Filmclub Bali
   
 

FRIEDHOF OHNE KREUZE

("Une Corde, un Colt", Frankreich/Italien 1968) R: Robert Hossein

Die Witwe Maria (Michèle Mercier) will sich an den Mördern ihres Mannes, die zum reichen und einflussreichen Clan der Rogers gehören, rächen und beauftragt den geheimnisvollen Pistolero Manuel (Robert Hossein) mit dem Auftrag. Manuel gewinnt das Vertrauen der Rogers, als er drei der Familienmitglieder bei einer Schießerei im örtlichen Saloon zur Hilfe kommt. Zum Dank gibt man ihm einen Job auf der Ranch des Sippenoberhauptes Will Rogers. Dort läßt er zur Ablenkung nachts die Pferde frei und entführt die Tochter des Hauses. Maria bekommt ihre Rache, aber Manuel wird natürlich trotzdem von den Rogers gejagt...
Friedhof ohne Kreuze
Der von Robert Hossein im Jahr 1968 inszenierte Film beginnt mit einem Lynchmord und stellt damit die Weichen für den Trauerzug, der für die kommenden 87 Minuten düster vorwärts stampft. Gunslinger Manuel haust als einziger Bewohner in einer heruntergekommenen Geisterstadt. Er und Maria liebten sich einstmals, aber das Leben gab ihren zarten Banden keine Chance. Nun finden sie in der Rache wieder zueinander, jedoch ohne Hoffnung auf Erlösung. Wenn doch einmal kurz so etwas wie Hoffnung und Lebensmut aufflackert, bemüht sich das triste Drehbuch, das Flämmchen im nächsten Moment wieder zu ersticken. Manuel ist ein Enttäuschter, der nur manchmal von besseren Zeiten am Roulettetisch träumt. Bevor er tötet, streift er sich mit bedrohlicher Gelassenheit einen schwarzen Handschuh über.
Bei soviel Nihilismus kann man sich bereits denken, daß am Ende des Films kein Blumenreigen aufgeführt wird und kein Held mit seiner Maid in den Sonnenuntergang reiten wird...
Der Film ist in düstere Bilder getaucht, Grau, Braun und ausgebleichte Farben dominieren die Aufnahmen. Auch die Kleidung der Akteure sieht aus, als seien sie einem Ascheregen entkommen. Die Gegend ist schroff und unwirtlich, der Boden unfruchtbar, die Sträucher verdorrt: Das Innenleben der Figuren reflektiert sich in der Landschaft. Selten sah Almeria so gottverlassen aus.
Die Inszenierung ist ruhig und von tiefer Melancholie durchzogen. Wer wilde Schießereien und Saloonprügeleien erwartet, wird enttäuscht. Dialoge werden auf das Allernötigste beschränkt. Passend hierzu die beinahe schon statische Kameraführung. Auch der Musikeinsatz ist verhalten und brandet nur in einigen dramatischen Momenten auf, kann mit seinem todtraurigen Hauptthema dann jedoch rundum überzeugen. Hossein, der diesen einzigen Ausflug ins Westerngenre unternahm, um zu sehen, ob er einen Wildwestfilm drehen konnte, überzeugt formal auf ganzer Linie.
Das Spiel des Ensembles ist so minimalistisch, wie die Handlung es fordert – Hossein haucht dem wortkargen, desillusionierten Revolverheld schroffes Leben ein; Michèle Mercier, die stets in schwarze Gewänder gehüllt ist, entpuppt sich mit ihrem ernsten, schmerzerfüllten Gesicht, aus dem jedes Lächeln weggefegt wurde, als Idealbesetzung. Die starke, geheimnisvolle Frauenfigur, die sie darstellt, könnte eben so gut einem typischen Film Noir entsprungen sein.
Ein ungewöhnlicher und für manche sicher gewöhnungsbedürftiger Film, der mir jedoch sehr gefallen hat.
Der auf dem Backcover gezogene Vergleich zu Sergio Leone und Corbuccis LEICHEN PFLASTERN SEINEN WEG ist zwar eine himmelsschreiende Übertreibung, dennoch handelt es sich um einen sehr gelungenen kleinen Film.
Die limitierte DVD-Ausgabe von Buio Omega/Edition Hände Weg! ist eine wahre Pracht. Endlich liegt der Film völlig ungeschnitten vor (inklusive dem Prolog und Epilog, die in schwarzweiß gehalten sind), sowie mit korrekter Tonspur und Musikeinsatz. Die Verpackung besteht aus einer schmucken Holzbox, die zusätzlich ein 12seitiges Booklet mit seltenem Plakat- und Fotomaterial, sowie Texten von Christian Kessler und Tonrestaurator Ludger Holmenkamm enthält. Unter den zahlreichen Extras findet man ein 27minütiges Interview mit Hossein und ein halbstündiges Feature zur Restauration. Außerdem sieht man Kessler auf der Bühne des Schauburg Palasts in Gelsenkirchen sitzen und die damalige Kritik des Katholischen Filmdienstes verlesen.
- Pelle -





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