DIE NACHT DER REITENDEN LEICHEN
("La noche del terror ciego", 1971) R: Amando de Ossorio
Diesen spanischen
Gruselfilmklassiker habe ich das letzte Mal mit 16 Lenzen im
heimischen Bahnhofskino gesehen, die Erinnerung daran war also
dementsprechend getrübt. Zeit für eine
Auffrischung!
Bereits beim Vorspann, unterlegt mit Aufnahmen
zerfallener Burgruinen, glaubte ich, meinen Ohren nicht zu trauen:
Das Titelstück des Scores ist absolut genial –
kreuzunheimliche Mönchs-Chöre, unterweltliches Knarren,
Ächzen, Quietschen und Kreischen. Das klingt ja fast nach einer
der Foltercombos meiner holden Industrial-Jugendzeit – könnte
auch von Coil oder Psychic TV stammen. Es wundert mich, daß
noch niemand (?) diese Musik gesamplet hat, um einen Düster-Song
daraus zu basteln...
Was dann folgt, ist erst einmal hart zu
goutieren, da stinklangweilig und mit nahezu unerträglichen
Dialogen gespickt. Zwei alte Schulfreundinnen treffen sich zufällig
am Swimmingpool eines Ferienhotels und tauschen Belanglosigkeiten
aus. Die Dunkelhaarige (Ginny) hat einen Gigolo mit Schmalztolle
(Roger) im Gepäck, der umgehend geil auf die Blonde (Bella) wird
und sie zu einem gemeinsamen Campingtrip einlädt – eher zum
Missfallen seiner Schnitte. Per Zug (der ungefähr das Tempo von
2 km/h drauf hat) begibt man sich in die Pampa – gedreht wurde
übrigens in Portugal. Dort kommt es bereits zu Eifersüchteleien
zwischen den Damen und in einer Rückblende erfährt man von
der gemeinsamen lesbischen Vergangenheit im Mädchenpensionat.
Hier outet De Ossorio sich als Kunstfilmer, indem er den Rauch aus
dem Lokomotivschornstein in den Flashback einbaut. [Anmerkung:
Kessler hat diesen Kniff offensichtlich nicht kapiert, was ich sehr
amüsant fand. Zitat aus seiner Rezension in Splatting Image
Nr.34 "(...)"Hast du vergessen, was in der Schule zwischen uns
war?" fragt Bella sinnierend, eine schöne Rückblende
hervorkitzelnd, in der die beiden vor zwei religiösen Bildern
zärtliche Stunden verleben, während irgendein Schöngeist
Rauch vor die Kamera bläst! Ich habe das erst für eine
schmierige Scheibe gehalten, aber das ist wohl eher Rauch. Toll."]
– Wohl anderweitig zuviel Rauch inhaliert, was?
Weiter im
Text: Ginny hat die Faxen vom Geturtel ihrer Mitreisenden dicke und
springt spontan vom Bummelzug ab. Dumm nur, daß sich das
verfluchte Dorf Berzano ganz in der Nähe befindet, samt der
verfallenen Abtei, die wir schon aus dem Vorspann kennen. In einer
sehr lang ausgewalzten Sequenz eiert sie etwas ziellos durch das
Gemäuer und sieht sich um, ohne Aufregendes zu entdecken. Man
muss als Zuschauer schon durchaus Geduld mit De Ossorios Inszenierung
aufbringen. Irgendwann richtet sie sich dann in einer lauschigen
Katakombe häuslich ein, entzündet aus drei Strohhalmen ein
Feuer, das die ganze Nacht prasselnd brennt, zieht sich artig ein
Nachtgewand an (!) und schlüpft in den Schlafsack. Irgendwie
niedlich.
Kurz darauf ertönt der Totenchor der Knochenmänner und aus den Grüften im Innenhof quillt Rauch (Rauch spielt in diesem Film eine wichtige Rolle). Schwarze Gummihände schieben Grabplatten zur Seite und eine untote Horde zerlumpter Mönchsritter erhebt sich augenlos aus dem Erdreich. Zu Fuß sind sie recht langsam, zumal sie sich nur in Zeitlupe bewegen, daher schwingen sie sich auf ihre Gäule, die mit Lumpendecken behangen sind. Bald merkt Ginny, daß es in der Abtei nicht mit rechten Dingen zugeht, und die Knochenköppe riechen Mädchenfleisch. Nun folgt meine Lieblingsszene: In aller Seelenruhe zieht Ginny ihr Nachtgewand aus und kleidet sich wieder an – und das tut sie, während die untote Brut schon an der Türe kratzt! Diese Szene erfüllt KEINERLEI Sinn! Da die Voyeure unter uns auch wenig nacktes Fleisch zu sehen bekommt, hat sie nicht einmal (s)exploitative Beweggründe.
Kurz darauf ertönt der Totenchor der Knochenmänner und aus den Grüften im Innenhof quillt Rauch (Rauch spielt in diesem Film eine wichtige Rolle). Schwarze Gummihände schieben Grabplatten zur Seite und eine untote Horde zerlumpter Mönchsritter erhebt sich augenlos aus dem Erdreich. Zu Fuß sind sie recht langsam, zumal sie sich nur in Zeitlupe bewegen, daher schwingen sie sich auf ihre Gäule, die mit Lumpendecken behangen sind. Bald merkt Ginny, daß es in der Abtei nicht mit rechten Dingen zugeht, und die Knochenköppe riechen Mädchenfleisch. Nun folgt meine Lieblingsszene: In aller Seelenruhe zieht Ginny ihr Nachtgewand aus und kleidet sich wieder an – und das tut sie, während die untote Brut schon an der Türe kratzt! Diese Szene erfüllt KEINERLEI Sinn! Da die Voyeure unter uns auch wenig nacktes Fleisch zu sehen bekommt, hat sie nicht einmal (s)exploitative Beweggründe.
Wie auch immer: Die
reitenden und schlurfenden Leichen rücken Ginny auf den Pelz und
diese flüchtet kreischend durchs Gemäuer, was erst mal eine
ganze Weile in Anspruch nimmt (da die Fleddermönche sich
seeeeehr langsam bewegen, ist die Bedrohungssituation nicht immer
ganz nachvollziehbar). Irgendwann hat Ginny sich dann festgerannt
bzw. geritten und wird totgebissen.
Der nächste Höhepunkt folgt, als Bella und Roger ihre Freundin im Leichenschauhaus identifizieren müssen. Die Deckenlampe schwingt wild durch die Gegend, als wäre im Obduktionssaal hoher Seegang und sorgt dadurch für pittoresken Schattenwurf. Der Leichenbeschauer wird von Simón Arriaga gespielt und ist ein leicht perverser Schelm: sadistisch grinsend präsentiert er den beiden, einfach so aus Jux und Dollerei, zunächst einmal eine zermatschte Omma, bevor er Ginnys Laken lüftet. Da war alles aus bei mir! Der Grinsekasper hat auch einen Kanarienvogel namens Karlchen und einen Frosch, den er zum Scherze quält – so was bleibt nicht ungesühnt, denn Ginny erhebt sich von der Bahre und beißt ihm das Lebenslicht ab.
Ein schrulliger Professor (Paco Sanz) wird besucht, der Sinistres über die Tempelritter vom Stapel lässt. Hier sehen wir eine hübsche Rückblende (die in der DF übrigens an den Anfang gesetzt und übelst geschnitten wurde), wo die Templer eine halbnackte Maid an ein Marterwerkzeug binden, mit Schwertern piesacken und ihr den Saft aus den Knochen schlürfen.
Bella und Roger suchen nun einen Haufen degenerierter Schmuggler auf und überreden sie irgendwie (ich kann mich nicht erinnern: War da eventuell Geld im Spiel?), ihnen bei der Suche nach Ginny zu helfen. Gemeinsam geht's zurück zur Abtei, wo alsbald eine Nacht des Terrors hereinbricht...
Der nächste Höhepunkt folgt, als Bella und Roger ihre Freundin im Leichenschauhaus identifizieren müssen. Die Deckenlampe schwingt wild durch die Gegend, als wäre im Obduktionssaal hoher Seegang und sorgt dadurch für pittoresken Schattenwurf. Der Leichenbeschauer wird von Simón Arriaga gespielt und ist ein leicht perverser Schelm: sadistisch grinsend präsentiert er den beiden, einfach so aus Jux und Dollerei, zunächst einmal eine zermatschte Omma, bevor er Ginnys Laken lüftet. Da war alles aus bei mir! Der Grinsekasper hat auch einen Kanarienvogel namens Karlchen und einen Frosch, den er zum Scherze quält – so was bleibt nicht ungesühnt, denn Ginny erhebt sich von der Bahre und beißt ihm das Lebenslicht ab.
Ein schrulliger Professor (Paco Sanz) wird besucht, der Sinistres über die Tempelritter vom Stapel lässt. Hier sehen wir eine hübsche Rückblende (die in der DF übrigens an den Anfang gesetzt und übelst geschnitten wurde), wo die Templer eine halbnackte Maid an ein Marterwerkzeug binden, mit Schwertern piesacken und ihr den Saft aus den Knochen schlürfen.
Bella und Roger suchen nun einen Haufen degenerierter Schmuggler auf und überreden sie irgendwie (ich kann mich nicht erinnern: War da eventuell Geld im Spiel?), ihnen bei der Suche nach Ginny zu helfen. Gemeinsam geht's zurück zur Abtei, wo alsbald eine Nacht des Terrors hereinbricht...
Im
Verlauf dieser Nacht wird gar lustig gemordet und vergewaltigt, daß
es eine Art hat. Für die damaligen Verhältnisse geizt der
Film nicht mit Blutwurst – Arme werden abgehackt, Köpfe
fliegen durch die Kapelle. Die Effekte sind zwar nicht besonders
überzeugend, wärmen demjenigen, der im Herzen ein Kind
geblieben ist, aber angenehm die Brust. Logik sucht man vergeblich,
aber wen stört das schon.
Es ist beinahe rührend mit anzusehen, wie De Ossorio sämtliche Chancen, echtes Spannungskino zu fabrizieren, herzhaft vergeigt. Immer wenn das Drehbuch (falls es ein solches im herkömmlichen Sinne überhaupt gab) Gelegenheit dazu böte, schießt die Regie alles in den Wind. Das Finale macht dafür wieder einiges wett: Am Schluss der ganzen Fete wird Klarschiff gemacht, Armageddon naht, Ende, aus, Zappenduster...
Aber was soll´s – der Film macht trotzdem einen Riesenspaß, und meine ewigwährende Zuneigung ist ihm sicher. Überhaupt sollten sich alle Menschen lieb haben und viel mehr spanische Gruselfilme aus den 70ern anschauen, ob mit oder ohne Naschy, denn diese Filme tragen das Herz am rechten Fleck!
Es ist beinahe rührend mit anzusehen, wie De Ossorio sämtliche Chancen, echtes Spannungskino zu fabrizieren, herzhaft vergeigt. Immer wenn das Drehbuch (falls es ein solches im herkömmlichen Sinne überhaupt gab) Gelegenheit dazu böte, schießt die Regie alles in den Wind. Das Finale macht dafür wieder einiges wett: Am Schluss der ganzen Fete wird Klarschiff gemacht, Armageddon naht, Ende, aus, Zappenduster...
Aber was soll´s – der Film macht trotzdem einen Riesenspaß, und meine ewigwährende Zuneigung ist ihm sicher. Überhaupt sollten sich alle Menschen lieb haben und viel mehr spanische Gruselfilme aus den 70ern anschauen, ob mit oder ohne Naschy, denn diese Filme tragen das Herz am rechten Fleck!
Den
nächsten BALI-Betriebsausflug verbringen wir in Berzano!
- Pelle -
Die auf dieser Netzpräsenz veröffentlichten Filmbesprechungen haben rein
filmjournalistische Bedeutung. Das verwendete Bildmaterial dient nicht zu Werbezwecken,
sondern ausschließlich zur filmhistorischen Dokumentation.