Filmclub Bali
   
 

CRAZE – DÄMON DES GRAUENS

(„Craze“, Großbritannien 1973) R: Freddie Francis

Neal Mottram (Jack Palance) handelt mit Antiquitäten, doch sein Geschäft läuft recht bescheiden. Im Keller unterhalb seines Ladenlokals, hält der verschrobene Neal immer wieder okkulte Rituale ab. Um ihn hat sich eine kleine Gruppe geschart, man betet den afrikanischen Götzen Chuku an. Eines Tages taucht ein ehemaliges Mitglied der Gruppe auf, die Frau macht Mottram schwere Vorwürfe. Es kommt zu einer handgreiflichen Auseinandersetzung, bei dem die streitlustige Dame auf dem Spiess des Götzen ihr Ende findet. Neal betrachtet den Vorfall als Opfergabe für Chuku, die Leiche entsorgt er in der Themse. Wenig später findet der Antiquitätenhändler eine stattliche Menge Goldmünzen vor, die plötzlich in einem alten Schreibtisch auftauchen. Für Neal eine Gabe von Chuku, der sich mit dem Gold für das ihm erbrachte Opfer bedankt. Wenig später reißt der Götzenanbeter die hübsche Helena (Julie Ege) auf, die ziellos durch Europa tingelt. Als er nach dem Gehoppel von Helena verlangt Chuku zu huldigen, kommt es erneut zu einer tödlichen Konfrontation, kurze Zeit später stellt sich ein weiterer Geldregen ein. Neal ist nun endgültig völlig besessen von Chuku, er giert nach mehr, will seinem Gott weitere Opfer erbringen. Selbst sein Mitarbeiter und enger Freund Ronnie (Martin Potter) kann den Wahn nicht stoppen. Längst ist die Polizei auf Mottram aufmerksam geworden, doch Detective Wilson (David Warbeck) und seinem Kollegen Wall (Michael Jayston) mangelt es an verwertbaren Beweisen. Neal Mottram geht derweil immer rücksichtsloser und irrsinniger seinen Plänen nach, sogar die eigene Verwandtschaft ist nicht vor seinem Wahn sicher...
Craze
"Craze" ist ein Kriminalfilm, dem man einen okkulten Anstrich verpasst hat. Das Vermengen unterschiedlicher Genres findet oft meinen Gefallen, doch in hier ist das Ergebnis ein wenig unrund geraten. Teils kommt mir das Treiben so vor, als wüsste der Film nicht so recht, was er denn nun eigentlich sein möchte. Durch den Titel werden entsprechende "Horror-Erwartungen" geschürt, die durch die Verpflichtung von Horrorexperte Freddie Francis untermauert werden. Francis war als Regisseur für Amicus und Hammer aktiv, doch selbst dort nicht ausschließlich im Gruselbereich tätig. Als Beispiel sei "Die tödlichen Bienen" (The Deadly Bees, 1967) genannt, der ebenfalls ein Krimimalfilm ist, welcher sich einen Horroranstrich gönnt (Allerdings ist "The Deadly Bees" ein weitaus besser gelungenes Werk, als der hier kurz vorgestellte "Craze"). Es liegt freilich weder am Filmtitel, noch am Namen des Regisseurs, dass "Craze" eine nicht ganz stimmige Sause geworden ist. Im Gegenteil, von Freddie Francis darf man durchaus sehr ansprechende Werke erwarten.
Werfen wir einen Blick auf die Besetzungsliste von "Craze", die einige bekannte Namen zu bieten hat. Die Hauptrolle wurde mit Jack Palance erstklassig besetzt. Man nimmt dem wüsten Palance jederzeit den völlig außer Kontrolle geratenen Irren ab, eine grandiose Vorstellung! David Warbeck war ein kleiner Genrestar, der in Neuseeland geborene Schauspieler war in europäischen und amerikanischen Produktionen zu sehen. Leider verstarb er bereits im Alter von nur 55 Jahren, 1997 setzte ein Krebsleiden seinem Leben ein Ende. Als "Oberbullen" sehen wir Trevor Howard, dessen markantes Gesicht nahezu jedem Filmfreund bekannt sein dürfte. Martin Potter wirkt zwischen diesen Platzhirschen fast ein wenig verloren, was ihm umso geeigneter für die Rolle des unterdrückten Freundes von Palance macht. Die Beziehung zwischen den von Palance und Potter gespielten Figuren, bietet etliche Anspielungen homosexueller Natur, für die damalige Zeit durchaus provokativ, auf jeden Fall würzig und begrüßenswert. Die Damenmannschaft bleibt auf Nebenrollen beschränkt, punktet aber durch die Bank mit sehr soliden Leistungen. Julie Ege leistet sich ein tödliches Date mit Jack Palance, die junge Dame ist auch in "Die 7 goldenen Vampire" (The legend of the 7 golden Vampires, 1974) zu sehen, einem meiner Lieblingsfilme. Nicht weniger hübsch kommt Suzy Kendall daher, die in "Torso" (I corpi presentano tracce di violenza carnale, 1973) ihre beste Rolle hatte, einem Giallo-Klassiker von Sergio Martino. In "Craze" bietet sie ihre Dienste als Liebesdame an, ein verdammt gefährlicher Job. Die größte und wichtigste Rolle der holden Weiblichkeit, wurde mit der Blondine Diana Dors besetzt. Einst als "britische Antwort auf Marilyn Monroe" vermarktet, kommt Frau Dors nun als aufgedunsenes Flittchen daher. Ihre Darbietung macht richtig Laune, man nimmt ihr die willige Schlampe zu jeder Sekunde ab. Ich fahre auf diese Vorstellung ab, danke Diana. So liest sich die Besetzungsliste nicht nur spannend, die Schauspieler überzeugen allesamt, in dieser Hinsicht ist "Craze" ein echter Volltreffer!
Obwohl das Rezept "Krimi mit Gruselelementen" nicht richtig aufgeht, ist dies nicht der Grund für die lediglich "gehobene Mittelprächtigkeit" des Streifens. Unzulänglichkeiten können durchaus Charme haben, liebenswürdig wirken. "Craze" verirrt sich jedoch zu häufig in Nebensächlichkeiten, das Tempo wird zu selten angezogen (das schreibe ich als Freund "langweiliger" Filme!), es mangelt an (zu)packender Spannung. Unbestritten hat der Film starke Szenen im Angebot. Wir steigen sofort in eine Messe zu Ehren von Chuku ein, die Atmosphäre zog mich sofort in ihren Bann. Doch wenn im Mittelteil die Vorbereitung eines Verbrechens in aller Ausführlichkeit geschildert wird, bringt dies den Film kaum voran, lässt den Motor massiv ins Stottern geraten. Schade, hätte man das Drehbuch ein wenig geschickter ausgeführt, wäre "Craze" vermutlich ein echter Knüller geworden. Die Kamera wird stellenweise sehr kreativ eingesetzt. Kameramann John Wilcox liefert herrliche Arbeit ab, ich fühlte mich immer wieder an des italienische Genrekino erinnert. Ein gutes Stichwort, denn auch die Morde muten teils fast ein wenig "gialloesk" an. Nun erwartet aber bitte keine britische Giallo-Variation, es sind lediglich ein paar Ähnlichkeiten auszumachen. Chuku ist übrigens eine Figur aus Holz, das Teil wäre eine Bereicherung für jede geschmacklose Kellerbar.
Die Schauspieler sind gut gewählt, liefern ansprechende Leistungen ab. Wenn Jack Palance explodiert bleibt kein Auge trocken, wenn Diana Dors mich nuttig anflirtet weckt dies meine niederen Begattungsgelüste (Die glücklicherweise nur noch in meinen Gedanken stattfinden). Die Atmosphäre passt, die Ausstattung gefällt, die Kamera ist zum knutschen gut. Die deutsche Synchronisation wirkt ein wenig derb, aber genau dieser Zungenschlag passt prima zu "Craze". Das Drehbuch schwächelt, die Spannung köchelt auf Sparflamme. Wäre die Konkurrenz nicht so übermächtig, gäbe es nicht so viele Eurokult-Knuffelschätzen die mir näher am Herzen liegen, würde ich über die Schwächen von "Craze" leichter hinwegsehen können. Wenn ich 6,5/10 (oberste Mittelklasse) zücke, dann kommt auch diese Bewertung von Herzen, ist weitaus mehr wert als so manche "7/10" für weniger knuffige Streifen (Die nüchtern betrachtet "besser" sein mögen).
X-Rated bietet "Craze" in unterschiedlichen Hartboxen an, mir liegt die Scheibe in einer kleinen Hartbox vor. Inzwischen existiert eine günstigere "Kaufhausversion" von KNM, die deutlich unterhalb von 10€ verschleudert wird. Die Bildqualität geht in Ordnung, ein paar kleine Boni sind an Bord. "Craze" ist kein Beitrag für Einsteiger oder Gelegenheitsglotzer. Der Film wird manchen Liebhaber erfreuen, der ein Herz für kleine Perlchen aus dem Europa der siebziger Jahre hat.
Lieblingszitat:
"Hab' auch schon was besseres zum Frühstück gesehen, als so eine halbseidene Schwuchtel."
-Blap -





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