MIT DJANGO KAM DER TOD
("L'uomo, l'orgoglio, la vendetta", Italien/Deutschland 1968) R: Luigi Bazzoni
Django
(Franco Nero) verdient sich seine Sporen als strebsamer Soldat in der
spanischen Armee, als die glutäugige Zigeunerin Conchita (Tina
Aumont) in sein Leben tritt und ihm zum Verhängnis wird. Nachdem
er sie bei einer Schlägerei verhaften musste und sie ihm auf dem
Weg ins Kittchen entwischt, wird er als verantwortlicher Offizier
degradiert. Bei ihrem nächsten Zusammentreffen becirct sie ihn
und sie verbringen eine Nacht miteinander – spätestens zu
diesem Zeitpunkt ist er ihr hoffnungslos verfallen. Angetrieben von
heißen Versprechungen, Liebesschwüren und einem ständigen
Wechselbad heftiger Gefühle gerät er zusehends auf die
schiefe Bahn, um Conchitas Gunst zu gewinnen. Nachdem er aus rasender
Eifersucht einen hochrangigen Offizier getötet hat, flieht er
als Deserteur in die spanischen Berge, wo er sich notgedrungen mit
Conchitas Kumpanen, einem ruchlosen Haufen von Strauchdieben,
zusammenschließt. Hier lernt er auch Conchitas aus dem
Gefängnis geflohenen Ehemann Garcia (Klaus Kinski) kennen, mit
dem ihn sofort eine innige Antipathie verbindet, die auf
Gegenseitigkeit beruht. Conchita umgarnt ihn weiterhin und überredet
ihn, sich an einem Raubüberfall auf die Kutsche eines reichen
Engländers (Karl Schönböck) zu beteiligen, bei der
eine Kiste voller Gold erbeutet wird – der Coup wird jedoch auf
blutige Weise in den Sand gesetzt und die Spirale dreht sich weiter
ins Bodenlose. Während der Konflikt zwischen Django und Garcia
sich zuspitzt, setzt Conchita sich ab, um Wasser und Nahrung zu
organisieren – kehrt jedoch nicht zurück. Die Ereignisse
steuern auf einen tragischen Höhepunkt zu...
MIT DJANGO
KAM DER TOD von Luigi Bazzoni ist ein Beitrag, der speziell bei
Freunden des Italowesterns nicht sonderlich beliebt ist – was wohl
daran liegt, daß es sich um alles handelt, nur um keinen
Italowestern im herkömmlichen Sinne. Die Geschichte ist eine
Adaption des Dramas "Carmen" von Prosper Mérimée,
welches (in anderer oder ähnlicher Form) schon unzählige
Male verfilmt wurde. Was das Missverständnis erschwert, ist die
in die Irre führende Betitelung des Films in Deutschland, womit
man natürlich versuchte, auf der beliebten Django-Welle
mitzuschwimmen. Im italienischen Original heißt Franco Neros
Charakter "José", noch deutlicher wird es bei Tina Aumont,
die nicht Conchita, sondern unmissverständlich "Carmen"
genannt wird. Obendrein wurde die Handlung in der deutschen Fassung
von Spanien nach Mexiko verlegt.
Wer also
ein typisches bleigetränktes Racheepos im Spaghetti-Stil
erwartet, mag eine herbe Enttäuschung erleben, obwohl der Film
mit einem Kutschenüberfall und einem rasant inszenierten
Messerduell zwischen Nero und Klaus Kinski aufwartet. Im Mittelpunkt
der Handlung steht vielmehr die niederschmetternde Geschichte eines
Mannes, der an seiner glücklosen und obsessiven Liebe zu einer
Femme Fatale zugrunde geht. Immer tiefer versinkt er in einem Strudel
aus Selbstverleumdung, Gewalt und Verbrechen, ohne zu begreifen, daß
er nur ein willenloses Spielzeug in den Händen eines
hedonistischen Weibes ist, das keinerlei echte Gefühle für
ihn empfindet. Dabei ist Carmen keineswegs böswillig oder
niederträchtig, aber ihr unzähmbares und triebgesteuertes
Naturell ist dem eigentlich bürgerlichen und simpel gestrickten
José derart fremd, daß er sich hoffnungslos zu ihr
hingezogen fühlt und dabei immer tiefer in den Abgrund stürzt.
Allerdings
sind das alles keine Gründe, den Film schlecht zu finden –
ganz im Gegenteil. Bei L´UOMO, L´ORGOGLIO, LA VENDETTA
handelt es sich um ein wunderbar fotografiertes und hervorragend
gespieltes Drama, das viel Wert auf die sorgsame Charakterzeichnung
seiner Protagonisten legt.
Der große
Franco Nero legt hier wahrscheinlich eine der besten Performances
seiner Karriere aufs Parkett – er spielt den gebeutelten und
betrogenen Lover, der durch seine besessene Hörigkeit zu Carmen
zum Äußersten getrieben wird, mit derartiger
Überzeugungskraft, daß man meinen könnte, er schöpfe
aus eigenem Erfahrungsschatz. Er verkörpert hier wirklich
umwerfend einen Mann, der sich immer tiefer in das Labyrinth seiner
eigenen Leidenschaften verstrickt, bis er nicht mehr ein noch aus
weiß.
Die damals
noch blutjunge Tina Aumont (TORSO) spielt ebenfalls wundervoll,
obwohl ich sie mitunter etwas zu niedlich finde, als daß man
ihr die rassige Männerfresserin ohne Wenn und Aber abnimmt. Ihre
Gefühlsschwankungen und emotionalen Ausbrüche sind
allerdings sehr beeindruckend vorgetragen – eben noch will man sie
in die Arme schließen und küssen, im nächsten Moment
möchte man sie schon ohrfeigen.
Auch Klaus
Kinski als grimmiger Finsterling Garcia legt hier einen seiner besten
Auftritte im Genre hin, wenngleich seine Leinwandzeit allzu knapp
bemessen ist. Sein Herz ist auch hier mal wieder eine Mördergrube:
Seinen verwundeten Kumpel Remandado – gespielt von Alberto
dell`Acqua – legt er kaltblütig um, weil ihm sein Transport zu
anstrengend erscheint. Guido Lollobrigida (u.a. SATAN DER RACHE und
FRIEDHOF OHNE KREUZE) hat eine schöne Rolle als Carmens
versoffener Kumpel Tranquiero, der am späteren Kutschüberfall
beteiligt ist. Trotz seiner Verkommenheit und Alkoholsucht begreift
selbst er, daß José auf dem falschen Dampfer ist: "Du
bist viel zu anständig für sie, aber du musst ja wissen,
was du tust..."
Luigi
Bazzoni hat ursprünglich Architektur studiert, was sich in der
klaren, durchstrukturierten Bildgestaltung seiner Filme
niederschlägt. Auch dieser Euro-Western glänzt mit einer
präzisen und stilsicheren Kameraführung, die übrigens
von Bazzonis Bruder Camillo übernommen wurde. Als Regisseur
zeichnet Bazzoni außerdem für den kühlen Giallo EIN
SCHWARZER TAG FÜR DEN WIDDER oder den ungewöhnlichen
Thriller LE ORME – FUSSPUREN AUF DEM MOND verantwortlich. Die
herrlich kraftvolle Musik von Carlo Rustichelli vermischt
klassisch-symphonische Orchesterpassagen mit feurigen
Flamencogitarren.
Mir hat
der Film von Anfang bis zum bitteren Ende ganz vorzüglich
gefallen – und der Schluss ist so was von tragisch, man sollte das
Tränenkrüglein bereithalten...
- Pelle -
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