NINJA – DIE KILLER-MASCHINE
(„Enter the Ninja“, USA 1981) R: Menahem Golan
Mord und Totschlag zwischen Wasserballett und Kokospalmen
Nach einer langen und harten Ausbildung
hat Cole (Franco Nero) es endlich geschafft, der Meister erhebt ihn
in den Status eines vollwertigen Ninja. Kollege Hasegawa (Shô
Kosugi) äussert seinen Unmut, er sieht die japanischen Traditionen
bedroht, hält den Amerikaner für unwürdig. Cole macht sich auf den
Weg nach Manila, sein alter Kumpel Frank (Alex Courtney) betreibt in
der Nähe eine Kokosnussplantage, Gattin Mary Ann (Susan George)
unterstützt ihren Mann nach Kräften. Längst hat sich ein Unwetter
über den Köpfen der Eheleute zusammengebraut, der skrupellose
Gangster Venarius (Christopher George) will sich deren Land unter den
Nagel reißen! Ständig drangsalieren fiese Gestalten die
Plantagenarbeiter, angeführt vom einem der schäbigsten Schergen
(Zachi Noy) des Herrn Venarius, Angst und Schrecken machen sich unter
den hilflosen Arbeitern breit. Freilich lässt Cole seinen Freund
nicht im Regen stehen, folglich beziehen die Handlager des gierigen
Bosses mächtig Prügel. Venarius denkt nicht daran aufzugeben,
kurzerhand stockt er sein freundliches Personal deutlich auf. Als
sich auch diese Maßnahme als erfolglos entpuppt, unterbreitet Mr.
Parker (Constantine Gregory) seinem Chef Venarius einen interessanten
Vorschlag…
1979 übernahmen Menahem Golan und
Yoram Globus die Filmschmiede Cannon. Die achtziger Jahre waren das
große Jahrzehnt des Actionfilms, Cannon steuerte zahlreiche
Produktionen bei, wurde zum Markenzeichen für B-Action der
unterhaltsamsten Sorte! Chuck Norris und Michael Dudikoff erlebten
ihre erfolgreichste Zeit, Jean-Claude Van Damme feierte seinen
Durchbruch, sogar ein damaliger Topstar wie Sylvester Stallone
arbeitete für Golan & Globus, Charles Bronson sonnte sich im
dritten Frühling. Titel wie "Delta Force", "Missing
in Action", "Death Wish" (2-4), "Die City Cobra"
und "American Fighter" sprechen eine klare Sprache, lassen
die Herzen (nahezu) aller Actionfanatiker vor Begeisterung
Purzelbäume schlagen, erlebten teilweise diverse Fortsetzungen.
Schon damals konnte ich nicht genug von diesem Stoff bekommen, in all
den Jahren hat sich nichts daran geändert. Inzwischen genieße ich
die Filme sogar noch intensiver, längst zwingt mich nicht mehr der
Wille zur "jugendlichen Coolness" dazu, in der heutigen
Zeit kann ich mich ganz bewusst und aus Überzeugung meinem
schlechten Geschmack hingeben, voller Wonne in den Klischees und
Entgleisungen der kleinen Klopper suhlen. Cannon-Produktionen
schütten den prall gefüllten Trog Klischeebrühe über dem
Zuschauer aus, so (oder ähnlich) ist es meist zu lesen. Mag sein,
aber aus meiner Sicht setzte Cannon viele Standards, nutze das
Action-Urgestein der siebziger Jahre als soliden Grundstein. Golan
und Globus drehten an den richtigen Schrauben, mehr Geballere, mehr
Prügel, mehr befremdliche Dialoge, gekrönt durch ein geschickt
zusammengestelltes Sortiment aus älteren und jüngeren Actionhelden.
Cannon war damals nicht die einzige B-Action-Schmiede, doch die
Sichtung unvergessener Bronson, Dudikoff oder Norris-Klassiker belegt
eindeutig, Golan & Globus wussten was das Volk dringend
benötigte. Harte Kerle und fiese Schurken, Fratzengeballer mit
Gebrüll, Soße und Bleidekoration. Genug wirre Anwandlungen, wenden
wir uns endlich der Killer-Maschine zu!
Hier werden keine Gefangenen gemacht,
hier sind die Fronten sofort klar. Nach dem schönen und stilsicheren
Vorspann drückt Menahem Golan auf die Tube, Franco Nero in weißer
Kleidung, Shô Kosugi in schwarzer Kampfmontur. Herr Nero pflügt
sich durch eine stattliche Horde anonymer Metzelmesse (zwecks
eindeutiger Zuordnung in roten Klamotten durchs Gebüsch hüpfend),
kniet nach erledigter Arbeit in Ehrfurcht vor dem Meister. Ein
flotter Prolog, ich bin bereits auf Kurs, rutsche vor Freude auf dem
Sofa umher. Auf den Philippinen geht es munter weiter, unser Held
zieht dem Pöbel die Ohren lang, egal in welcher Menge das Gesindel
auftaucht. Franco Nero mag nicht der große Kampfsportkünstler sein,
zahllose Actionsequenzen kaschieren dies (mehr oder weniger)
geschickt, die grobe Kelle geht sowieso immer. Mutet das Gehampel
tatsächlich hier und da unrund an, drängt Nero mit seiner
selbstironisch angehauchten Art jegliche Bedenken in den Hintergrund.
Überhaupt mangelt es der Sause keineswegs an Humor! Mein "Verdacht"
fiel zunächst auf die deutsche Synchronisation, aber Fehlanzeige,
der englische Originalton poltert nicht minder krude aus den
Lautsprechern. Wenn schon Ninja-Meuchelei, dann dürfen die üblichen
Tötungswerkzeuge nicht fehlen. Schwerter, Wurfsternzeug, Pfeile und
Blasrohre (wie belieben?), Knarren und der Heldenkörper als
ultimative Waffe zum Einsatz kommend. All diese feinen Zutaten
bescheren einen üppigen Body Count, wenn es blutet, können wir es
töten. Übrigens, woher kennen sich der Held und sein
schutzbedürftiger Freund? Na klar, sie waren gemeinsam in
irgendeinem Krieg unterwegs!
Franco Nero wurde durch den
Italowestern zum Star, der von Sergio Corbucci inszenierte "Django"
gehört zu DEN Klassikern des Genres, der Name des Titelhelden
tauchte später in unzähligen Western erneut auf. Angenehmerweise
blieb Franco Nero nicht auf ein Genre beschränkt, konnte die Fesseln
abstreifen. Wie bereits erwähnt ist Nero kein Kampfsportmonster, mit
seiner gekonnten Interpretation der Rolle überspielt er dieses Manko
locker. Alex Courtney bleibt eher blass, die kernig ins Geschirr
gehende Susan George taugt deutlich besser zum Co-Star. Für Alex
Courtney/gegen Frank spricht die unspektakuläre Anlage seiner Figur,
ein alternder Bursche mit Alkoholproblemen, ein Cannon-Knüller lebt
von Helden und Schurken, nicht von tragischen, gebrochenen und
verzweifelten Charakteren. Susan George wurde durch Sam Peckinpahs
grandiosen "Straw Dogs" (1971) einem breiten Publikum
bekannt. Die ganz große Karriere blieb ihr verwehrt, in ihrer
Filmographie sind Perlen wie "Fright" (Die Fratze, 1971)
und "Schrei nach Leben" (Die Screaming, Marianne, 1971) zu
finden. Obwohl ihre Ehe vom Alkoholmissbrauch des fertigen Gatten
überschattet wird, lässt sich die selbstbewusste Mary Ann nicht von
ihrem Land verdrängen, Susan George steht diese Rolle gut, richtig
gut. Neben Franco Nero setzen die Bösewichter Glanzlichter,
Christopher George und Zachi Noy sorgen für den nötigen Irrsinn,
Shô Kosugi für die Prügelhöhepunkte. Christopher George verstarb
leider bereits 1983, die Spätphase seiner Laufbahn kann mit
stattlichen Pfunden wuchern. Unter Regie von Lucio Fulci ist er in
"Paura nella città dei morti viventi" (Ein Zombie hing am
Glockenseil, 1980) zu bewundern, in "The Exterminator"
(1980) muss er sich als knurriger Gesetzeshüter mit einem außer
Kontrolle geratenen Selbstjustizler beschäftigen. Obergangster Mr.
Venarius gehört vermutlich zu den allerstärksten Auftritten des
US-Amerikaners, stellt für mich einen wahnwitzigen Gipfel im
Schaffen des Herrn George dar! Herrliche Grimassen, nahezu entrückt
dirigiert er junge Damen im hauseigenen Pool, kann man nicht
beschreiben, muss man auf jeden Fall sehen und genießen! Zachi Noy
(genau, der Depp aus der "Eis am Stiel" Reihe) trägt einen
Haken statt einer zweiten Hand, spielt sich gern als großer Boss
auf, schleimt bei Venarius um Gunst und Leben. Constantine Gregory
soll nicht unerwähnt bleiben, als rechte Hand des allmächtigen
Venarius sorgt er ebenso für einige Schmunzler. Zum Abschluss darf
Shô Kosugi keinesfalls fehlen, der für Cannon in zwei weiteren
Ninja-Streifen am Start war, dort die Rolle des Helden bekleidete.
Kosugi zappelt kurzweilig umher, den Rahm schöpfen eindeutig Franco
Nero, Susan George, Christopher George und Zachi Noy ab.
Lange mussten wir auf eine offizielle
DVD für den deutschen Markt warten. Umso großer war die Freude im
Mai und Juni dieses Jahres, die drei Ninja-Flicks aus dem Hause
Cannon sind endlich ohne Umwege verfügbar, der Kunde hat die Wahl
zwischen den Formaten DVD und BD. Der Film liegt in ansprechender
Qualität vor (gesichtet wurde die BD), die Scheiben bieten lediglich
zwei Trailer als Boni an, Flatschen-Neurotiker dürfen sich über ein
Wendecover freuen.
Cannon-Action und Das Blap™ = Alte Liebe rostet nicht = 8/10 = Seeeehr gut
Lieblingszitat:
"Er ist kein gewöhnlicher Mann, Sir! Er ist ein Ninja!"
- Blap -
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filmjournalistische Bedeutung. Das verwendete Bildmaterial dient nicht zu Werbezwecken,
sondern ausschließlich zur filmhistorischen Dokumentation.