FRAUEN BIS ZUM WAHNSINN GEQUÄLT
("Le foto proibite di una signora per bene", Italien/ Spanien 1970) R: Luciano Ercoli
Minou (Dagmar Lassander) fühlt sich von ihrem Gatten Peter (Pier Paolo
Capponi) ein wenig vernachlässigt. Um den Geschäftsmann
eifersüchtig zu machen, geht sie am Abend allein aus dem Haus.
Ein unbekannter Fiesling (Simón Andreu) fällt die junge
Frau an, glücklicherweise artet der Angriff nicht zu einer
Vergewaltigung aus, Minou kommt mit einem Schock davon. Eine Sache
geht ihr aber nicht mehr aus dem Kopf, fast nebenläufig erwähnte
der Angreifer, dass Minous Ehemann ein Mörder sei. Der Bursche
meldet sich erneut bei der verstörten Frau, ein Tonband belastet
Peter tatsächlich mit allem Nachdruck. Minou sucht den Erpresser
in dessen Wohnung auf, doch er will kein Geld von ihr, er will Sex
mit der schönen Frau, sie erniedrigen, Macht über sie
ausüben. Um ihren Angetrauten zu schützen, lässt sich
die mehr und mehr verzweifelnde Minou auf ein schmutziges Spiel ein.
Immerhin gibt ihr Dominique (Nieves Navarro) Rückhalt, sie ist
die beste Freundin der verängstigten Frau. Allerdings scheint es
zwischen Peter und Dominique eine seltsame Spannung zu geben. Minou
beunruhigt dies zusätzlich, denn ihre Freundin ist sexuellen
Abenteuern gegenüber stets aufgeschlossen. Der Erpresser wird
immer penetranter, Minou erleidet einen Zusammenbruch. Welche Absicht
verfolgt der Perversling? Wird die hilflose Frau sogar von ihrem
Ehemann und ihrer besten Freundin hintergangen...???
Mit "Le foto proibite di una signora per bene" lieferte Luciano Ercoli
1970 seine erste Regiearbeit ab, mit der er gleich einen sehr schönen
Giallo präsentierte. Diesem Film folgten zwei weitere Beiträge
zum Genre: "Death Walks on High Heels" (La morte cammina
con i tacchi alti, 1971) und "Death walks at Midnight" (La
morte accarezza a mezzanotte, 1972), in denen seine Lebensgefährtin
Nieves Navarro erneut mitwirkte. Nach vier weiteren Filmen verschwand
der gute Mann 1977 von der Bildfläche, sehr schade. Zunächst
ein paar Worte zu Besetzung von "Forbidden Photos". In
diesem Film sind Dagmar Lassander und Nieves Navarro aka Susan Scott
ganz klar die Stars, die Herren der Schöpfung stehen eindeutig
im Schatten der beiden Schönheiten. Frau Lassander sieht hier
wirklich umwerfend aus, sexy und doch ein wenig naiv, sofort wird der
Beschützerinstinkt geweckt. Nieves Navarro kommt provokant, ja
nahezu abgründig daher, gibt Rätsel auf und fasziniert.
Pier Paolo Capponi und Simón Andreu sind sich vom Typ her
recht ähnlich, was letztlich durchaus Sinn ergibt, aber ich will
an dieser Stelle nicht zu viel verraten. Dass die Burschen vielleicht
recht wenig Kontur besitzen, ist in diesem Fall absolut passend und
dem Gesamteindruck IMHO sehr zuträglich. Ercolis Film ist ein
Giallo der sich nicht ausufernd in Sex, Sleaze und Gewalt ergeht.
Natürlich gibt es immer wieder entsprechende Szenen, die aber zu
keiner Zeit besonders wüst werden. Solche "Schauwerte"
hat das Werk auch überhaupt nicht nötig, denn die tollen
Leistungen der Damen -sowie die "passenden" Auftritte der
übrigen Figuren- halten den Zuschauer locker bei der Stange. Die
Atmosphäre wird durch die stilvollen Kulissen verstärkt,
der Score von Ennio Morricone setzt ein weiteres Ausrufezeichen. Die
Titelmelodie gefällt mir prächtig, eine der besten
Kompositionen des Meisters. Die sehr schöne Kameraarbeit soll an
dieser Stelle ebenfalls nicht vergessen werden.
Deutschland wurde der Film unter: "Frauen bis zum Wahnsinn
gequält" veröffentlicht. Dieser reißerische
Titel führt zu eher abwegigen Assoziationen, scheint mir besser
für einen wilden und ruppigen "Women in Prison"-
Brecher geeignet. Nicht zu vergessen, dass hier lediglich eine Frau
im Fokus des Bösewichts steht. Nüchtern betrachtet würde
"Eine Frau bis zum Wahnsinn gequält" sogar passen,
doch wer denkt bei einem solchen Titel schon an einen recht ruhigen
und stimmungsvollen Giallo? Also bitte -dem deutschen Titel zum
Trotz- keine Sex- und Gewaltorgie erwarten!
"Le foto proibite di una signora per bene" ist kein Film für
Hektiker. Ercolis Erstling ist ein wundervoller Beitrag zu
einem faszinierenden Genre, schön, stilvoll und überzeugend
entschlüsselt. Besonders die letzte Szene setzt ein weiteres
Ausrufezeichen, regt die Phantasie des aufmerksamen Zuschauers an!
Da es im deutschsprachigen Raum keine DVD zu diesem Film
gibt, habe ich auf die US Scheibe von Blue Underground
zurückgegriffen. Wie für das Label üblich, liegt der
Film in schöner Qualität vor, ferner gibt es eine kleine
und recht interessante Featurette zu sehen. Auf eine
Regionalcodebeschränkung wurde verzichtet. Ein Werk für
Freunde des Giallo, ein sehr schmackhaftes Menü für den
Geniesser! Sehr gut = 8/10
Lieblingszitat:
"Everyone has his price, even a maniac!"
"Everyone has his price, even a maniac!"
- Blap -
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