2.Italo Western-Nacht
am Freitag,den 15.02. um 23 Uhr im Kino Babylon
Der
letzte Ausflug unseres furchtlosen Filmclubs in den blutverkrusteten
Staub von Almeria ist nunmehr schon skandalöse vier Jahre her. Im
sengend heißen Juli 2009 feierten wir unsere
1. Italo Western-Nacht
im BALI und zeigten ausgewählte Meilensteine des Genres. Jetzt, wo
Meta-Fanboy und Wunderkind-Regisseur Quentin Tarantinos
Spaghettiwestern-Hommage DJANGO UNCHAINED mit großem Erfolg in den
Kinos angelaufen ist, scheint die Pferdeoper aus dem Stiefelland
wieder in aller Munde zu sein. Plötzlich sprechen Menschen altklug
vom Italowestern, die vor drei Monaten noch verächtlich mit den
Schultern gezuckt hätten, wenn man sie nach Filmen wie DER TOD RITT
DIENSTAGS (1967) oder SEINE KUGELN PFEIFEN DAS TODESLIED (1969)
gefragt hätte. Wildwest-Kintopp aus Cinecittà, das größtenteils
preisgünstig in der spanischen Westernstadt Almeria
heruntergekurbelt wurde, belächelte man abfällig und gestand ihm
allenfalls einen gewissen Kultstatus unter Freaks und Nerds zu. Die
sogenannte „seriöse“ Filmkritik und das bildungsbürgerliche
Programmkino-Publikum hegte seit jeher wenig Sympathie für die
namenlosen Pistoleros und unrasierten Antihelden aus Bella Italia.
Neuerdings
werden die (gefühlten) einhundertachtunddreißig Western, die einen
„Django“ im Titel tragen, wieder mit geschäftstüchtigem
Enthusiasmus in die DVD-Abteilungen der Kaufhäuser und die späten
Programmplätze der Kabelsender gepusht. Die meisten dieser Streifen
haben mit dem Ur-DJANGO (1966) von Sergio Corbucci, der Franco Nero
berühmt machte, wenig oder nichts zu tun. Dabei werden die anderen
Kultfiguren der Spaghettiwestern leider sträflich unterschlagen –
RINGO, ROCCO, SARTANA und SABATA drohen in Vergessenheit zu geraten.
Ganz zu schweigen von noch unbekannteren Rachegöttern, wie der
gleichnamigen Hauptfigur aus Enzo G. Castellaris grandiosen
Spätwestern KEOMA (1976, ebenfalls gespielt von Franco Nero) oder
dem stummen Gunslinger Silenzio aus Sergio Corbuccis LEICHEN
PFLASTERN SEINEN WEG (1968).
Ähnlich
würde es wohl auch den zwei (Anti-)Helden aus unseren beiden
Beiträgen der diesmaligen BALI-Filmnacht ergehen, wenn wir sie nicht
dem trüben Sumpf der Vergessenheit entreißen und zurück auf die
Leinwand bringen würden, wo sie hingehören!
Der
erste Film des Abends gehört zur Sparte der sogenannten
Revolutions-Western und wurde von Genre-Spezialist Sergio Corbucci im
Jahr 1968 in Szene gesetzt. Der mehrfache DJANGO-Darsteller Franco
Nero spielt hier den schlitzohrigen polnischen Söldner Kowalski, der
sich dem mexikanischen Minenarbeiter Paco (Tony Musante) und seinen
revolutionären Kumpanen beim bewaffneten Aufstand gegen den
ausbeuterischen Grubenbesitzer Garcia (Eduardo Fajardo) anschließt.
Wie sich herausstellt, allerdings nicht aus Edelmut, sondern aus
schierer Geldgier. Doch der Großgrundbesitzer hat auch einen
brandgefährlichen Gehilfen – den ehemaligen Spieler und
Revolverhelden Ricciolo (Jack Palance), der Paco und den Polen aus
persönlichen Gründen und wegen der ausgesetzten Belohnung ans Leder
will.
Bei
dieser derb-sarkastischen Polit-Farce im Westerngewand häufen sich
die illustren Namen: Es produzierte Alberto Grimaldi (ZWEI GLORREICHE
HALUNKEN), an der Kamera brilliert Alejando Ulloa (LASST UNS TÖTEN,
COMPANEROS!), für den eingängigen Score – der auch von Tarantino
in INGLORIOUS BASTERDS verwendet wurde – zeichnen Ennio Morricone
(SPIEL MIR DAS LIED VOM TOD) und Bruno Nicolai (SARTANA – NOCH WARM
UND SCHON SAND DRAUF) verantwortlich.
„Dem
ernsten Anliegen zum Trotz ist [der Film] ein schönes, ehrliches,
wertig erstelltes Stück Unterhaltungskino europäischer Machart, das
aus der breiten, kaum überschaubaren Menge der italienischen Western
weit herausragt.“
- Thomas Groh -
Der
zweite Beitrag ist ein Spätwestern von 1977, den Giallo-Spezialist
Sergio Martino im Fahrwasser von KEOMA (1976) herstellte und eine
ganz ähnlich geartete Geschichte wie dieser erzählt:
„Der
erfahrene Kopfgeldjäger Mannaja fängt mit Hilfe seines
messerscharfen Beils erfolgreich seine Beute. Doch bevor er sein
Kopfgeld kassieren kann, kommt ihm die zwielichtige Gangsterbande von
McGowan in die Quere und schon bald gibt es Ärger. Mannaja legt sich
mit dem machtsüchtigen und brutalen Herrscher der Stadt Suttonville
an und es beginnt ein gnadenloser Kampf auf Leben und Tod.“
(Covertext der DVD von Marketing)
In
der Hauptrolle gibt es ein Wiedersehen mit
Poliziotteschi-Urgestein
Maurizio Merli, der hier den unvermeidlichen Schnäuzer gegen einen
dreckigen Dreitagebart eingetauscht hat. Als Schurken glänzen
Philippe Leroy (MILANO KALIBER 9) und John Steiner (JÄGER DER
APOKALYPSE).
Die
fantastische Kameraarbeit wurde von Federico Zanni (DJANGO, DER
BASTARD) besorgt, die Filmmusik komponierten die verdienstvollen De
Angelis-Brüder (VIER FÄUSTE FÜR EIN HALLELUJA).
„Der
Tenor ist so melancholisch wie der Titelsong und trotz trockenem
Humor allumfassend düster. Im Subtext äußert Martino zudem Kritik
an der Industrialisierung und zeigt in deutlichen Bildern den sich
etablierenden Raubbau des Menschen an der Natur. [Der Film] ist ein
atmosphärischer, kompromisslos brutaler Spät-Western und neben
Castellaris KEOMA das letzte große Aufbäumen eines schwindenden
Genres. Ein fast vergessener Klassiker.“
- Thomas auf Handlemedown.de -
Als
Pausensnack wird der hauseigene Hobbychirurg und Bohnenexperte Dr.
Säge seinen berüchtigten Feuereintopf „Texas Inferno“ reichen.
Verzehr auf eigene Gefahr!
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filmjournalistische Bedeutung. Das verwendete Bildmaterial dient nicht zu Werbezwecken,
sondern ausschließlich zur filmhistorischen Dokumentation.