THE LAST WARRIOR – KÄMPFER EINER VERLORENEN WELT
(„Il giustiziere della terra perduta“, Italien 1983) R: David Worth
Robert dreht auf, Donald dreht durch
Wir kennen das Szenario. Mal wieder
wütete ein Atomkrieg, mal wieder liegt die Zivilisation
zerschmettert am Boden. Josh McBride (Robert Ginty) brettert mit
seinem flotten Moped durch diese trostlose Welt, hinter jeder Kurve
lauert der Tod (oder ein Gehilfe des Sensenmannes). Einerseits
treiben Schergen des gnadenlosen Diktators Prossor (Donald Pleasence)
ihr Unwesen, andererseits ist diverser Pöbel auf der Suche nach
Opfern. McBride geht seinen eigenen Weg, eines Tages führt ihn ein
Unfall jedoch in das Gebiet der Widerstandsbewegung.
Freundlicherweise heilen die Damen und Herren die Verletzungen ihres
Gastes. Mehr noch, sie halten den einsamen Burschen für den
Auserwählten, er soll Professor McWayne (Harrison Muller Sr.) aus
den Fängen Prossors befreien. McWayne ist der Denker und Lenker des
Widerstands, für den Zusammenhalt der Bewegung unerlässlich. Trotz
seiner Zweifel begibt sich McBride gemeinsam mit McWaynes Tochter
Nastasia (Persis Khambatta) in die Höhle des Löwen. Im
Herrschaftsbereich des Despoten greifen dessen Omega-Truppen mit
aller Härte durch, dennoch kann der Professor befreit werden und mit
McBride fliehen. Leider Nastasia verletzt zurück, fürchterliche
Folterungen erwarten die junge Frau, Prossor kümmert sich persönlich
um seine Beute…
Endzeit aus Italien, ich liebe es! Aus
der Hochzeit des Genres stammt der kurz vorgestellte Streifen. Sicher
kein Chef auf diesem wundervollen Spielfeld, für Fans jedoch eine
angenehme Ergänzung zu den Überfliegern. Übermächtige Schätze
drängen "The Last Warrior" in die zweite Reihe, es folgen
ein paar Beispiele:
- Fireflash – der Tag nach dem Ende (1983/ 2019: Dopo la caduta di New York / Regie: Sergio Martino)
- Metropolis 2000 (1982 / I nuovi barbari / Regie: Enzo G. Castellari)
- Endgame – das letzte Spiel mit dem Tod (1983 / Endgame - Bronx lotta finale / Regie: Joe D'Amato)
Martino, Castellari, D'Amato! Weiterhin
waren Größen wie Lucio Fulci und Ruggero Deodato in diesem Gefilde
unterwegs (teils in Randbereichen), gewissermaßen ein Sammelbecken
verehrter Genre-Regisseure, konzentriert in einem recht
überschaubaren Zeitfenster (es wurden nicht alle Herren von mir
aufgezählt, ich bitte um Nachsicht). Zwar brachten die späteren
achtziger Jahre weitere Endzeit-Sausen hervor, der Gipfel der Lust
wurde aber fraglos in den Jahren 1982/83 erreicht!
Auf dem Regiestuhl von "The Last
Warrior" nahm der Amerikaner David Worth Platz, für die Story
zeichnet er ebenfalls verantwortlich. Die ganz große Karriere sollte
Worth verwehrt bleiben, auf sein Konto gehen einige sympathische
B-Knaller, z. B. mehrere Action-Flicks mit Cynthia Rothrock. Im
Bonusbereich der mir vorliegenden DVD ist ein Interview mit David
Worth zu finden, der sich wohlgesonnen über seinen Film äußert.
"Kein guter Film, aber eine sehr lehrreiche Erfahrung und
angenehmes Arbeitsklima", so die Kernaussage des Herrn Worth.
Recht hat er, als "guter Film" geht sein Ausflug in die
Endzeit eher nicht durch (was auch immer ein "guter Film"
sein mag), indessen ist der Streifen verdammt unterhaltsam, kommt mit
bizarren Einschüben daher, punktet gar mit einer gelungenen
Überraschung! An Albernheiten mangelt es nicht, der Held hat einen
vorlauten Computer in seinem Motorrad verbaut, "Einstein"
gibt gern Widerworte und sorgt für manchen Schmunzler. Große Klasse
die Kameraarbeit von Giancarlo Ferrando (der auch Martinos
"Fireflash" gekonnt einfing), durch dessen Gespür und
Können der Film massiv an Qualität gewinnt. Action kommt in Form
von jeder Menge Geballere und wilden Verfolgungsjagdgen daher, die
Waffensounds tönen grotesk, hin und wieder gibt es satte Explosionen
auf die entzündeten Augen. Vor allem der Machtbereich des Fieslings
wurde stilvoll angelegt, dazu gibt es ein paar obskure Sets, in des
Diktators Diskothek verbringen die braven Bürger ihre Freizeit,
verabreichte Tranquilizer sorgen für Ruhe und Ordnung im Stadtstaat.
Endzeit geht nicht ohne eine Dosis Mutation, kurzzeitig müssen sich
Held und Heldin mit bekloppten Retro-Morlocks rumärgern.
Robert Ginty verstarb leider 2009, er
wird B-Filmfanatikern für immer als "The Exterminator"
(1980) in bester Erinnerung bleiben. Ginty hat im Vergleich zu seiner
Paraderolle an Profil gewonnen, erinnert mich an eine schmale Ausgabe
von Roddy Piper. Persis Khambatta gibt sich kratzbürstig, die toughe
Rolle steht ihr gut zu Gesicht, weibliche Reize sind auf diesem
Tummelplatz des Irrsinns weniger gefragt. Donald Pleasence
erwartungsgemäß grandios, der Mann ist stets eine sichere Bank.
Pleasence hetzte dem legendären Serienkillermonster Michael Myers
durch etliche Halloween-Aufgüsse nach, er gab im Bond-Kosmos die
beste Ausgabe des Superschurken Blofeld, manchmal der Held, oft der
Bösewicht, fast immer psychotisch, ein Mann für alle Fälle des
trabenden bis galoppierenden Wahnsinns! Prossor ist ein ekelhafter
Nazi, löscht aus was nicht passt, kleidet seine Truppen in an die SS
angelehnte Klamotten. Eine bessere Besetzung als Donald Pleasence?
Denkt nicht mal daran! Fred Williamson taucht in einer Nebenrolle
auf. Jau, er ist einfach da, das reicht, Fred Williamson ist Fred
Williamson ist Fred Williamson! Harrison Muller Sr. träumt von einer
besseren Welt, die übrigen Gestalten fallen in die Kategorien
"anonyme Metzelmasse", "Ekelfratzen", "Mutanten"
und "Pöbel" (wahlweise kombinierbar).
Regisseur und Autor David Worth kann
sich zwar nicht mit seinem Kollegen aus Italien messen, doch die
starke Kameraarbeit von Giancarlo Ferrando, knuffige Einfälle und
absurde Momente, die starke Besetzung, der gekonnte Umgang mit den
Klischees des Genres, sorgen letztlich für ein kurzweiliges
Vergnügen. Gerade kommt mir der Chor in den Sinn, mit dem uns Worth
gegen Ende des Lichtspiels drangsaliert, unglaublich, diesen Erguss
muss ich zwangsläufig ins Herz schließen!
Mir liegt die DVD von Imperial Pictures
vor, neben dem ungekürzten Film gibt es (nicht viele, aber
interessante) Boni zu genießen. Alternativ bietet Retrofilm Auflagen
in Hartboxen an (die günstigere Imperial-DVD kommt im Amaray (Clone)
ins Haus).
6,5/10 (mehr lässt die extrem starke Verwandtschaft nicht zu, in Gedanken addiere ich diverse
Wohlfühlpunkte!!!)
Lieblingszitat:
"Ihre Bosheit muss bis zum Tode bekämpft werden!"
(Die deutsche Synchro hat einige Entgleisungen in der Hinterhand, ich verzichte aus Rücksicht auf
empfindliche Leser auf entsprechende Zitate.)
- Blap -
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