Belgien-Nacht
am Freitag, den 06.05. um 23 Uhr im Kino Babylon der Pelmke
„Belgische
Filme?“, wird der ein oder andere nun womöglich naserümpfend
fragen. Zugegeben, den meisten Menschen fallen zu Belgien nur
Fritten, Brüssler Spitze und Kinderschänder ein – wir vom
Filmclub BALI verstehen uns jedoch als kosmopolitische Weltbürger
und sind auserkoren, die helle Fackel der Aufklärung in die von
Vorurteilen und Unwissen verdunkelten Oberstübchen zu tragen!
Seit
einigen Jahren macht Belgien mit äußerst schrägen und
extravaganten Produktionen auf sich aufmerksam, die allesamt eines
gemeinsam haben: Sie wurden mit möglichst geringem Budget gedreht
und haben außergewöhnliche, oft bizarre Themen zum Inhalt. Eine
Ikone des neuen flämischen Kinos ist Benoit Poelvoorde,
Hauptdarsteller aus dem Kult-Streifen C’EST ARRIVÉ PRÈS DE CHEZ
VOUS (1992), der in seiner deutschen Fassung als erster Film in
unserer Belgien-Nacht läuft. In seiner Heimat ist dieser Guru des
Absurden in bester Gesellschaft. Ihm können Filme nicht
hirnverbrannt genug sein.
Benoit Poelvoorde:
"Ich verspüre tiefe Bewunderung und außerordentlichen Respekt für die wirklich kompromisslosen Exzentriker. Extravaganz ist für mich ein Synonym für Eleganz. Nur leider sind sie sehr selten, die wahren Exzentriker."
"Ich verspüre tiefe Bewunderung und außerordentlichen Respekt für die wirklich kompromisslosen Exzentriker. Extravaganz ist für mich ein Synonym für Eleganz. Nur leider sind sie sehr selten, die wahren Exzentriker."
Vor
einiger Zeit lief ein Dokumentarfilm mit dem Titel FILMEMACHER UM
JEDEN PREIS in den französischen Kinos, der die belgischen
Regisseure unter die Lupe nahm. Darunter, den Ex-Maurer Jean-Jacques
Rousseau, seit 30 Jahren Spezialist für kitschige Filme mit
minimalistischem Budget. Sein Name wird in der Kino-Fachpresse so
gut wie nie zitiert, und gerade aus dieser Anonymität zieht er
seine schöpferische Kraft.
Jean-Jacques Rousseau:
"Ich kann keine teuren Filme machen. Natürlich brauche ich dafür Geld, aber nur das Allernötigste. Ich kann nicht kreativ sein, wenn man es mir zu einfach macht. Manche meiner Szenen wirken etwas ungeschickt, Das Bild ist nicht immer perfekt und es kann schon mal passieren, dass die Umschnitte nicht ganz funktionieren. Das liegt aber daran, dass die Schauspieler sich ständig bewegen."
"Ich kann keine teuren Filme machen. Natürlich brauche ich dafür Geld, aber nur das Allernötigste. Ich kann nicht kreativ sein, wenn man es mir zu einfach macht. Manche meiner Szenen wirken etwas ungeschickt, Das Bild ist nicht immer perfekt und es kann schon mal passieren, dass die Umschnitte nicht ganz funktionieren. Das liegt aber daran, dass die Schauspieler sich ständig bewegen."
Lichtjahre
von Hollywood entfernt, haben die Filmemacher aus den Ardennen ihre
ganz eigene Vision des Kinos verwirklicht. Finanzierung und Vertrieb
gehören dabei ebenso zu ihren Aufgaben, wie die Besetzung der
Rollen.
Ex-Ingenieur Marc Levie hat alles geschmissen um sich seinen Kindheitstraum zu erfüllen. Doch der eigene Film wird zum Debakel. Sein Assistent hat die Dreharbeiten in einem Making-of dokumentiert, das den vielsagenden Titel LASST DIE FINGER VOM KINO trägt.
Ex-Ingenieur Marc Levie hat alles geschmissen um sich seinen Kindheitstraum zu erfüllen. Doch der eigene Film wird zum Debakel. Sein Assistent hat die Dreharbeiten in einem Making-of dokumentiert, das den vielsagenden Titel LASST DIE FINGER VOM KINO trägt.
Aber
manchmal schaffen es die belgischen Produktionen sogar bis ins
Film-Festival von Cannes. Der Backwood-Thriller CALVAIRE (2004)
wurde in den Ardennen gedreht und ist so etwas wie ein wallonisches
Remake von John Boormans Klassiker DELIVERANCE – BEIM STERBEN IST
JEDER DER ERSTE. Die Story, in der ein perverser Kneipier einen
jungen Sänger kidnappt um ihn zu seiner Frau zu machen, löste in
Cannes einen Skandal aus.
Weitere
bekannte Film-Beispiele aus Belgien sind das charmante Roadmovie
ELDORADO (2008) von Bouli Lanners, das Trinker-Drama DIE
BESCHISSENHEIT DER DINGE (2009) von Felix van Groeningen, der
bitterböse Thriller LOFT (2008) von Erik van Looy – oder der
zweite Film unserer flämischen Nacht, der einen besonderen
Meilenstein des kontroversen Kinos darstellt.
Unser
erster Filmbeitrag handelt von Ben, einem stinknormalen, etwas
schlicht gestrickten Zeitgenossen. Er ehrt Mutter und Vater, trinkt
gern mal einen über den Durst, singt dann unter Tränen
sentimentale Lieder – ein völlig unspektakulärer Typ, wäre er
nicht gleichzeitig ein Serienmörder, der bei seinem blutigen
Tagwerk von einem Kamerateam begleitet wird. Nach unzähligen
Leichen und durchzechten Nächten freunden Ben und die Reporter sich
an – die Kamera wird zur Komplizin und das »TV« schafft sich die
»reality«, die es dokumentieren will, selbst…
Der
zweite belgische Beitrag, gedreht im Jahr 2007, ist eine tabulose
und radikale Mischung aus absurder Komödie, Sozialdrama und
Splatterfilm – drei behinderte Verlierer wollen eine Punkband
gründen und suchen einen Schlagzeuger, um bei einem
Provinz-Musikfestival den ersten Preis abzuräumen. Tatsächlich
finden sie in dem zynischen Schriftsteller Dries den vierten Mann,
der sich aus Langeweile und Neugier auf das Projekt einlässt. Ein
Abstieg in den tiefsten Sumpf aus Elend, Drogen und Gewalt nimmt
seinen unaufhaltsamen Lauf…
Die auf dieser Netzpräsenz veröffentlichten Filmbesprechungen haben rein
filmjournalistische Bedeutung. Das verwendete Bildmaterial dient nicht zu Werbezwecken,
sondern ausschließlich zur filmhistorischen Dokumentation.