DER HENKER VON LONDON
(Deutschland 1963) R: Edwin Zbonek
Die Kapuzenmänner und der Strick
In London geht es
Schwerverbrechern an den Kragen. Wer sich einst -auf welche Weise
auch immer- dem Zugriff der Justiz entziehen konnte, wird vor ein
unheimliches Tribunal gestellt, das bestens über die Taten des
jeweiligen Angeklagten informiert ist. Stets enden die
"Verhandlungen" mit einem Todesurteil, am nächsten Morgen
wird die Leiche der Verurteilten vorgefunden, die immer mit einem
historischen Galgenstrick gerichtet wurden. Die Presse hat sich
längst auf den "Henker von London" eingeschossen,
Scotland Yard steht unter massivem Druck. Der leitende Ermittler
Inspector John Hillier (Hansjörg Felmy) tappt im Dunkeln, sein
Vorgesetzter zeigt sich zunehmend ungehalten. Gerichtsmediziner Dr.
Philip Trooper (Harry Riebauer) ist mir Inspector Hillier
befreundet, er äußert den Verdacht, dass eventuell ein
pensionierter Richter mit den Vorfällen zu tun haben könnte. Sir
Francis Elliott (Rudolf Forster) war während seiner aktiven Zeit
als gnadenloser Hardliner bekannt, noch heute führt er mit Hilfe
seines Butlers groteske Rollenspiele durch. Hillier hält diese
Vermutungen für absurd, ferner ist er Sir Francis Tochter Ann
(Maria Perschy) sehr zugetan, pflegt mit dem alten Richter einen
freundschaftlichen Umgang. Zu allem Überfluss wird die Stadt von
einem weiteren Serientäter drangsaliert, ein offenbar wahnsinniger
Triebtäter entführt junge Frauen, deren Leichen man wenig später
enthauptet vorfindet. Auch die Schwester des Inspectors wurde zum
Opfer des Killers, eine schwere Bürde für den Kriminalbeamten. Der
emsige Journalist Gabby Pennypacker (Chris Howland) bietet Hillier
immer wieder seine Unterstützung an, doch der Ermittler weist die
wuselige Schnüffelnase mit stoischer Beharrlichkeit zurück.
Weitere Kriminelle fallen dem Henker zum Opfer, schließlich bittet
der erfolglose Hillier um die Zuweisung des Falles um die geköpften
Frauen. Für den Inspector gibt es keine Zeit zur Entspannung, denn
bald wird seine Freundin Ann in größte Gefahr geraten...
"Der
Henker von London" wurde von CCC-Film produziert, die "Bryan
Edgar Wallace" Filme ritten auf der Erfolgswelle der "Edgar
Wallace" Reihe aus dem Hause Rialto mit. Startete man mit "Das
Geheimnis der schwarzen Koffer" (1962) noch recht durchwachsen,
gelang bereits mit dem folgenden "Der Würger von Schloss
Blackmoor" (1963) ein echter Treffer. Der dritte Streifen kann
an den Unterhaltungswert des Würgers anknüpfen, obwohl er teils
auf holprigen Pfaden sein Ziel erreicht. Regisseur Edwin Zbonek
inszeniert nicht immer punktgenau, so wechseln sich grandiose mit
eher mittelprächtigen Momenten ab. Ähnlich ist es um die Filmmusik
von Raimund Rosenberger bestellt, die zwar gefällt, jedoch nicht zu
jeder Zeit den passenden Ton findet. Kamera und Schnitt sind solide
und ohne nennenswerte Schwächen ausgeführt, im positiven Sinne
dezent, solide, dabei aber nicht sonderlich kreativ oder gar
spektakulär.
Zum Auftakt versprüht der Film geradezu
Unmengen an liebenswürdiger Atmosphäre. Wir sehen die "Richter",
allesamt in dunkle Gewänder und Kapuzen gehüllt, die in einem
knuffig ausgestatten Ambiente ihr Werk verrichten. Särge
statt Tische, Totenschädel und diffuses Licht, gewissermaßen
Gothic Horror in all seiner schaurig-schöner Pracht. Sofort wird
klargestellt, dass die "Angeklagten" keine Gnade erwarten
dürfen. Ein einmal verkündetes Urteil, wird sofort mit aller
Konsequenz und ohne weitere Diskussionen ausgeführt. Sehr humorig
fällt die Bestrafung eines Mörders und Versicherungsbetrügers
aus, den man passenderweise an der Werbetafel einer
Versicherungsgesellschaft aufhängt. Wenn der Film später in
Richtung Nebenplot kippt, scheint plötzlich eine ordentliche Dosis
Sand ins Getriebe des Erzählflusses geraten zu sein. Tatsächlich
ist die Art der Ausführung fragwürdig. Zwar ergibt letztlich alles
einen Sinn, eine elegantere Verknüpfung der Handlungsstränge wäre
meiner Meinung nach wünschenswert, dem Drehbuch hätte eine leichte
Überarbeitung sicher gut zu Gesicht gestanden.
Wie ist es
um die Leistungen der relevanten Schauspieler bestellt? Hansjörg
Felmy kommt recht sachlich, vielleicht eine Spur zu glatt rüber,
schlägt den äußert blassen und flachen Joachim Hansen aus "Das
Geheimnis der schwarzen Koffer" aber locker aus dem Feld. Harry
Riebauer hatte den Job des Ermittlers in "Das Würger von
Schloss Blackmoor" inne, er gefiel dort mir ein wenig besser
als Felmy in "Henker". Diesmal muss er sich mit dem Part
des eifersüchtigen Mediziners begnügen, seine Leistung ist erneut
ansprechend. Chris Howland nagte in "Das Geheimnis der
schwarzen Koffer" extrem an meinem Nervenkostüm. Meine
Befürchtungen bezüglich eines erneuten Debakels wurden angenehm
enttäuscht, Howland überzeugt als rasender Reporter, er ist sogar
regelrecht sympathisch (...und das aus meiner Tastatur, stehe ich
doch den albernen Figuren immer ein wenig skeptisch gegenüber).
Rudolf Forster gibt als seniler Richter im Ruhestand erschreckende
Aussagen von sich, aus heutiger Sicht unfassbar und faschistoid.
Dies wird nun keine Rüge, denn betrachtet man den Film als Kind
seiner Zeit, spiegeln solche Äußerungen durchaus das Gedankengut
diverser Betonschädel wider. Rudolf Fernau kann sich als
schrulliger Butler des Richters gut in Szene setzen, Dieter Borsche
ist in der Rolle des wahnsinnigen "Forschers" absolut
phantastisch, kommt aber leider zu kurz zum Zuge. Ein wenig traurig
sieht es bei den Damen aus. Maria Perschy agiert als einzige
nennenswerte Vertreterin des schöneren Geschlechts, sie kann sich
leider nicht mit den "Top-Damen" des Wallace-Umfeldes
messen.
Bedingt durch gleich zwei aufzuklärende Mordserien,
ergeben sich reizvolle, interessante Möglichkeiten. Zu radikaler
Selbstjustiz gesellt sich eine Prise Mad Scientist, wohlige
Gruselatmosphäre, die mit Standards wie Särgen, Totenschädeln und
sogar einer ehrwürdigen Kutsche erfreut. Zugegeben, die Kutsche ist
eine Spur zu dick aufgetragen, ich finde die Idee trotzdem putzig.
Hätte man die Handlungsstränge geschickter ineinander verwoben,
ein wenig mehr Kreativität einfließen lassen, dann wäre "Der
Henker von London" wohl einer der besten Filme aus dem "Wallace
Universum". Obschon diverse Schwächen nicht zu leugnen sind,
das Drehbuch im letzten Drittel wie ein angeschlagener Boxer
taumelt, ist der Streifen insgesamt gelungen, sorgt für gute und
liebenswerte Unterhaltung. Übrigens zeigt man sich bei der
Auflösung recht mutig, doch darauf kann ich verständlicherweise
nicht näher eingehen. Die letzte Einstellung finde ich großartig,
denn sie weicht sehr deutlich von den üblichen Gefühlsduseleien
ab.
"Der Henker von London" teilt sich mit zwei
weiteren Filmen die "Bryan Edgar Wallace Collection 2".
Dort sind außerdem folgende Titel enthalten:
Die zweite Box präsentiert uns einen gelungenen Auftakt, man darf auf die folgenden Filme gespannt sein. Der im ersten Set vorliegende "Das 7. Opfer" wird später von mir gesichtet, denn es handelt sich um den sechsten Film aus der Reihe. Zunächst stehen folglich "Das Phantom von Soho" & "Das Ungeheuer von London" auf der Speisekarte.
- Das Phantom von Soho
- Das Ungeheuer von London City
Die zweite Box präsentiert uns einen gelungenen Auftakt, man darf auf die folgenden Filme gespannt sein. Der im ersten Set vorliegende "Das 7. Opfer" wird später von mir gesichtet, denn es handelt sich um den sechsten Film aus der Reihe. Zunächst stehen folglich "Das Phantom von Soho" & "Das Ungeheuer von London" auf der Speisekarte.
Zwar ist "Der
Henker von London" kein Überflieger, doch trotz seiner
Schwächen mag ich den Film wirklich gern. Ergo ziehe ich aus
Überzeugung knappe 7/10 (gut).
Lieblingszitat:
"Also was ist mit meinem Herzen, schlägt es überhaupt noch?"
"Also was ist mit meinem Herzen, schlägt es überhaupt noch?"
- Blap -
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filmjournalistische Bedeutung. Das verwendete Bildmaterial dient nicht zu Werbezwecken,
sondern ausschließlich zur filmhistorischen Dokumentation.