GRETA – HAUS OHNE MÄNNER
(Deutschland, Schweiz, USA 1977, englischer Titel: Ilsa, the Wicked Warden) R: Jess Franco
Irgendwo
auf dem südamerikanischen Kontinent... Die gestrenge Greta (Dyanne
Thorne) leitet eine "Klinik" für Damen mit psychischen
Problemen. Die Zustände sind unmenschlich, die Frauen werden
gefoltert, erniedrigt und im schlimmsten Fall gar für medizinische
Experimente missbraucht. Abbie Phillips (Tania Busselier) ist auf
der Suche nach ihrer verschollenen Schwester, deren letzter
Aufenthaltsort die besagte Anstalt war. Sie überzeugt den
engagierten Mediziner Dr. Arcos (Jess Franco) davon, dass er sie in
die Klinik einweist, damit sie dort auf eigene Faust Ermittlungen
anstellen kann. Dr. Arcos beobachtet das Haus sowieso schon länger
mit Misstrauen. Doch seine Anträge auf Überprüfung von
offizieller Seite, wurden stets als unbegründete und überflüssige
Hirngespinste zurückgewiesen. Abbie gerät nach der gefakten
Einweisung umgehend in die Knochenmühle, Gretas Terror kennt keine
Gnade, keine Grenzen. Die sadomasochistisch veranlagte Juana (Lina
Romay) macht Abbie das Leben zusätzlich schwer. Juana spielt sich
gern als Chefin vor den anderen Insassinnen auf. Gleichzeitig
unterhält sie ein lesbisches Verhältnis zu Greta, der sie
selbstverständlich alle brisanten Informationen zuträgt. Abbie
taucht tiefer und tiefer in die Hölle auf Erden ein, unfassbare
Details offenbaren sich der jungen Frau. Glücklicherweise hat sie
mit Dr. Arcos abgesprochen, dass dieser sie nach einigen Wochen aus
der Anstalt befreit. Jedoch haben Abbie und der Doc den
weitreichenden Einfluss von Greta unterschätzt, der bis in die
höchsten Regierungskreise reicht...
"Greta - Haus ohne
Männer" wird oft der "Ilsa" Reihe mit Dyanne Thorne
zugeordnet. Die Machart unterscheidet sich allerdings deutlich von
den "offiziellen" Ilsa-Streifen. Sicher, Frau Thorne
spielt wie üblich ihren Peitschenstiefel runter. Doch "Greta -
Haus ohne Männer" ist durch und durch ein Jess Franco Film,
dem der Regisseur seinen eigenwilligen, einzigartigen Stempel
aufgedrückt hat. Für eine WIP Sause geht es nicht besonders wüst
zur Sache, obwohl die typischen Zutaten natürlich nicht fehlen. Es
wird munter gepeitscht, gerödelt und gefoltert, aber Franco
präsentiert dem Zuschauer lieber Möpse statt ausufernder Gewalt
mit Mettgut (Ausnahmen bestätigen die Regel). Für den unbedarften
Zuschauer mag der Pegelstand an Scheußlichkeiten vielleicht schon
zu viel des Guten sein. Meiner Meinung nach gelingt Jess Franco der
Balanceakt zwischen Sex und Gewalt recht souverän. Vielleicht
hätten die Kulissen etwas schäbiger ausfallen dürfen, um dem Film
noch eine Prise mehr Fiesheit einzuhauchen. Herrliche Kontraste
offenbaren sich ab und an. Während eine junge Frau verzweifelt
durch den Dschungel hetzt, die grausamen Häscher sind ihr auf den
Fersen, ertönt dazu eine musikalische Untermalung, die in jedem
Märchenfilm für Kinder gut aufgehoben wäre.
Die
Darbietungen der Schauspieler bleiben nicht im Sumpf von Trash und
Unfähigkeit stecken, die Besetzung spielt überwiegend erstaunlich
gut auf. Tania Busselier kann auf eine recht überschaubare
Filmkarriere zurückblicken, darunter finden sich auch ein paar
HC-Beiträge. Busselier meistert ihre Aufgabe überzeugend, ihre
Abbie pendelt zwischen Hass, Hoffnung und Verzweiflung umher, sie
haucht dem Charakter -im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten-
überzeugend Leben ein. Ihre Gegenspielerin wird von Lina Romay
nicht weniger gelungen zum Leben erweckt. Zwar mag Frau Romay
inzwischen eher abschreckend aussehen, doch hier finde ich sie
durchaus attraktiv. Ausdrucksstarke Augen, sinnliche Lippen (im
Gesicht), leckere Äpfel, was will der Lüstling mehr? Einen Dämpfer
verpasst mir ihre fürchterliche Kurzhaarfrisur, die aber auch
(fast) jede andere Frau entstellen würde. Doch bekanntlich ist das
Leben kein Wunschkonzert, schon gar nicht für alte Chauvinisten.
Dyanne Thorne steht hier nicht so sehr im Mittelpunkt, wie es bei
der "Ilsa Trilogie" der Fall war. Sie blickt streng wie
üblich unter der Mütze hervor, haut uns erwartungsgemäß ihre
prächtige Auslage um die Ohren. Jess Franco gibt den Gutmenschen
dem das Böse übel mitspielt, mehr wird an dieser Stelle nicht
verraten.
Ich gebe es zu, es dauerte viele Jahre, bis ich
wirklich Zugang zu den Filmen von Jess Franco finden konnte. Zwar
gefiel mir "Nachts, wenn Dracula erwacht" (1970) schon
immer gut, doch ansonsten stand ich seinen Werken eher skeptisch bis
ratlos gegenüber. Inzwischen freue ich mich auf jede Sichtung eines
Franco Films, der alte Herr wächst mir mehr und mehr ans Herz. Da
unsere Sammlung im Bezug auf Franco noch großen Nachholbedarf
offenbart, war der Griff zur "Jess Franco Gold Collection"
gewissermaßen unausweichlich. Dieses schicke Set enthält acht
Filme auf acht DVDs, es kommt im schmucken Digipak samt Schuber ins
Haus. Neben dem unterhaltsamen "Greta - Haus ohne Männer",
befinden sich weiterhin folgende Franco Ergüsse in der Box:
- Jack the Ripper
- Blue Rita
- Love Letters of a portugese Nun
- Women in Cellblock 9
- Voodoo Passion
- Barbed Wire Dolls
- Wicked Women
Greta - Haus ohne
Männer" liegt in ansprechender Qualität vor. Das Bild mag ein
wenig "weich" wirken, doch insgesamt bin ich mit dem
Gebotenen sehr zufrieden. Zu den anderen Filmen werde ich nach
erfolgtem Genuss ein paar Zeilen schreiben, ich verspüre dauerhafte
Vorfreude und angenehme Gier. Das Set ist inzwischen zu Kursen
unterhalb von 30€ erhältlich. Ein extrem faires
Preis-/Leistungsverhältnis!
W(omen) I(n) P(rison) + Jess
Franco = 7/10 (inkl. Sympathiebonus)
Lieblingszitat:
"Was weiß ein kleiner Feld-, Wald- und Wiesendoktor von der Behandlung schwachsinniger Asozialer. Wir sind zuständig!"
"Was weiß ein kleiner Feld-, Wald- und Wiesendoktor von der Behandlung schwachsinniger Asozialer. Wir sind zuständig!"
- Blap -
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