DEATH WALKS ON HIGH HEELS
("La Morte cammina con i tacchi alzi",Italien 1971) R: Luciano Ercoli
Die Pariser Nachtclub-Stripperin Nicole Rochard (Nieves Navarro) wird von
der Polizei unter Druck gesetzt, da ihr Vater – ein berüchtigter
Tresorknacker und Meisterdieb – ermordet wurde. In seinem Nachlass
vermutet man eine Anzahl erbeuteter Diamanten, und die Polizei geht
davon aus, daß der Mörder jenes Diebesgut suchte, was man
nun in Nicoles Besitz wähnt. Diese gibt jedoch vor von nichts zu
wissen. Wenig später wird sie von demselben Mörder (der
auffallend blaue Augen hat) heimgesucht und bedroht. Ihr Freund
Michel (Simón Andreu), der säuft wie ein Loch und sich
obendrein von ihr aushalten lässt, glaubt ihr natürlich
nicht. Gleichzeitig wird sie von dem Londoner Mediziner Dr. Robert
Mathews (Frank Wolff) hofiert. Als sie im Badezimmerschrank ihres
Freundes ein Paar blaue Kontaktlinsen findet, lässt sie sich
kurzerhand auf Dr. Mathews Umwerbung ein und bittet ihn, sie nach
England mitzunehmen. Aber der gnadenlose Verfolger gibt so leicht
nicht auf, und bald kommt es zu weiteren Morden...
Eines vorweg: Obwohl DEATH WALKS ON HIGH HEELS etliche klassische Elemente
des Giallo-Kinos enthält, handelt es sich vielmehr um eine
geschickt konstruierte Kriminalgeschichte. Und zweitens: Das Drehbuch
(von Ernesto Gastaldi) wartet mit dermaßen vielen Wendungen,
Plot-Twists und unvorhersehbaren Entwicklungen auf, daß der
Zuschauer sich schon arg konzentrieren muss, um bei der Sache zu
bleiben. Wenn man sich jedoch auf die verzwickte Handlung einlässt,
wird man mit einem hervorragenden Thriller belohnt.
Auf der Seite der Darsteller überzeugt vor allem die Navarro (aka
Susan Scott), die hier, ihrer Rolle entsprechend, extrem viel nackte
Haut zeigt. Überhaupt glänzt der Film mit etlichen
hocherotischen Momenten. (In einer Szene sitzen Wolff und Navarro am
Kaminfeuer und Nieves verspeist gegrillten Fisch, den sie sich
lüstern in den Mund stopft, sich lasziv die fettigen Finger
abschleckt und Wolff mit glutvollen Blicken verschlingt... Junge,
Junge!) Frank Wolff überzeugt ebenfalls auf ganzer Linie, vor
allem wenn man die Entwicklung seines Charakters gegen Ende des Films
bedenkt.
Eher ungewöhnlich für einen Giallo ist auch der Humor, der vor
allem von den zwei englischen Ermittlern ausgeht und niemals dümmlich
oder aufgesetzt wirkt. Meine Lieblingsszene diesbezüglich: Als
Simón Andreu sturzbetrunken an einem Tatort auftaucht, wird er
vom Chefinspektor erst mal fachgerecht ausgenüchtert. Zuerst
wird ihm gewaltsam ein brühendheißer Kaffee mit
Zitronensaft eingeflößt, dann gibt's ein paar kräftige
Watschen rechts und links und als nächstes wird er kotzen
geschickt. Der Michel reihert beherzt aus einem Fenster und göbelt
einen darunter stehenden Bobby von oben bis unten voll, der dies
stoisch über sich ergehen lässt. Ich lag fast unter der
Bank!
Ansonsten kommt die Inszenierung ziemlich gemächlich daher und ist eher
blutarm. Nur eine Mordszene wird explizit ausgespielt, dafür ist
sie aber auch äußerst sadistisch ausgefallen. Aufgrund des
komplexen Drehbuchs kann man sich den Film aber durchaus ein zweites
oder drittes Mal anschauen, ohne das Langeweile aufkommen wird. Die
Auflösung am Ende strotzt nur so vor Überraschungen und man
kommt aus dem Nach-Luft-Schnappen gar nicht mehr raus.
Das Ganze ist natürlich sehr stylisch gefilmt, und die Locations,
Kulissen und Settings sind wunderbar ausgewählt. Auch das
gesamte 70er Jahre-Flair, das man an Gialli so liebt, ist ein wahrer
Sinnesschmaus. Das Sahnehäubchen auf der Torte stellt der
fantastische Score von Stelvio Cipriani dar.
- Pelle -
Don Blappones Senf:
Nicole (Nieves Navarro) verdient ihr Geld mit freizügigen Auftritten in
den Nachtclubs von Paris. Sie ernährt nebenbei auch noch ihren
Stecher Michel (Simón Andreu), der leider ein wenig zu oft und
zu tief ins Glas schaut. Die junge Dame wird von einem seltsamen
Anrufer belästigt, der von ihr genaueres über den Verbleib
gestohlener Diamanten wissen will. Nicoles Vater hatte die Edelsteine
bei einem Einbruch erbeutet, doch der gute Mann wurde inzwischen
ermordet. Tatsächlich taucht bald ein maskierter Bursche in der
Wohnung der Stripperin auf und bedroht sie mit Nachdruck. Nicole
findet wenig später in Michels Wohnung einen eindeutigen Hinweis
darauf, dass ihr Freund der brutale Besucher ist. Da kommt der
charmante Engländer Dr. Matthews (Frank Wolff) gerade recht, er
ist ein Verehrer der sinnlichen Dame und nimmt sie kurzerhand mit auf
die britische Insel. Weil Matthews (unglücklich) verheiratet
ist, quartiert er seine Liebschaft in seinem schicken Landhaus ein,
taucht ab und zwecks eindringlichen Unterhaltungen auf. Doch der
Sadist aus Paris hat die Fährte der Stripperin längst
wieder aufgenommen, es kommt zu schrecklichen Ereignissen...
Luciano Ercoli erfreute 1970 mit dem schönen Giallo "The forbidden
Photos of a Lady above Suspicion" ( Le foto proibite di una
signora per bene). Ein Jahr später legte er mit "Death
walks on High Heels" (La morte cammina con i tacchi alti), einen
nicht minder faszinierenden Beitrag zum Genre nach. Seine
Lebensgefährtin Nieves Navarro darf nun die erste Geige
innerhalb weiblichen Besetzung spielen, die aus Andalusien stammende
Schönheit zieht hier nahezu alle Register ihrer
Verführungskunst. Die weniger bekannte Claudie Lange ist in der
Rolle der hintergangenen Ehefrau zu sehen, ihre Ähnlichkeit mit
Nieves Navorro fällt erstaunlich aus. Beide Damen liefern eine
gute Vorstellung ab, wobei die Rolle von Frau Navarro einiges mehr zu
bieten hat. Die männlichen Kollegen waren in "Forbidden
Photos" eher Eckpfeiler der Handlung, nun stehen sie weitaus
stärker im Zentrum, treiben den Film voran. Der in "Forbidden
Photos" ebenfalls mitwirkende Simón Andreu darf dieses
Mal richtig aufdrehen, während Frank Wolff sehr überzeugend
den ruhenden Gegenpol gibt. Ekelfratze Luciano Rossi kommt als
erwartungsgemäß schräger Vogel daher, ihn umgibt
immer eine leicht widerwärtige Aura, der Mann ist eine sichere
Bank für abstoßende Nebenfiguren. George Rigaud gibt als
ältlicher Captain ebenfalls Rätsel auf, hinter der sauberen
Fassade blüht die Verdorbenheit in aller Pracht. Carlo Gentili
bringt als verschrobener Polizist ein wenig Humor ins Geschehen ein,
sein Spiel nimmt die steife Art der Briten liebevoll und ansprechend
aufs Korn. Bei der Besetzung ist also alles im grünen Bereich,
doch auch in den anderen Disziplinen zeigt sich Ercolis Werk in
bester Verfassung. Die Handlung scheint zunächst recht
durchschaubar, ich war mir ziemlich früh sicher die Vorgänge
entschlüsselt zu haben, doch dann kam alles ganz anders. Der
Film verlangt nach einem aufmerksamen Zuschauer, der mit einer
gelungenen Auflösung belohnt wird. Wie schon bei "Forbidden
Photos" geht es auch in "Death walks on High Heels"
recht ruhig zu, die Handlung schreitet in angenehm gemäßigtem
Tempo vorwärts. Zwar verbrät der Film gleich zu Beginn
einen extrem gialloesken Mord, doch man sollte nun keine wüste
Orgie erwarten, den schwarzen Handschuhen und dem Messer zum Trotz.
Lediglich ein weiterer Mord ist recht drastisch in Szene gesetzt,
passt aber glücklicherweise trotzdem gut ins Gesamtbild.
Schauwerte bietet Ercoli eher in Form von Sex an, Frau Navarro darf
sich recht freizügig präsentieren. Allzu ausufernd wird es
aber auch hier nicht, zumindest drängt sich erneut der Verdacht
auf, dass Ercoli eine besonders Vorliebe für Füße
hegt.
Der sehr schöne Score von Stelvio Cipriani soll an
dieser Stelle nicht unterschlagen werden. Damit wären wir auch
bei den Anmerkungen zur DVD-Auswertung von "Death walks on High
Heels" angekommen, denn das "Luciano Ercoli Death Box Set"
enthält als Bonus eine CD mit Kompositionen von Cipriani. Neben
dieser CD und der DVD zu "Death walks on High Heels",
enthält das Set den dritten Ercoli Film "Death walks at
Midnight" (La morte accarezza a mezzanotte, 1972), in dem sich
erneut Nieves Navarro, Simón Andreu und Claudie Lange die Ehre
geben, selbst Luciano Rossi fehlt nicht. Auf den zweiten Film des
Sets werde ich zu gegebener Zeit eingehen, ich freue mich bereits auf
die Sichtung. "Death walks on High Heels" liegt in sehr
schöner Qualität vor, hier wurde wirklich sehr gute Arbeit
geleistet. Ferner enthält das Box-Set ein Booklet, sowie zwei
Postkarten mit Motiven italienischer Lobbycards. Leider ist diese
tolle Veröffentlichung seit einiger Zeit OOP, glücklicherweise
aber noch zu zivilen Preisen (um 40$) zu bekommen! In Deutschland
wurde der Film bisher noch nicht veröffentlicht, es deutet sich
auch keinerlei Verbesserung dieser Situation an. Daher rate ich zum
baldigen Kauf der Box, es lohnt sich! Der englischen Tonspur kann man
gut folgen, also nur Mut!
Mir hat der erste "Death walks..." Film sehr gut gefallen. Oft wird er höher als
"Forbidden Photos..." bewertet, doch für mich befinden
sich die Werke auf Augenhöhe. "Death walks on High Heels"
mag den ausgeklügelteren Plot bieten, ohne Zweifel sind die
Kulissen prachtvoller, doch mich spricht auch die fast
kammerspielartige Atmosphäre von "Forbidden Photos..."
sehr an. Für den zweiten Ercoli Giallo setzt es daher ebenfalls
dicke 8/10, allerdings mit steigender Tendenz. Für jeden Giallo
Freund eine klare Pflichtveranstaltung!
Lieblingszitat:
"If you don't talk, i'll kill you!"
"If you don't talk, i'll kill you!"
- Blap -
Die auf dieser Netzpräsenz veröffentlichten Filmbesprechungen haben rein
filmjournalistische Bedeutung. Das verwendete Bildmaterial dient nicht zu Werbezwecken,
sondern ausschließlich zur filmhistorischen Dokumentation.