EINE FRAU KENNT KEINE GNADE
(„El placer de la venganza“, Mexiko 1988) R: Hernando Name
Familie Ruiz lebt
ein glückliches, beschauliches Leben. Vater, Mutter und zwei
Kinder, eine Kleinfamilie wie aus dem Versandhauskatalog. Gerade hat
sich das harmonische Quartett einem entspannten Urlaub hingegeben.
Nun befindet man sich per Van auf dem Heimweg, ein kleiner Umweg ist
eingeplant, man will den Bruder von Papa Ruiz besuchen. Doch auf der
unübersichtlichen Nebenstrecke schlägt das Grauen zu! Eine brutale
Gang hat vor wenigen Minuten einen Geldtransport überfallen, die
Sicherheitsleute wurden gnadenlos erschossen. Familie Ruiz fährt
mitten in das blutige Szenario hinein. Bevor man wenden und flüchten
kann, haben die Gauner bereits das Feuer eröffnet, Zeugen sind
erwatungsgemäß unerwünscht. Im Kugelhagel sterben alle
Familienmitglieder. Nur Cristina (Susana Dosamantes) überlebt das
Inferno knapp, für ihren Mann und die Kinder gibt es keine Rettung.
Nachdem Cristina das Krankenhaus verlassen hat, verbringt sie ein
Jahr bei ihrer Schwester in den USA. Zurück in ihrer mexikanischen
Heimat, geht sie ihrer Tätigkeit als Psychologin wieder nach. Eines
Tages taucht ein junger Mann bei ihr auf, der von schlimmen
Albträumen und Beklemmungen geplagt wird. Die Ärztin kann es kaum
fassen, der Bursche ist einer der Täter! Cristina fällt einen
folgenschweren Entschluss. Sie fragt ihren Patienten -der sie nicht
erkennt- gezielt aus, will an seinen Kumpanen Rache nehmen. Wenig
später findet man in einem Kino die erste Leiche...
Was der
Regisseur namens Hernando Name mit "Eine Frau kennt keine
Gnade" auf den Weg gebracht hat, ist nur im Ansatz der Film,
den der reißerische Titel vermuten lässt. Zunächst präsentiert
man uns die Familie Ruiz unfassbar zuckersüß, selbst das
"Traumschiff" ist im Vergleich dazu ein satanisches
Massaker. Dann gibt es kurzzeitig auf die Glocke, ein wenig Gaballer
und Geblute, garniert mit bescheuerten Fratzen. Wer nun glaubt die
gute Cristina würde nach ihrer Rekonvaleszenz hurtig zur Rache
schreiten, sieht sich zunächst mit unserem Lieblingsmexikaner Hugo
Stiglitz konfrontiert. Exploitation Hugo gibt den emsigen
Journalisten, der sich über die unfähige Polizei ärgert, und der
gepeinigten Frau Ruiz helfen möchte. Zur Not zieht der
Schreiberling auch mal flott die Knarre hervor, schließlich geht es
in den Elendsvierteln der Großstadt hoch her. Bevor Cristel so
richtig auf Touren kommt, beginnen die Bösewichter bereits damit
sich gegenseitig abzumurksen, oder bei einer Verfolgsjagd das eigene
Moped in die Arme des Sensenmannes zu steuern. Der fiese Obermotz
liefert sich noch flugs ein Duell mit der Seelenklempnerin, dann
kommt unser Hugolein angehechelt, und dann ist auch schon Schluss.
"Ein Mann sieht rot" auf mexikanisch? Irgendwie schon, nur
ohne Mann. Dafür mit einer attraktiven Dame, die ein wenig zu wenig
ungehalten, über das unfreiwillige Ableben ihrer Familie ist.
Auf
die reichlich murksige Inszenierung muss ich sicher nicht
ausdrücklich hinweisen. Eine besondere Empfehlung ist die "wilde"
Verfolgungsjagd, in der drei Moped-Halunken die Heldin
drangsalieren, bis diese ihren kleinen VW als Waffe einsetzt. Wir
wollen nun aber einen kurzen Blick auf die Darsteller riskieren,
auch wenn es schmerzhaft sein mag. Susana Dosamantes agiert
zumindest brauchbar, doch ehrlich gesagt bin ich in erster Linie
ihren schönen Augen erlegen. Nun haltet mich nicht wieder für den
lüsternen Chauvisack, hier gibt es keine Möpse, kein Schenkelgut,
keine blanken Backen, nix iss mit Erotik! Wirklich, es sind die
Augen der Dame, über den Fruchtkorb lässt sich leider keine
Aussage machen. Dann ist da natürlich und selbstverständlich und
überhaupt: Unser Hugo, der alte Stiglitz. Gäbe es Hugo Stiglitz
nicht, müsste man ihn sofort erfinden. Ihr seid der Ansicht, der
geschätzte Steven Seagal sei ein Schauspieler mit eingeschränkten
Ausdrucksmöglichkeiten? Bitte, schaut euch den allerliebsten Hugo
an. Gesichtslähmung, ganz ohne Botox und Lifting. Das ist wahrer
Minimalismus! So eiert unser Hugo durch die Kulissen, prangert an,
mischt sich ein, mischt mit, mischt auf! Ein Kerl wie aus dem
Bilderbuch, der mexikanische Übermann, der Halbgott der
Fratzenversehrten. Knallschotig mutet auch der Boss der
Mordbubenbande an. Im Film ehrfürchtig Julius genannt, hört er im
wahren Leben auf den Namen Eleazar Garcia Jr.. Der Typ liefert den
Beweis: Wer Schnauzbart und Vokuhila zur Schau trägt, der kann nur
ein zutiefst verdorbenes Subjekt sein! Zusätzlich hampeln noch ein
paar weitere Wurstgesichter herum, Hauptsache talentfrei und willig.
Die deutsche Synchronisation ist fast genauso hölzern geraten, wie
das Geschwurbel der Mitwirkenden. Gewissermaßen eine perfekte
Kombination, Synchronscheitern in Vollendung. Der Überhammer ist
ohne Zweifel die Perücke des Schreckens! Die Perücke der
Verdammnis, die Cristina während eines Kills trägt, die gar auf
dem Cover der DVD zu sehen ist. Wer ist dafür verantwortlich? Wer
hat diese Perücke (v)erbrochen? Wie konnte das Geschehen
geschehen?
Der geneigte Zuschauer bekommt -so könnte man
vermuten- die volle Trash-Dröhnung geboten. Irre Dialoge ohne Sinn
und Verstand, ab und zu eine Prise Gewalt, dilettantisch inszenierte
Action. Dann wäre da noch der gar schröckliche Score, der nach
übelstem achtziger Jahre Mumpf klingt, so stilsicher und
geschmackvoll wie Laterne ganz unten. In erster Linie passiert aber
meist nicht viel, teils auch "irgendwie" fast gar nichts.
Die rund 87 Minuten vergingen -für meinen befremdlichen Geschmack-
trotzdem recht flott. "Eine Frau kennt keine Gnade" ist
einer dieser Filme... einer dieser Filme... einer dieser Filme...
Ja, einer dieser Filme, die ich mag, aber keinen nachvollziehbaren
Grund nennen kann, warum ich den Stoff schätze. Würde mir Frau
Dosendingens ihre Auslagen um die Ohren hauen, dann hätte ich
wenigstens einen verdammten Grund. Doch die Theke bleibt leer, der
Laden geschlossen. Die Sause ist so freizügig wie einst der
Immenhof. Vielleicht schlägt mein Herz einfach im Takt solcher
Mexiko-Trasher, die ich "irgendwie" (ach...) immer gern
habe. Vielleicht ist die vordergründige Unscheinbarkeit des
Streifens in Wirklichkeit seine Stärke. Die Brüller packen nur zu,
wenn man sie zupacken lassen will. Sie springen dich nicht an, du
musst sie dir erarbeiten, dich dem braven Wahnsinn hingeben (Ächz,
jetzt ist wirklich eine neue Therapie fällig...)
Der Film
ist in der Trash Collection aus dem Hause CMV bestens aufgehoben.
Die kleine Hartbox ist die #19 aus der Reihe, die inzwischen bereits
auf 76 Titel angewachsen ist. Die DVD bietet ein zweckmäßiges
Bild, im Bonusbereich findet man diverse Trailer und eine
Bildergalerie.
7/10 (gut)
!!!Warnung!!!
Nur mit Vorsicht zu geniessen. Werdet zunächst eins mit dem Universum, dann erlebt die Perücke des Todes!!!!
!!!Warnung!!!
Nur mit Vorsicht zu geniessen. Werdet zunächst eins mit dem Universum, dann erlebt die Perücke des Todes!!!!
Lieblingszitat:
"Du gehst doch nicht tatsächlich zu dieser Irrenärztin!?"
"Du gehst doch nicht tatsächlich zu dieser Irrenärztin!?"
-Blap -
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