GESTAPO´S LAST ORGY
("L´Ultimo Orgia die Terzo Reich", Italien 1976) R: Cesare Canevari
Nach dem
Ende des 2. Weltkriegs sucht der SS-Lagerkommandant Konrad von
Starker (Adriano Micantoni) den Ort auf, an dem er mit unbarmherziger
Knute regierte. Dort trifft er auf die jüdische Überlebende
Liese (Daniela Poggi), deren Willen er damals durch Folter nicht zu
brechen vermochte und sich daraufhin in sie verliebte. Alte
Erinnerungen werden lebendig, die Gespenster der Vergangenheit
rasseln mit ihren Ketten. Empfindet Liese noch etwas für ihren
damaligen Peiniger und Lover – oder will Sie nur eine alte Rechnung
begleichen?
Das
Subgenre des Naziploitation-Films hat ja etliche stinkende Blüten
getrieben, die oftmals selbst für Freunde von Schmuddelkram
schwer zu goutieren sind – speziell hierzulande, wo eine objektive
Auseinandersetzung mit diesen Machwerken aufgrund staatlich
eingebläuter moralischer Gewissensbisse kaum möglich
scheint. Wagt man es dennoch, die braune Mottenkiste der
"Nazi-Nasties" zu öffnen und einen zaghaften Blick auf den
(vorwiegend italienischen) Output zu werfen, mag das bei
zartbesaiteten Mitbürgern für deftiges Magendrücken
sorgen. Die meisten der Filme reduzieren sich auf die
Aneinanderreihung von "geschmacklosen" Inhalten – vorwiegend
wird Folter, Gewalt (gegen Frauen), Sex und die Ausübung von
Machtphantasien präsentiert. Was durchaus Spaß bereiten
kann, wenn man seine "Political Correctness" zusammen mit dem
Guten Geschmack an der Garderobe abgibt und für 90 Minuten die
Wildsau aus dem Koben lassen möchte. Besonders "gut" – im
filmischen Sinne – sind diese Streifen in den seltensten Fällen,
schaut man sich beispielsweise die Beiträge von Sergio Garrone
an (SS CAMP WOMEN`S HELL oder SS EXPERIMENT LOVE CAMP), einem der
fleißigsten Sudelpriester der Ära. Die mageren Geschichten
orientieren sich häufig an Vorbildern wie dem "seriösen"
DER NACHTPORTIER von Liliana Cavani oder Tinto Brass` SALON KITTY –
und natürlich an dem amerikanischen ILSA – SHE WOLF OF THE SS,
der Mutter aller Lager-Folterfilme.
Entsprechend bin ich an
die Sichtung von Cesare Canevaris L´ULTIMO ORGIA DI TERZO REICH
mit den Erwartungen an ein typisch spekulatives Machwerk dieser
Gattung herangegangen – und wurde eines besseren belehrt.
Der
Film beginnt mit einem selten zynischen Titelsong ("Lieschen,
kleines Lieschen, sieh, das Glück kehrt zurück...").
Während des Vorspanns sehen wir Von Starker zum Treffpunkt im
Lager fahren, die Fahrt-Aufnahmen wurden mit
(Original?)Tonbandaufzeichnungen aus Kriegsverbrecherprozessen
unterlegt, die bereits äußerst mulmig stimmen.
Im Lager angekommen trifft er auf seine ehemalige "Gespielin" und beginnt direkt, sie gierig zu betatschen, was Lieschen mit stoischer Miene über sich ergehen lässt. In Rückblenden wird nun die Geschichte dieses ungleichen Paares erzählt...
Und bei dem, was sich dort entspinnt, musste ich doch des Öfteren einen dicken Kloß im Hals herunterschlucken. Canevari gesellt rein exploitative und urtypische WIP- bzw. Folterfilm-Klischees neben Szenen, die in ihrer bösartigen Eindringlichkeit einem SALÓ ("Die 120 Tage von Sodom") in nichts nachstehen. Ohne hier allzu viel ausplaudern zu wollen, möchte ich vor allem zwei Momente erwähnen, die mir nachhaltig in Erinnerung geblieben sind: Zum Ersten die berüchtigte "Dia-Show", wobei nackte, masturbierende "Elitesoldaten" sich Fotos von Demütigungen anschauen, was in einer brutalen Massenvergewaltigung an jüdischen weiblichen Häftlingen kulminiert. (Obwohl Canevaris Inszenierung bei dieser Sequenz ohne explizite Sadismen oder gar Splatter auskommt, wirken die Bilder durch ihre teilweise suggestive Schnittfolge und das Zerhacken in verstörende Einzelbilder umso durchschlagender.)
Der zweite Moment, der an die Grenzen des Erträglichen gelangt, ist das "Festbankett", wo die Kommandanten und Ärzte des Lagers in einem luxuriösen Speisesaal ein Abendmahl veranstalten, bei dem die Häftlinge (zynischerweise mit Strapsen und Federboas bekleidet) als gezwungene Dienerschaft und Mundschenke auftreten. Anwesend ist auch ein ominöser Wissenschaftler, der breit grinsend und wild gestikulierend seine ganz persönliche Philosophie zum Thema "Untermenschen" propagiert – die Juden sollen schließlich nicht einfach nur vernichtet werden, sondern quasi als "Nutzvieh" Verwendung finden. Seifenstücke und Lampenschirme seien ja bereits ein guter Gedanke, aber warum solle man nicht noch einen konsequenten Schritt weitergehen? Kalbsschnitzel und Schweinefilets seien sicher eine köstliche Speise, aber wie wäre es zur Abwechslung mal mit einem zarten ungeborenen Judenfötus? Spricht´s und deutet wohlwollend auf die dampfenden Fleischplatten auf der reichhaltigen Tafel. Mit anfänglichem Widerwillen beginnen die Gäste nun, sich am Dargereichten gütlich zu tun – nur der Wissenschaftler und Von Starker langen tüchtig zu. Bald verfliegt aber auch bei den anderen die Skepsis und man stopft sich das Fleisch gierig in die kauenden Mäuler. Dies ist jedoch nur der Anfang eines Exzesses, der wohl auch im (an Geschmacklosigkeiten nicht armen) Genre des Lagerfilms seinesgleichen sucht. Unglaublich, mir blieb regelrecht die Spucke weg...
Auch in dieser an Ekelhaftigkeit und Menschenverachtung kaum zu übertrumpfenden Szene beweist Canevari Geschick bei der Inszenierung: die Kamera verharrt auf schmatzenden Mündern, die das Fleisch zerkauen, auf Detailaufnahmen von Augen, kontrastiert mit Gegenschnitten auf die weiblichen Bediensteten, die hilflos danebenstehen und vor Abscheu der Ohnmacht nahe sind.
Was nun folgt, ist die systematische Erniedrigung der Gefangenen Liese, auf die Von Starker während des Festmahls aufmerksam wurde, da sie als einzige die Schrecken mit apathischer Gleichgültigkeit hinnimmt. Er ist von der Jüdin fasziniert – sein erklärtes Ziel ist es, ihren Willen durch Folter zu brechen und sie sich gefügig zu machen. Canevari tischt uns im Verlauf das übliche Tableau an Quälereien auf, was mitunter eine sehr intensive Wirkung hat, zeitweise aber auch in die Gefilde der Lächerlichkeit vordringt. (In einer Szene lässt er die gefesselte Liese kopfüber in einen Käfig mit "Ratten" baumeln – dabei handelt es sich aber tatsächlich um possierliche Wüstenrennmäuse, deren Bedrohlichkeit in etwa der von Meerschweinchen entspricht.) An weiteren Schmankerln gibt es ein Bad in ungelöschtem Kalk, eine Zerfleischung durch hungrige Dobermänner und die Häutung eines tätowierten Gefangenen. (Später begegnet uns die Haut als Lampenschirm wieder! Schluck!! – Man sollte diesen Film wirklich nicht beim Kaffeekranz im jüdischen Gemeindezentrum vorführen...)
Nach derlei Ausschweifungen erwartete ich eine kontinuierliche Steigerung des Grauens, ähnlich wie sie in SALÓ zelebriert wird – der Film schaltet im letzten Drittel jedoch gnädigerweise einen Gang herunter und konzentriert sich auf die "Beziehung" zwischen Von Starker und Liese, sowie auf Lieses persönliche Geschichte. Sicherlich geht dadurch ein Gutteil der eindringlichen Atmosphäre flöten, andererseits beruhigt es die geschundenen Magennerven.
Im Lager angekommen trifft er auf seine ehemalige "Gespielin" und beginnt direkt, sie gierig zu betatschen, was Lieschen mit stoischer Miene über sich ergehen lässt. In Rückblenden wird nun die Geschichte dieses ungleichen Paares erzählt...
Und bei dem, was sich dort entspinnt, musste ich doch des Öfteren einen dicken Kloß im Hals herunterschlucken. Canevari gesellt rein exploitative und urtypische WIP- bzw. Folterfilm-Klischees neben Szenen, die in ihrer bösartigen Eindringlichkeit einem SALÓ ("Die 120 Tage von Sodom") in nichts nachstehen. Ohne hier allzu viel ausplaudern zu wollen, möchte ich vor allem zwei Momente erwähnen, die mir nachhaltig in Erinnerung geblieben sind: Zum Ersten die berüchtigte "Dia-Show", wobei nackte, masturbierende "Elitesoldaten" sich Fotos von Demütigungen anschauen, was in einer brutalen Massenvergewaltigung an jüdischen weiblichen Häftlingen kulminiert. (Obwohl Canevaris Inszenierung bei dieser Sequenz ohne explizite Sadismen oder gar Splatter auskommt, wirken die Bilder durch ihre teilweise suggestive Schnittfolge und das Zerhacken in verstörende Einzelbilder umso durchschlagender.)
Der zweite Moment, der an die Grenzen des Erträglichen gelangt, ist das "Festbankett", wo die Kommandanten und Ärzte des Lagers in einem luxuriösen Speisesaal ein Abendmahl veranstalten, bei dem die Häftlinge (zynischerweise mit Strapsen und Federboas bekleidet) als gezwungene Dienerschaft und Mundschenke auftreten. Anwesend ist auch ein ominöser Wissenschaftler, der breit grinsend und wild gestikulierend seine ganz persönliche Philosophie zum Thema "Untermenschen" propagiert – die Juden sollen schließlich nicht einfach nur vernichtet werden, sondern quasi als "Nutzvieh" Verwendung finden. Seifenstücke und Lampenschirme seien ja bereits ein guter Gedanke, aber warum solle man nicht noch einen konsequenten Schritt weitergehen? Kalbsschnitzel und Schweinefilets seien sicher eine köstliche Speise, aber wie wäre es zur Abwechslung mal mit einem zarten ungeborenen Judenfötus? Spricht´s und deutet wohlwollend auf die dampfenden Fleischplatten auf der reichhaltigen Tafel. Mit anfänglichem Widerwillen beginnen die Gäste nun, sich am Dargereichten gütlich zu tun – nur der Wissenschaftler und Von Starker langen tüchtig zu. Bald verfliegt aber auch bei den anderen die Skepsis und man stopft sich das Fleisch gierig in die kauenden Mäuler. Dies ist jedoch nur der Anfang eines Exzesses, der wohl auch im (an Geschmacklosigkeiten nicht armen) Genre des Lagerfilms seinesgleichen sucht. Unglaublich, mir blieb regelrecht die Spucke weg...
Auch in dieser an Ekelhaftigkeit und Menschenverachtung kaum zu übertrumpfenden Szene beweist Canevari Geschick bei der Inszenierung: die Kamera verharrt auf schmatzenden Mündern, die das Fleisch zerkauen, auf Detailaufnahmen von Augen, kontrastiert mit Gegenschnitten auf die weiblichen Bediensteten, die hilflos danebenstehen und vor Abscheu der Ohnmacht nahe sind.
Was nun folgt, ist die systematische Erniedrigung der Gefangenen Liese, auf die Von Starker während des Festmahls aufmerksam wurde, da sie als einzige die Schrecken mit apathischer Gleichgültigkeit hinnimmt. Er ist von der Jüdin fasziniert – sein erklärtes Ziel ist es, ihren Willen durch Folter zu brechen und sie sich gefügig zu machen. Canevari tischt uns im Verlauf das übliche Tableau an Quälereien auf, was mitunter eine sehr intensive Wirkung hat, zeitweise aber auch in die Gefilde der Lächerlichkeit vordringt. (In einer Szene lässt er die gefesselte Liese kopfüber in einen Käfig mit "Ratten" baumeln – dabei handelt es sich aber tatsächlich um possierliche Wüstenrennmäuse, deren Bedrohlichkeit in etwa der von Meerschweinchen entspricht.) An weiteren Schmankerln gibt es ein Bad in ungelöschtem Kalk, eine Zerfleischung durch hungrige Dobermänner und die Häutung eines tätowierten Gefangenen. (Später begegnet uns die Haut als Lampenschirm wieder! Schluck!! – Man sollte diesen Film wirklich nicht beim Kaffeekranz im jüdischen Gemeindezentrum vorführen...)
Nach derlei Ausschweifungen erwartete ich eine kontinuierliche Steigerung des Grauens, ähnlich wie sie in SALÓ zelebriert wird – der Film schaltet im letzten Drittel jedoch gnädigerweise einen Gang herunter und konzentriert sich auf die "Beziehung" zwischen Von Starker und Liese, sowie auf Lieses persönliche Geschichte. Sicherlich geht dadurch ein Gutteil der eindringlichen Atmosphäre flöten, andererseits beruhigt es die geschundenen Magennerven.
Obwohl es sich bei GESTAPO´S
LAST ORGY um einen reinrassigen Naziploitation-Heuler handelt, der
sämtliche Versatzstücke dieses berüchtigten Subgenres
vereinigt (und auf die Spitze treibt), unterscheidet sich Canevais
Beitrag doch von etlichen artverwandten Schmuddelstücken. Dies
ist sicherlich zum Teil der stilsicheren Handschrift des Regisseurs
und seiner Lust an visuellen Kameraexperimenten und Schnittmontagen
zu verdanken, denen er ja bereits in seinem äußergewöhnlichen
Western MATALO ("Willkomme in der Hölle") ausgiebig frönte.
Zum Zweiten ist L´ULTIMO ORGIA auch einer der wenigen Beispiele
des Lagerfilms, der als ultrazynische Parabel auf totalitäre
Systeme und Machtmissbrauch funktioniert, was auf dem zuweilen sehr
gelungenen Drehbuch, sowie der Leistung der Schauspieler begründet
ist.
Adriano Micantoni, der zuvor in einigen Kriegskomödien
und Western zugegen war, spielt den fiesen Lagerkommandanten Von
Starker absolut glaubhaft und verleiht der undankbaren Rolle gegen
Ende sogar einen Hauch Sympathie, was sicherlich ein Kunststück
darstellt. Er agiert hier unter dem Pseudonym "Marc Loud", was
verständlich ist, ihm bei seiner weiteren Karriere aber leider
nicht half: Nach LAST ORGY sah man ihn nicht mehr auf der Leinwand.
Daniela Poggi legte mit der Rolle der Liese ihr Debüt aufs Parkett – die wahren Hauptdarsteller sind zwar ihre Tittchen, die sie pausenlos zur Schau stellen muss, dennoch ist ihre Leistung – und speziell die Wandlung, die sich in ihr vollzieht – recht passabel. Sie ist jedenfalls bis zum heutigen Tag als Schauspielerin aktiv, vor allem in Fernsehfilmen.
Daniela Poggi legte mit der Rolle der Liese ihr Debüt aufs Parkett – die wahren Hauptdarsteller sind zwar ihre Tittchen, die sie pausenlos zur Schau stellen muss, dennoch ist ihre Leistung – und speziell die Wandlung, die sich in ihr vollzieht – recht passabel. Sie ist jedenfalls bis zum heutigen Tag als Schauspielerin aktiv, vor allem in Fernsehfilmen.
Der Film wurde mir
zunächst als Sicherheitskopie zugänglich gemacht, die auf
der amerikanischen DVD von Exploitation Digital / Media Blasters
basiert. Diese beinhaltet das längere Finale, welches in einigen
anderen Fassungen herausgeschnitten wurde, leider jedoch in
schlechterer Bild- und Tonqualität. Mittlerweile besitze ich
aber die ungekürzte dänische DVD von Another World
Entertainment, die das längere Ende als "Alternatives Ende"
in den Extras aufführt und eine deutlich bessere Bildqualität
aufweist. Dazu gibt es ein 4-seitiges Booklet.
P.S.: Da
ich ein krankes und amoralisches Saustück bin, erwischte ich
mich während der Sichtung des Films häufig bei der
Vorstellung, welch abgründige Wirkung dieses Werk wohl mit einer
typisch schmierigen 70er Jahre-Synchronisation entfalten würde.
Nun ja, nur ein böser Traum... und vielleicht auch besser so.
- Pelle -
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sondern ausschließlich zur filmhistorischen Dokumentation.