Nunsploitation-Nacht
am Freitag, den 12.09. um 22 Uhr im Kino Babylon
Hinter Klostermauern
Die filmische Keimzelle des Nonnengenres liegt in zwei inzwischen
klassischen Filmdramen: Robert Bressons LES ANGES DU PÉCHÉ (Engel
der Sünde, F 1943) und LA RELIGIEUSE (Die Nonne, F 1965) von Jacques
Rivette nach der gleichnamigen Erzählung von Denis Diderot.
Bressons
Geschichte einer Mörderin, die nach ihrer Entlassung aus dem
Gefängnis Zuflucht im Kloster sucht, entwirft diese hermetische Welt
des Glaubens als eine Art selbstgewähltes Gefängnis. Rivette geht
mit seinem unterkühlt gespielten und schnörkellos gefilmten
Melodrama nach dem großen antiklerikalen Roman aus dem 18.
Jahrhundert noch weiter und nimmt das Kloster als eine Metapher für
die restriktive Gesellschaft an sich. Auf Drängen ihrer Mutter wird
die junge Suzanne Simonin (Anna Karina) gezwungen, den Nonneneid
abzulegen, und das, obwohl sie immer wieder beteuert, sie sei für
dieses Leben nicht erwählt. Ihre rebellische aber ehrliche Haltung
führt zu Intrigen und Anfeindungen. Nach dem Tod der ihr
wohlgesonnenen Mutter Oberin wird sie zur Ausgestoßenen: Sie ist
unberührbar, wird in ihrer Zelle eingeschlossen, darf nicht mit den
anderen beten und verwahrlost schließlich. Mit Mühe und nach einer
entbehrungsreichen Zeit kann sie diesem Gefängnis entkommen und
gerät in scheinbar gegenteilige Verhältnisse: Unter der Aufsicht
einer sehr weltlichen, lesbischen Oberin (Lieselotte Pulver) wird sie
mit erotischen Tändeleien und Eifersüchten konfrontiert, die
wiederum einen Fluchtgedanken in ihr wecken. Die bittere Ironie des
Schicksals will es schließlich, daß sie in der „freien“ Welt
ausgerechnet in einem Bordell endet, was sie in den Selbstmord
treibt. Rivettes Film treib ein diskretes Spiel mit dem Indirekten
und schafft dennoch eine Atmosphäre aus Verblendung und Leid, daß
einige seiner Bilder durchaus als Vorlage zu die Filme Ken Russells
und Domenico Paoloellas gelten können.
Eine
weitere literarische Quelle für sadomasochistische Nonneorgien
verfaßte der Marquis de Sade höchstpersönlich mit seinem
monumentalen Werk „Justine“, in dem er an der verworfenen
Juliette und der tugendhaften Justine den Triumph des Lasters feiert.
MARQUIS DE SADE’S JUSTINE (Marquis de Sade: Justine, GB / BRD / I
1968) von Jess Franco wagte einen ersten zaghaften Versuch, sich dem
Stoff auf sehr verwässerte und letztlich harmlose Weise anzunähern.
Bemerkenswert ist die Rahmenhandlung, die Klaus Kinski als de Sade in
der Bastille beim Schreiben des Manuskripts zeigt. Eigenen Aussagen
zufolge wurde Franco die Hauptdarstellerin Romina Power (!) von der
Produktion aufgedrängt, was Francos Vorstellung sehr einschränkte.
Die gottgerechte Justine konnte ihr Leid noch nicht adäquat
entfalten. JUSTINE DE SADE (Justine - Lustschreie hinter
Klostermauern, F / I / KAN 1971) von Claude Pierson hält sich näher
an der Vorlage: Nach dem Tod ihres Vaters gehen die beiden Schwestern
Justine (Alice Arno) und Juliette getrennte Wege. Während sich
Juliette skrupellos und voll Genuß den Weg zum Erfolg „hochschläft“,
fällt Justine auf ihrem Martyrium einem Gewalttäter nach dem
anderen in die Hände: wegelagernde Banditen, notgeile Mönche und
sadistische Adlige machen ihr das Leben schwer, bis sie schließlich
von einem Blitz von ihrem Leid erlöst wird. Auch Claude Person ist
sich sehr bewußt, daß es aussichtslos ist, die Rohheiten de Sades
in Bilde umsetzen zu wollen. Er verläßt sich auf einen glatten
Softpornostil, der zumindest einige gefällige und atmosphärische
Tableaux hervorzaubert. Von Pasolinis eiskalter Sade-Adaption SALO
(Die 120 Tage von Sodom, I / F 1976), die eine Ahnung von den
destruktiven Gedankenbildern des Autors vermittelt, trennen diese
Filme Welten. Schließlich ist CRUEL PASSION (Justine, grausame
Leidenschaften, GB 1984) von Chris Boger mit Koo Stark ein
langatmiger, schlampig inszenierter und oft unfreiwillig komischer
Historiensoftporno, der nie wirklich weiß, in welche Richtung die
Inszenierung zielt. Vermutlich handelt es sich dabei um eine
Abschreibungsproduktion der Cannon-Film-Produktion, deren Logo im
Vorspann selten Gutes verheißt. Immerhin kommt es hier zu einem
Vergewaltigungsversuch an Juliette durch die Mutter Oberin. Justine
wird am Ende von Hunden zerfleischt, wobei auch hier der Bildkader
eher willkürlich pendelt und eine fast zynische Distanz zum
vermeintlich tragischen Geschehen schafft.
Spätestens
mit dem erfolgreichen Skandalfilm LA MONACA DI MONZA (Die Nonne von
Monza, I 1969) von Eriprando Visconti war schließlich der Weg
geebnet. Der Film berichtet mit den Mitteln des Kostümdramas von der
historischen Geschichte der Virginia de Leyda (Anne Heywood), die im
17. Jahrhundert zur Priorin eines Klosters wird, den Adligen Osio
(Hardy Krüger) zum Geliebten nimmt, von ihm ein Kind zur Welt bringt
und schließlich zur Strafe lebendig eingemauert wird. Diese Strafe
wurde speziell abtrünnigen religiösen Würdenträger(inne)n
zugedacht und inspirierte ebenfalls einige weitere Verfilmungen, die
ich noch erwähnen werde. Luchino Viscontis Neffe inszenierte diese
Geschichte als leuchtend buntes Melodram, wobei er die drastischen
Elemente - z.B. Virginias Vergewaltigung durch Osio - mit seinem
Stilwillen deutlich glättet. Vielmehr dienten die nur scheinbar
antikatholischen Motive nur dem Zweck, ein an sich langatmiges
Melodrama exploitativ aufzuwerten. Der Regisseur schien jedoch nicht
einmal zu ahnen, was Ken Russell mit einer vergleichsweise
prominenteren Besetzung zwei Jahre später anrichten würde. Anne
Heywood spielte ihre Rolle in den siebziger Jahren noch einmal,
bewies jedoch bereits hier tragische Präsenz.
Obwohl
sich der asiatische Raum vergleichsweise selten dem Klosterphänomen
widmet, entstand mit TOKU GAWA ONNA KEIBATSUSHI (Tokugawa - gequälte
Frauen, J 1968) von Teruo Ishii ein beachtlich stilsicher
inszenierter Beitrag des japanischen Exploitationkinos. In einer der
drei Episoden wird von lesbischer Lust und blutigen Intrigen in einem
Kloster des 17. Jahrhunderts berichtet: Die lesbische Äbtissing
beobachtet einen Mönch und eine Nonne beim Liebesspiel, stellt den
Mönch zur Rede und verführt ihn. Schließlich will sie ihn zwingen,
den Kontakt zur Geliebten abzubrechen, doch als er sich weigert läßt
sie die junge Nonne zu Tode foltern und enthauptet den Mann, um ihn
endlich für sich zu besitzen. Ishiis Film, der auch als SHOGUN’S
JOY OF TORTURE bekannt ist, ist nur ein Beispiel einer ganzen Reihe,
die sich der Untaten während des Tokugawa-Shogunats annimmt. Die
Filme dieser Reihe zeichnen sich durch eine dichte historisch
rekonstruierte Atmosphäre und außergewöhnlich überzeugend
wirkende Folterszenen aus, was ihnen oft den Vorwurf der
Gewaltpornografie einbrachte. Aus der Distanz betrachtet müssen sie
jedoch als den meisten italienischen Produktionen überlegen gelten.
Wie
einige der späteren Hexendramen basiert das aufwendige, exzentrisch
inszenierte Klosterdrama THE DEVILS (Die Teufel, GB 1970) von Ken
Russell neben Aldous Huxleys Roman „The Devils of Loudun“ („Die
Teufel von Loudun“, 1952) auf Jules Michelets semihistorischem
Bericht „La Sorcière“ („Die Hexe“, 1862), in dem nach alten
Gerichtsakten die Geschichte der besessenen Nonnen von Loudun
nachgezeichnet wurde. Michelet geht nicht nur davon aus, daß die
Geschichte der Hexenverfolgung tatsächlich die Geschichte der
Unterdrückung der Frau ist, er zeigt auch, wie sich der
ursprüngliche Naturglaube seinen Weg in die von der Außenwelt
abgeschlossenen Klosterkomplexe suchte. Langeweile und sexuelle
Frustration führten zu einer Aufgeschlossenheit für satanistische
Untriebe und zu einer sexuellen Hysterie, die die Nonnen dazu
brachte, sich den sexuellen Begierden ihrer männlichen Beichtväter
und ihrer Ordensschwestern auszuliefern. Im Jahr 1633 wurde der
Ortsgeistliche der französischen Gemeinde Loudun, Urbain Grandier
(hier dargestellt von Oliver Reed), beschuldigt, die Nonnen des
örtlichen Ursulinerinnenklosters behext zu haben: Er bereute seinen
libertinen Lebenswandel, weigerte sich aber auch unter der Folter
beharrlich, seine ketzerische Handlung zuzugeben. Im folgenden Jahr
wird er öffentlich auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Russells Film
vermittelt diese Ereignisse in Form eines bizarren Kaleidoskops,
dessen Ausstattung von dem Avantgardefilmer Derek Jarman entworfen
wurde, und konzentriert sich in seiner Fabel auf die bösartigen
Intrigen der buckligen Oberin (Vanessa Redgrave), die Grandier aus
verschmähter Liebe der Inquisition ausliefert. Eine weitere
interessante Adaption dieses Stoffes bietet der polnische Film MATKA
JOANNA OD ANIOLOW (Mutter Johanna von den Engeln, 1961) von Jerzy
Kawalerowicz, der etwas dezenter als Russell vorgeht und auf
behutsame Weise enthüllt, „wie Sexualtriebe, Schuldbewußtsein und
Sadomasochismus in engem Zusammenhang stehen mit den Begriffen von
Sünde und Dämonenaustreibung“ (Amos Vogel).
Der
mexikanische Altmeister des filmischen Surrealismus’ Luis Bunuel,
seines Zeichens Ketzer bis kurz vor seinen Tod, benutzte ebenfalls
das Nonnenmotiv in einigen seiner teils episodenhaften Filme. In LA
VOIE LACTÉE (Die Milchstraße, F 1969) z.B. läßt er einige Nonnen
eine Ordensschwester kreuzigen. Ein weiterer Surrealist, Ado Kyrou,
widmete sich mit LE MOINE (Der Mönch und die Frauen, F / I / BRD
1972) dem sakralen Thema: Hier verführt der Teufel (Nathalie Delon!)
den Abt eines Klosters, Ambrosio (Franco Nero), zu sinnlichen Akten.
Der Inquisition kann er nur durch einen Teufelspakt entgehen. Und
tatsächlich: Schließlich kürt man ihn zum höchsten Würdenträger.
Trotz der Drehbuchmitarbeit von Bunuel selbst gerät die etwas
unsichere Inszenierung ins surreale Niemandsland. Auch Pier Paolo
Pasolini widmete eine Episode von IL DECAMERON (Decameron, I / F
1971), dem ersten Teil seiner sexuell freizügigen „Trilogie des
Lebens“, dem Leben hinter Klostermauern. Bei ihm geht es natürlich
etwas vergnüglicher zu: Ein taubstummer Klostergärtner dient den
Nonnen, nachdem seine Kräfte geschwunden sind, auf etwas „andere“
Weise. Auch hier wird deutlich, welch großen Einfluß gerade dieser
Altmeister der italienischen Filmpoetik auf die
Exploitationfilmproduktion seines Landes hatte. Immerhin kreierte er
mit SALO (s.o.) den späten intellektuellen Prototyp des Lagerfilms,
ein Umstand, der ihn wenig glücklich gemacht hätte…
„Die
Blasphemie bewahrt ihre Anziehungskraft, solange Gott als würdiger
Gegner betrachtet wird. Das räumliche Nebeneinander von erotischem
Bild und Wahrzeichen der Religion schafft die üblich Spannung
schuldbewußten Vergnügens, die der Anblick des Verbotenen
hervorruft.“
--- Amos Vogel, „Film als subversive Kunst“
Nunsploitation
Es
wird kaum verwundern, daß der seinerzeit äußerst produktive
Altmeister der (S)Exploitation Jess Franco mit einem ersten Rip-Off
des Nonnenthemas aufwartete. LOS DEMONIOS (Die Nonnen von Clichy, F /
Portugal 1972), unter dem Namen Clifford Brown inszeniert, erinnert
nicht nur vom Titel her an THE DEVILS. Auf der Schwelle zur Neuzeit
trifft der Fluch einer von der Inquisition verbrannten Hexe das
Kloster von Lissy. Ihre beiden Töchter, die gerissene Katherine
(Anne Libert) und die schüchterne Margaret (Britt Nichols), leben
dort in inniger Verbundenheit. Als die Mutter Oberin (Doris Thomas)
auf Katherines Freude an der Masturbation aufmerksam wird,
beschuldigt sie die Mädchen der Hexerei - unfähig mit den eigenen
Begierden umzugehen. Katherine wird von der stellvertretenden
Inquisitorin Madame de Winter (Karin Field) ihrer fehlenden
Jungfräulichkeit überführt und gefoltert. Als Hexe soll sie
sterben, doch Madame de Winters Ehemann (Howard Vernon) verliebt sich
in sie und flieht mit ihr. Während Margaret tatsächlich mit dem
Teufel paktiert und die Mutter Oberin durch Verführung in den
Selbstmord treibt, wird das fliehende Paar von den Häschern des
Großinquisitors Jeffries (John Foster) ergriffen und erneut
gefoltert. Jeffries entpuppt sich als sexuell repressiver,
sadistischer Charakter, der sich genüßlich an den gefesselten
Marquis de Winter wendet: „Du hast die Freuden geteilt, teile jetzt
auch die Leiden mit ihr.“ Franco bemüht das beliebte Modell der
sexuellen Repression des Katholiken, die ohne Umweg in die
Destruktivität mündet: „Die Tränen einer hübschen Frau sind für
mich wie eine hübsche Melodie.“ Nachdem er Katherine mit falschen
Versprechungen verführt hat, beschließt Madame de Winter die
grausame Hinrichtung des Liebespaares im Rahmen ihres Festes.
Margaret kann sich dort einschleichen, Madame de Winter töten und
zusammen mit Marquis de Winter und ihrer Schwester fliehen. Als sie
den Marquis per Hexerei in ein Skelett verwandelt, trennt sich ihre
Schwester von ihr und denunziert sie. Margarets Hinrichtung fällt
schließlich auch Jeffries zum Opfer... Von der fast zweistündigen
Originalfassung ist hierzulande nicht viel übrig geblieben. Francos
in düsteren Bildern inszenierte Nonnenrevue ergeht sich in
langwierigen Verherrlichungen des weiblichen Körpers aus der Sicht
des unersättlichen Voyeurs. Das Drehbuch ist mit einer Ökonomie
entwickelt, die möglichst viel Raum für horizontale Betätigung
läßt, sich jedoch gleichzeitig mit einer banalen
Charaktermotivation begnügt. Im Gegensatz zu anderen Nonnenfilmen
jener Zeit begeht Franco einen ungewöhnlichen Bruch: Die Existenz
des Bösen wird nie bezweifelt; Margaret wird vom Teufel vergewaltigt
und besitzt tatsächlich Zauberkräfte. LOS DEMONIOS ist einer der
wenigen Nonnen/Hexen-Filme, die keinen Zweifel an der übernatürlichen
Natur der Ereignisse lassen und damit die humanistische Botschaft der
Vorgängerfilme, die die Umtriebe der Inquisition eher bloßstellen
wollen, untergraben. Ähnliche Beiträge gab es im Hexenjäger-Genre,
doch dazu demnächst mehr.
LE MONACHE DI SANT’ARCANGELO (Die Nonne von Verona, I 1973) von
Domenico Paolella (unter dem dem Pseudonym Paolo Dominici) ist der
erste von zwei historischen Ausstattungsfilmen dieses Regisseurs.
Paolella nimmt insofern eine besondere Position im Rahmen des
Nonnengenres ein, da es ihm gelungen ist, trotz zahlreicher - wenn
auch vergleichsweise zahmer - exploitativer Sequenzen genügend Geld
aufzutreiben, um diese Filme mühelos neben die Produktionen von
Visconti und Russell zu stellen. In ruhigen Kamerafahrten
durchstreifen seine voyeuristischen Reisen in die detailversessen
restaurierte Vergangenheit stilvoll ausgeleuchtete Sets, in denen
sich teils namhafte Darsteller den mittelalterlichen Intrigen
hingeben. In LE MONACHE spielt Anne Heywood die machthungrige,
lesbische Äbtissin Julia, die um jeden Preis Mutter Oberin des
Klosters St. Angelo in Verona werden möchte. Die ältere
Konkurrentin Mutter Lavignia wird langsam vergiftet, die jüngere
Mutter Carmela kommt in den Klosterkerker, da sie einer Affäre als
schuldig überführt wird. Zur gleichen Zeit kommt die junge Adlige
Isabella (Ornella Muti) als Novizin nach St. Angelo, da sie
einerseits von ihrem Geliebten Fernando ferngehalten werden soll, und
andererseits ihr skrupelloser Onkel Don Carlos de Rivera sie so unter
seine Kontrolle bringen will. Natürlich gelingt es allen
Beteiligten, in unbeobachteten Momenten ihren Liebschaften
nachzugehen, bis der ehrgeizige Vikar des Erzbischof eine Überprüfung
der suspekten Zustände vornimmt und ein Tribunal einleitet. Zuvor
gelingt es zwar Don Carlos, Isabella in seine Gewalt zu bringen, doch
mit einer List gelingt es ihr, zusammen mit Fernando zu entkommen.
Schließlich schlägt der Arm der Inquisition zu: Nach ausgiebiger
Folter werden die Nonnen Julia, ihre Geliebte Kiara und die unkeusche
Carmela verurteilt. Isabella wird von dem Gelübte entbunden. Während
ihre Leidensgenossinnen unmäßige Gefängnisstrafen erhalten, wird
Julia der Tod durch den Giftbecher befohlen. In einem letzten Akt der
Rebellion prangert sie ein System an, dessen Mißstände sie ebenso
zur Sünderin gemacht hätten, wie es auch der Erzbischof sei: „Ihr
könnt meinen Leib vernichten, aber meine Seele gehört Gott. Jetzt
endlich bin ich frei!“ Julias langer Gifttod unter Schrein und
Krämpfen wird in quälender Intensität vorgeführt.
Der
zweite Film, direkt im Anschluß produziert, heißt STORIA DI UNA
MONACA DI CLAUSURA (Der Nonnenspiegel, BRD / F / I 1974) und dringt
weiter in den Bereich des erotischen Films vor. Er beginnt wie sein
Vorgänger mit historischen Holzschnitten, die dem Geschehen den
Hauch des „Authentischen“, des „Verbürgten“ geben. Hier wird
die Welt des Klosters mit all ihren Versatzstücken zum sexuellen
Fetisch, vor allem der Akt des An- und Auskleidens wird zur sinnlich
betrachteten Standardsituation. Explizite sexuelle Handlungen werden
jedoch weiterhin verschlüsselt und eher indirekt (etwa über die
Tonspur) suggeriert. Erzählt wird vom Schicksal der jungen Carmela
(Eleonora Giorgi), die von ihrem erbosten Vater ins Kloster geschickt
wird, als sie statt ihres versprochenen Ehemannes einen anderen
Geliebten vorzieht. Die Novizin wird zum begehrten sexuellen Objekt
zweier lesbischer Nonnen, der zärtlichen Oberin (Catherine Spaak)
und der hintertriebenen, frivolen Elisabetha. Letztere ermöglicht
Carmela ein Rendezvous mit ihrem Geliebten, um deren Gunst zu
gewinnen. Als Carmela Elisabetha jedoch verdeutlicht, daß sie
keinerlei Begehren für sie empfindet, entfesselt diese eine Intrige,
der Carmelas Geliebter zum Opfer fällt. Statt sich jedoch vor Gram
zu töten, wie sie zunächst androht, bringt Carmela dessen Kind zur
Welt. Als die Inquisition auf ihren Plan tritt, verteidigen die
Nonnen ihre Gefährtin, indem sie alle behaupten, die Mutter zu sein.
Carmela - nun tatsächlich zu Gottes Dienerin gereift - gelingt
schließlich die Flucht in die Freiheit, doch eine erbarmungslose
Schlußtafel informiert, daß sie bereits ein Jahr später der Pest
zu Opfer fallen würde. Unter den exploitativen Nonnenfilmen nimmt
STORIA einen eher versöhnlichen Rang ein, hält sich sogar mit
antiklerikaler Polemik weitgehend zurück. Eine Glaubenskrise findet
nicht statt, alle Konflikte werden ins Reich privater Obsessionen
projiziert. Beide Filme von Paolella üben auch heute noch angesichts
ihrer geradlinigen, glatten Inszenierung und soliden Besetzung einen
gewissen Reiz aus, baden jedoch bei näherer Betrachtung ähnlich wie
Eriprando Viscontis Vorgänger letztlich in Kitsch und
Schlüpfrigkeiten. Selbst bei den Folterszenen gelingt es Paolella,
der Atmosphäre einen gepflegten Gothic-Charme abzugewinnen. Einige
der trennscharf ausgeleuchteten, fast surrealen Sets mit ihren
erlesenen Sepia-Farben werden bleiben…
Gerade
FLAVIA LA MONACA MUSSULMANA (Castigata, die Gezüchtigte / Nonnen bis
aufs Blut gequält / Nonnen - lebendig gehäutet, I 1974) von Flavio
Mingozzi unter die Exploitationfilme einzureihen, mutet rückblickend
etwas ungerecht an. Mingozzi war ursprünglich engagierter
Dokumentarfilmer und verbindet offensichtlich auch mit der
Nonnenthematik seines ersten großen Spielfilms ein deutliches
politisches Bewußtsein. FLAVIA ist der formal rauhste und inhaltlich
radikalste Film seiner Art: Mit seinen körnigen, monochromen
Montagefolgen anstrengender Nahaufnahmen - tatsächlich erzählt er
viel über die Gesichter seiner Protagonisten - steht er eher in der
Tradition der Ethnodramen Pier Paolo Pasolinis (MEDEA) und des neuen
Surrealisten Fernando Arabal (VIVA LA MUERTE), von denen er auch die
schockierende Konfrontationsästhetik seiner Schlüsselszenen
übernimmt. FLAVIA spielt im italienischen 15. Jahrhundert: Die
Muselmanen überfallen die Küstenstadt Otranto und metzeln dort über
800 Menschen nieder. Das Ereignis ist als das „Martyrium der 800
von Otranto“ bekannt. Erzählt wird aus der Sicht der
unfreiwilligen Nonne Flavia (Florinda Bolkan), die von ihrem Vater,
dem Inquisitor Don Diego, ins Kloster gezwungen wurde. Rebellisch
hinterfragt sie permanent die Werte, die ihr dort vermittelt werden:
Warum soll Gott ein Mann sein? Mehrfach halluziniert sie, daß ein
Wandgemälde lebendig wird: Ein Muselmane, den ihr Vater einst vor
ihren Augen enthauptet hatte, lockt sie zu sich. Mehr und mehr
identifiziert sie sich mit Lilith, Adams verstoßener erster Frau.
Agatha, eine ältere und vermutlich lesbische Nonne, übt durch lange
Gespräche Einfluß auf sie. Sie sagt, die Nonnen könnten im Kloster
an Macht gewinnen, da sie dort vor deren Zugriff sicher seien. Der
Irrtum dieser Annahme wird Flavia wenig später deutlich. Ein Scherge
ihres Vaters vergewaltigt eine der Nonnen in einem Schweinestall.
Statt den Schuldigen zu bestrafen, wird die „zügellose“ junge
Frau mit Blei und Zangen zu Tode gefoltert. Flavia flieht zusammen
mit Abraham, einem jüdischen Freund, doch die Häscher ihres Vaters
holen beide zurück und peitschen sie. Einige Zeit später kommen
Schiffe im Hafen an, die die Schwarze Madonna mit sich führen. Zu
spät erkennen die Einwohner von Otranto, daß es sich um ein
Täuschungsmanöver der Muselmanen handelt.
Als der Überfall
beginnt, solidarisiert sich Flavia mit dem Anführer, in dem sie die
Vision aus ihrem Wandgemälde zu erkennen glaubt. Nach einer
Liebesnacht beschließt sie einen Plan, um die Nonnen zu retten. Sie
setzt die Frauen und die Soldaten unter Drogen, auf daß sie sich in
einer wilden Orgie ausleben. Doch die einfache Philosophie „Sex
statt Krieg“ geht nicht auf: Am nächsten Morgen sind alle Frauen
brutal massakriert worden. Flavia legt desillusioniert die feindliche
Rüstung an und hilft bei der Exekution ihres Vaters mit den Worten:
„Jetzt bezahlst Du dafür, daß Du mich in eine von Männern
dominierte Welt gesetzt hast.“ Der fremde Heerführer macht sie zu
seiner Haremsfrau, was in Flavia Erinnerungen an ihre Eingliederung
in den Konvent weckt. Als die Muselmanen abziehen, bleibt sie in den
Händen der überlebenden katholischen Soldaten zurück. Am Strand
wird sie rituell entkleidet und lebendig gehäutet. Immer wieder wird
betont, dieser Film ertränke seine feministischen Ambitionen in
einem Meer von Blut und Sperma, ich würde FLAVIA jedoch als einen
bewußt ambivalenten, streckenweise delirierenden Film beschreiben,
dessen Überdeutlichkeit gerade keinen kathartischen Charakter hat.
Die Folterung der jungen Nonne, der die Brustwarze abgeschnitten
wird, die spätere Orgie zu Füßen der bereits gekreuzigten Frauen,
die nackte Nonne, die sich in den Bauch einer ausgeweideten
Rinderleiche zurückzieht...all das sind Bilde ohne befreienden
Charakter. Auch Florinda Bolkans oft fassungslos starrender Blick
wirkt nach: All ihre Bemühungen müssen an einer durchweg
korrumpierten, vom Machismo dominierten Welt scheitern. Die erhoffte
Liebe kann sie nicht finden, so bleibt der schmerzerfüllt Schrei bei
ihrer Hinrichtung - auch dies deutlich ins Bild gerückt - die
einzige und letzte extrovertierte Gefühlsäußerung. FLAVIA ist ein
bitteres, schwer verdauliches Dokument humanen Scheiterns.
LIEBESBRIEFE EINER PORTUGISISCHEN NONNE (BRD 1976) von Jess Franco basiert
wiederum auf einer literarischen Vorlage, den gleichnamigen Briefen
der Schwester Mariana Alcoforado (1640-1723). Kurz davor hatte
übrigens der spanische Horrorfilmspezialist Jordi (= Jorge) Grau
eine Version des selben Stoffes mit Lina Romay in einer Nebenrolle
inszeniert. Francos Version zumindest ist ein für seine Verhältnisse
sehr gepflegt inszenierter, fast atmosphärischer Film, mit
gleitender Ruhe von Peter Baumgartner gefilmt und mit
einschmeichelnder Musik unterlegt. Erzählt wird - nicht sehr nah an
der Vorlage - von dem jungen Mädchen Marie (Susan Hemingway), das
von dem dubiosen Pater Vinzenz (William Berger) ins Kloster geschafft
wird, angeblich, um sie vor den drohenden Sünden zu bewahren. Die
alte, charakterschwache Mutter gibt ihr Geld und den Segen noch dazu.
Die Mutter Oberin, die eine eindeutig sexuelle Zuneigung zu Marie
faßt, entpuppt sich als Hohepriesterin eines Satanskultes, den sie
zusammen mit Vinzenz im Kloster praktiziert. Das unschuldige Mädchen
wird schweren körperlichen Strafen unterzogen und schließlich zur
potentiellen Mutter eines satanischen Kindes erkoren, das Vinzenz,
der „Stellvertreter“, mit ihr zeugen will. Maries Flucht führt
sie erneut in die Hände der Oberin, die das ungehorsame Mädchen der
Inquisition ausliefert. Auf ihre Hinrichtung wartend schreibt Marie
einen Brief an Gott und wirft ihn aus ihrem Verlies. Der
portugiesische Regent, der ihn findet, schreitet im letzten Moment
zur Tat. Marie wird leben. Francos dritter Beitrag zum Nonnengenre
bietet einen gepflegten, visuell geschönten Sadismus, der Maries
Tortur als morbid-erotisches Ereignis verkaufen möchte. LIEBESBRIEFE
bestätigt nicht zuletzt durch seine stilistische Glätte alle
Vorurteile gegen diese Spielart: Er präsentiert das Martyrium als
gruseligen Erotizismus, wobei er den kirchenkritischen Gestus
schützend vor sich hält - anders als der launische LOS DEMONIOS.
Einmal mehr ist es die vielbeschworene sexuelle Repression, die für
die Untaten der Klosterleute verantwortlich gemacht wird, von je her
das simpelste narrative Alibi für sadistische Ausschreitungen im
Film.
CARTAS DE AMOR DE UNA MONJA (1976) von Jordi Grau unterscheidet sich radikal
von Francos zwar stilvoller aber typisch exploitativer Aufarbeitung.
Es war wohl die Idee des Produzenten Erwin C. Dietrich, die
literarische Quelle lediglich als vagen Stichwortgeber zu nutzen.
Graus Film dagegen bemüht sich um eine sehr genaue Rekonstruktion
des Klosteralltags um 1640. Er erzählt von den seelischen Qualen der
Entbehrung, die die Protagonistin Madre Marianna de la Cruz (Analia
Gade) - hier weit älter als in Francos Version - auf sehr
unterschiedliche Weise zu kompensieren versucht. Nachdem sie die
sexuellen Avancen der Novizin Maria (Lina Romay) abgewehrt hat, läßt
sie sich mit einem Priester ein. Die Erlebnisse, Wünsche und Träume
verarbeitet sie in imaginären Briefen an Gott. Zum tragischen Schluß
wird sie bei einem Vergewaltigungsversuch durch den korrupten Don
Rojas schwer mit einem Messer verletzt und stirbt. Graus
stimmungsvolle, schattenreiche Bildgestaltung und das an historischer
Musik orientierte Leitmotiv geben dem Film einem schicksalsschweren
und in ihrer Elegie fast meditativen Charakter. Durch das langsame
Erzähltempo und minimal eingesetzte Affektmomente entzieht sich
Graus Film elegant dem exploitativen Bereich, hat aber außer einem
langen Atem oft wenig zu bieten.
Etwas
komplexer ist der fröhlich-frivole INTERNO DI UN CONVENTO
(Unmoralische Novizinnen, I 1977) von Walerian Borowczyk, der nach
Motiven aus „Promenades Romanes“ von Stendhal entstand.
Borowczyks Ruf als stilvoller
Sexfilmer basierte damals vor allem auf dem Erfolg von CONTES IMMORAUX (Unmoralische Geschichten, F 1973), einem Episodenfilm, der teilweise die Mixtur aus Softcore-Erotik und Kostümdrama vorwegnahm. In INTERNO beschreibt er - wie der Titel bereits vorgibt - den Alltag einiger junger Nonnen, die in ihrem Kloster unter der Vorherrschaft einer gealterter Mutter Oberin (Gabriella Giacobbe) zu leiden haben. Wie in seiner vorangehenden Filmen schildert der Regisseur die Kraft der Sexualität als eine trotz massiver Restriktionen immer wiederkehrende, nach Veräußerlichung drängende Energie. Die jungen Nonnen nutzen jede Chance auf Zerstreuung, musizieren, tanzen und tauschen lesbische Zärtlichkeiten aus, immer vom wütenden Eingreifen der Oberin bedroht. Der Film hat einige Mühe, die kurzen Episoden in eine durchaus vorhandene stringente Handlung einzubinden und schaffte es unglücklicherweise nie, eine Spannungskurve aufzubauen. Neben den Bemühungen der Oberin, zusammen mit Vater Luigi dem libertinen Treiben Einhalt zu gebieten, bemüht sich der Film, die Heuchelei des Klostersystems zu pointieren: In einem abgelegenen Gebäudeteil wird eine schwangere Nonne versteckt gehalten. Borowczyks meist handgehaltene, unruhige Kamera pendelt und kreist um die masturbierenden Nonnen, fängt hier eine entblößte Brust, dort für Momente sichtbare Schamlippen ein, um auch vor schockierenden Details keinen Halt zu machen: Als die Oberin sie überrascht, spült eine der Nonnen das Blut von ihrem selbstgeschnitzten Holzdildo. Borowczyk nutzt jede Chance, restriktive Sexualmoral und die Falschheit christlicher Konvente gleichermaßen bloßzustellen. Niemand hat je festgestellt wie nah er dabei Tinto Brass’ etwas unausgegorenen politischen Bemühungen steht. Das inquisitorische Moment ist hier allenfalls latent vorhanden - verkörpert durch die ewig lauernde, spionierende Mutter Oberin -, dennoch kann INTERNO DI UN CONVENTO angesichts seiner ambitionierten visuellen Poesie als einer der stilistisch geschlossensten Nunsploitationfilme gewertet werden.
Sexfilmer basierte damals vor allem auf dem Erfolg von CONTES IMMORAUX (Unmoralische Geschichten, F 1973), einem Episodenfilm, der teilweise die Mixtur aus Softcore-Erotik und Kostümdrama vorwegnahm. In INTERNO beschreibt er - wie der Titel bereits vorgibt - den Alltag einiger junger Nonnen, die in ihrem Kloster unter der Vorherrschaft einer gealterter Mutter Oberin (Gabriella Giacobbe) zu leiden haben. Wie in seiner vorangehenden Filmen schildert der Regisseur die Kraft der Sexualität als eine trotz massiver Restriktionen immer wiederkehrende, nach Veräußerlichung drängende Energie. Die jungen Nonnen nutzen jede Chance auf Zerstreuung, musizieren, tanzen und tauschen lesbische Zärtlichkeiten aus, immer vom wütenden Eingreifen der Oberin bedroht. Der Film hat einige Mühe, die kurzen Episoden in eine durchaus vorhandene stringente Handlung einzubinden und schaffte es unglücklicherweise nie, eine Spannungskurve aufzubauen. Neben den Bemühungen der Oberin, zusammen mit Vater Luigi dem libertinen Treiben Einhalt zu gebieten, bemüht sich der Film, die Heuchelei des Klostersystems zu pointieren: In einem abgelegenen Gebäudeteil wird eine schwangere Nonne versteckt gehalten. Borowczyks meist handgehaltene, unruhige Kamera pendelt und kreist um die masturbierenden Nonnen, fängt hier eine entblößte Brust, dort für Momente sichtbare Schamlippen ein, um auch vor schockierenden Details keinen Halt zu machen: Als die Oberin sie überrascht, spült eine der Nonnen das Blut von ihrem selbstgeschnitzten Holzdildo. Borowczyk nutzt jede Chance, restriktive Sexualmoral und die Falschheit christlicher Konvente gleichermaßen bloßzustellen. Niemand hat je festgestellt wie nah er dabei Tinto Brass’ etwas unausgegorenen politischen Bemühungen steht. Das inquisitorische Moment ist hier allenfalls latent vorhanden - verkörpert durch die ewig lauernde, spionierende Mutter Oberin -, dennoch kann INTERNO DI UN CONVENTO angesichts seiner ambitionierten visuellen Poesie als einer der stilistisch geschlossensten Nunsploitationfilme gewertet werden.
Wie viele Exploitationfilmreihen näherte sich auch der Nonnenkomplex mit
den ausgehenden siebziger Jahren seinem Ende. Der lesbische Sexfilm
SUORE EMMANUELLE (Die Nonne und das Biest, I 1978) mit Laura Gemser
(natürlich als Emmanuelle), von Giuseppe Vari unter dem Namen Joseph
Warren inszeniert, kann als bescheidener Nachtrag verstanden werden.
SUOR OMICIDI (Geständnis einer Nonne, I 1978) von Giulio Berruti
andererseits beschäftigt sich in Form eines zeitgenössischen
Psychothrillers mit einer psychopathischen Killernonne; auch hier
kommt es zu sexploitativen und grausamen Momenten, doch sowohl
Intention als auch Inszenierung haben mit dem historischen
Nonnendrama nichts zu tun. Lediglich der Flirt mit der Blasphemie hat
seinen Reiz offenbar noch nicht verloren - vor allem im katholischen
Italien.
“The nun is a troubling figure, because she wields much emotional power
without any tangible authority. She cannot bless the Eucharist or
hear confession, but she can make You feel damned for all eternity.
She is the bride of Christ but bears no fruit. It is with these
dichotomies that these films wrestle.”
--- Sabrina Fontaine Kaleta, „Holy Disorder“
Das letzte Wort
Die
achtziger Jahre sind von den letzten Versuchen der italienischen
Filmindustrie geprägt, noch einmal an die lukrative Geldquelle, die
der Exploitationfilm darstellte, anzuknüpfen. Remakes,
Wiederholungen und oft unsinnige Variationen waren an der
Tagesordnung. In diese Wiederbelebungskategorie fällt etwa das Werk
eines Regisseurs, der noch heute - allerdings im Bereich des
Pornofilms - immer wieder dieselben bekannten Szenarien verarbeitet:
IMMAGINI DI UN CONVENTO (I 1979) von Aristide Massaccesi, d.i. Joe
D’Amato. Obwohl Massaccesi durch seine vielseitige Funktion als
Regisseur, Autor und Kameramann eine niedere Form des Autorenfilms
vertritt, läßt sich gerade in den letzten Jahren immer weniger zu
seiner eventuellen Ehrenrettung sagen. In diesem DEVILS-Nachzieher
geht es um ein Kloster, dessen Nonnen von einer dämonischen Statue
besessen sind. Genug Vorwand also für zügellose Orgien, bis ein
Priester durch Exorzismus der Statue die Nonnen von ihrem libertinen
Geist befreien kann. Wie noch in den meisten seiner Filme der
siebziger Jahre hat auch dieser Film D’Amatos Sequenzen, die ihn
als ähnlich besessen und fetischistisch wie Jess Franco erscheinen
lassen und dem Film durchaus einen erotischen Charme verleihen, eine
Tendenz, die vor allem in den letzten zehn Jahren aus seinen Filmen
völlig verschwunden ist. Mit dem expliziten Sex seiner letzten
Pornos ist jede gestalterische Originaltät überflüssig geworden;
Erotik wird nicht mehr beschworen, sie wird erzwungen.
Zwei
Jahre später widmete sich der durchaus ähnlich uninspirierte
Sleaze-Filmer Bruno Mattei unter dem Pseudonym Stefan Oblowsky
zweimal dem Nonnengenre. Sein erster Beitrag ist LA VERA STORIA DELLA
MONACA DI MONZA (Das süße Leben der Nonne von Monza, I 1981), eine
im besten Falle pragmatisch zu nennende Softcore-Version dieses
Stoffes. Der deutsche Titel mutet eher zynisch an, läßt er doch
eine Komödie dahinter vermuten, doch Mattei steht der Sinn nach
Nacktszenen, simuliertem Sex, Demütigungen und Auspeitschungen. Die
junge Adlige Virginia (Zora Kerowa) wird auf Geheiß ihres Vaters ins
Kloster gebracht. Nach einigen Demütigungen durch die Oberin kann
sie jedoch überraschend ihre Position sichern: Ihr Vater stirbt und
sie wird selbst zur Mutter Oberin, zur „Nonne von Monza“. Ein
junger Adliger, Osio, wird auf sie aufmerksam und versucht, sie mit
Hilfe des Priesters Don Arrigone (Mario Cutini) zu verführen. Das
wird durch ihre lüsternen Phantasien zunächst begünstigt, dennoch
wird sie von ihrem Verehrer schließlich im Chorgestühl
vergewaltigt. Dieses grobe Handlungsgerüst liefert den Vorwand für
reißerische Episoden, die von Mattei mit plumper Hand und
voyeuristisch schwenkender Kamera in Szene gesetzt werden. Zu Beginn
sieht man die Pferdekopulation aus Borowczyks LA BETE, grob in das
neue Material integriert, dann kommt es zu einer Karnevalsorgie mit
viel simuliertem Gebalge und Gestöhne, bis der Priester, der sich
als Luzifer verkleidet hat, zum Tableau ruft: Alle Orgienteinehmer
sollen sich auf der Festtafel vergnügen, was plötzlich zu einer
erstaunlichen Ideenlosigkeit unter den Beteiligten führt. Eine
ältere Schwester wird mit Knochenkrebs in eine Kellerzelle
abgeschoben, wo sie sehr bald von Ratten vertilgt wird. Zu den
amüsanten Szenen gehört die Sequenz, in der ein noch immer
satanisch gekleideter Priester Virginias Beichte abnimmt, um sie
danach sexuell zu belästigen. Nachdem sich Virginia auf eine Liaison
mit ihrem Vergewaltiger (!) Osio eingelassen hat und wenig später
schwanger ist, stürzt die Dramaturgie des Films ab. Laster und
Fröhlichkeit halten Einzug ins Kloster von Monza: Eine Viererorgie
läßt die verklemmte Triole aus John MacNaughtons WILD THINGS vor
Neid erblassen. Als Virginia ein totes Baby zur Welt bringt, nimmt
das Geschehen unweigerlich einen düsteren Verlauf. Osio nimmt sich
mit der Novizin Margherita eine neue Geliebte, und Virginia entsagt
seiner Liebe. Osio beugt dem Verrat durch Margherita vor, indem er
sie erschlägt, doch das System ist bereits in der Auflösung
begriffen: Die Inquisition tritt auf ihren Plan. In einem spontanen
Tribunal wird das Verbrechen aufgedeckt, Osio zum Tode verurteilt,
Arrigone zu zwei Jahren Kerker verdammt und Virginia wird lebendig
eingemauert. Wie Matteis KZ 9 - LAGER DI STERMINO (1976) kann man
auch diesem Film einige atmosphärisch dichte Momente nicht
absprechen, letztlich vereinigt auch er sämtliche Vorurteile.
Ähnliches gilt für den Killernonnen-Horrofilm L’ALTRO INFERNO (I
1981), den er gleich im Anschluß inszenierte.
Auch
Luciano Odorisio widmete sich dem klassischen Motiv der
vergewaltigten und eingemauerten Nonne von Monza in LA MONACA DI
MONZA (The Devils of Monza, 1986), eine erstaunlich anachronistische
Aufbereitung mit der bezaubernden Myriem Roussel in der Titelrolle,
die in der drastisch-sexistisch inszenierten Vergewaltigungssequenz
durch Osio deutlich an die Sexploitation der siebziger Jahre
anschließt.
Eine
letzte Erinnerung an Domenico Paolellas Ausstattungsdramen wird in
STEALING HEAVEN (Zeit der Dunkelheit, GB / Jugoslawien 1987), von
Clive Donner nach einem melodramatischen Roman von Marion Meade
inszeniert, wach. Im 12. Jahrhundert lernt der gelehrte Prediger
Abelard (Derek de Lint) in Paris die junge Heloise (Kim Thompson)
kennen und lieben. Lange können sie ihr Verhältnis geheim halten,
doch schließlich wird Abelard überführt, kastriert und in ein
Kloster gebracht. Jahre kann er nur brieflich mit seiner Geliebten
kommunizieren, bis er sie später - zu spät - wiedertrifft. Wie
Paolellas Filme bleibt Donners Film trotzt dichter Atmosphäre im
trivialen Bereich, was u.a. dazu führte, daß ihn der Verleih als
Fortsetzung von STORIA DI UNA MONACA DI CLAUSURA ausgab.
Zwei
qualitativ sehr unterschiedliche Nonnenhorrorfilme läuteten die
Neunziger Jahre ein. DEMONIA (I 1990) von Lucio Fulci reiht sich
nahtlos in dessen oft unfreiwillig komisches Spätwerk ein. In dieser
unbeholfenen Gothic-Fantasy mit Splattereinlagen geht es um den Fluch
einiger im Mittelalter gekreuzigter Nonnen in einer kleinen
sizilianischen Gemeinde. Die englisch-russische Koproduktion DARK
WATERS (GB / Rußland 1993), der Debütfilm von Mariano Baino,
hingegen entwickelt seine okkulte Fabel wesentlich stilsicherer und
schließt in seinen finsteren Momenten nahtlos an Michele Soavis
Gothic-Chiller LA CHIESA (The Church, Italien 1990) an. Die junge
Frau, die hier auf der Suche nach den Geheimnissen der Vergangenheit
feststellt, daß sie selbst zu den Wächterinnen am Tor zur Hölle
gehört - und schon immer gehörte - sieht sich mit einer Reihe
unheimlicher, skrupellos mordender Kirchenschwestern konfrontiert,
die von Ferne die Schatten der intriganten Siebziger-Jahre-Nonnen
tragen. Doch strenggenommen erzählt der junge Regisseur hier eher
THE SENTIEL (Hexensabbat, USA 1977) von Michael Winner mit den
Mitteln Dario Argentos neu.
In
den achtziger Jahren fand die Nunsploitation - abgesehen von einigen
Nachziehern - ein vorhersehbares Ende. Die große Zeit des
Aufbegehrens war vorbei, die mediterrane Filmwirtschaft zu Boden
gewirtschaftet. Amerikanische A- und B-Produktionen beherrschten
Kino- und Videolandschaft. Lediglich im pornografischen Film
rekurrieren Regisseure immer wieder auf das längst enttabuisierte
Klosterthema, jedoch lediglich, um dem ausgemolkenen Rein-raus-Spiel
eine neue pittoreske Spielwiese zu ermöglichen. Vorbei ist die
Rebellion im weißen Schleier... auch wenn die Klagen der
Gezüchtigten nie verhallen werden…
Auszüge aus dem Essay „Inquisition“ von Marcus Stiglegger © Splatting Image/:Ikonen:-Magazin
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