DAS NORTHVILLE-MASSAKER
(„Northville Cemetery Massacre“ aka. “Rockerschlacht in Northville“, USA 1974) R: William Dear
Die "Spirits"
sind eine Horde verwegen aussehender Biker. Man haut gern auf den
Putz, knattert flott durch die Stadt und übers Land, doch im Grunde
sind die Jungs für niemanden eine ernsthafte Bedrohung. Sie leben
ihr Leben nach den eigenen Vorlieben, was den örtlichen
Gesetzeshütern sauer aufstößt, ständig werden die Rocker mit
Kontrollen und kurzen Aufenthalten im Knast drangsaliert. Chris
(David Hyry) ist ein junger Bursche, der zum Freundeskreis der
Truppe zählt. Als die Biker außerhalb der Stadt eine "Hochzeit"
feiern, taucht selbstverständlich wieder die Bullerei auf, die
Motorradfahrer werden vertrieben. Chris bekommt davon nichts mit,
denn er hat sich mit seiner Freundin Lynn (Jan Sisk), in eine in der
Nähe stehende Scheune zurückgezogen. Leider taucht der fiese Cop
Putnam (Craig Collicott) dort auf, er schlägt Chris bewusstlos und
vergewaltigt Lynn. Nach der Notzucht bedroht er das Mädchen erneut,
wenn sie ihn verratten würde, kämen sie und eventuelle Mitwisser
zu Tode. Es kommt aber noch dicker, denn Putnam redet dem Vater
seines Opfers ein, dass sie von den "Spirits" geschändet
worden sei. Aber er könne dabei helfen, die Rocker ihrer gerechten
Strafe zuzuführen, abseits der üblichen Dienstwege. Von Schmerz
und Hass zerfressen, lässt sich der verzweifelte Vater auf den
perversen Polizisten ein. Mit Hilfe weiterer Selbstjustizler, will
man die "Spirits" allesamt über den Haufen
ballern...
"Northville Cemetery Massacre" trug in
Deutschland früher den Titel "Das Northville Massaker".
Für die DVD-Auswertung nutzt man nun "Rockerschlacht in
Northville" als Namen, der alte Titel war aber unbestritten
zutreffender. Die Fronten sind von Beginn an klar. Die Biker sind
zwar wüste Gesellen, doch eigentlich gutmütige Typen, die sich
nicht in das Korsett des bürgerlichen Lebens zwängen wollen. In
der Eröffnungsszene hat ein älteres Ehepaar eine Reifenpanne, Opi
und Omi verschanzen sich panisch im Auto, als sie die Rocker
anrollen sehen. Doch nach kurzem Tanz um den Seniorenschlitten,
wechseln die langhaarigen Kettenschwinger den defekten Reifen,
schauen sogar nach dem Ölstand des Fahrzeugs. Friedlich donnert man
weiter, Opi und Omi sind glücklich. Die Polizei scheint nur aus
reaktionären Irren zu bestehen, für die jeder Biker, Langhaarige
und sonst irgendwie nicht in ihr Weltbild passende Mensch, ein
bösartiges Subjekt ist, welches mit aller Härte bekämpft werden
muss. Allen voran der Vergewaltiger und Mörder Putnam, der vor
keiner Straftat zurückschreckt. Zwischen dem Block der "Guten"
und der "Bösen", steht ein verzweifelter Vater, der sich
recht schnell vom durchgedrehten Fanatiker Putnam, auf die Seite der
verblendeten Killer ziehen lässt. Die Darsteller der "Spirits"
sollen laut den zugänglichen Informationen echte Biker sein, was
mir durchaus nachvollziehbar und glaubwürdig erscheint. Die
Burschen kommen sehr authentisch rüber, auch ohne große
Schauspielkunst, füllen sie ihre Rollen lebhaft und
leidenschaftlich aus. Die gesamte Besetzung spielt ordentlich auf,
wobei keiner der Mitwirkenden besonders deutlich aus der Masse ragt.
Dazu besteht schließlich keine Notwendigkeit, denn es geht hier
nicht primär um Einzelschicksale, Gesellschaftskritik ist das
zentrale Thema in Northville.
Die sehr prägnante Trennung
zwischen "Gut" und "Böse", mutet womöglich ein
wenig übertrieben an. Man geht hier aber konsequent den Weg über
das Gesamtbild, nicht über die ausführliche Zeichnung einzelner
Personen. Um den Zuschauer bei der Stange zu halten, setzt man
während der Schiessereien auf viel Blut und den Einsatz der
Zeitlupe. Seine Wirkung zieht der Film aber nicht aus diesen
vordergründigen Schauwerten, die ohne Frage für rustikalen "Spaß"
sorgen. Intensiv, eindringlich packt der Streifen dadurch dazu, dass
er den "Bösen" eiskalte Menschenverachtung in den Mund
legt, und die betreffenden Figuren tatsächlich ebenso handeln
lässt. Die Menschen man Rande der Gesellschaft werden als Vieh
betrachtet, dementsprechend kann man sie auch wie Vieh abschlachten.
Bemerkenswert ist, dass trotz der klaren Grenzen zwischen "Gut"
und "Böse", das Treiben nicht penetrant nach erhobenem
Zeigefinger anmutet. Ich führe dies darauf zurück, dass man den
Unterhaltungswert nicht aus dem Auge verloren hat. So machen die
blutigen Szenen und radikalen Dialoge tatsächlich Sinn, lassen das
Werk nicht in moralinsaures Gehabe abdriften, verschaffen dem Film
die nötige Balance zwischen Ernsthaftigkeit und Unterhaltungswert.
Drehbuch und Regie beweisen nicht immer ein ausgeprägtes Gespür
für Spannung und Tempo, die solide Kameraarbeit wetzt aber die eine
oder andere Scharte aus.
Trotz diverser Unzulänglichkeiten,
ist "Das Northville Massaker" ein gelungener und überaus
sehenswerter Film. Die "Rocker & Biker Box Vol. 5"
bietet den Streifen ungekürzt an. Besagtes Set enthält außerdem
"Big Foot und die Rockerbande" (Bigfoot, 1970), zu dem ich
bei Gelegenheit ein paar Zeilen schreiben werden. Als Boni sind
diverse Trailer zu artverwandten Filmen enthalten.
Der Traum
von Freiheit und Unbeschwertheit, gnadenlos zermalmt zwischen
Engstirnigkeit und Rachsucht. Guter Stoff =
7/10
Lieblingszitat:
"...aber wenn du lange Haare hast und keinen Scheitel auf der Birne, noch dazu einen heißen Ofen fährst, dann ist schon das Pinkeln strafbar..."
"...aber wenn du lange Haare hast und keinen Scheitel auf der Birne, noch dazu einen heißen Ofen fährst, dann ist schon das Pinkeln strafbar..."
- Blap -
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