Frauenpower-Nacht
am Freitag, den 10.08. um 23 Uhr im Kino Babylon der Pelmke
Frauen:
Man kann nicht mit ihnen, man kann nicht ohne sie. Männer brauchen
ein ganzes Leben, um sie zu verstehen und scheitern daran – ein
Umstand, aus dem Comedy-Schnarchnasen wie Mario Barth abendfüllende
Bühnenshows zusammenschustern und Kapital schlagen. Die Frau, das
unbekannte Wesen. Schlichte Gemüter reduzieren sie allzu gern auf
die Heilige oder die Hure, wobei sie sich in schöner Regelmäßigkeit
blutige Nasen holen. Denn vergessen wird bei all den Mutter &
Mätressen-Fantasien eine weitere Facette, die besonders im Kino gern
gesehen wird: Die Kriegerin.
Hört
man den Begriff "Frauenfilme", so denkt man sofort an
Biggi, 34, die zwar in zweiter Ehe mit einem Sudanesen verheiratet
ist, aber eine zärtliche Romanze mit Anke, 56, beginnt, die einen
Esoterikladen führt. - Ja, wo sind wir denn hier?? Richtig, im BALI!
Frauenfilme,
das bedeutet bei uns: In Lack und Leder gewandte Moped-Schlampen, die
bierbäuchige Proleten mit Eisenketten vermöbeln. Ultrabrutale
Ninja-Bitches, die tonnenschwere Sumo-Ringer mit Wurfsternen in
Scheibchen häckseln. Neurotische Nonnen, die mit der 45er Magnum die
Männerwelt aufräumen. Girl Gangs! Schnappmesserstechende
Stripperinnen! Karate, Küsse, blonde Katzen!
Pussys
gibt es in unseren beiden Lichtspielen in rauhen Mengen – und die
haben Krallen. Nicht erst seit Quentin Tarantinos bluttriefender
Braut in KILL BILL sind wehrhafte Weiber im Kino sehr beliebt. Die
Ursprünge liegen im Film Noir
und bei Femme Fatal-Darstellerinnen wie Jane Greer in GOLDENES GIFT
(„Out oft he Past“, 1947), Peggy Cummins in GEFÄHRLICHE
LEIDENSCHAFT („Gun Crazy“, 1949) oder Shelly Winters in BETRUG
(„Larceny“, 1947).
In
den prüden 50er Jahren erlebte dann das Genre der Jugendbanden-Filme
(Juvenile Delinquent-Movies) seine Blütezeit, und besonderer
Attraktivität erfreuten sich natürlich ‚Girl Gangs‘ in Filmen
wie JUVENILE JUNGLE, TEENAGE CRIME WAVE, HOT ROD GIRL oder NAKED
YOUTH.
Ende
der 60er bis Anfang der 70er Jahre donnerten dann vermehrt scharfe
Katzen auf heißen Öfen über die Leinwände, in ‚Female Biker
Movies‘ wie THE HELLCATS (1967), SHE-DEVILS ON WHEELS (1968), THE
MINISKIRT MOB (1968), SISTERS IN LEATHER (1969), ANGELS‘ WILD WOMEN
(1972) oder BURY ME AN ANGEL (1972), der mit Barbara Peters sogar
einen weiblichen Regisseur aufweist.
In
den 70ern schuf Regisseur Jack Hill mit der schlagkräftigen Pam
Grier eine Ikone des (weiblichen) Blaxploitation-Genres
durch Werke wie COFFY – DIE WILDKATZE (1973), FOXY BROWN (1974) und
seinen fetzigen ‚Girl Gang‘-Streifen DIE BRONX-KATZEN („The
Switchblade-Sisters“, 1975).
In
Japan feierte zu jener Zeit das sogenannte ‚Pinky Violence‘-Genre
fröhliche Urständ. So bezeichnete man Soft Sex-Filme
(‚Pink‘-Filme), die mit Actionstoffen (z.B. Yakuza- oder
Samurai-Storys) auf meist recht blutrünstige Weise gemischt wurden
und ein ganz ureigenes Genre kreierten. Besonders angesagt waren die
‚Sukeban‘-Filme: Girl Gang-Movies wie Teruo Ishiis QUEEN BEE AND
THE SCHOOL FOR DRAGONS (1972), Norifumi Suzukis TERRIFYING GILRS HIGH
SCHOOL: LYNCH LAW CLASSROOM (1973) oder der STRAY CAT ROCK-Serie mit
Meiko Kaji (LADY SNOWBLOOD).
Zu
guter Letzt sollte man auch noch den Bereich des ‚Rape &
Revenge‘-Films streifen, in dem missbrauchte Frauen die
Strafverfolgung ihrer Peiniger in die eigenen Hände nehmen und dabei
zumeist nur blutige Schnipsel übriglassen. Bekannte Vertreter dieser
Untergattung sind ICH SPUCK AUF DEIN GRAB (1978), DIE FRAU MIT DER
45er MAGNUM (1981) oder der schwedische Grindhouse-Kultschlager
THRILLER – EIN UNBARMHERZIGER FILM (1974).
Ginge es nach dem
katholischen Filmdienst oder der EMMA, sind die beiden Filme, die wir
in der kommenden BALI-Nacht in unserem kleinen Filmclub vorführen,
nicht wirklich geeignet, zu Gleichberechtigung und Erhaltung der
Würde der Frau beizutragen. "Primitive Rachephantasie, die
Gewalt und Chauvinismus unter dem Deckmantel der Emanzipation
verkaufen will." - So urteilte die Kritik einst über den ersten
Filmbeitrag, der sich immerhin zum Kultfilm in der Lesben-Szene
entwickelte.
Inszeniert
wurde er 1966 auf Schwarzweißmaterial von Schmuddelfilm-Mogul Russ
Meyer. Damals löste er in den verklemmten USA einen handfesten
Skandal aus, und obwohl er über die Jahre an Brisanz eingebüßt
hat, weiß er auch heute noch prächtig zu unterhalten. Das liegt
nicht nur an der explosiven Mischung aus Sex, Gewalt und heißen
Sportschlitten, sondern vor allem an seinen weiblichen
Hauptdarstellerinnen - an vorderster Front die göttliche Tura
Satana, eine Kult-Ikone des Bahnhofskinos, die leider im vorigen Jahr
verstarb.
Der
zweite Beitrag ist ein Lattenkracher oberster Güteklasse, der gleich
aus mehreren Gründen seinen Aufstieg in den Olymp des Schundkinos
erfuhr: Yukio Nodas im Jahr 1974 gedrehter Gangster-Streifen zählt
zum Sub-Genre des sogenannten ‚Pinky Violence‘-Films, einer
Mischung aus japanischem Softsex-Film und Action-Kintopp – bei dem
es häufig um weibliche Banden ging, die sich entweder untereinander
bis aufs Blut bekämpften oder die harte Männerwelt der Yakuzas
aufmischten. Nodas Verteter seiner Art erzählt hingegen die
Geschichte eines weiblichen Bullen, gespielt von der lasziven Miki
Sugimoto, die in eine Gang von Gewalttätern eingeschleust wird, was
reichlich Anlass zu Ferkeleien und Kloppe gibt. Unter der Unzahl an
Pinky Violence-Filmen gilt dieser Streifen nicht nur als das mit
Abstand brutalste, wildeste und fieberhafteste Beispiel seiner Art,
er ist auch eine der ganz wenigen Exemplare, die in Deutschland
liefen und eine Synchronisation erhielten. Und, meine Damen und
Herren, diese Synchro ist einfach UN-FASS-BAR. Was das Berliner
Studio Karlheinz Brunnemann sich da für sexistische, kernasoziale
und politisch unkorrekte Sprüche herausgeschraubt hat, das geht
wahrhaftig auf keine Kugelfischhaut mehr.
Hearing and seeing is believing!
Die auf dieser Netzpräsenz veröffentlichten Filmbesprechungen haben rein
filmjournalistische Bedeutung. Das verwendete Bildmaterial dient nicht zu Werbezwecken,
sondern ausschließlich zur filmhistorischen Dokumentation.