INFERNO 2000
("Holocaust 2000", Italien/Großbritannien 1977) R: Alberto de Martino
Der
Großindustrielle Robert Caine (Kirk Douglas) verfolgt mit
großem Ehrgeiz die Verwirklichung seines Lebensziels: den Bau
eines gigantischen Kernkraftwerks in der Sahara. Unterstützt
wird er hierbei von seinem Sohn und Firmenvizechef Angel (Simon
Ward), dessen Ehrgeiz den des Vaters beinahe noch übertrifft. In
Afrika lernt Caine die junge Journalistin Sara (Agostina Belli)
kennen, die ihn auf die Parallelen zwischen seinem Projekt und den
biblischen Prophezeiungen der Apokalypse aufmerksam macht und ins
Grübeln bringt. Caine beginnt auf eigene Faust Nachforschungen
anzustellen und verliert durch seine exzentrischen Rückschlüsse
zunehmend an Glaubwürdigkeit bei seinen Untergebenen und
Investoren. Sämtliche Beteiligten, die er in seine
Recherchearbeit mit einbezieht, sterben eines mysteriösen Todes.
Als er das Bauunternehmen stoppen will, stellt Angel sich gegen ihn –
ist sein eigener Sohn die Inkarnation des Bösen?
Der
fleißige Genreveteran Alberto de Martino war stets ein Garant
für solide B-Movie-Unterhaltung, vor allem wenn es um geschickte
Rip-Offs ging – die nicht selten genauso ansehnlich, wenn nicht
sogar besser, als ihre Vorbilder waren. Auf sein Konto gehen
Sandalenfilme (HERKULES – DER STÄRKSTE MANN DER WELT, 1964),
Western (100.000 DOLLAR FÜR RINGO, 1965), Gialli (THE MAN WITH
THE ICY EYES, 1971), Polizeifilme (IM DUTZEND ZUR HÖLLE, 1973),
Trash-Granaten (DER PUMA MANN, 1980) und Horrorfilme (MIAMI GOLEM,
1985), die zwar nie in der obersten Liga des italienischen Genrekinos
spielten, aber aufgrund seines inszenatorischen Könnens selten
langweilig wurden.
HOLOCAUST 2000 wurde von der zeitgenössischen Kritik weitgehend geschmäht
und als schlechtes Plagiat von DAS OMEN abgestempelt – man tut dem
Film damit arges Unrecht.
Freilich
sind die Ähnlichkeiten unübersehbar, jedoch verzichtet De
Martino gnädigerweise auf den muffigen Ruch von bigottem
Katholizismus, den Richard Donners Satansbraten-Opus ausdünstet.
Als durchweg interessant und originell zu werten ist der Ansatz, die
drohende Niederkunft des Widersachers in ein ökokritisches
Hightech-Gewand zu kleiden – das Große Tier der Apokalypse
wird durch das Kraftwerk personifiziert, der rückwärts
geschriebene Name IESUS verbirgt sich in einer invertierten Reihe
digitaler Zahlen, die Aposteln des Antichristen sind
Vorstandsmitglieder des Firmenimperiums, usw. Ein gelinder
Magenstüber ist auch das Ende des Films – Friede, Freude,
Hollywood sollte man nicht erwarten...
Der
Erzählstil des Films ist eher ruhig und verhalten, der
Spannungsbogen wird langsam, aber wirkungsvoll aufgebaut. Einige
wohlplatzierte Schockmomente würzen die Narration, und ein paar
gezielt eingestreute und recht markige Blutwursteffekte erfreuen die
Herzen der Hackfleisch-Gourmets.
Wie in
fast jedem seiner Filme sind dem versierten Routinier De Martino
einige Szenen und Sequenzen gelungen, die nachhaltig in der
Erinnerung hafte bleiben, so z.B. eine Szene, in der Caine eine
Irrenanstalt aufsucht, deren Insassen in gläsernen Käfigen
(!) verwahrt werden und die mit einer sehr bedrohlichen, fast an
Zombiefilme gemahnenden Atmosphäre punkten kann, sowie eine
bildgewaltige Visions-Sequenz, die Parallelen zu der Alptraum-Szene
in De Martinos bestem Film SCHWARZE MESSE DER DÄMONEN aufweist.
Mit der
Besetzung ist dem Regisseur natürlich ein großer Wurf
geglückt. Kirk Douglas, der Ende der 70er offenbar finanzielle
Sorgen hatte und daher auch weniger lukrative Angebote aus Europa
annahm, spielt seinen Robert Caine gewohnt gut. Die Wandlung vom
technikhörigen Großkapitalisten zum paranoiden
Verschwörungsopfer gelingt ihm ausgezeichnet. Agostina Belli
(DIE BANDITEN VON MAILAND, EIN SCHWARZER TAG FÜR DEN WIDDER)
sieht hier zwar nicht ganz so toll aus wie in Edward Dmytryks
BLAUBART (1972), überzeugt aber dennoch als Caines Mahnerin und
spätere Geliebte. Besonders gefallen hat mir der britische Mime
Simon Ward als Teufelsspross Angel, dessen kühle und glatte
Ausstrahlung eine unterschwellige Bedrohung vermittelt und
hervorragend mit seiner Rolle harmoniert.
Altmeister
Ennio Morricone hat zudem einen unheilsdräuenden Score
eingeknüppelt, der sich mit seinen Furienchören zwar
ebenfalls am OMEN orientiert, meiner bescheidenen Ansicht nach aber
besser ist.
Kurzum:
HOLOCAUST 2000, der in Deutschland unter dem weniger verfänglichen
Titel INFERNO 2000 im Kino lief, erfindet zwar die satanische
Leinwand nicht neu, bietet dem Italofreund aber grundsolide 102
Minuten Okkulthorror-Unterhaltung, die mit ihrem originellen Ansatz
noch heutzutage beängstigende Aktualität besitzt.
7 von 10
feurigen Kronen auf den gehörnten Köpfen des Großen
Biests!
In den USA
ist der Film unter dem Titel RAIN OF FIRE bei Lionsgate erschienen
und präsentiert sich mit glasklarem Bild und sauberem Ton. Er
kostet nicht die Seele, daher kann man einen Blindkauf riskieren.
- Pelle -
Die auf dieser Netzpräsenz veröffentlichten Filmbesprechungen haben rein
filmjournalistische Bedeutung. Das verwendete Bildmaterial dient nicht zu Werbezwecken,
sondern ausschließlich zur filmhistorischen Dokumentation.