DAS GEHEIMNIS DER WEISSEN NONNE
("The Trygon Factor", Großbritannien/ Deutschland 1966) R: Cyril Frankel
Ein
Mann schleicht durch den Park eines großzügigen Anwesens.
Er scheint auf der Suche nach irgendetwas zu sein, eine ängstliche
Nonne übergibt ihm einen Brief. Kurze Zeit später wird der
Mann ermordet. Besonders pikant ist die Tatsache, dass der Getötete
ein Ermittler von Scotland Yard war. Nun nimmt sich Superintendent
Cooper Smith (Stewart Granger) der Sache an, er sucht Emberday Hall
persönlich auf. Dort wird er freundlich von der alten
Schloßherrin Lady Emberday (Cathleen Nesbitt) empfangen, die
einen Teil ihres Anwesen an einen Nonnenorden vermietet hat. Die
Mutter Oberin (Brigitte Horney) führt den Superintendent durch
die Räumlichkeiten der Abtei, die Nonnen produzieren dort
Keramikwaren. Ein befremdliche Entdeckung bestärkt allerdings
den Verdacht des Ermittlers, der sich daher in einem Hotel in der
Nähe einmietet. An der Rezeption trifft er auf die reizende
Empfangsdame Polly (Sophie Hardy), einer Französin auf der Suche
nach einem englischen Ehemann. Bald geschieht ein weiterer Mord,
ausgerechnet im Hotel von Cooper Smith, ausgerechnet im Nachbarzimmer
von Polly. Zu allem Überfluss taucht der verschollene Kollege
tot auf, man fischt seinen Körper aus der Themse. Cooper Smith
ist nun endgültig sicher, des Rätsels Lösung findet
sich in Emberday Hall. Doch sein Vorgesetzter Sir John (Siegfried
Schürenberg) ist nicht gewillt einen Durchsuchungsbefehl für
ein Kloster auszustellen. Auf Emberday schliesst man unterdessen die
Planungen zur Durchführung eines großen Fischzuges ab, zu
diesem Zweck hat man bereits den Spezialisten Clossen (Eddi Arent)
geschickt getarnt herbeigeschafft...
Ein weiterer Rialto
Beitrag -frei nach Edgar Wallace- bereits der 22. von insgesamt 32.
Wallace Streifen aus diesem Hause. Diesmal ist der Film durch und
durch britisch geprägt, wodurch er sich vom Großteil
seiner Vorgänger recht deutlich unterscheidet. Der zweite
Wallace Farbfilm von Rialto ist noch ansprechender fotografiert als
sein Vorgänger "Der Bucklige von Soho", die Kulissen
sind durch die Bank sehr stimmungsvoll, zum Teil gar prachtvoll.
Regisseur Cyril Frankel war leider nur einmal im Rahmen der Reihe
aktiv, sehr schade! Für die Musik setzte man erneut auf die
Dienste des bewährten Peter Thomas, der erneut eine sehr gute
Arbeit ablieferte. In der Hauptrolle des Ermittlers sehen wir Stewart
Granger, der hier meiner Meinung nach einen der besten Auftritte
seiner Karriere hinlegt. Seine Darbietung des harten Bullen mit Herz
ist sehr sympathisch, die Damen baggert er ähnlich fleißig
an, wie es sonst nur seine Kollege Blacky Fuchsberger drauf hat. Eddi
Arent hat seinen letzten Wallace Auftritt. Wie schon in "Der
unheimliche Mönch" und "Der Bucklige von Soho",
gehört diese Rolle zu seinen besten Einsätzen innerhalb der
Rialto Reihe. Siegfried Schürenberg ist wie üblich als Sir
John mit von der Partie. Seine Rolle ist hier eher dezent angelegt,
dazu auch noch auf wenige Auftritte beschränkt. Dies mag wohl
auch daran liegen, dass man den Part in der englischen Version mit
einem anderen Darsteller besetzte. Sehr positiv ist mir auch Robert
Morley aufgefallen, dessen markantes Gesicht man aus zahlreichen
Filmen kennt. Hier wird er mehr und mehr zum verängstigten
Spielball seiner Komplizen. In ganz starker Verfassung präsentiert
sich die Damenmannschaft. Brigitte Horney spielt als dubiose Mutter
Oberin großartig auf, Cathleen Nesbitt kommt als eine Art
englische Agnes Windeck zum Zuge. Die Rolle von Susan Hampshire ist
sehr interessant und vielschichtig angelegt, erfreulicherweise auch
ebenso souverän von ihr umgesetzt. Mein persönlicher
Liebling ist aber ganz klar Sophie Hardy, die mit Abstand süßeste
Versuchung, die mir in einem Wallace Filme begegnet ist (Mir hängt
noch immer die Zunge aus dem Halse. Ursprünglich war
Eckschädelin Marisa Mell für die Rolle vorgesehen.
Glücklicherweise wurde daraus nichts). Auch die übrigen
Nebendarsteller leisten gute Arbeit, kurz sei noch auf James
Culliford hingewiesen, welcher als debiler Sohn der Lady Emberday
punkten kann.
Das bunte Treiben schlägt im Pulstakt der
zweiten Hälfte der sechziger Jahre. Erneut steigt der
Erotikfaktor, Sophie Hardy in der Badewanne ist ein extrem
erfreulicher Blickfang. Die Morde sind sicher nicht ausufernd
inszeniert, ohne Zweifel aber sehr überzeugend und fast ein
wenig beängstigend. Der Killer kommt bereits recht "gialloesk"
daher, schwarze Handschuhe und fiese Maske unterstreichen diese
These. Dann wäre da noch der "Raketenwerfer" zu
nennen, mit dem sich Eddi Arent bestens auskennt, den er in einem
futuristischen Schutzanzug bedient. Diese Szenen verbreiten gar einen
Hauch von "Supergangster", der einem Bond Streifen
entsprungen ist. Im Gegensatz zu manch anderer Wallace Verfilmung,
ist die Story in diesem Fall logisch und nachvollziehbar. Zwar gibt
es keine großen Überraschungen und man ahnt den Verlauf
der Geschichte, doch die Umsetzung ist derart ansprechend, dass ich
zu jeder Sekunde von dem Umtrieben gefesselt war, die sich da vor
meinen Augen auftaten. Mancher Fan wird das Fehlen vieler "Wallace
typischer" Merkmale bemängeln. Doch so sehr ich auch die
klassischen Vertreter der Reihe schätze, ich finde diesen Film
extrem unterhaltsam und erfrischend!
Wie gehabt steht der
Film in schöner Qualität auf DVD zum Kauf bereit. Entweder
als Einzel-Scheibe oder als Teil der "Edgar Wallace Edition 6".
Die Edition enthält außerdem folgende Titel:
- Der unheimliche Mönch
- Der Bucklige von Soho
- Die blaue Hand
Die sechste Box der Serie präsentiert sich bisher in
sehr starker Verfassung. "Der unheimliche Mönch" ist
der letzte Schwarzweißfilm der Reihe, ein Film der zur Spitze
der Serie gehört. "Der Bucklige von Soho" hält
diese Klasse nicht ganz, bietet aber einen guten Einstieg in die
Wallace Farbfilme. "Das Geheimnis der weißen Nonne"
toppt den guten Vorgänger locker, prescht damit in die vorderen
Bereiche meiner persönlichen "Wallace Rangliste". Gern
ziehe ich ganz, ganz dicke 8/10 (sehr gut), hier sogar mit Tendenz zu
8,5/10 (sehr gut bis überragend)!
Lieblingszitat:
"Wenn die Mönche Schnaps brennen, warum sollen die Nonnen nicht Töpfe brennen."
"Wenn die Mönche Schnaps brennen, warum sollen die Nonnen nicht Töpfe brennen."
- Blap -
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