HORRORS OF MALFORMED MEN
("Edogawa Rampo zenshû: Kyôfu kikei ningen", Japan 1969) R: Teruo Ishii
Eine bleiche,
halbnackte Frau hält irre kichernd ein Messer in der Hand.
Langsam fährt die Kamera zurück und gibt den Blick auf
weitere leicht beschürzte Damen ab, die lachend, heulend und
geifernd durch einen vergitterten Raum toben. Die Frau sticht das
Messer in den Leib eines neben ihr stehenden Mannes – die Waffe
entpuppt sich als Attrappe, der Ort als Massenzelle einer
Irrenanstalt.
In besagter Anstalt sitzt der junge Hitomi, der das Gedächtnis verloren hat und verzweifelt nach seiner Identität sucht. Er weiß nur vage, daß eine mysteriöse Insel etwas mit seiner geistigen Umnachtung zu tun hat. Eines Nachts entkommt er gewaltsam der Haft, weil er vor dem Fenster eine Frau gehört hat, die ein Kinderlied summt, das ihm bekannt vorkommt. Bevor sie ihm jedoch Details erzählen kann, wird sie hinterrücks von einem Unbekannten erdolcht. Hitomi gilt als Hauptverdächtiger und muss fliehen. Kurz darauf sieht er in einem Zeitungsartikel das Foto eines kürzlich verstorbenen reichen Mannes namens Mokota, der ihm aufs Haar gleicht. Kurzerhand beschließt Hitomi, die Identität des Verstorbenen anzunehmen – er vertauscht sich selbst mit dem Leichnam und gibt sich als lebendig Begrabener aus. Im weiteren Verlauf, erfährt er weitere bizarre Einzelheiten, die sich zu einem beunruhigenden Gesamtbild zusammenfügen. So ist er Mokota nicht nur aus dem Gesicht geschnitten, er hat auch dieselbe Narbe unter dem Fuß – in Form eines Hakenkreuzes! ("Manji" – ein Zeichen, welches in Japan hingegen der landläufigen Meinung nicht etwa "Glück", sondern "Das Rad des Schicksals" symbolisiert.) Weitere Verwicklungen und Twists führen in schließlich auf die besagte Insel, wo der Oberchefarzt aller Verrückten Wissenschaftler grausige Experimente an Menschen vornimmt. Der Horror nimmt seinen Lauf ...
In besagter Anstalt sitzt der junge Hitomi, der das Gedächtnis verloren hat und verzweifelt nach seiner Identität sucht. Er weiß nur vage, daß eine mysteriöse Insel etwas mit seiner geistigen Umnachtung zu tun hat. Eines Nachts entkommt er gewaltsam der Haft, weil er vor dem Fenster eine Frau gehört hat, die ein Kinderlied summt, das ihm bekannt vorkommt. Bevor sie ihm jedoch Details erzählen kann, wird sie hinterrücks von einem Unbekannten erdolcht. Hitomi gilt als Hauptverdächtiger und muss fliehen. Kurz darauf sieht er in einem Zeitungsartikel das Foto eines kürzlich verstorbenen reichen Mannes namens Mokota, der ihm aufs Haar gleicht. Kurzerhand beschließt Hitomi, die Identität des Verstorbenen anzunehmen – er vertauscht sich selbst mit dem Leichnam und gibt sich als lebendig Begrabener aus. Im weiteren Verlauf, erfährt er weitere bizarre Einzelheiten, die sich zu einem beunruhigenden Gesamtbild zusammenfügen. So ist er Mokota nicht nur aus dem Gesicht geschnitten, er hat auch dieselbe Narbe unter dem Fuß – in Form eines Hakenkreuzes! ("Manji" – ein Zeichen, welches in Japan hingegen der landläufigen Meinung nicht etwa "Glück", sondern "Das Rad des Schicksals" symbolisiert.) Weitere Verwicklungen und Twists führen in schließlich auf die besagte Insel, wo der Oberchefarzt aller Verrückten Wissenschaftler grausige Experimente an Menschen vornimmt. Der Horror nimmt seinen Lauf ...
Was in allen
Teufels Namen ist denn DAS?!? – In meiner über 30 Jahre
währenden Karriere als Filmfreund ist mir ja so allerhand
Krauses und Kurioses unter die Augen gekommen, aber so etwas wie
HORRORS OF MALFORMED MEN habe ich beim besten Willen noch nie zuvor
gesehen!
Daß der "japanische Edgar Allen Poe", Autor Edogawa Rampo, schwer einen an der Waffel hat, dürfte jedem Kenner japanischer (Sub-)Kultur hinreichend bekannt sein. Von seinen zahlreichen Romanen, Novellen und Kurzgeschichten ist in Deutschland leider nur die Sammlung "Spiegelhölle" erschienen, die acht seiner eher harmloseren Erzählungen beinhaltet (- der Höhepunkt ist noch "Die Raupe", die den Amputations-Fetisch bedient...brrrr). Bei Rampo wimmelt es von bizarren und kranken Ideen – zu den berüchtigtsten gehört die Story "Watcher in the Attic", in der sich ein Fetischist in den Lieblingssessel seiner Angebeteten einnähen lässt (!), um ihr nahe zu sein. (Daraus entstand 1976 ein hervorragend perverser Film unter der Regie von Noboru Tanaka, zu deutsch: "Der Voyeur")
Etliche seiner Stoffe erfuhren filmische Umsetzungen in Japan, zu den bekannteren zählen GEMINI von Shunya Tsukamoto, VILLAGE OF EIGHT GRAVESTONES von Yoshitaro Nomura oder BLIND BEAST von Yasuzô Masumura. Ein häufiger Held seiner Storys ist der paranormal begabte Detektiv Kogoro Akechi, der auch in MALFORMED MEN den Ermittler gibt; das Drehbuch basiert lose auf Rampos Kurzgeschichte "The Strange Tale of Panorama Island".
Daß der "japanische Edgar Allen Poe", Autor Edogawa Rampo, schwer einen an der Waffel hat, dürfte jedem Kenner japanischer (Sub-)Kultur hinreichend bekannt sein. Von seinen zahlreichen Romanen, Novellen und Kurzgeschichten ist in Deutschland leider nur die Sammlung "Spiegelhölle" erschienen, die acht seiner eher harmloseren Erzählungen beinhaltet (- der Höhepunkt ist noch "Die Raupe", die den Amputations-Fetisch bedient...brrrr). Bei Rampo wimmelt es von bizarren und kranken Ideen – zu den berüchtigtsten gehört die Story "Watcher in the Attic", in der sich ein Fetischist in den Lieblingssessel seiner Angebeteten einnähen lässt (!), um ihr nahe zu sein. (Daraus entstand 1976 ein hervorragend perverser Film unter der Regie von Noboru Tanaka, zu deutsch: "Der Voyeur")
Etliche seiner Stoffe erfuhren filmische Umsetzungen in Japan, zu den bekannteren zählen GEMINI von Shunya Tsukamoto, VILLAGE OF EIGHT GRAVESTONES von Yoshitaro Nomura oder BLIND BEAST von Yasuzô Masumura. Ein häufiger Held seiner Storys ist der paranormal begabte Detektiv Kogoro Akechi, der auch in MALFORMED MEN den Ermittler gibt; das Drehbuch basiert lose auf Rampos Kurzgeschichte "The Strange Tale of Panorama Island".
Die erste Hälfte des Films
präsentiert sich noch in relativ konventionellen Gewändern
– als Psychothriller, der den Identitätstausch des
Protagonisten und die damit einhergehenden Konflikte zum Inhalt hat.
Spätestens aber zu dem Zeitpunkt, als Hirosuke die
geheimnisvolle Insel betritt, gehen mit Teruo Ishii dermaßen
die Gäule durch, daß man es kaum fassen kann. Vergleiche
sind schwerlich zu ziehen – man stelle sich vor, Alejandro
Jodorowsky hätte einen Teller zuviel vom Peyote-Eintopf genascht
und eine Orgie mit David Lynch, David Cronenberg und Dario Argento
gefeiert. Anklänge von Todd Brownings FREAKS und DIE INSEL DES
DR. MOREAU sind natürlich vorhanden, aber großzügig
gewürzt mit komplettem Irrsinn. Die folgenden 40 Minuten sind
das schiere Delirium, ein Absud aus bizarren Ideen und vollkommen
kranken Fantasien, ein Panoptikum psychedelischer Farben, Formen und
Bewegungen. Ehrlich gesagt fehlen mir die Worte. Man muss es gesehen
haben, es ist einfach schier unglaublich...
Auch die folgende
Handlung und die Erklärungselemente des Drehbuchs sind kaum zu
fassen. Ishii erzählt in einem Interview, das sich
dankenswerterweise unter den tollen Extras auf der DVD befindet, daß
er während der Dreharbeiten den (begründeten!)Verdacht
hegte, er werde möglicherweise hernach nie wieder einen Film
inszenieren dürfen, weshalb er sämtliche abstrusen Ideen in
die Story packte, derer er habhaft werden konnte. So vermischte er
lustig gleich mehrere Versatzstücke aus Rampo-Geschichten zu
diesem wilden Cocktail, der für die japanischen Kinogänger
des Jahres 1969 wohl nur schwer zu schlucken war. Auf dem Cover der
DVD prangt der Spruch: "Banned for Decades!", was allerdings
Humbug ist – das Publikum war einfach zu unangenehm berührt
von dem Sujet und der Darreichungsweise und mied daher das Werk.
Japaner haben grundsätzlich ein Problem mit missgestalteten
Menschen – und davon gibt es in diesem Film reichlich! Obendrein
werden einige der Deformierten auf der Insel von Butoh-Tänzern
dargestellt, und das Butoh-Theater war damals in Japan noch arg
verpönt. Erst heutzutage kommt Ishii und seinem Film die
Aufmerksamkeit zuteil, die ihm zusteht.
Seeing is believing. Der Film stellt absoluten Pflichtstoff für Connaisseure abseitiger Filmkunst dar.
Regisseur Teruo Ishii gehört zu einem der fleißigsten Filmschaffenden der 60er und 70er Jahre, der vor allem zahlreiche Pinky Violence-Filme hervorgebracht hat. Zwei seiner Werke aus dem berüchtigten Tokugawa-Frauenfolter-Zyklus wurden hierzulande beschlagnahmt. Er zeichnet aber auch für herrlichen Trash verantwortlich, wie etwa EVIL BRAIN FROM OUTER SPACE (1964), Kung-Fu Krachern wie THE EXECUTIONER (1974) mit Sonny Chiba oder der bekannten SEX & FURY-Fortsetzung FEMALE YAKUZA TALE (1973). Bevor er 2005 verstarb, kehrte er mit seinem letzten Film BLIND BEAST vs. KILLER DWARF zu seinen deformierten Wurzeln zurück.
Seeing is believing. Der Film stellt absoluten Pflichtstoff für Connaisseure abseitiger Filmkunst dar.
Regisseur Teruo Ishii gehört zu einem der fleißigsten Filmschaffenden der 60er und 70er Jahre, der vor allem zahlreiche Pinky Violence-Filme hervorgebracht hat. Zwei seiner Werke aus dem berüchtigten Tokugawa-Frauenfolter-Zyklus wurden hierzulande beschlagnahmt. Er zeichnet aber auch für herrlichen Trash verantwortlich, wie etwa EVIL BRAIN FROM OUTER SPACE (1964), Kung-Fu Krachern wie THE EXECUTIONER (1974) mit Sonny Chiba oder der bekannten SEX & FURY-Fortsetzung FEMALE YAKUZA TALE (1973). Bevor er 2005 verstarb, kehrte er mit seinem letzten Film BLIND BEAST vs. KILLER DWARF zu seinen deformierten Wurzeln zurück.
Die DVD des
verdienstvollen Labels Synapse/Panic House ist ein rundum perfektes
Produkt. Die Bild- und Tonqualität ist überragend, die
Farben sind frisch und kräftig, das Bild präsentiert sich
kristallklar und messerscharf im 2, 35 : 1 Scope-Format. Es gibt
reichlich Extras zu bestaunen, u.a. das besagte Interview mit Ishii,
das auf einem Filmfestival in Italien gemacht wurde, außerdem
Gespräche mit den Filmemachern Shunya Tsukamoto und Minoru
Kawasaki ("The Calamari Wrestler"), die der Film maßgeblich
beeinflusst hat. Der Filmkritiker und Buchautor Mark Schilling hat
zudem einen Audiokommentar eingesprochen, den ich aber nicht ganz so
informativ finde wie die Kommentare von Chris D., die normalerweise
diese Veröffentlichungen zieren. Abgerundet wird das Gesamtpaket
durch ein umfangreiches Booklet, sowie ein schönes Wendecover,
das auf der Rückseite das japanische Original-Postermotiv
abbildet.
Arrigato gozaimas!
Arrigato gozaimas!
- Pelle -
Die auf dieser Netzpräsenz veröffentlichten Filmbesprechungen haben rein
filmjournalistische Bedeutung. Das verwendete Bildmaterial dient nicht zu Werbezwecken,
sondern ausschließlich zur filmhistorischen Dokumentation.