Filmclub Bali
   
 

FROZEN – EISKALTER ABGRUND

(USA 2010) R: Adam Green

Joe (Shawn Ashmore) und Dan (Kevin Zegers) sind alte Kumpels, die seit der Grundschulzeit unzertrennlich sind. Jedes Jahr im Winter fahren sie zusammen zum Mount Holliston zum Skisport – so auch dieses Mal, nur hat Dan seine neue Freundin Parker (Emma Bell) mit im Handgepäck, worüber Joe wenig begeistert ist. Schließlich waren diese gemeinsamen Wintersport-Trips doch immer reine Männerdomänen, wo verweichlichte Weibsbilder nichts zu suchen haben und nur stören. Joe versucht seinen Unmut jedoch zurückzuhalten, immerhin ist Dan sein bester Freund und Parker recht schnuckelig.
Als bereits der Abend hereinbricht und der Liftbetrieb schließen will, überreden sie den Liftwart, sie noch auf eine letzte Abfahrt den Berg hoch zu schicken. Durch eine unglückliche Verkettung von Umständen wird jedoch auf halbem Weg der Strom abgestellt – der Lift bliebt stehen, die Lichter auf der Piste gehen aus. In großer Höhe, völliger Dunkelheit und eisiger Kälte sitzen die drei jungen Leute fest. Niemand sieht sie dort oben, keiner hört ihre Hilferufe. Die Mobiltelefone sind im Spind der Station eingeschlossen. Und der Skibetrieb wird erst in 1 Woche wieder aufgenommen. Ein verzweifelter Kampf ums Überleben nimmt seinen Lauf…
Frozen
Diese Inhaltsangabe fasst lediglich die Ausgangssituation und die ersten 20 Minuten des Films zusammen – und mehr sollte man auch möglichst über FROZEN nicht wissen. Denn wer nun denkt: „Och, ein öder Survival-Film!“, der wird auf äußerst schmerzhafte Weise eines Besseren belehrt.
FROZEN definiert den Begriff von „Spannung“ neu. Erst als die End-Credits über den Bildschirm liefen, wurde mir bewusst, dass ich 70 Minuten lang mit komplett verkrampftem Körper im Sessel gekauert hatte. Zwei Fingernägel waren auch vollständig runtergeknabbert. Mehr als einmal konnte ich einfach nicht mehr hinschauen und wand mich auf den Polstermöbeln…
FROZEN gehört zu den intensivsten Filmerlebnissen, die ich in den letzten Jahren ertragen durfte. Die Ausweglosigkeit der Situation, die beißende Kälte (die man wirklich körperlich zu spüren meint), die Verzweifelung der Protagonisten, die ständig neuen Bedrohungen – dies alles erlebt der Zuschauer mit peinigender Unmittelbarkeit. Das geht an die Nieren und frisst an der Substanz. FROZEN ist ganz starker Tobak; der Filmgenuss wird zur Härteprobe.
Natürlich ist diese Ausgangssituation nichts Neues – ein ähnliches Setting gab es bereits beim Überlebens-Drama OPEN WATER. Allerdings fährt FROZEN eine umfangreichere Palette an menschlichen Urängsten auf und lässt sie gnadenlos auf den nichtsahnenden Betrachter einprasseln.
Es sind drei Dinge die den Film perfekt machen: Als erstes wäre das grandiose Drehbuch zu nennen, das es nicht nur auf brillante Weise versteht, die Spannungsschraube immer erbarmungsloser und fester anzuziehen, sondern – scheinbar nebenbei – den Charakteren ungemeine Tiefe verleiht. Man leidet mit den Protagonisten, indem man sie innerhalb ihrer auswegslosen Lage immer besser kennen lernt und Sympathien für sie entwickelt. Dies macht die folgenden Ereignisse umso schmerzhafter. Aus der eigentlich recht simplen Prämisse holt die Geschichte restlos alles heraus, was möglich ist.
Als zweites muss man die überragenden Leistungen aller drei Hauptdarsteller erwähnen. Hierbei glänzt vor allem die 23jährige Emma Bell, vor deren Talent man in die Knie sinken möchte. Aber auch Shawn Ashmore und Kevin Zegers geben ihr letztes Hemd und liefern äußerst beeindruckende Arbeit ab.
Der dritte Punkt lässt sich etwas schwieriger in Worte fassen – ich will es „Authentizität“ nennen. Die Grundstimmung und Atmosphäre dieses schweißtreibenden – oder frösteln machenden – Kammerspiels ist zum Greifen dicht und wirkt in jeder Sekunde dermaßen echt, dass man sich als viertes Opfer im Sessellift wähnt. Man versucht zwischendurch seine Nerven zu beruhigen, indem man sich sagt: Nun ja, mit CGI und Green Screen ist ja heutzutage alles möglich…
Man erstarrt allerdings restlos vor Ehrfurcht, wenn man sich im Anschluss des Films das 50minütige (hervorragend gemacht und schwer unterhaltsame) Making-Of anschaut – denn dann wird klar, dass hier NICHTS im Studio gedreht wurde. Nix CGI, nix Green Screen. Hier ist alles fuckin’ true! Der gesamte Film wurde bei bis zu – 30° auf einem verdammten Berg in Utah gedreht! Die saßen dort wirklich in einem Sessellift in schwindelerregender Höhe, der Schnee, die Kälte und die Wölfe waren echt! (Wölfe? Das wollte ich doch gar nicht verraten…)
Obendrein geizt der Film auch nicht mit ein paar unangenehmen Härten, deren Anblick man kaum erträgt. Bei der schlimmsten Szene schwenkt die Kamrera jedoch fort - "gnädigerweise", denkt man zunächst. Dann hört man jedoch die nervenzerreißenden Geräusche und wird gezwungen, sich die leidenden Gesichter der zwei anderen Protagonisten anzusehen. Kopfkino der gemeinsten Sorte - Regisseur Adam Green versteht sein Handwerk.
Erwähnen muss man auch noch die absolut grandiose Filmmusik von Andy Garfield, die mit ihren apokalyptischen Bläsern und Streichern zur Zerrüttung des Nervenkostüms ein ordentliches Scherflein beiträgt.
Ansonsten gilt hier als Schlusswort nur der Befehl: Unbedingt anschauen! Am Besten, wenn draußen der Schneesturm tobt. Aber zieht euch bloß warm an…
Wer’s in Zahlen braucht: 9/10 sind hier völlig angebracht.
- Pelle -





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