DAS BÖSE
("Phantasm", USA 1979) R: Don Coscarelli
Die Brüder
Jody (Bill Thornbury) und Mike (Michael Baldwin) sind Waisen, die
zusammen im Haus ihrer Eltern leben. Der jüngere Mike wird von
der Befürchtung geplagt, sein großer Bruder könne ihn
verlassen, weshalb er ihn auf Schritt und Tritt verfolgt. Bei der
Beerdigung ihres Freundes Tommy beobachtet Mike einen mysteriösen
hünenhaften Mann (Angus Scrimm), der im Alleingang den Sarg in
den Leichenwagen hievt und auch sonst einen höchst verdächtigen
Eindruck macht. Auf eigene Faust stellt Mike Nachforschungen rund um
die unheimliche Leichenhalle des Morningside-Friedhofs an, wo es
nicht mit rechten Dingen zuzugehen scheint. Sein Bruder Jody glaubt
ihm zunächst nicht, wird aber überzeugt, als Mike ihm
handfeste Beweise vorlegt. Gemeinsam versuchen die Gebrüder das
Geheimnis aufzudecken und treffen dabei auf eine grauenhafte
Verschwörung. Wer ist der unheimliche "Tall Man"? Was hat es
mit den fliegenden silbernen Kugeln und den vermummten Zwergen im
Mausoleum auf sich? Und wohin verschwinden die Leichen von
Morningside?
Beim Debütfilm des damals gerade 22jährigen Don Coscarelli
handelt es sich um eine Ultra-Low Budget-Produktion, was man dem
Ergebnis auch deutlich ansieht. Die guten Nachrichten aber sind: Das
macht überhaupt nichts, denn PHANTASM ist ein rundum gelungener,
sehr atmosphärischer Gruselfilm der B-Liga mit einer morbiden,
fast surrealen Grundstimmung, die an die ureigene "Logik" von
Alpträumen erinnert. Zuschauer, die eine strikte Kohärenz
der Handlung, einen logischen Aufbau und rationale Erklärungsmodelle
erwarten, werden wenig Spaß damit haben.
Es ist
Coscarelli hoch anzurechnen, wie er aus den begrenzten Finanzmitteln,
die ihm zur Verfügung standen, ein Maximum herausgekitzelt hat.
Die Inszenierung ist dicht, die Atmosphäre packend, die
Schauspielerriege überzeugt durchweg – obwohl es sich hier
deutlich um semiprofessionelle Darsteller handelt. Obendrein punktet
der Film mit einer außergewöhnlichen und originellen
Story, die trotz ihrer Obskurität und der zahlreichen
unverknüpften losen Enden prächtig funktioniert. Man
erfährt fast nichts über die Hintergründe des
Geschehens, aber genau das macht den Reiz aus. Der wahre Horror
lauert halt im Unbewussten und Irrationalen, und diese Urängste
sind es, die Coscarelli sich geschickt zunutze macht. Einen Gutteil
zur gelungenen Stimmung trägt auch der wirklich hervorragende
Score bei, dessen eingängiges Titelthema in die Annalen der
Filmmusik einging.
In einigen
Szenen kommt auch wirklich Gruselstimmung und Gänsehaut auf, vor
allem immer dann, wenn die fiesen, zwergenhaften Kuttenträger
auftauchen. Zwerge finde ich ja fast genauso unheimlich wie Puppen
und Clowns. (Zwergenhafte Clowns-Puppen? – AAAARGH!!)
Mit dem
hageren, grimmigen "Tall Man" hat Coscarelli zudem eine
faszinierende Ikone des modernen Horrorfilms erschaffen, der dann ja
auch in drei Fortsetzungen mit von der Partie sein durfte.
Für
mich persönlich zählt der Film zu den großen
Klassikern des Horrorgenres, nicht zuletzt deshalb, da ich ihn zu
Begin meiner "Karriere" als Filmfan im Kino sah und er mich
schwer beeindruckte. Anfang der 80er zählte DAS BÖSE zu den
Standard-"Videonasties", die man sich mit den Freunden heimlich
auf dem VCR ansah, wenn die Eltern außer Hauses waren. Ein
Umstand, der auch darin begründet war, daß der Film in der
BRD mit Zensurmaßnahmen zu kämpfen hatte und beschlagnahmt
wurde. Unter heutigen Gesichtspunkten ist dieser Schritt absolut
nicht nachvollziehbar, da es kaum Blutmatsch-Schauwerte zu bestaunen
gibt. Die berüchtigte Szene, in der die silberne Kugel sich in
die Stirn eines Opfers bohrt, ist vergleichsweise harmlos, die Gewalt
spielt sich eher im Kopf (hüstel!) ab. Die drastischen
Schnittauflagen, mit denen PHANTASM hierzulande belegt wurde, lassen
sich allenfalls aus der damaligen Hysterie erklären, die man
Horrorfilmen im Allgemeinen entgegenbrachte.
Trotz
einiger (budgetbedingter) Schwächen ein unterhaltsamer, sehr
stimmungsvoller Beitrag zum Horrorkino der späten 70er/frühen
80er.
7 von 10 Zwergen in braunen Kutten!
Bis zum heutigen Tage hat der Filmfreund seine liebe Not, eine anständige
deutschsprachige Fassung des Werkes aufzufinden. Astro hat zwar eine
ungekürzte Version auf den Markt geworfen, die Bildqualität
ist jedoch eher bescheiden und die Auflage auf 2000 Einheiten
limitiert. Mir lag zur Sichtung die US-DVD von Anchor Bay vor, die
ungeschnitten ist, ein ordentliches Bildtransfer aufweist und prall
gefüllt ist mit Extras.
- Pelle -
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