Filmclub Bali
   
 

FACELESS

("Les Prédateurs de la Nuit", Frankreich 1988) R :Jess Franco

Dr. Flamand (Helmut Berger) ist ein angesehener Schönheitschirurg, der in der Nähe von Paris eine Klinik unterhält und gemeinsam mit seiner Assistentin (und Gespielin) Nathalie (Brigitte Lahaie) betreibt. Durch das Säureattentat einer verbitterten Ex-Kundin wird das Gesicht seiner Schwester Ingrid (Christiane Jean) entstellt. Um Ingrids Gesicht wieder herzustellen, bittet Flamand den ehemaligen SS-Chirurgen Karl Moser (Anton Diffring) um Hilfe, der während des 2. Weltkriegs im KZ Dachau erfolgreich Gesichtstransplantationen durchgeführt hat. Zu diesem Zweck entführt Nathalie das Modell Barbara (Caroline Munro), die Tochter des reichen Amerikaners Terry Hallen (Telly Savalas). Der wiederum beauftragt den Privatdetektiv Sam Morgan (Christopher Mitchum), um seine Tochter zu suchen. Während er in Paris nach ihr sucht, muss Barbara in der Klinik um ihr Leben bangen...
Faceless
Uiuiui... Dieser späte Franco-Streifen ist bislang immer haarscharf an mir vorbeigeschlittert. Hätte ich geahnt, welch ein Heuler mir dabei bisher entgangen ist, hätte ich wohl viel eher meine gierigen Griffel nach dem Film ausgestreckt...
Zunächst muß man anmerken, daß FACELESS für Franco-Verhältnisse erstaunlich professionell, ja geradezu glatt, in Szene gesetzt wurde. Vom rein technischen Standpunkt könnte man wohl sagen, daß es sich hierbei um seinen besten Film handelt. Offensichtlich stand ihm hierfür ein größeres Budget zur Verfügung, als üblich. Aber das Thema und die Umsetzung... unfassbar!
Der erste Klopper erwartet den Zuschauer, respektive –hörer, direkt beim Vorspann. Der Titelsong ist eine schauerliche 80er Jahre-Popschnulze, die sich gnadenlos durchs Trommelfell ins Hirn fräst und sich dort tagelang einnistet. Geträllert wird sie von einem gewissen Romano Musumarra, dem schlecht wurde, als er den fertigen Film sah und mit dem Machwerk nichts mehr zu schaffen haben wollte. Daß uns bei seiner Lala schlecht wird, ist dem wohl egal! Ich musste den ganzen Tag brutales Death Metal-Geboller hören, um diesen grauenhaften Ohrwurm abzutöten.
Während dieser akustischen Folter sieht man Helmut Berger und Brigitte Lahaie im Rolls Royce durchs weihnachtliche Paris chauffieren und dümmlich daherquasseln. Das wirkt schon mal exakt wie aus einem schlechten Porno entlehnt.
In diesem Stil geht's auch munter weiter. Die zeitweise etwas öden Handlungsabschnitte werden in regelmäßigen Abständen mit kraftvollen Ergüssen aus dem Blutkübel garniert – gemetzelt wird recht ordentlich. In Punkto Sexploitation hält Franco sich hier aber eher zurück. Das Meiste wird angedeutet, es kommt aber nie zum Äußersten (auch wenn Berger einer leichten Dame zwischendurch mal forsch in den Schritt greift.)
Überhaupt, der Berger: In diesem Film wirkt er fast schon distinguiert und spielt eher zurückhaltend – für seine Verhältnisse. Brigitte Lahaie ließ mich schon immer völlig kalt – ich kann nicht begreifen, was manche an ihr finden. Sie ist zwar keine wirklich schlechte Schauspielerin, aber ich finde sie furchtbar fade. Den blonden Todesengel, den sie hier mimen soll, nimmt man ihr auch nicht wirklich ab. Freilich erledigt sie ihren Job ganz passabel und darf auch schon mal für die ein oder andere Geschmacklosigkeit sorgen.
Die heftige Splatterei wird durch klamaukigen Comic-Relief aufgelockert, bei der Francos latente Homophobie zum Tragen kommt. Privatdeketiv Christopher Mitchum soll wie ein waschechter Micky Spillane rüberkommen, wirkt aber eher wie sein Vater Robert nach einer durchzechten Woche mit Dean Martin.
Das mit Abstand Gruseligste sind aber sämtliche Szenen, die in typischen 80er Jahre Discos spielen (wobei jedes Mal erneut der Titelsong läuft!) – und davon gibt's im Film jede Menge! Meine Fresse, diese Frisuren, diese Klamotten! So sehr ich die 70er liebe, so sehr habe ich die 80er gehasst. Ich hätte meine Jugendzeit niemals überlebt, wenn es keinen Punk gegeben hätte.
Bei der Story handelt es sich natürlich um ein Remake von Francos eigenem GRITOS EN LA NOCHE ("Der schreckliche Dr. Orloff"), der ja auch schon ein Remake von Georges Franjus AUGEN OHNE GESICHT war. In beiden Filmen versuchen Ärzte das zerstörte Gesicht ihrer Töchter wieder herzustellen, indem sie junge Frauen entführen und durch eine Operation deren Gesichter entfernen, die sie dann ihren Töchtern anflicken. Während Franco einen eher handelsüblichen Horrorthriller inszenierte, vermochte Franju durch eine schon poetisch anmutende Herangehensweise zu bezaubern.
Unter den Darstellern überzeugt vor allem Anton Diffring der den fiesen Nazichirurgen spielt. Das Verstörendste daran ist, daß dieser Charakter völlig neutral (sogar würdevoll und überaus wohlerzogen) gezeichnet wird und nicht mal der Ansatz einer kritischen Betrachtung zu spüren ist. Dementsprechend nihilistisch gestaltet sich dann auch das Ende des Films, das einen echten Gnadenhammer darstellt. Nicht zu fassen!
Was soll ich sagen? Perfekte Unterhaltung für Leute, die bereit sind, ihren guten Geschmack und ihre politische Korrektheit an der Kinokasse abzugeben. Also wie geschaffen für mich – und ganz gewiss auch für euch!
Der Film ist in Deutschland natürlich nie erschienen, und das wird er mit Sicherheit auch nie. Mir lag zur Sichtung die französische DVD von René Chautau vor, die unglaublicherweise ab 12 freigegeben ist.
- Pelle -





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