Barbaren-Nacht
am Freitag, den 13.04. um 23 Uhr im Kino Babylon der Pelmke
Ach,
ja das waren noch Zeiten! – So mag mancher Chauvinist wehmütig
seufzen, wenn er an die Epoche des wilden Barbarentums denkt. Männer
waren hirnlose Muskelberge, die mit ihrer dicken Keule protzten. Die
Weiber (Merke: In solchen Filmen gibt es niemals Frauen, nur
Weiber!) waren grenzdebile Flittchen mit blondierter Sauerkrautmähne,
die das auch noch gut fanden. Konflikte wurden mit roher Gewalt
gelöst.
Aber, Moment mal, wird der aufmerksame Zyniker nun einwerfen. Ist es so
nicht auch im wirklichen Leben?
Das „wirkliche Leben“ interessiert uns vom Filmclub BALI aber nicht,
denn das eine ist stets ein Abziehbild des anderen. Lasst uns also
frohen Mutes die Lendenschürze um die Hüfte wickeln und die Äxte
schärfen – hier ist der Mann noch Mann!
Der Barbarenfilm erlebte in den 80er Jahren eine kurze aber farbenfrohe
Blütezeit, nachdem ein gewisser Film mit Chef-Testosteronbombe
Arnold Schwarzenegger die Kinokassen zum Klingeln gebracht hatte.
Die muskelbepackte Hauptfigur beruhte auf einer Romanvorlage des
amerikanischen Schriftstellers Robert E. Howard, der einer der
Gründerväter der sogenannten „Low Fantasy“ und des „Sword &
Sorcery“-Genres war. Nachdem Howards wilder Wüstling seinen
Auftritt zunächst nur in Kurzgeschichten hatte, gilt er heutzutage
als der wohl berühmteste Barbar aller Zeiten und hat sich seinen Weg
in Bücher, Comics, Filme und Spiele jeglicher Art frei gekämpft.
Erst kürzlich wurde sogar ein Remake ins Rennen geworfen, das zwar
mit besseren (computergenerierten) Spezialeffekten protzte, aber den
naiven Charme des Originals vermissen lässt. Der Name des Helden
wird natürlich nicht preisgegeben, denn er ist gleichzeitig der
Titel eines unserer Überraschungsfilme dieser BALI-Nacht.
Schwarzeneggers Barbarenfigur besteht haarsträubende Abenteuer im vorsintflutlichen
„Hyborianischen Zeitalter“, kurz nach der Zerstörung von
Atlantis. ER selber stammt aus dem nördlichen, rauhen Cimmeria und
durchwandert er auf seinen Reisen die fiktionalen Kontinente
Aquilonia, Khitai, Zamora oder das südliche Stygia. Auf
blutgetränkten Schlachtfeldern geboren und bei einem Schmied
aufgewachsen, gilt er schon mit 15 Lenzen als gefürchteter Kämpfer
und verlässt seine Heimat auf der Suche nach Abenteuern. Im Verlauf
seiner Wanderungen schlüpft er in verschiedenste Rollen als Dieb,
Söldner oder Pirat bevor er sich irgendwann selbst zum König krönt.
Doch auf dem gefahrenreichen Weg dahin trifft er noch etliche
mordgierige Monster, zornige Zauberer, willige Weiber und
possierliche Prinzessinnen, die alle gleichermaßen seiner
Aufmerksamkeit bedürfen.
Review von Oliver Nöding auf Remember It For Later:
http://funkhundd.wordpress.com/2010/10...
http://funkhundd.wordpress.com/2010/10...
Woher
aber kommen die „Barbaren“ wirklich? Der Begriff stammt aus dem
antiken Griechenland, bedeutet „Stotterer“ und bezeichnete alle
Menschen, die nicht oder nur unzureichend der griechischen Sprache
fähig waren. Daher wurde der Begriff bald für alle fremden Völker
benutzt. Heutzutage wird der Begriff „Barbar“ allenfalls als
Synonym für ungebildete oder gänzlich unzivilisierte Menschen
verwendet (z.B. für den durchschnittlichen Deutschen).
Für den Barbarenfilm als historische Grundlage im weitesten Sinne lässt
sich die Steinzeit, die Bronzezeit und die Zeit der indogermanischen
Völker, wie auch der nordischen Wikinger, aufführen. Freilich legen
diese Filme keinerlei Wert auf historische Korrektheit – und darum
geht es schließlich auch nicht. Es geht um Sex, Gewalt und gute
Laune.
Den herkömmlichen Film-Barbaren zeichnen folgende, immer wiederkehrende
Merkmale aus:
- Ein notdürftig bekleideter, tumber, grobschlächtiger Muskelprotz als Held, gern mit königlichem oder adligem Hintergrund und dickem Prengel [Knüppel, Keule, etc. Gemeint ist natürlich das Schlaginstrument.]
- Eine noch notdürftiger bekleidete, tumbe, ständig paarungsbereite Schickse als Heldin (bzw. als „Das Weib“), gern mit blondiertem Haupthaar und dicken Titten
- Ein möglichst leicht zu merkender, einsilbiger Name für den Helden, wie z.B. Kull, Grom oder Ator
- Der Held redet IMMER von sich selbst in der dritten Person (Beispiel: „Talon wird euch seinen Knüppel auf den Sack kloppen!“
- Die Haarmähne weht IMMER im Wind, selbst bei totaler Windstille
- Die Muskulatur ist IMMER eingeölt und glänzt speckig
- Die Heldin will sich IMMER mit dem Helden paaren und Königsgeschlechter zeugen; bevor es dazu kommt, eiert sie sinnlos hinter ihm her und himmelt permanent seine aufgepumpten Muskelberge an
- Dementsprechend wimmelt es in den Barbarenfilmen von kreischenden Priesterinnen in transparenten Roben, aufmüpfigen Prinzessinnen mit tiefausgeschnittenen Dekolletés und anderen halbnackten Schönheiten, die vom Barbaren "gebändigt" werden wollen
- Seltener (aber durchaus vorhanden) sind BarbarINNEN, in Form von Amazonen oder nordischen Kriegerinnen im Chainmail-Bikini oder zu vernachlässigender Lack- und Ledermode
- Ein mächtiger, garstiger Zauberer/Schamane/Hohepriester als Gegenspieler
- Die Motivation des Helden beschränkt sich primär auf Ficken, Fressen & Kaputtmachen (Vorzugsweise Monster. Äh, also zum Kaputtmachen.)
- Monster sind Pflicht (siehe auch: Dinosaurier, Riesenschlangen, Mammuts, Mettklumpen)
Nach dem überraschenden Erfolg des bereits mehrfach erwähnten
Barbarenfilms mit dem österreichischen „Mister Universum“, wurde
eine ganze Lawine von mehr oder weniger schrottigen Nachzüglern
losgetreten. Arnie selbst durfte an der Seite von der damals noch
Silikon-freien Brigitte Nielsen in RED SONJA (1985) die Doppelaxt
schwingen. Aus den USA kamen Machwerke wie TALON IM KAMPF GEGEN DAS
IMPERIUM („The Sword & the Sorcerer“, 1982), BEASTMASTER
(1982), DER TODEDSJÄGER („Deathstalker“, 1984), DER KRIEGER UND
DIE HEXE („The Warrior and the Sorceress“, 1984 – mit David
Carradine!), BARBARIAN QUEEN (1985 – der so schlecht ist, dass er
es nicht mal nach Deutschland geschafft hat) oder GOR (1987).
Wieder
einmal waren es aber vor allem die Italiener, die beherzt auf den
rollenden Money-Express aufsprangen und es wie kein zweites Volk
dieser Erde verstanden, dem Barbaren-Genre gänzlich ungeahnte
Facetten abzuringen.
Schmierfinger
Joe D‘ Amato (dem Kenner bekannt durch Meisterwerke wie die
EMANUELLE-Reihe oder SADO – STOSS DAS TOR ZUR HÖLLE AUF) schuf
bereits 1982 mit ATOR – HERR DES FEUERS („Ator, l‘
invincibile“) einen Meilenstein der Pasta-Berserker, dicht gefolgt
von den Fortsetzungen ATOR II – DER UNBESIEGBARE („The Blade
Master“, 1984), IRON WARRIOR („Ator, i guerriero di ferro“,
1987 – der einzige aus der Reihe, der nicht von D’Amato, sondern
von Alfonso Brescia gedreht wurde) und TROLL 3 („Quest for the
mighty Sword“, 1990). Der darstellerisch äußerst limitierte
Kraftsportler und professionelle Hanswurst Miles O‘Keefe gibt uns
in diesen enorm unterhaltsamen Kasperlefilmen einen
Ersatz-Schwarzenegger, den man so schnell nicht vergisst (wenn man
nicht bereits von Bier und Doppelkorn hingemacht unter den
Festzeltbänken liegt).
Nicht
minder preisverdächtig ist die Leistung von Granitvisage Sam Pasco
(dessen blonde Glamrock-Frisur bereits ein guter Grund fürs
Totknüppeln wäre), der es bewerkstelligt in ER – STÄRKER ALS
FEUER UND EISEN („Vindicator: La guerra del ferro“, 1983 – auch
bekannt als IRONMASTER) den gesamten Film über keine Miene zu
verziehen, egal, was ihm widerfährt. Regie bei diesem
(unfreiwillig!) sehr lustigen Filmchen, das in der „Steinzeit“
spielt, führte Poliziesci-Spezialist
Umberto Lenzi.
Gleich
im Doppelpack kommen die Schwarzenegger-Klone bei DIE BARBAREN („I
Barbari“, 1987) um die Ecke, und zwar in Form der stumpfsinnigen
Body Builder-Zwillinge David und Peter Paul (die heißen wirklich
so!), bei dem kein Geringerer als Ruggero (NACHT UND ZERFLEISCHT)
Deodato auf dem Regiestuhl Platz nahm.
Gore-Papst
Lucio (EIN ZOMBIE HING AM GLOCKENSEIL) Fulci schickte mit CONQUEST
(„La conquista“, 1983) den wohl nebligsten Film des Barbarenkinos
in die Arena, während Tonino Ricci mit THOR – DER UNBESIEGBARE
BARBAR („Thor il conquistatore“, 1983) den absoluten Bodensatz
des Genres auslotete, bei dem der ewig dümmlich grienende
Vollpfosten Luigi Mezzanotte für uns seine Vollhaar-Perücke
schüttelt.
Der
Thron für den wohl schrägsten und spaßigsten Vertreter des
italienischen Barbarenfilms gebührt aber mit Abstand dem
vielbeschäftigten Genreregisseur Antonio Margheriti (u.a. JÄGER DER
APOKALYPSE oder SATAN
DER RACHE) mit
einem Streifen, dessen Titel geheim gehalten wird, da wir ihn als
ersten Beitrag bei dieser BALI-Nacht zeigen werden.
Dieser
wahnwitzige Film vollbringt nämlich das schier unfassbare
Kunststück, das Erfolgsrezept der Barbaren-Welle mit einem weiteren
Blockbuster der Ära zu verquicken – mit KRIEG DER STERNE („Star
Wars“, 1977)!! – Was bei diesem Experiment herauskam, ist kaum
noch zu glauben. Da ist restlos Zappenduster, da brennt endgültig
der Pappmaché-Dschungel…
Review von GrossOut auf Allesglotzer:
http://allesglotzer.blogspot.de/2009/03/einer...
http://allesglotzer.blogspot.de/2009/03/einer...
Um
einen Barbaren-Film stilgerecht zu genießen, braucht es nicht viel –
vor allem nicht viel IQ. Unumgänglich sind allerdings eine
standesgemäße Druckbetankung und ein Haufen gleichgesinnter Nerds,
die imstande sind, diesen Irrsinn zünftig abzufeiern. Also genau das
Richtige für den Filmclub BALI.
Zu
schlechter Letzt soll ein Zitat aus THOR – DER UNBESIEGBARE BARBAR
die Quintessenz des Genres zusammenfassen:
Thor,
nimm sie! Sie hat wenig Kraft und sie ist dumm. Sieh dir ihren Körper
an. Das Weib ist für die Liebe geschaffen. Nimm sie, Sie ist dein.
Jaaaa…. Streichle sie. Sei zart zu ihr. Entkleide sie und berühre
ihre Lippen. Das Weib muss dir immer untertan sein. Dir dienen und
deine Kinder austragen. Kinder entstehen durch die Paarung von Mann
und Weib. Und der Mann hat mehr Spaß daran, Kinder zu machen, als
sie groß zu ziehen.“
Die auf dieser Netzpräsenz veröffentlichten Filmbesprechungen haben rein
filmjournalistische Bedeutung. Das verwendete Bildmaterial dient nicht zu Werbezwecken,
sondern ausschließlich zur filmhistorischen Dokumentation.