CUJO
(USA 1983) R: Lewis Teague
Knuffelhund auf Abwegen
Die Cambers wohnen abgelegen vor den Toren der
Stadt, Familenoberhaupt Joe (Ed Lauter) betreibt auf dem Anwesen
eine kleine Autowerkstatt. Cujo, ein freundlicher Bernadiner, ist
der Hund der Familie Camber, um den sich in erster Linie Brett -Joes
John- kümmert. Eines Tages stellt der Hund einem Karnickel nach,
als dieses in eine Erdhöhle flüchtet, scheut Cujo durch sein
Nachsetzen Fledermäuse auf, die sich in ihrem Schönheitsschlaf
gestört fühlen. Ein herzhafter Fledermausbiss in den Nasenschwamm
infiziert den Hund mit Tollwut, doch niemand nimmt von der kleinen
Wunde Notiz. Die in der nahen Kleinstadt lebende Familie Trenton,
hat derweil ganz andere Sorgen. Die Ehe von Vic (Daniel Hugh Kelly)
und Donna (Dee Wallace) läuft nicht mehr rund, Donna hat ein
Verhältnis mit einem Typen namens Steve Kemp (Christopher Stone).
Tad (Danny Pintauro), der kleine Sohn der Trentons, fürchtet sich
in der Dunkelheit und wird von Albträumen heimgesucht. Donna
beendet die Affaire mit Steve, bittet ihren Mann um Verzeihung. Der
verletzte Vic begibt sich frustriert auf eine längere Dienstreise,
seine Frau muss sich selbst um die Reparatur ihres Autos kümmern,
die alte Karre raus zu Joe Camber bringen. Zusammen mit Söhnchen
Tad macht sich Donna auf den Weg, ihre Schrottkiste schafft es mit
letzter Kraft bis zur Werkstatt. Doch das Grundstück der Cambers
scheint wie ausgestorben, offenbar ist die gesamte Familie
unterwegs. Plötzlich bricht der pure Terror über Donna und ihr
Kind herein. Cujo dreht völlig durch, greift die verängstigten
Menschlein immer wieder an. Zwar bietet das Auto zunächst Schutz,
doch wer soll Donna und Tad zu Hilfe kommen? Während die
Verzweiflung im Auto wächst, setzt der wahnsinnige Hund zu neuen
Attacken an...
"Cujo" ist eine von zahlreichen
Stephen King Verfilmungen. Deren Qualität deckt bekanntlich eine
grosse Bandbreite ab, die sich von "sehr gut" bis
"miserabel" erstreckt. "Cujo" gehört
-angenehmerweise- zu den besseren King Verfilmungen, Regisseur Lewis
Teague -und seine Mitstreiter- haben gute Arbeit geleistet. Teague
war kein Neuling im Bereich "Tierhorror", denn bereits
1980 sorgte er mit "Alligator" (Der Horror-Alligator), für
einen sehr gut gelungenen Genrebeitrag. Man darf von "Cujo"
alledings keine wüste Orgie der Gewalt erwarten. Der Body Count
bleibt sehr überschaubar, die Angriffe und Kämpfe sind zwar
eindeutig, verzichten aber auf ausufernde Härten. Der Film lebt von
den sehr gut gewählten Darstellern, dem "Familiendrama-Drehbuch",
sowie der erstklassigen Kameraarbeit von Jan de Bont. Besagter Herr
de Bont, nahm später auch auf dem Regiestuhl Platz. Bereits sein
Debüt "Speed" (1994), sorgte für jede Menge Aufsehen.
Schon die Eröffnungsszene von "Cujo" ist herrlich
inszeniert und gefilmt, einerseits ist es sehr putzig anzusehen, wie
der tapsige Bernadiner das flinke Karnickel hetzt, andererseits
deutet sich bereits eine erste Bedrohung an, wenn auch zunächst
sehr subtil, unterschwellig. Kurz danach eine weitere Szene, in der
Teague und de Bont wundervolle Arbeit abliefern. Wie sehen den
kleinen Tad, wie er in seinem Zimmer das Licht ausschaltet, schnell
auf sein Bett zurennt und hineinspringt. Was sich wenig aufregend
liest, wurde optisch derartig packend und ansprechend umgesetzt,
dass man den Hut vor den Machern ziehen muss. Wer den Film
aufmerksam verfolgt, wird noch ein paar weitere Momente erhaschen,
in denen man sich Fragen nach dem Motto: "Wie haben die das
bloß hinbekommen..." stellt. Dabei verkommt "Cujo"
keinesfalls zur Technikprotzerei, der Gesamteindruck überzeugt
durch solides Handwerk, besser formuliert: Kunsthandwerk, kreatives
Kunsthandwerk.
Nun ein kurzer Blick auf die Besetzung, die
auf keinen Fall unerwähnt bleiben darf. Star des Films ist
eindeutig Dee Wallace, die noch heute sehr aktiv ist, in etlichen
Produktionen mitwirkt. 1982 spielte sie in Steven Spielbergs
Mega-Kassenschlager "E.T." eine Hauptrolle, wodurch sie
einem sehr breiten Publikum bekannt wurde. Die Mutterrolle in "Cujo"
ist ihr perfekt auf den Leib geschneidert. Ihr recht
"bodenständiges" Erscheinungsbild, lenkt nicht durch
"unnötigen" Sexappeal vom Kern der Sache ab. Sie wirkt
aber trotzdem noch attraktiv genug, um die außerehelichen
Reitstunden auf einen nachvollziehbaren Ständer zu stellen (Wie
meinen?). Die Verzweiflung und Angst wird von ihr ebenso überzeugend
rübergebracht, wie der Kampfgeist, der Wille ihr Kind um jeden
Preis zu retten. Anerkennung verdient sicher auch Danny Pintauro,
der während der Dreharbeiten erst sechs Jahre alt war. Für ein
Kind ist seine Darbietung sehr glaubwürdig, allerdings ging mir
sein Gekreische und Gekeife ab und an auf die Nerven (Was freilich
noch stärker für das Talent des Rotzlöffels spricht). Daniel Hugh
Kelly kam aus dem TV-Bereich, er liefert eine gute Leistung ab, hat
aber weniger eindrucksvolle Szenen zu spielen. Der fürsorgliche
Familienvater gibt halt nicht viel her. Besser haben mir Ed Lauter
und Christopher Stone gefallen. Lauter verfügt sowieso über eine
der markantesten Visagen des US-Kinos, er gibt den knurrigen
Autoschrauber -mit eindeutigen Tendenzen in Richtung Hinterwäldler-
absolut souverän. Christopher Stone hat ein paar sehr gute Szenen,
er zeigt als abservierter Hengst psychotische Züge. Damit wären
die relevanten Schauspieler aufgezählt, man muß dem Ensemble eine
Topleistung attestieren, alle Achtung.
Der " tierische
Bösewicht" schlägt sich nicht minder beeindruckend. Man hatte
einige Hunde während des Drehs im Einsatz, der Film offenbart die
sehr gute Arbeit, die von den fleißigen und fähigen Tiertrainern
geleistet wurde. Ausgerechnet ein Bernadiner muss als Killerköter
herhalten, wo doch keine andere Großrasse so extrem friedlich und
knuffig aus dem Fell äugt. Ganz abgesehen vom "Bergretter-Image",
dass die Rasse zumindest in Europa genießt. Vielleicht wirkt die
"Verwandlung" des liebenswerten Knuffels umso
verstörender, denn hätte man z.B. auf einen Rottweiler oder
Dobermann-Pinscher gebaut, wäre diesen sofort mit "Tierterror"
in Verbindung gebracht worden. Die Maske lässt sich auch bei den
Hunden nicht lumpen, das arme Getier wirkt im Verlauf des Films
immer zerzauster, geifert und schäumt. Aber -es kann nicht oft
genug betont werden- wir bekommen es bei "Cujo" mit einem
recht ruhigen Film zu tun. Bevor der Horror überhaupt in die Gänge
kommt, nimmt sich Teague einige Zeit, um die wichtigen Charaktere
mit Leben zu erfüllen. Für hektische Zuschauer scheint mir "Cujo"
daher kaum geeignet, sie werden spätestens nach einer halben Stunde
nörgeln oder einschlafen.
Während Lewis Teague mit seinem
"Alligator" auf der ironisch-lockeren Spur unterwegs war,
ist "Cujo" ein ernsthaftes
"Tierhorror-mit-echten-Charakteren-Drama" geworden.
"Künstlerisch" hat der Hund sicher die Nase vorn, der
Unterhaltungswert pendelt sich jedoch auf Augenhöhe ein. Würde der
Entstehungszeitpunkt der Werke nicht so nah zusammenliegen, wäre
der Vergleich sowieso kaum sinnvoll/noch sinnfreier. Die ganz grosse
Karriere blieb dem Regisseur versagt, doch er konnte z.B. mit "Navy
Seals" (1990) und "Wedlock" (1991), noch ein paar
kleinere Ausrufezeichen setzen.
Die Blu-ray aus den USA,
bietet "Cujo" in sehr schöner Qualität an (mir fiel nur
kurz ein Schwächeln der Kompression auf, doch wir wollen nicht in
Erbsenzählerei verfallen). Es existiert auch noch ein etwas
längerer "Director's Cut", der aber keine weltbewegenden
Änderungen aufweist. Der DC ist in Deutschland als DVD-Bootleg
erhältlich, ich bin allerdings mit der normalen Fassung rundum
zufrieden. Die Blu-ray hat zusätzlich die Dokumentation ""Dog
days: The Making of Cujo" an Bord, die es auf eine Spielzeit
von knapp 43 Minuten bringt. Die Sichtung lohnt sich, man erfährt
interessante Details über die Produktionsumstände.
Cujo
verbeißt sich mit Nachdruck im Herz des Tierhorrorfreundes, ergo
ziehe ich solide 7/10 (gut)
- Blap -
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