DRACULA 3D
(Frankreich/Italien/Spanien, 2012) R: Dario Argento
Ich bin ohne irgendwelche Erwartungen
an Argentos neuen Film gegangen. Mir war schon im Vorfeld bewusst,
dass man ihn wahrscheinlich nur als „Trash“ goutieren kann.
Leider ist er aber nicht mal das. Selbst die „So schlecht, dass er
wieder gut ist“- Fraktion dürfte bei diesem Machwerk an ihre
Grenzen stoßen.
DRACULA 3D ist
kaum zu ertragen, nicht einmal besoffen. Selten zuvor musste ich mich
dermaßen bemüht durch 105 Minuten quälen und litt dabei solche
Schmerzen.
Der Film beginnt mit einer miserabel
animierten „Kamera“-Fahrt durch ein CGI-Dorf, das aussieht, wie
aus einem Computerspiel der frühen 90er Jahre. Dazu passen die
amateurhaften Titeleinblendungen und das Styling der Credits (in
einem fürchterlich käsigen Gothic-Font, wie ihn
Jahrmarkt-Grufti-Combos vor dreißig Jahren verwendet haben), die
irgendwie unangenehm an den Laser Paradise-Vorspann erinnern. In
diesem Stil geht es dann weiter – mitunter habe ich mich gefragt,
ob der Film eventuell komplett am Computer generiert wurde und die
Akteure lediglich vor einer Greenscreen herumgehampelt sind. Dabei
ist diese bonbonfarbene, ohne jegliche Tiefenschärfe dargereichte
Künstlichkeit, dieses digitale Hyper-Artifizielle, so qualvoll
un-atmosphärisch und stimmungsarm, dass sich jede komplett im Studio
entstandene Hammer-Produktion dagegen wie ein Lehrstück in Sachen
Terror-Kino ausnimmt. Man betrachte dagegen beispielsweise SLEEPY
HOLLOW, der ebenfalls einen extrem künstlichen Look hat, aber
trotzdem alles richtig macht. Argentos DRACULA vollbringt das
Kunststück, zu keine Sekunde seiner zähfließenden Laufzeit so
etwas wie Gruselstimmung oder gar Spannung aufkommen zu lassen.
Ausgefeilte Drehbücher waren freilich
noch nie Argentos Stärke, was auch völlig zweitrangig war, da seine
(früheren) Filme durch ihre visuelle Rauschhaftigkeit und die
alptraumhafte Atmosphäre bestachen. DRACULA ist jedoch eine
narrative Totalkatastrophe und serviert obendrein einige der
schlechtesten und sinnlosesten Dialoge, die man seit langer Zeit
erdulden musste. Das hölzerne „Schauspiel“ sämtlicher Akteure
trägt sein Scherflein dazu bei. Eigentlich ist jeder der Darsteller
hundsmiserabel; trübes Glanzlicht ist jedoch Thomas Kretschmann, als
Fürst der Vampire die Fehlbesetzung des Jahrhunderts, eine einzige
traurige Lachnummer. Man wartet sehnsüchtig auf den Auftritt von
Rutger Hauer (der erst in der letzten halben Stunde auftaucht), aber
Hauer zieht lediglich dieselben Karten aus dem Ärmel, die ihn seit
BLADED RUNNER über Wasser halten – und hierbei nicht mal besonders
überzeugend. Erschreckend lustlos und routiniert stolpert er durch
die Szenerie.
Der Rest des Ensembles ist blass und
austauschbar. Unax Ugalde, der ungeheuer fade Darsteller des Jonathan
Harker, verschwindet nach 20 Minuten aus dem Film und spielt bis zum
Schluss keine Rolle mehr. Und was Asia Argento angeht… Obwohl ich
sie stets mochte, kann ich seit DRACULA endlich verstehen, warum
viele sie für eine saumäßige Schauspielerin halten. Zumindest
zieht sie aber blank und hat eine nackige Badeszene.
Was Argentos Filme (wie gesagt, die
früheren) immer ausgezeichnet hat, was ihm jedes noch so holprige
Skript verzeihen ließ, war seine visuelle Stärke. Doch auch davon
ist bei DRACULA nicht mehr das Geringste zu spüren. Im Gegenteil:
Mitunter sind die Bildgestaltung, die Kameraführung und die
Lichtsetzung derart amateurhaft und dilettantisch, dass man sich im
übermäßig hell ausgeleuchteten Debutfilm eines Hobbyregisseurs
wähnt.
Unbedingte Erwähnung finden müssen
natürlich auch die „Spezialeffekte“. Dafür soll angeblich
Sergio Stivaletti (und 22 weitere Fachleute!) verantwortlich
zeichnen, was man kaum glauben mag. Offensichtlich versuchte er sich
bei DRACULA erstmals an CGI, was sattsam in die Hose ging. Erneut
wird man an schlechte PC-Games der 90er gemahnt. Erinnert sich jemand
an die von Sam Raimi produzierten TV-Serien XENA und HERKULES? Die
computergenerierten Effekte bei diesem Sonntagsnachmittags-Schrott
waren um Längen besser, als bei DRACULA. Zumindest aber serviert uns
Stivaletti im letzten Drittel des Films eine derart unglaubliche What
the Fuck?-Szene, dass ich mich an meinem Bier verschluckt habe und
mich fragen musste, ob ich eine Halluzination hatte… Da ist dann
wirklich alles aus und vorbei – Kirmes im Kindergarten!
Aber nicht nur Dario ist am Tiefpunkt
seines Schaffens angelangt, auch Claudio Simonettis Glanzzeiten sind
ganz offensichtlich Vergangenheit. Das einstige GOBLIN-Mastermind
kredenzt dem Hörer eine überladene Suppe von billig-schwülstigen
Synthie-Orchestrationen, die klingen, als seien sie am Music-Maker
für Windows 2000 entstanden. Es ist nicht zu glauben, dass dies
derselbe Mann sein soll, der den Score für SUSPIRIA komponiert hat.
Zu den 3D-Effekten kann ich leider
nichts sagen, da beim Digital Screening in unserem Kino leider nur
eine 2D-Fassung gezeigt wurde.
Als endlich die Endcredits abrollten
(unterlegt mit erbärmlichem Pseudo-Hardrock), musste ich mich
ernsthaft fragen, ob Dario Argento möglicherweise senil geworden ist
oder an einer Geisteskrankheit leidet und professioneller Hilfe
bedarf. Hat er vielleicht einfach vergessen, wo man eine Kamera
wirkungsvoll platziert, wie man eine Szene effektiv ausleuchtet, was
Suspense und Horror ausmacht? Wäre es nicht vielleicht besser, wenn
er sich auf sein Altenteil zurückzöge und die Filmerei endgültig
an den Nagel hängen würde? Wie tragisch soll es noch werden??
Wie bereits erwähnt: DRACULA
funktioniert nicht einmal als Ultra-Trash, da Argento sich und sein
Filmchen viel zu bierernst nimmt. Er ist einfach nur billig, billig,
billig. Und unsäglich dumm.
Nach GIALLO dachte ich, der Boden der
Kloake sei ausgelotet. Seit DRACULA wird deutlich, dass es immer noch
eine Stufe tiefer geht.
Wer's noch deutlicher braucht:
1 von 10 Punkten (der 1 Punkt geht an Asias Titten).
Pelle
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