Filmclub Bali
   
 
Nachruf mit Biss
Plakat

Christopher Lee-Nacht

am Freitag, den 10.07. um 20 Uhr im Kino Babylon

Er war Dracula, Frankenstein, Count Dooku, Saruman und Lord Summerisle. Er war Mephisto, Gevatter Tod, Dr. Fu Manchu und der Mann mit dem goldenen Colt. Er war Sherlock und Mycroft Holmes.
Mit 88 Jahren sang er in einer Heavy Metal-Band und veröffentlichte 2010 das Konzeptalbum Charlemagne: By the Sword and the Cross.
Er war Meister im Fechten, ein profilierter Opernsänger und ein begnadeter Golfer. Er beherrschte sechs Sprachen fließend, darunter Italienisch, Französisch, Deutsch und Spanisch. Er war der einzige aus dem Cast von HERR DER RINGE, der J.R.R. Tolkien persönlich gekannt hatte. Er diente bei der Royal Air Force und der nachrichtendienstlichen Spezialeinheit SOE. Er war Mitglied eines königlichen Geheimdienstes, der sich The Ministry of Ungentlemanly Warfare nannte. Während des Zweiten Weltkriegs jagte er im Auftrag des Central Registry of War Criminals and Security Suspects Nazis, bis er mit 25 Jahren beschloss, es mit der Schauspielerei zu versuchen. Seit 1946 hatte er in über 280 Filmen mitgewirkt und steht damit als Schauspieler mit den meisten Credits, also im Vor- oder Abspann erwähnten Filmrollen, im Guinness-Buch der Rekorde.
Sir Christopher Lee wurde am 27. Mai 1922 als Sohn des britischen Offiziers Geoffrey Trollope Lee und der italienischen Gräfin Estelle Marie Carandini di Sarzano in London geboren. Am 7. Juni 2015 ging er im Alter von 93 Jahren wieder von uns. Er hinterlässt ein gigantisches filmisches Erbe und eine Lücke, die niemand füllen kann. Mit unserem spontan eingefügten Juli-Doppelprogramm wollen wir dem großen, unvergesslichen Mimen einen kleinen Nachruf widmen.
Christopher Lee
Unsere erste filmische Gedenkfeier stammt aus dem Jahr 1963 und wurde vom Mario Bava in Szene gesetzt, dem italienischen Meisterregisseur, dessen wundervolle Filme seit jeher einen Ehrenplatz im Filmclub Bali einnehmen. An der Seite der schönen Daliah Lavi spielt Lee in einem formidabel gefilmten und kunstvoll ausgeleuchteten Gothic-Gruseldrama mit sadomasochistischen Elementen. Ein brodelnder Schauer-Cocktail aus Wahnsinn, unerfüllter Leidenschaft und innerer Zerrissenheit, in dem die klassischen Horrorelemente Sex und Tod eine ähnlich gelungene Symbiose eingehen wie in Riccardo Fredas berüchtigtem Nekrophilie-Thriller L’ORRIBILE SEGRETO DEL DOTTORE HICHCOCK, dessen Drehbuch ebenfalls aus der Feder von Autor Ernesto Gastaldi stammt.
„Wer nur der oberflächigen Gruselerzählung eines vermeintlich von den Toten Auferstandenen folgt und sich vielleicht über mangelnde Spannung beschwert, übersieht die Komplexität des Beziehungsgeflechtes im Schloss, die weit über einen gewöhnlichen Gothic-Horror reicht. Daliah Lavi und Christopher Lee zeigen in Bavas Meisterwerk wahre, verzehrende Leidenschaft, die doch unerfüllt bleibt. Alles andere ist nur der Rahmen.“
– Marcel Stangier auf filmtipps.at
Bei Requiem-Film Nummer Zwei handelt es sich um einen besonders bizarren Leckerbissen aus der Schund & Schmier-Küche, den Philippe Mora vordergründig als Fortsetzung von Joe Dantes Werwolfklassiker THE HOWLING aus dem Jahr 1981 inszenierte. Tatsächlich handelt es sich aber um ein vollkommen eigenständiges Experiment mit bewusstseinserweiternder Wirkung, das mit dem ersten Teil kaum noch etwas gemeinsam hat. Denn das Sequel ist ein herrlich kaputtes Trashfest mit kruden Spezialeffekten, unfreiwilliger Komik, stilechter Groschenheft-Story, drittklassigen Darstellern und schräger Musik. Und mittendrin: Christopher Lee als graue Eminenz, von dem wir leider nicht wissen, was er eigentlich von dem fertigen Produkt gehalten hat. Wem das alles nicht reicht, der bekommt paarungswillige Werwölfe in Lack & Leder, einen manisch um sich ballernden Reb Brown (EINER GEGEN DAS IMPERIUM) und obendrauf die verschwenderisch präsentierten körperlichen Vorzüge von Sybil Danning (DIE GOLDENE BANANE VON BAD PORNO).
„[Der Film] ist ein ziemlich wüstes Teil und als Horrorfilm nur mäßig erfolgreich. Aber dafür leistet Mora in anderer Hinsicht Beachtliches: Er verquickt der Exploitation-Sphäre angehörende Elemente, wie einen Christopher Lee mit modischer Sonnenbrille, einen New-Wave-Titelsong, einen um sich ballernden Reb Brown, eine in Fetischklamotten gewandete Sybil Danning, groteske Splattereffekte und viel sleazig inszenierten Sex, mit einer dem Arthouse- und Avantgarde-Kino zuzurechnenden Montagetechnik und einer traumgleich-surrealen Narration und irritiert den Betrachter damit nachhaltig.“
– Oliver Nöding auf Remember it for later





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