PUNISHMENT PARK
(USA 1971) R: Peter Watkins
Die USA in den
frühen siebziger Jahren. Der Vietnamkrieg tobt und spaltet die
Nation, junge Menschen gehen auf die Strasse. Die Regierung erlässt
Notstandsgesetze, jeder vermeintliche Aufwiegler kann ohne echte
Beweisführung vor ein Tribunal gestellt werden. Eine rechtmäßige
Verteidigung ist nahezu unmöglich, langjährige
Zuchthausstrafen sind der Regelfall. Als Alternative bietet man den
Verurteilten den sogenannten "Punishment Park" an. In
kleinen Gruppen müssen sich die "Rechtsbrecher" (ohne
jegliche Verpflegung) drei Tage durch die Wüste schlagen, um
eine in über fünfzig Meilen Entfernung aufgestellte
US-Flagge zu erreichen. Während dieser Zeit sind ihnen diverse
Ordnungshüter auf den Fersen. Egal ob Polizei, Reservetruppen
oder Nationalgarde, die Exekutive soll ein gutes Training bekommen.
Werden die Verurteilten gestellt, sollen sie von ihren Häschern
"aus dem Spiel genommen" werden. Grundsätzlich sollen
diese Aktionen ohne Gewalt ablaufen, doch als sich ein paar
Verzweifelte zur Wehr setzen, kommt es zu einer unaufhaltsamen
Eskalation...
"Punishment
Park" wurde mit einfachsten Mittel gedreht. Genau diese Tatsache
macht den Film zu einem kleinen und äußerst intensiven
Meisterwerk. Das Geschehen läuft im Stil eines Dokumentarfilms
ab. Wir sehen die Gruppe der durch den Strafpark taumelnden Menschen,
wir sehen ihre Häscher bei der Vorbereitung und Ausführung
ihrer Mission. Weiterhin spielt ein großer Teil der Handlung in
einem Zelt, das als provisorischer Verhandlungsraum dient, dort
werden wir Zeuge der "Vernehmung" und Verurteilung der
Beschuldigten. Der Dokustil wird von Anfang bis Ende konsequent
durchgehalten, während der finalen Eskalation kommt es gar zu
einer verbalen Konfrontation zwischen Filmenden und Ordnungshütern.
Immer wieder wechselt man zwischen den Gruppen, während sich in
der Wüste zunehmend Verzweiflung und blinder Hass ausbreiten,
laufen die Verhöre immer nach dem gleichen Schema ab. Die Art
wie man mit den Vorgeführten umspringt, erinnert an unselige
Prozesse im Dritten Reich, selbstverständlich eine völlig
beabsichtigte und erschreckende Parallele. Ebenso befremdlich und
erschreckend die Kälte und Konsequenz der Polizei und anderen
Einsatzkräfte. Da wird ausführlich über
unterschiedliche Handfeuerwaffen und deren Wirkung referiert, als
würde man beabsichtigen auf Scheiben oder Wild zu schießen.
Betrachtet man die Zeit der Entstehung von "Strafpark",
wird die Brisanz und Wichtigkeit des Werkes noch klarer und
eindringlicher. Während dieser Zeit hatte Richard Nixon das Amt
des US-Präsidenten inne, der grausige Vietnamkrieg spaltete die
Nation, riss große Gräben auf. Diese Zerwürfnisse
treten sehr anschaulich bei den Vernehmungen der "Staatsfeinde"
hervor. Keine der beiden Seiten hört dem Gegenüber wirklich
zu, regelmäßig arten die Verhöre in wüste
Pöbeleien aus, die mit dem ruppigen Abführen der
Angeklagten enden.
Die siebziger Jahre waren auch das
Jahrzehnt des dystopischen Films. "Soylent Green" (1973),
"Rollerball" (1975) oder "Logan's Run" (1976),
verfolgten aber neben ihrer "Message", eben auch stets das
Ziel kurzweilig zu unterhalten und Geld in die Kassen zu spülen.
Diese Pfade lässt "Punishment Park" hinter sich. Es
mag abgedroschen klingen, aber "Strafpark" fängt in
der Tat dort an, wo die anderen Beiträge längst aufgehört
haben. Hier bedarf es keiner aufwändigen Kulissen und keiner
Starpower, hier wird der Finger in die Wunde gelegt, gar mit allem
Nachdruck tief ins faule Fleisch gebohrt. "Punishment Park"
ist ein intensiver Film, ein wichtiger und gern unterschlagener Film.
Ein Film der es tatsächlich schafft, ein krankes und abartiges
System zu entlarven, ohne dabei ständig mit dem erhobenen
Zeigefinger vor der Nase des Zuschauers zu fuchteln! Eine
eindringliche Warnung und finstere Vision. So bietet uns das Werk
auch kein versöhnliches, in irgendeiner Form weichgespültes
Ende an. Nein, der Zuschauer bekommt einen gewaltigen Schlag
versetzt, bleibt nachdenklich und bedrückt zurück.
Besonders beeindruckt hat mich die Zeitlosigkeit des Films, die durch
den dokumentarischen Stil, sowie die harsche Sprache zusätzlich
untermauert wird.
Man könnte -und sollte- weitaus
ausführlicher auf diesen Film von Peter Watkins eingehen. Doch
ich will es bei einem überschaubaren und lesbaren Kurzkommentar
belassen, verbunden mit der Aufforderung den Film zu sichten!
"Punishment Park" ist im Rahmen der "The Masters of
Cinema Series" von EUREKA! erschienen, die britische DVD bietet
ein ausführliches Vorwort des Regisseurs, einen Audiokommentar
und ein dickes Booklet an. Wir haben es mit einer angemessenen,
gelungenen Veröffentlichung zu tun, klarer Kaufzwang für
jeden Filmfreund!
Ein Bewertung anhand des Zahlenrasters
verbietet sich in diesem Fall. Wer trotzdem nicht ohne diese
Schablone leben kann, der darf sich eine 9/10 (überragend)
vorstellen.
Lieblingszitat:
"Do you like your job of slaughtering young people?"
"Do you like your job of slaughtering young people?"
- Blap -
Die auf dieser Netzpräsenz veröffentlichten Filmbesprechungen haben rein
filmjournalistische Bedeutung. Das verwendete Bildmaterial dient nicht zu Werbezwecken,
sondern ausschließlich zur filmhistorischen Dokumentation.