte!
Lieblingszitat:
"Cortez! Fahr zur Hölle!"
"Das würde ich tun... ...wenn dadurch unsere Einschaltquoten steigen!"
"Cortez! Fahr zur Hölle!"
"Das würde ich tun... ...wenn dadurch unsere Einschaltquoten steigen!"
- Blap -
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