Filmclub Bali
   
 

GHOSTS OF MARS

(USA, 2001) R: John Carpenter

Durch eine folgenschwere Verstrickung des Schicksals wurde ich heute Nachmittag dazu gezwungen, zum ersten Mal seit beinahe einem halben Jahr einen unfreiwilligen Blick ins hiesige Fernsehprogramm zu werfen. Was ich dort sehen musste, ließ mich erzittern: Krieg, Fußball, Tod & Mordschlag auf der einen Seite, Formel Eins-Rennen, Klitschko und Eurovision Song Contest auf der anderen. Terror und Wahnsinn an allen Fronten.
Nach dieser hässlichen Momentaufnahme dessen, was die armen Säue da draußen "Realität" nennen, dürstete mir nach stereotypen Charakteren und platten Dialogen, billigen Kulissen und stumpfer Action, nach Kunstblut, Raumschiffen und dicken Wummen. Zeit also, den letzten Kinofilm von John Carpenter, GHOSTS OF MARS, endlich in den Player zu schieben...
Die Polizistin Lieutenant Melanie Ballard (Natasha Henstridge) fährt als einzige Überlebende eines Polizeisonderkommandos mit einer verwaisten Eisenbahn in eine Marssiedlung ein. Vor Gericht muss sie sich erklären und erzählt in Rückblenden ihre Geschichte:
Ihre Truppe soll den gemeingefährlichen Knacki "Desolation" Williams (Ice Cube) aus einer Kolonistensiedlung überführen und findet im dortigen Gefängnis die Überreste eines Massakers vor. Eine unheimliche und unsichtbare Macht hat von den Menschen Besitz ergriffen und sie in blutrünstige Mutanten verwandelt. Die Cops sind gezwungen, sich mit den Häftlingen zusammenzuschließen und verschanzen sich in ihrer Zuflucht, um sich gegen die Horden zu verteidigen, bis die angeforderte Rettung eintrifft...
Ghosts of Mars
GHOSTS OF MARS bietet eine identische Ausgangslage wie etliche andere Carpenter-Streifen: Eine Gruppe bunt zusammengewürfelter Eingeschlossener muss sich gegen aggressive Angreifer erwehren – siehe etwa den exquisiten DAS ENDE ("Assault on Precinct 13"). Eine klassische Home Invasion-Situation, gespickt mit zahlreichen Zitaten aus dem eigenen Werk.
Die Story ist hanebüchen, das Skript zerfällt fast vor Logiklöcher, die Dialoge sind größtenteils sinnfrei oder albern oder so klischeehaft, daß es schon wieder zum totlachen ist. Außerdem hat Carpenter einige Szenen eingebaut, die derart unglaublich sind, daß ich sie an dieser Stelle unmöglich wiedergeben kann. Man muss das gesehen haben – ich habe teilweise lauthals gegrölt. Die Geschichte wird zudem in recht holprigen und unbeholfenen Rückblenden erzählt, was der Stringenz eher abträglich ist – aber, jo mei, es kracht und rumpelt halt zünftig!
Ansonsten ist det Janze wieder reinstes Autorenkino à la Trash-O-Mat: Carpenter schrieb das Buch, führte Regie und komponierte, wie üblich, auch den sehr Metal-lastigen, treibenden Score.
Das letzte Drittel besteht dann fast ausschließlich aus teilweise recht fetzigen, mitunter aber auch herrlich dilettantisch inszenierten Kampfszenen und geistlosem Geballere. Wirkliche Spannung oder gar Gruselatmosphäre kommt selten auf, dafür wird gepflegt auf die Action-Tube gedrückt. Die vom Marsgeist Besessenen sehen aus wie eine Paarung zwischen den Endzeit-Barbaren aus MAD MAX 2 und Clive Barkers Zenobiten – und genauso unzivilisiert führen sie sich auch auf: Menschliche Körper werden hemmungslos zu Hackbrät verarbeitet.
Natascha Henstridge (Sil aus den SPECIES-Teilen) lässt leider ihre Möpse eingepackt, erfreut aber dennoch die Augen. Ihre darstellerischen Qualitäten sind zwar nicht herausragend, aber wen juckt das schon. Blaxploitation-Queen Pam Grier absolviert einen leider viel zu kurzen Auftritt als Commander Helena Braddock, bevor sie bereits im ersten Drittel des Films in die Grube fährt. Jason Statham (SNATCH, CRANK) muss mal wieder den britischen Proleten geben, Gangsta-Rapper Ice Cube spielt einen klischeehaften ...äh, Gangsta-Rapper. Der Rest des Ensembles hält mehr oder weniger als Geisterfutter die Köppe hin, was auch gut so ist. In einer Nebenrolle sehen wir Joanna Cassidy aus SIX FEET UNDER, die mit Sicherheit die beste Schauspielerin der Darstellerriege ist.
Die Kritik zerfleischte den Film in der Luft, und selbst die treusten Die Hard-Fans kehrten Johnny-Boy nach diesem Debakel kopfschüttelnd den Rücken zu. Ich verstehe diese harschen Reaktionen nicht recht: Carpenter bleibt seiner alten Linie treu, und viel schlechter als VAMPIRES ist GHOSTS beileibe nicht. Der Film ist durch und durch ein waschechtes B-Picture, das mit jeder Faser das Flair der 80er verströmt und mit allen gängigen Zutaten gewürzt ist, die es für eine schnelle Junkfood-Mahlzeit braucht. Man sollte nur nicht den Fehler begehen, den Film mit den alten Carpenter-Klassikern wie HALLOWEEN, DIE KLAPPERSCHLANGE oder gar dem meisterlichen DAS DING zu vergleichen. Man vergleicht ein Kalbsfilet Saltimbocca ja auch nicht mit einer Portion Pommes & Currywurst – schmecken kann beides, je nach Laune.
GHOSTS OF MARS bietet nichts sonderlich Meisterhaftes oder gar Neues, verabreichte mir aber für anderthalb kurzweilige Stunden eine vergnügliche Dosis billigen Spaß und Unterhaltung. Nach viel mehr gelüstete mit heute Abend auch gar nicht, denn ich bin genügsam und bescheide mich mit wenig. Wenn dies alle Menschen so handhaben würden, gäbe es keine Kriege, keine Formel-Eins Rennen und keinen Eurovision Song Contest.
Amen.
Zitat:
"That´s what you get, dumbass."
- Pelle -





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