Filmclub Bali
   
 

GROSSANGRIFF DER ZOMBIES

("Incubo sulla città contaminata", Italien/Mexiko/Spanien 1980) R: Umberto Lenzi

Aus einem Atomforschungszentrum ist eine radioaktive Wolke entwichen. In diese Wolke ist dummerweise ein Militärflugzeug gerauscht, das nun auf dem Flughafen in Rom (?) landet und eine verseuchte Brut ausspeit, die nichts besseres zu tun hat, als nach dem frischen Hämoglobin ihrer Mitmenschen zu lechzen. Warum auch immer, warum auch nicht. Der Fernsehreporter Dean Miller (Hugo Stiglitz) hat von seinem Sender den Auftrag bekommen, die eingeflogenen Wissenschaftler am Flughafen zu empfangen, um sie nach der Ursache der Katastrophe zu interviewen — und läuft den verseuchten Wüterichen direkt in die Arme. Dean, der in letzter Sekunde entkommen kann, eilt mit wehendem Bart ins Studio um per Sondersendung eine Warnung an die Öffentlichkeit zu tragen. Jedoch: Die Angreifer sind bereits vor Ort und metzeln sich durch die Belegschaft. Dean, der wiederum in letzter Sekunde entkommen kann, spurtet zu seiner Ehegattin Anna (Laura Trotter) und flieht mit ihr aus der Stadt. Doch die Infizierten sind flink und brauchen Blut, um zu überleben...
Grossangriff der Zombies
Ursprünglich wollte Onkel Umberto mit seinem — wenn auch eher unfreiwillig — recht vergnüglichen Heuler INCUBO SULLA CITTÀ CONTAMINATA gar keinen reinrassigen Horror- bzw. Zombiefilm drehen, sondern angeblich ein Warnsignal setzen — wovor auch immer. Womöglich hatte er Gesellschaftskritik im Sinn oder wollte vor den Gefahren einer aus dem Ruder gelaufenen Technik mahnen, vielleicht die Bedrohung durch Atomenergie anprangern. Sein hehres Vorhaben scheiterte aber an der Raffgier seiner spanischen Produzenten, die flugs auf den gut geölten Geldzug aufspringen wollten, der seit Lucio Fulcis WOODOO — SCHRECKENSINSEL DER ZOMBIES ins Rollen gekommen war und unaufhaltsam durch Italiens Vorstadtkinos walzte. Ein Zombiereißer musste her, und aus Lenzis "Infizierte" wurden Untote gebastelt. Der fleißige Genreregisseur, der in den 70ern zahlreiche hervorragende Polizei- und Gangsterfilme fabriziert hatte, sagte widerwillig zu und kurbelte den Streifen lustlos herunter. Er verabscheute das reißerische und unlogische Drehbuch und hasste seinen ihm verordneten Hauptdarsteller Hugo Stieglitz — eigentlich hatte er Franco Nero, John Saxon oder Fabio Testi verpflichten wollen. Aber die Produzenten wollten unbedingt einen "Star", der den mexikanischen Markt ansprechen sollte, offenbar erwartete man von dort rekordverdächtige Einnahmen.
[Irgendwo habe ich ein Interview mit Signor Lenzi gesehen, in dem er sich tierisch darüber aufregt, wie er und sein Meisterwerk missverstanden wurden: "They are no Zombies... they are an Infeeeeected Peeeeeeople! Madre mio!!"]
Das Ergebnis kommt dann auch entsprechend lustlos daher. Unter Trash-Gesichtspunkten ist der Film in gewisser Hinsicht sehr unterhaltsam, wirklich begeistern kann das Resultat aber nicht. Ungewöhnlich mutet der Umstand an, daß Lenzis "Zombies" nicht lahmarschig durch die Gegend torkeln, wie in artverwandten Produkten, sondern recht flink auf den Beinen sind — hier nimmt GROSSANGRIFF die Charakteristika der modernen Untoten à la 28 DAYS LATER oder [REC] vorweg. Dem nicht genug, obendrein verwenden die Verstrahlten allerhand Werkzeug zum Schnetzeln — Macheten, Äxte und sogar Schusswaffen kommen zum Einsatz. Dumm sind die radioaktiv Verseuchten auch nicht; vorausschauend legen sie geschickte Hinterhalte und kappen Telefonleitungen.
Beklemmende Atmosphäre oder gar Horrorstimmung mag bei alledem nicht aufkommen, eher gereicht das Machwerk durch seine Obskurität zu unbeabsichtigter Komik. Lacher gibt es zuhauf, etwa wenn ein Fernsehapparat als Wurfgeschoss missbraucht wird und beim Auftreffen explodiert wie ein Molotov-Cocktail oder ein Chirurg — während der OP am lebenden Patienten! — sein Skalpell als Wurfmesser verwendet. Jeder weiblichen Darstellerin fallen automatisch die Möpse aus der Bluse, wenn sie ins Bild kommt, und die werden dann auch schon mal von den Infizierten, mehr oder weniger fachgerecht, tranchiert. Apropos: "Gorehounds" werden auch nicht wirklich tiefe Befriedigung erlangen, denn die Spezialeffekte bewegen sich auf niedrigstem Niveau. Das Make-Up der Strahlemänner sieht aus, als habe man ihnen Heilerde und Gewürzketchup in die Visagen gekleistert.
Eine wirklich bodenlose Frechheit ist das Ende, da zählt nicht mal mehr der Trash-Faktor zur Aufwertung: offenbar hatte Lenzi einfach keinen Bock mehr und serviert den Zuschauer mit einer schnöden Verarsche ab. Einen solchen "Gag" als Finale anzulegen, ist Grund genug, um den Drehbuchautoren am nächsten Strommasten aufzuknüpfen. Überhaupt wollen wir über das "Skript" lieber den schwarzen Mantel des Schweigens hüllen — von stringentem Szenenaufbau oder gar erzählerischer Kohärenz ist keine Spur auszumachen.
Der enorm untalentierte B-Film-Kult-Knallcharge Hugo Stiglitz (TINTORERA — MEERESUNGEHEUER GREIFEN AN) eiert den ganzen Film über unmotiviert durch die Pampa und trägt den stets selben, gelangweilten Gesichtsausdruck hinter seinem unschönen Bartgestrüpp zur Schau. Seine Partnerin Laura Trotter (MIAMI GOLEM) trottet dümmlich hinterdrein und kommt an keiner Stelle über Laiendarsteller-Niveau hinaus. Überraschenderweise spielt der betagte Italowestern-Charaktermime Eduardo Fajardo (DJANGO, MERCENARIO — DER GEFÜRCHTETE) einen gewissen Dr. Kramer, aber auch seine Anwesenheit vermag das Debakel nicht zu retten. Mel Ferrer, offenbar am Bodensatz seiner Karriere angelangt, gibt uns einen General, der hanebüchenen Unsinn absondert — obendrein mit der Synchronstimme von Horst Tappert!
Trotzdem (oder gerade deswegen) bereitet der ganze Klumpatsch leidlich Spaß. Langeweile kommt trotz der genanten Defizite nie auf, denn der Film ist — ganz Lenzi-like — anständig flott inszeniert und bietet manierlich verpackte Aktion. Es lassen sich mit einiger Mühe sogar ein paar durchweg gelungene Sequenzen eruieren, so etwa der hektische und mit beinahe schon surrealer Note versehene Schlusskampf in einem Vergnügungspark. Das Beste an der ganzen Soße ist mit Abstand die knackige Synthie-Musik von Stelvio Cipriani.
Mit der nötigen Menge an Alkoholika und in illustrer Runde gleichgesinnter Irrer bietet der Streifen kurzweilige und abstruse Unterhaltung für Anspruchslose.
- Pelle -





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