BLOW OUT – DER TOD LÖSCHT ALLE SPUREN
(USA 1981) R: Brian de Palma
Die im Dunkeln hört man doch (nicht)
Jack
Terry (John Travolta) arbeitet als Tontechniker für eine Filmfirma,
deren Schwerpunkt die Produktion kleiner Horrorstreifen ist. Als er
eines Abends mit seinem Equipment unterwegs ist um Naturgeräusche
aufzunehmen, wird er Augenzeuge eines schweren Autounfalls. Ein
Fahrzeug kommt von der Strasse ab, stürzt in einen Fluss und
versinkt rasch. Schnell hat Jack den ersten Schreck überwunden, er
taucht mutig und entschlossen zum Fahrzeug hinab. Tatsächlich
gelingt es ihm -dank seines flotten Eingreifens- eine junge Frau
namens Sally (Nancy Allen) aus der Limousine retten. Für den
männlichen Insassen kommt leider jede Hilfe zu spät. Im
Krankenhaus erfährt der Tontechniker pikante Details. Bei dem im
Auto ertrunkenen Burschen, handelt es sich um den aussichtsreichen
Präsidentschaftskandidatenanwärter McRyan. Sally gehört nicht zur
Familie oder zum sonstigen Umfeld des Toten. Man redet Jack gut zu,
er möge Stillschweigen über die Vorgänge wahren, um der Familie
des Opfers Ärger und Kummer zu ersparen. Zähneknirschend stimmt
der junge Mann zu, doch seine Bandaufnahmen sprechen eine andere
Sprache. Seiner Meinung nach, wurde auf den Wagen des Politikers
geschossen, doch von solchen Vorgängen will die Polizei nichts
wissen. Interessanterweise existiert auch eine Filmaufnahme des
Unfalls, als Jack diese mit seiner Tonspur kombiniert, ist für ihn
der endgültige Beweis erbracht: McRyan fiel einem Anschlag zum
Opfer! Noch immer stößt Jack auf Unglauben, doch es soll noch viel
dicker kommen. Sally hat Jack nicht die ganze Wahrheit gesagt.
Schwerer wiegt jedoch die Gefahr, die bereits gierig im Hintergrund
lauert. Ein eiskalter und völlig skrupelloser Profikiller (John
Lithgow), arbeitet mit gnadenloser Konsequenz an der Beseitigung
sämtlicher Spuren...
Nach dem sehr guten Horrorthriller "The
Fury" (Teufelskreis Alpha, 1978), sowieso dem meisterlichen
Thriller "Dressed to kill" (1980), kam "Blow Out"
1981 als Nachfolger großartiger Werke in die Kinos. Blickt man bis
ins Jahr 1976 zurück, taucht auch noch der überragende
Horrorbeitrag "Carrie", in der eindrucksvollen
Filmographie von Brian De Palma auf. "Blow Out" hat
wahrlich keinen leichten Stand, die Schatten der vorherigen Filme
des Regisseurs, scheinen übermächtig auf den Streifen zu fallen.
Aus heutiger Sicht kommt noch erschwerend hinzu, dass 1983 der
legendäre Reißer "Scarface" über die Leinwände
flimmerte, wodurch "Blow Out" noch weiter in den
Hintergrund gedrängt wird.
Doch muss sich "Blow Out"
tatsächlich hinter seinen bekannteren Geschwistern verstecken? Ich
denke nicht, obwohl der Film nicht an die Genialität eines "Dressed
to Kill" heranreicht. De Palma spielt bekanntlich gern mit der
Erwartungshaltung des Zuschauers. In dieser Hinsicht gelingt ihm mit
der herrlichen Eröffnungssequenz, gleich ein -im doppelten Sinn-
grandioser Start in den Film. Wir sehen eine Szene, die in jedem
Slasher oder Giallo für sabbernde Verehrung sorgen würde. Ein
Killer beobachtet ein Wohnheim für Studentinnen, in dem wild
getanzt, gevögelt und masturbiert wird. Selbst die obligatorische
Duschszene darf nicht fehlen. Die Klischees werden derartig breit
und lustvoll ausgewalzt, dass der "De Palma erprobte"
Filmfreund bereits ahnt, irgendetwas führt der Schelm im Schilde,
da stimmt doch was nicht... Klar, die Szene stammt aus einem Film
des Arbeitgebers der Hauptfigur Jack Terry, man sichtet im
Vorführraum das gedrehte Material. Munter geht es mit bekannten
Ingredienzien weiter, auch Split Screen darf da selbstverständlich
nicht fehlen. Aber Vorsicht, denn die falsche Fährte, erweist sich
bald als sehr deutlicher Kontrast zur aufgebauten Erwartungshaltung.
De Palma inszenierte "Blow Out" erstaunlich bodenständig,
die Kamera kommt meist weitaus "gewöhnlicher" zum
Einsatz, als man es seinen anderen Filmen kennt. Stattdessen drängen
sich Geräusche ein wenig weiter nach vorn, doch die Ermittlungen
des Tontechnikers fallen nicht sonderlich spektakulär aus. Für
seine Verhältnisse gibt sich De Palma recht konventionell, oft
nahezu sachlich, nüchtern. Trotzdem gelingt der Aufbau einer
gelungenen Atmosphäre, obschon man auch als De Palma Verehrer
zugeben muss, dass sich die Logik ab und an wie ein glitschiger Aal
windet.
John Travolta wirkte bereits in "Carrie"
mit, blieb dort aber ein austauschbares Nebenrollengesicht. In "Blow
Out" darf er unter Beweis stellen, dass er mehr auf der Pfanne
hat, als er in peinlichen Filmchen wie "Saturday Night Fever"
und "Grease" zeigte. Die Figur Jack Terry ist
-vordergründig betrachtet- ähnlich "gewöhnlich" wie die
-für De Palma Verhältnisse- Inszenierung des Streifens. Jack Terry
ist kein strahlender Held, selbst die Rettungsaktion lässt ihn
nicht in einem solchen Licht erscheinen. Der Charakter wird durch
seine Beharrlichkeit interessant, durch das Aufbegehren gegen die
nicht greifbaren Antagonisten (Also doch ein strahlender Held? Nein,
aber überprüft es selbst). Travolta schaut ein wenig müde aus der
Wäsche, was perfekt zu seiner Rolle passt. Man kann dem damals 27
Jahre jungen Schauspieler, ein gutes Zeugnis für seine Darbietung
ausstellen. Nancy Allen war von 1979 bis 1983 mit Brian De Palma
verheiratet, sie wirkte zuvor in "Carrie" und "Dressed
to Kill" mit, konnte besonders in "Dressed to Kill"
überzeugen. In "Blow Out" sehen wir Allen als beschränkte
junge Frau, die in ein Mahlwerk gerät, in dem sie sich -ohne sich
dessen bewusst zu sein- immer tiefer und tiefer verfängt. Obwohl
der Horizont der naiven Sally arg überschaubar geraten ist, sorgt
die Figur mit ihrer Mischung aus Flittchen und Naivität für ein
Art Ankerstelle, lässt den Zuschauer nicht unberührt. Die Handlung
konzentriert sich auf die Rollen von Travolta und Allen. Lediglich
John Lithgow bekommt die Gelegenheit, ein paar starke Szenen für
sich zu beanspruchen. Die Rolle des abgebrühten, arroganten
Killers, wurde Lithgow gewissermaßen auf den Leib geschneidert.
Es mag "Blow Out" vielleicht ein wenig an
spektakulären Momenten fehlen. Doch insgesamt erfreut das Ergebnis,
das Gesamtbild ist stimmig und punktet mit liebevollen Details. So
entdeckt man in den Räumlichkeiten von Jacks Arbeitgeber, einige
Filmplakate zu knuffigen Perlchen der damaligen Zeit. Unter anderem
hängt auf dem Flur ein Plakat von "Squirm" (1976), dem
Erstling von Jeff Lieberman. Betrachtet man "Blow Out" ein
wenig losgelöst von technischen Spielereien, dann wird mit jeder
Minute der Laufzeit klarer, dass die vermeintliche Sachlichkeit eine
der Stärken des Films ist. Erst durch die sorgfältige
Vorbereitung, kommt das eindrucksvolle Finale wirklich zum Zuge,
kann sich in all seiner Bitterkeit entfalten (mehr kann ich nicht
dazu schreiben, die Spoilergefahr wäre zu groß).
Wer die
Arbeiten von Brian De Palma zu schätzen weiß, der kommt an "Blow
Out" auf keinen Fall vorbei. Sollte die deutsche DVD-Auflage
vergriffen sein, bietet sich die britische Ausgabe als Alternative
an. Die Scheiben sind identisch, ergo ist die deutsche
Synchronisation auch auf der englischen DVD zu finden. Bei einem De
Palma Film, spielt die Bildqualität der Auswertung eine
überdurchschnittlich bedeutsame Rolle. Die DVD präsentiert sich in
brauchbarer, aber nicht ganz angemessener Verfassung. Die Schärfe
schwächelt ein wenig, das Bild sieht insgesamt ein wenig zu sehr
nach "Video" denn "Film" aus. Generell wäre
eine erneute Aufbereitung der älteren De Palma Filme sehr
wünschenswert, besonders im Hinblick auf den Datenträger Blu-ray.
Da momentan keine bessere Variante zu bekommen ist, kann ich die DVD
durchaus empfehlen, denn sie ist zu fairen Kursen erhältlich (Z.B.
für schlappe 4.99€ bei play.com, Versandkosten fallen nicht an).
Gut, vielleicht sogar (fast) sehr gut. Die Bewertung in
Zahlen fällt nicht leicht, doch ich ziehe zunächst 7,5/10 (gut bis
sehr gut).
Lieblingszitat:
"Wenn ein Mann seine Hand in die Keksdose steckt, dann verdient er es, dass sie ihm abgeschnitten wird."
"Wenn ein Mann seine Hand in die Keksdose steckt, dann verdient er es, dass sie ihm abgeschnitten wird."
- Blap -
Die auf dieser Netzpräsenz veröffentlichten Filmbesprechungen haben rein
filmjournalistische Bedeutung. Das verwendete Bildmaterial dient nicht zu Werbezwecken,
sondern ausschließlich zur filmhistorischen Dokumentation.