DRAG ME TO HELL
(USA, 2009) R: Sam Raimi
Christine (Alison Lohman) kommt aus bescheidenen Verhältnissen vom Lande, arbeitet
als ambitionierte Bankangestellte in der Großstadt, hat einen
Freund (Justin Long) aus reichem Haus und steht kurz davor, die
Karriereleiter hinaufzuklettern. Als sie einer alten Zigeunerin
(Lorna Raver) das Bittgesuch einer Aufstockung ihres Kredits
verweigert, wird sie von der Alten zunächst angegriffen und
später mit einem Fluch belegt. In den folgenden Tagen beginnt
das Grauen sich um Christine zu manifestieren, zuerst als
schemenhafte Bedrohung und Poltergeist-Spuk, schließlich als
massiver Terror. Mit Hilfe ihres Freundes und dem Wahrsager Rham Jas
(Dileep Rao) versucht sie, den Kampf mit dem Dämon aufzunehmen.
Schafft sie es nicht, binnen drei Tagen den Fluch loszuwerden, fährt
ihre Seele zur Hölle...
Zugegeben, die Handlung erweist sich als ziemlich schlicht und bis zum Schluss
vorhersehbar – besonders für Genrekenner. Wirklich Neues
tischt Sam Raimi uns hier nicht auf; der okkulte Mummenschanz ist
sehr berechenbar, der Ablauf sattsam bekannt. Trotzdem funktioniert
der Spuk recht gut, was daran liegt, daß Raimis Inszenierung
die Daumenschrauben über 98 Minuten kontinuierlich anzieht. Das
fadenscheinige Storygewand dient auch nur als narratives Grundgerüst,
um ein Feuerwerk aus Special Effects und Schreckmomenten auf den
Zuschauer abzufeuern, das sich gewaschen hat. Dabei verzichtet Raimi
weitgehend auf Splattereffekte und konzentriert sich stattdessen auf
allerhand Ekelhaftes und Geschmacksunsicheres, was sich im Vergießen
von Körperflüssigkeiten in allen Farben und Konsistenzen
äußert. Mir persönlich hätte es sicherlich
besser gemundet, wenn er sich dabei weniger auf die inflationäre
Verwendung von CGI-Spielereien verlassen hätte, aber damit muss
man heutigentags in einem Horrorfilm wohl leider rechnen. Auch hätte
ich mir gewünscht, Raimi wäre etwas länger bei den
expressionistisch angehauchten Schattenspielen geblieben, die er
anfangs einsetzt, um die Ankunft des Bösen zu versinnbildlichen
– dies empfand ich als weitaus bedrohlicher und effektiver, als die
computergenerierten Plumpheiten, die er uns später
vorsetzt.
Einige der Schockmomente funktionieren blendend und
kitzeln echtes Terror-Feeling hervor, andere sind purer Slapstick,
wie wir ihn aus dem Hause Raimi kennen.
Der Regisseur spielt die Klaviatur seiner urtypischen Raimi-Schocks rauf und runter und erweist sich dabei als sehr zitierfreudig – nur, daß er ausschließlich aus seinen eigenen Filmen klaut, was die Angelegenheit wieder sehr sympathisch macht. Bereits diverse durch die Gegend fliegende und in weit aufgesperrten Mündern landende Augäpfel erinnern an EVIL DEAD 2, während der Séance und der späteren Exhumierung der Zigeunerin, wenn Lohman dann spatenschwingend, schlammbeschmiert und von zuckenden Blitzen beleuchtet im frisch ausgehobenen Grab steht, wähnt man sich restlos an der Seite von Ash (Bruce Campbell). Ich fand das beinahe rührend: Nach seinen depperten Spiderman-Ergüssen kehrt Sam Raimi zu seinen Ursprüngen zurück – und fühlt sich sichtlich wohl dort.
Der Regisseur spielt die Klaviatur seiner urtypischen Raimi-Schocks rauf und runter und erweist sich dabei als sehr zitierfreudig – nur, daß er ausschließlich aus seinen eigenen Filmen klaut, was die Angelegenheit wieder sehr sympathisch macht. Bereits diverse durch die Gegend fliegende und in weit aufgesperrten Mündern landende Augäpfel erinnern an EVIL DEAD 2, während der Séance und der späteren Exhumierung der Zigeunerin, wenn Lohman dann spatenschwingend, schlammbeschmiert und von zuckenden Blitzen beleuchtet im frisch ausgehobenen Grab steht, wähnt man sich restlos an der Seite von Ash (Bruce Campbell). Ich fand das beinahe rührend: Nach seinen depperten Spiderman-Ergüssen kehrt Sam Raimi zu seinen Ursprüngen zurück – und fühlt sich sichtlich wohl dort.
Eine Bombe ist vor allem der nervenzerrende Soundtrack, der vor brutalen akustischen
Schockeffekten nur so strotzt. Raimi macht exzessiven Gebrauch von
traditionellen "Cattle Prods", wie sie 1978 von John Carpenter in
HALLOWEEN eingeführt wurden, um den Zuschauer/-hörer
angemessen zu verstören. Ich habe den Film mit meinem
5.1-Kopfhörer angeschaut und musste einige Momente erleben,
wonach ich mich selber von der Zimmerdecke kratzen konnte. Auf der
ohrenbetäubenden Tonspur dröhnt und quietscht und jault es,
als stünde das jüngste Gericht vor der Wohnungstür –
was es für Christine ja auch tut! Aber nicht nur die
infernalisch-atonalen Soundeffekte wissen zu begeistern, auch der
großartige Score von Christopher Young (mit manischen
Zigeunergeigen) trägt zur Gänsehautstimmung bei.
Die Hauptdarstellerin Alison Lohmann, die viel jünger aussieht, als
sie tatsächlich ist, versteht es durchaus ihre Rolle mit
Glaubwürdigkeit und Sympathie auszukleiden. Daß den
Zuschauer ihr Schicksal nicht rundum zu berühren gelingt, liegt
nicht an ihrem mangelnden Können, sondern eher an dem
altbackenen und angestaubten Drehbuch von Sam Raimi und seinem Bruder
Ivan. Etwas mehr Überraschung und Innovation wäre hier
sicherlich wünschenswert gewesen. Die Story ist letztendlich ein
(weniger einfallsreiches) Rip-Off von Stephen Kings THINNER; den
Charakteren mangelt es an Tiefe und Facettenreichtum.
Trotz der Kritikpunkte ist der Film aber den meisten der blutleeren
0815-Horrorproduktionen der jüngsten Zeit um Längen voraus.
Er bietet klassisches Gruselkino mit Komik-Einsprengseln, die aber
aufgrund ihrer herzhaften Geschmacklosigkeit an keiner Stelle nervig
sind.
Ich empfehle, Bier und Knabbermischung griffbereit zu halten: DRAG ME TO HELL ist fulminantes Popcorn-Genrekino, ein flotter Comicfilm, eine kurzweilige Geisterbahnfahrt – nicht mehr und nicht weniger.
Ich empfehle, Bier und Knabbermischung griffbereit zu halten: DRAG ME TO HELL ist fulminantes Popcorn-Genrekino, ein flotter Comicfilm, eine kurzweilige Geisterbahnfahrt – nicht mehr und nicht weniger.
- Pelle -
Rezension zu DRAG ME TO HELL von El Blappo:
Christine (Alison Lohman) arbeitet in einer überschaubaren
Bankniederlassung, sie schielt auf den momentan freien Posten des
stellvertretenden Filialleiters. Neben ihr gibt es einen weiteren
Anwärter auf den Job, ihr Chef wünscht sich daher von der
jungen Dame mehr Härte und Durchsetzungsvermögen, besonders
im Bezug auf in Engpässe geratene Kundschaft. Als eine alte Dame
um Hilfe bittet, lässt Christine die Frau auflaufen und gewährt
ihr keine Verlängerung eines Kredites. Ein schwerwiegender
Fehler, denn die Alte fällt die junge Frau regelrecht an und
belegt sie mit einem fürchterlichen Fluch. Bald geschehen
merkwürdige, erschreckende Dinge. Ein Wahrsager klärt
Christine nach und nach über den Fluch auf, drei Tage wird
Christine von einem Dämon gepeinigt werden, am Ende dieser Phase
wird er sie mit in die Hölle nehmen...
Sam Raimi verdanken wir herrliche Filme wie die "Evil Dead" (Tanz der
Teufel) Reihe, mit "Darkman" beglückte er sein
Publikum ebenfalls, doch auch Fürchterlichkeiten wie die
"Spider-Man" Gurken gehen auf seine Kappe. "Drag me to
Hell" soll so eine Art "Back to the Roots" Werk sein,
zum Teil geht diese Rechung sogar auf. Der Film startet wirklich ganz
vorzüglich, die Auseinandersetzung zwischen der Hauptfigur und
der alten "Hexe" in einer Tiefgarage macht richtig Laune!
Es wird gekeift und gegeifert, hier kommen in der Tat wohlige
Erinnerungen an "Evil Dead II" auf. Doch nach dem tollen
Auftakt wartet man vergeblich auf weitere Höchstleistungen.
Klar, es gibt immer wieder nette Einlagen und der Film versandet auch
nicht wirklich, doch Raimi kommt insgesamt nicht über eine gute,
solide Leistung hinaus. Alison Lohman macht ihren Job ordentlich. Die
junge Dame ist zwar keine Schönheit, kommt aber meist recht
knuffig daher und weckt Beschützerinstinkte. Die übrige
Besetzung fällt weder positiv noch negativ auf. Lediglich Lorna
Raver -welche die "Gegenspielerin" von Christine
verkörpert- ragt deutlich positiv heraus, ihre irre Darbietung
sorgt für Freude.
Es gelingt Raimi gut den Zuschauer
immer wieder ein wenig zu erschrecken. Man ahnt natürlich immer,
dass gleich etwas passieren wird, letztlich erwischt der Streifen
einen dann aber (fast immer) genau im richtigen Moment. Humor kommt
zum Zuge, jedoch längst nicht so ausgeprägt und wundervoll
hysterisch wie bei den "Evil Dead" Filmen. Für die
Mett-Abteilung gilt ähnliches, Raimi hält sich bei "Drag
me to Hell" eher zurück, die gebotenen Einlagen wissen aber
zu gefallen. Lediglich eine Szene -in der ein Amboss, ein Schädel
und zwei Augen die Hauptrolle spielen- ist tricktechnisch völlig
misslungen, quasi ein tiefer Griff ins Abort. Schade, denn die Idee
ist belustigend, scheitert aber an der miesen Umsetzung. Nun möchte
ich aber nicht ständig auf der "Evil Dead war doch viiiel
besser" Mähre umherreiten. Als lockere Horrorsause
funktioniert "Drag me to Hell" auf überwiegend
ansprechende Art und Weise. Man sollte nur keinen Überflieger
erwarten, dann kann man mit dem Werk seine Freude haben.
Die Blu-ray präsentiert den Film in sehr ansprechender Qualität.
Das Bonusmaterial ist nicht allzu üppig ausgefallen, bietet aber
ein paar -mehr oder weniger- nette Einblicke. Ich bin mit dem Film
zufrieden. Insgeheim hatte ich auf einen echten Knaller gehofft, doch
bei einem gut gelungenen Film möchte ich keinesfalls von einer
Enttäuschung sprechen, auch wenn "Drag me to Hell"
dann tatsächlich "lediglich gut" ist.
7/10
Lieblingszitat:
"Blutest Du?"
"Nein, das ist nur Tomatensaft!"
"Blutest Du?"
"Nein, das ist nur Tomatensaft!"
- Blap -
Die auf dieser Netzpräsenz veröffentlichten Filmbesprechungen haben rein
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sondern ausschließlich zur filmhistorischen Dokumentation.