EXECUTOR – DER VOLLSTRECKER
(„Gli sterminatori dell'anno 3000“, Italien 1983) R: Giuliano Carnimeo
Die Dürre nach dem Knall
Nach einem gewaltigen Krieg liegt nicht nur die
Zivilisation in Trümmern. Mutter Natur hat keine Lust mehr, es hat
seit Jahren nicht mehr geregnet, der Planet wurde zur staubigen
Hölle. In dieser feindseligen Welt lebt der kleine Tommy (Luca
Venantini), dessen Vater die Siedlung auf der Suche nach Wasser
verlassen hat. Der gute Mann ist längst überfällig, niemand
glaubt noch an seine Rückkehr. Niemand? Naja, sein Söhnchen hält
das Väterlein weder für tot, noch für einen lausigen Verräter.
Ergo schleicht sich Tommy in die Kabine eines LKWs, als sich ein
zweiter Trupp auf die nächste Mission zur Wasserbeschaffung begibt.
Leider wird der kleine Convoy von Crazy Bull (Fernando Bilbao) und
dessen Bande überfallen, bevor man eine Chance hatte die
sagenumwobene Quelle zu erreichen. Natürlich metzelt das üble
Gesindel alle braven Menschlein nieder, nur der Junge überlebt
unerkannt in seinem Versteck. Auf dem Marsch durch die unwirkliche
Landschaft, tritt Tommy auf den ruppigen Einzelgänger Tiger (Robert
Iannucci). Obschon ein harter Knochen, ist Tiger auf die Hilfe des
kleines Bürschleins angewiesen. Nach einem unangenehmen Unfall samt
"Fahrerflucht", liegt er nahezu hilflos in der zerbeulten
Karre gefangen. Tommy befreit Tiger aus der misslichen Lage, bittet
ihn nun seinerseits um Hilfe, bekanntlich braucht man in seiner
Siedlung dringend jedes Tröpfchen Wasser. Zunächst lehnt der
Outlaw den Jungen und dessen Anliegen ab. Doch als der Kleine in die
Hände von Crazy Bull fällt, rettet er ihn durch einen waghalsigen
Einsatz, bei dem er Kopf und Kragen riskiert. Tommy trägt durch die
Folter der Schurken eine Verletzung davon, sein künstlicher Arm
wurde arg in Mitleidenschaft gezogen. Das ungleiche Duo hofft auf
die geschickten Finger von Peperoni (Luciano Pigozzi), der nahezu
jeglichen Technikkram irgendwie reparieren kann. Tommy lernt die
kämpferische Trash (Alicia Moro) kennen, die ihm bei seinem
Vorhaben gern zur Seite stehen möchte, ohne Tigers Unterstützung
sind die Erfolgsaussichten gering. Aber kann man einem Lone Wolf
wirklich über den Weg trauen, dessen Verhalten und Ansagen in einem
wenig vertrauenerweckenden Licht erscheinen...???
Die
erste Hälfte der achtziger Jahre, bescherte uns einige sehr
unterhaltsame Endzeitstreifen aus Italien. Der große Erfolg von
"Mad Max" (1979) und "Mad Max 2" (1981) löste
eine regelrechte Welle aus. Was die Australier können, bringen die
Italiener ebenfalls locker auf die Kette, teils sogar mit noch
höherem Spaßfaktor. Giuliano Carnimeo mag nicht zu den Stars unter
den italienischen Genre-Regisseuren zählen, ist aber keinesfalls
ein unbekannter Vertreter seiner Zunft. Er inszenierte in den
sechziger und siebziger Jahren diverse Italowestern, welche einen
üppigen Anteil innerhalb seiner Filmographie beanspruchen. Aber
auch der prächtige Giallo "Das Geheimnis der blutigen Lilie"
(Perché quelle strane gocce di sangue sul corpo di Jennifer?,
1971), geht auf das Konto des Filmemachers (Immerhin ein Streifen
mit der göttlichen Edwige Fenech, die mehrfach unter seiner Regie
agierte).
"The Executor" bringt sämtliche Zutaten
an den Start, die einen gelungenen und unterhaltsamen Endzeitflick
ausmachen. Der übliche Atomkrieg löschte vorab die ehemals
bekannte Zivilisation aus. Im Bombenhagel verglühten sämtliche
Regeln, jegliche Sicherheit, jede Art von Komfort. Die jämmerliche
Anzahl der Überlebenden kämpft ums nackte Überleben, die "Guten"
werden immer wieder von den "Bösen" drangsaliert. Da darf
natürlich der rauhe Einzelkämpfer, Antiheld und hartschalige
Haudrauf nicht fehlen, der sich letztlich immer auf die Seite der
guten Menschen stellt, den Fieslingen einige gewaltige Tritte in den
Allerwertesten verpasst. Solch ein Bild von einem Mann braucht
natürlich ein anständiges, angemessenes Gefährt unten dem eigenen
Hintern. Wie der Cowboy einst seinen Gaul schätze, so liebt der
heroische Endzeitkämpfer sein Automobil. Klar, der Lack ist
zerkratzt, die Felgen sind nicht auf Hochglanz poliert, die letzte
Wäsche liegt Jahre zurück. Kein Fall für den
Mittelschichtspießbürger, der jeden Samstag brav seine
Mittelklassekarre mit dem Schwamm massiert. Aber wer braucht solchen
Schnickschnack, in einer Zeit, in der die Strassen längst unter
einer meterdicken Schicht aus Sand, Blut und Tränen verschwunden
sind? Eben, kein Schwein! ...und unser Held sowieso nicht! Tigers
Wagen wurde auf den Namen Executor getauft, ausgestattet mit einigen
Gimmicks, die ihm im Kampf gegen das omnipräsente Gesindel
hilfreich sind. Damit sind ist die Speisekarte längst nicht
vollständig vorgestellt. Hier gibt es nicht nur den üblichen
Helden zu bestauen, ergänzt durch seinen kampfstarken
Blechschlitten. Nein, hier taucht ferner ein standesgemäßer
Oberbösewicht auf, der direkt aus "Mad Max 2" entliehen
wurde. Crazy Bull ist nahezu eine makellose Kopie, der rechten Hand
des Blechschädels aus dem besagten Aussie-Streifen. Noch immer
findet die Liste kein Ende. Carnimeo bringt einen künstlichen Arm
ins Spiel, der aus dem tapferen Tommy "1% Terminator + 3% Luke
Skywalker" werden lässt. Wen wundert es, wenn am Rande
offenbar mutierte Gesichtsruinen auftauchen. Es wäre müßig jede
Einzelheit aufzuzählen, Freunde gepflegter Endzeitunterhaltung
werden sich sofort gut aufgeboben fühlen, wenn sie "The
Executor" über den Bildschirm/die Leinwand flimmern sehen.
Da es keine auffällig dominante Hauptrolle gibt, verteilt
sich diese Last auf mehrere Schultern. Robert Iannucci füllt die
Rolle des Tiger ansprechend aus, die Glanzlichter werden allerdings
von anderen Beteiligten gesetzt. Der kleine Luca Venantini macht
sehr positiv auf sich aufmerksam, was aus meiner Tastatur als großes
Lob zu verstehen ist. Kinder sehe ich "eigentlich" nicht
gern in größeren Rollen, da ihre Anwesenheit oft für nervige
Momente, oder gar eine "familienfreundliche" Schlagseite
des betreffenden Films sorgt. In diesem Fall kann Entwarnung gegeben
werden, denn Luca ist wirklich ein sympathischer Bengel, irgendwie
muss man den Lütten mögen. Charakterschädel Luciano Pigozzi wurde
gern als Ekelpaket besetzt, nun gibt er einen liebenswerten Kauz,
der ebenfalls sämtliche Sympathien auf seiner Seite hat. Fernando
Bilbao fungiert als sadistischer Bandenboss, seine Helferlein
bleiben lediglich unscheinbare Metzelmasse von der Stange. Die
Anwesenheit von Eduardo Fajardo soll nicht ohne Erwähnung bleiben.
Mit ihm wurde ein weiteres markantes Gesicht verpflichtet, wie
Pigozzi steht er diesmal auf der Seite der Guten. Alicia Moro mutet
in der Rolle der Trash wie ein Alibiweichen an, vielleicht eine Spur
zu unscheinbar. Doch auch Frau Moro kann man kaum nicht mögen. Ein
durchaus angenehme Truppe, die Herr Carnimeo bei diesem kleinen
Kracher einsetzen durfte.
"The Executor" ist einer
dieser Filme, für die ich ohne jeden Vorbehalt meine Lieblingsworte
"knuffig", "Wohlfühlatmosphäre" und
"Sympathiepunkte" auspacke. Wenn ich seine Verwandtschaft
zum Vergleich heranziehe, muss sich der unterhaltsame Film trotzdem
mit einem Platz in der zweiten Reihe begnügen."Metropolis
2000"(I nuovi barbari, 1982) von
Enzo G. Castellari,
"Fireflash"
(2019: Dopo la caduta di New York, 1983) von Sergio Martino, "2020
- Texas Gladiators" (Anno 2020 -
I gladiatori del futuro, 1982) von Joe D'Amato und George Eastman.
Nicht zu vergessen der Knüller "The Riffs III - Die
Ratten von Manhattan" (Rats - Notte di terrore, 1984) von
Bruno Mattei/Claudio Fragasso, den ich ganz besonders ins Herz
geschlossen habe! Gegen diese Flicks kann "The Executor"
nicht anstinken. Aber was soll’s, ich möchte den Film auf keinen
Fall missen!
Ascot Elite hat "The Executor" vor
einiger Zeit auf DVD veröffentlicht. Als Vorlage musste vermutlich
ein Tape herhalten, darauf weisen ein paar für das Format übliche
Bildstörungen hin. Qualitativ reißt die Scheibe also keine Bäume
aus, dazu kommen noch Kürzungen, die den Unterhaltungswert aber
nicht nachhaltig trüben. Man kann mit der DVD leben, doch ich würde
dem Film eine erneute und sorgfältige Aufbereitung/Auswertung
wünschen.
6,5/10 (+Wohlfühlbonus) Eine höhere
Punktewertung wird durch die starken Mitbewerber verhindert, siehe
Hinweis.
Lieblingszitat:
"Diese Schweine wollen uns ihr Wasser nicht geben! Also holen wir es uns!"
"Diese Schweine wollen uns ihr Wasser nicht geben! Also holen wir es uns!"
- Blap -
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