FRANKENSTEINS UNGEHEUER
(„The Evil of Frankenstein“, Großbritannien 1964) R: Freddie Francis
Baron Frankenstein (Peter
Cushing) forscht und experimentiert noch immer rastlos. Neue Erfolge
stellen sich ein, doch ein fanatischer Kirchenfritze randaliert im
Labor des Leichenbastlers, zerstört dadurch die aktuellen
Ergebnisse. Bevor der Pöbel in die Residenz einfällt, ergreifen
Frankenstein und sein treuer Assistent Hans (Sandor Elès)
überstürzt die Flucht. Um wieder Zugriff auf Finanzmittel zu
erhalten, begibt sich das Duo nach Karlstaad. Vor den Toren von
Karlstaad liegt das Schloss des Barons, welches er vor zehn Jahren
ebenfalls fluchtartig verlassen musste. Die Rückkehr ist ein
riskantes Unterfangen, man darf Frankenstein auf keinen Fall
erkennen. In der Ortschaft herrscht momentan jede Menge Trubel, ergo
kann man unbemerkt zum Schloss gelangen. Doch endlich dort
eingetroffen, erwartet den Baron das nächste Debakel. Gierige
Gesellen haben das Anwesen geplündert, sämtliche Wertgegenstände
wurden entwendet. Frankenstein beschleicht sofort ein Verdacht, der
sich bald bestätigt, denn der schleimige Bürgermeister hat sich am
Besitz des Edelmanns vergriffen. Außer sich vor Wut, beschimpft der
Baron den Politgangster wüst. Sofort will man den Baron festnehmen,
denn man erinnert sich noch gut an die Umtriebe des Forschers.
Erneut gelingt die Flucht, in den Bergen trifft man auf eine junge
Taubstumme (Katy Wild). Das Mädchen führt Frankenstein und Hans in
einer Höhle, so ist zumindest ein vorläufiger Schlafplatz
gefunden. Am nächsten Morgen passiert etwas nahezu Unglaubliches!
In einer Gletscherspalte entdeckt Frankenstein sein altes Geschöpf,
das er damals in den Gewölben seines Schlosses zum Leben erweckte.
Tatsächlich kann man das Monster auftauen und beleben, doch seine
Hirnfunktionen sind erheblich gestört. Da kommt dem
Leichenschrauber ein Einfall, warum nicht den Hypnotiseur einen
Versuch unternehmen lassen, der gerade in Karlstaad verweilt?
Professor Zoltán (Peter Woodthorpe) lässt sich auf das Angebot
ein. Zwar ist sein Bemühen von Erfolg gekrönt, doch Frankenstein
hat nicht mehr der Verschlagenheit Zoltáns gerechnet...
1964
kam der dritte Frankenstein Film aus dem Hause Hammer in die Kinos.
Führte bei den beiden Vorgängern Terence Fisher Regie, übertrug
man diese Aufgabe nun an Freddie Francis. Leider kann der Streifen
weder mit den beiden Vorgängern, noch mit seinen drei Nachfolgern
mithalten. Doch woran liegt das? Freddie Francis ist ein fähiger
Regisseur, Peter Cushing sowieso immer eine sichere Bank, die
Ausstattung des Films ist durchaus ansprechend. Ein Schwachpunkt ist
die zu zahme Anlage der Hauptrolle. Zwar spielt Peter Cushing
souverän wie üblich, doch sonst ist sein Frankenstein deutlich
rücksichtloser, brutaler und zielstrebiger. Das Monster überzeugt
nicht, es mutet ein wenig an, als hätte man versucht den "Universal
Frankenstein" zu imitieren. Die Nebenrollen bleiben recht
blass, allen voran Sandor Elès, der so unscheinbar wie eine
schwarze Ameise auf frisch verlegter Dachpappe agiert. Leider
gewährte Hammer dem Typ später einen weiteren Auftritt. In
"Countess Dracula" (Comtesse des Grauens, 1971) versagt er
dann sogar auf ganzer Linie. Peter Woodthorpe hat als Bösewicht
"eigentlich" einen sehr reizvollen Part erwischt, doch er
macht leider zu wenig daraus. Immerhin sorgt David Hutcheson als
Bürgermeister für ein paar Schmunzler. Schöne Frauen sucht man
ihr vergeblich, Katy Wild beweist in ihrer Rolle Mut zu
Unattraktivität. Dies unterstreicht ihre Wandlungsfähigkeit, denn
im zuvor gesichteten "The Deadly Bees" von 1967, sieht sie
recht ansprechend aus, spielt dabei aber nicht weniger gut auf. Eine
junge Dame namens Caron Gardner, bringt eine minimale Dosis
Sex-Appeal auf die Leinwand, ihre reizvollen Rundungen erfreuen
nicht nur ihren Filmgatten (den Bürgermeister). 1964 hüpfte das
Obst freilich noch nicht aus dem Körbchen, bis dahin brauchte es
noch drei, vier Jahre Reifezeit.
Die Kulissen sind sehr
gelungen. Der Höhepunkt ist fraglos die lange Rückblende, in der
Frankenstein seinem Assistenten von der Erweckung der ersten
Schöpfung berichtet. Diese Szenen sind von einer optischen und
dramatischen Pracht, dem Hammer-Fan wird das Herzchen vor Freude bis
zum Hals schlagen. Fatalerweise bremst diese Rückblende den
Erzählfluss des Films aus, erweist sich dadurch eher als hinderlich
denn hilfreich. Solche Schwächen sind in Hammer Drehbüchern sonst
nicht/kaum zu finden, schade. Offensichtlich schielt der Film zu
sehr auf den amerikanischen Markt, was sich schnell als zusätzlicher
Hemmschuh erweist. Denke ich an die Qualitäten der anderen
Frankenstein Filme mit Peter Cushing in der Hauptrolle, fallen die
Schwächen von "Frankensteins Ungeheuer" umso heftiger
auf. Diese Gelegenheit möchte ich nutzen, um die anderen Filme der
Reihe an dieser Stelle aufzulisten:
Übrigens führte bei den gelisteten Filmen stets Terence Fisher Regie. Einen Sonderfall stellt "The Horror of Frankenstein" (Frankensteins Schrecken, 1970) dar. Dieser von Jimmy Sangster inszenierte Film, muss ohne Peter Cushing auskommen, man baut auf Ralph Bates als jungen Baron Frankenstein. Ohne Cushing kann die Klasse nicht gehalten werden, doch immerhin wird "Frankensteins Ungeheuer" locker übertroffen.
- The Curse of Frankenstein (Frankensteins Fluch, 1957. Brachte den Durchbruch für Hammer. Ein Klassiker, unverzichtbar. Die DVD von Warner ist problemlos zu bekommen)
- The Revenge of Frankenstein (Frankensteins Rache, 1958. Eine sehr gute Fortsetzung, die trotzdem leicht hinter dem Auftakt zurückbleibt. Als DVD von Columbia Tristar/Sony erhältlich)
- Frankenstein created Woman (Frankenstein schuf ein Weib, 1967. Für mich der schönste Film der Reihe. Tragisch, romantisch und sexy. Die DVD aus der Hammer Edition von Anolis ist OOP, da wird ein tieferer Griff in die Tasche fällig, meist jenseits der 30€. Wer auf die deutsche Synchronisation verzichten kann, sollte zur günstigen UK-Scheibe von Optimum Home Entertainment greifen)
- Frankenstein must be Destroyed (Frankenstein muss sterben, 1969. Der härteste und brutalste Filme der Reihe, sehr gut! Die DVD von Warner ist ohne Schwierigkeiten zu bekommen)
- Frankenstein and the Monster from Hell (Frankensteins Höllenmonster, 1974. Nachzügler aus der späten Phase von Hammer. Ein gelungener Abschluss. Die DVD aus der Anolis Hammer Edition ist leider auch OOP. Teils werden um die 100€ für Neuware fällig. Erneut ist die britische DVD eine günstige Alternative)
Übrigens führte bei den gelisteten Filmen stets Terence Fisher Regie. Einen Sonderfall stellt "The Horror of Frankenstein" (Frankensteins Schrecken, 1970) dar. Dieser von Jimmy Sangster inszenierte Film, muss ohne Peter Cushing auskommen, man baut auf Ralph Bates als jungen Baron Frankenstein. Ohne Cushing kann die Klasse nicht gehalten werden, doch immerhin wird "Frankensteins Ungeheuer" locker übertroffen.
Nun
möchte ich das "Teilversagen" von "Frankensteins
Ungeheuer" nicht Freddie Francis in die Schuhe schieben. Die
Verantwortung liegt eher beim Drehbuch, und den Vorgaben diverser
Einflussnehmer hinter den Kulissen. Die Anbiederung an den US-Markt
steht Hammer nicht gut zu Gesicht, ist völlig unnötig. Erschwerend
kommt noch hinzu, dass der Steifen nicht so recht in die
fortlaufende Erzählweise der Reihe passen mag.
"Frankensteins
Ungeheuer" ist ganz sicher kein Tipp für Neulinge, die in den
wundervollen Kosmos der Hammer Horror Welt eintauchen möchten.
Komplettisten dürfen sich den Film selbstverständlich nicht
entgehen lassen. Dank der sehr guten DVD von Koch Media, kann man
"Frankensteins Ungeheuer" in sehr schöner Qualität
genießen. Wie üblich steckt das Amaray in einem Schuber, ein
informatives Booklet liegt bei. Da ist es zu verschmerzen, dass man
im Bonusbereich nur einen Trailer und eine ergänzende Bildergalerie
findet. Insgesamt eine sehr lobenswerte Top-Veröffentlichung, zu
einem leider etwas durchwachsenen Hammer Film.
Mehr als
6,5/10 Fanpunkte sind nicht drin. Darin ist bereits ein Bonus für
Peter Cushing enthalten.
Lieblingszitat:
"Sein Herz rausschneiden?"
"Warum nicht? Er braucht es doch nicht mehr."
"Sein Herz rausschneiden?"
"Warum nicht? Er braucht es doch nicht mehr."
- Blap -
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