DRACULA JAGT FRANKENSTEIN
(„Los monstruos del terror“, Spanien/ Deutschland,/Italien 1970) R: Tulio Demicheli
Paul Naschy, Karin Dor und die Knuffelmonster
Auch außerirdische Intelligenzen haben
mit alltäglichen Schwierigkeiten zu kämpfen, die Heimat einer
fremden Spezies ist dem Untergang geweiht. Daher muss Dr. Warnoff
(Michael Rennie) zur Eroberung des Planeten Erde schreiten! Man
stellt ihm mit Maleva (Karin Dor) und Kirian (Ángel del Pozo)
geeignete Helferlein zur Seite, Körper kürzlich verstorbener
Erdlinge wurden von den Invasoren übernommen. Um die lästigen
Menschen vom Planeten zu tilgen, verfolgt das Team um Warnoff einen
teuflischen Plan! Grauenvolle Unholde sollen die Menschheit
drangsalieren, Frankensteins Monster, Dracula, Mumie und Werwolf!
Seltsame Vorfälle wecken die Aufmerksamkeit der Behörden, Inspektor
Tobermann (Craig Hill) nimmt Ermittlungen auf. Gnadenlos treibt
Warnoff seine Mission voran, wer kann dem Treiben Einhalt gebieten?
Gibt es noch Hoffnung für die Menschheit? Naht unser endgültiger
Untergang …???
"Dracula jagt Frankenstein"
wirft -mehr oder weniger deutlich modifiziert- die klassischen
Universal-Monster ins Rennen. Paul Naschy spielt nicht nur den
Werwolf, welchem er seinen persönlichen Stempel namens Waldemar
Daninsky aufgedrückt hat, der Spanier zeichnet auch für Story und
Drehbuch verantwortlich. Herr Naschy verneigt sich vor den Helden
seiner Kindheit. Damit längst nicht genug, obendrauf gibt es mehrere
Liebesgeschichten, darf Michael Rennie den Mad Scientist von der
Leine lassen, bedroht eine unsichtbare Macht aus den Tiefen des
Universums die gesamte Menschheit! Das hört sich reichlich
überdreht, regelrecht irrsinnig an? Hölle und Himmel, das ist
überdreht und irre! Munter wird in den Schubladen Horror und
Science-Fiction gewildert. Während sich andere Ergüsse der späten
Sechziger/frühen Siebziger oft um mehr Blut und Geifer bemühten,
fällt "Dracula jagt Frankenstein" vor allem durch flapsige
Dialoge, als Kind seiner Zeit auf. Braver die musikalische
Untermalung, der Score setzt auf easy listening mit gemäßigten
Schwurbelauswüchsen. Gern packe ich eines meiner Lieblingswörter
aus, denn Knuffigkeit quillt im Überfluss aus jeder Sekunde des
Films hervor. Sogar als Dr. Warnoff seine Mitarbeiterin Maleva hart
bestraft, steht vor allem eine meterdicke Schicht Wohlfühlatmosphäre
im Raum.
Wenden wir uns kurz den Akteuren vor
der Kamera zu. Der englische Schauspieler Michael Rennie ist in einer
seiner letzten Rollen zu sehen, vielen Filmfreunden wird er als
Klaatu aus "Der Tag, an dem die
Erde stillstand" (The Day the Earth Stood Still, 1951) bekannt
sein, später war er in vielen Fernsehserien zu sehen. Rennie passt
aufgrund seines kantigen Erscheinungsbildes perfekt, ein
zielstrebiger Mad Scientist der gepflegten Sorte. Craig Hill ist für
die lockeren Sprüche zuständig, erobert nebenbei das Herz einer
attraktiven Dame, gewissermaßen ein vorbildlicher Beamter im Dienste
der Weltrettung. Klar, für mich ist Paul Naschy selbstverständlich
die größte Zierde. In seiner Paraderolle Waldemar Daninsky erfreute
er in zahlreichen Filmschätzchen, diesmal lässt er seine
Mitbewerber Dracula, Mumie und Frankensteins Monster ziemlich alt aus
der Wäsche glotzen. Ehrlich, was habt ihr euch bei Dracula gedacht,
der arme Manuel de Blas schrumpft zur Schießbudenfigur (passt,
immerhin wird sein Skelett einem Schausteller entwendet). Was soll‘s,
der Freude tut dies keinerlei Abbruch, auch nicht das alberne
Erscheinungsbild von Ferdinando Murolo als Frankensteins Monster
(welches hier Farancksalans Monster heißt). Gene Reyes stakst als
Mumie durch Gruften und Laboratorien, neben Waldi Werwolf das
"hübscheste" Ungetüm. Karin Dor spielt ihre stärkste
Waffe aus, kaum eine andere Dame kann so herrlich ängstlich und
panisch die Augen aufreißen! Patty Shepard und Diana Sorel sind nett
anzuschauen, Shepard als Liebchen des Inspektors, Sorel steht
Waldemar bei.
Wundertüte! Füllhorn! Vollbedienung!
"Dracula jagt Frankenstein" ist eine liebenswerte
Obskurität, eine Schöpfung überschäumender Phantasie und Mut zum
Wahnsinn. Nicht bestrebt durch Überschreitung "moralischer
Grenzen" zu provozieren, ohne Mett und Möpse taumelt der Film
seinen eigenen Tanz, saugt schamlos alte Monster- und SF-Filme an,
verbreitet jede Menge gute Laune. Alles ist möglich, nichts macht
Sinn oder beugt sich der Logik. Wen stört es da, wenn Dracula sich
mit dem zuständigen Polizisten plagt, während Waldemar mit
Frankensteins Monster rauft, aber Dracula und Frankenstein sich weder
gegenseitig jagen noch bekämpfen, letztlich löst sich sowieso alles
in Liebe auf …
Lange musste die Fangemeinde auf eine
angemessene DVD-Auswertung warten. FilmArt belohnt unsere Geduld mit
einer prächtigen Ausgabe, der Film liegt in sehr stimmungsvoller
Qualität vor, mehr "Filmlook" geht auf DVD wohl nicht.
Auch die Ausstattung erfreut das Sammlerherz, sehr empfohlen das
Vorwort von Jörg Buttgereit (garniert mit Kurzfilmen des Berliners).
Weiterhin liegt eine Sonderausgabe von Creepy Images bei, dazu eine
3D-Karte mit Covermotiv, Trailer runden das Paket ab, das Case steckt
in einem Schuber. Meine Angaben beziehen sich auf die mir vorliegende
DVD aus der Trivialfilm Kollektion, alternative Auflagen enthalten
diese Beigaben nicht! Noch ist die Luxusausgabe zu halbwegs
vernünftigen Preisen erhältlich, schlagt rasch zu! Wer weniger
ausgeben möchte/will, der kann zur Kaufversion greifen oder eine der
Hartboxausgaben wählen.
"Dracula jagt Frankenstein"
ist ein Freudenfest, ich bekomme das wohlige Grinsen nicht mehr aus
dem Gesicht. Schon ärgere ich mich mit der Zahlenwertung herum, wie
zum Teufel soll ich dieses Knuffelchen in ein verdammtes Raster
pressen? 8/10 (sehr gut) sollten als Anhaltspunkt reichen,
Wohlfühlfaktor 10/10, Repertoirewert der DVD aus der Trivialfilm
Kollektion mindestens 10/10!
Lieblingszitat:
"Also, die hatte wieder einen Mini an, da konnte man glatt das Höschen sehen!"
Blap
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