Zombie-Nacht
am Freitag, den 12.09. um 23 Uhr im Kino Babylon der Pelmke
Zombies! ZOMBIES!!
Was wäre ein zünftiges Bahnhofskino ohne Zombiefilme? Sie gehören
dazu, wie die Maden zum Aas, sie sind das Salz in jeder Blutsuppe.
Sicherlich erinnert sich der ein oder andere von uns noch, wie er
damals als Minderjähriger mit glänzenden Augen vor den
Aushangsfotos und Plakaten neben der öffentlichen
Bedürfnisanstalt am Hauptbahnhof gestanden hat und
unvergessliche Titel lesen musste, die sich ihm auf ewig ins Hirn
einbrannten: "Zombies unter Kannibalen"... "Die Hölle der
lebenden Toten"..."Nachts, wenn die Zombies schreien"...
Der Eintritt in die heiligen Hallen war uns verboten, denn wir waren jung
und unschuldig. Die dicken Platzanweiserinnen in den Polyesterkitteln
verweigerten uns erbarmungslos die Pforten zum Paradies. So blieb uns
nichts anderes übrig, als zu warten, bis der Flaum auf der
Oberlippe zu spießen begann und man uns für reif genug
empfinden würde, um das Elysium zu betreten. Und bis es soweit
war, drehte unsere überschäumende Vorstellungskraft ihre
eigenen Filme...
Der Verfasser dieser Zeilen war erst zarte sechzehn Lenze jung, als er
seinen ersten Zombiefilm im damaligen BALI sah. Man nahm es mit der
Volljährigkeit nicht so genau, und niemand wäre auf die
absurde Idee verfallen, gar einen Personalausweis zu verlangen. Mit
zitternden Knien und dem Wissen, den heiligen Gral gefunden zu haben,
betrat ich die Finsternis des Kinosaals, umweht vom Gestank kalten
Rauchs, Altmännerschweiß, verschüttetem Bier — und
Schlimmerem.
Der Titel des besagten Films, soll hier noch nicht genannt werden, denn er wird
die zweite Hälfte unseres Doppelprogramms in diesem Monat darstellen.
Nur soviel: Das Erlebnis war erregend, aufwühlend, wegweisend —
das Leben sollte niemals wieder so sein, wie zuvor! ZOMBIES beherrschten meine Existenz!
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Im Laufe der folgenden Jahre musste man schmerzlich einsehen, dass nicht jedes
Machwerk, das menschenfressende, lebende Leichname zum Inhalt hatte,
ein Meisterwerk war. Außerdem stellte man fest, dass nicht
jeder Film, auf dessen Plakat das Wort ZOMBIE abgedruckt stand, auch
tatsächlich welche beherbergte. Zombies führten ein ähnlich
schändliches Dasein wie der arme, gebeutelte Django — nirgends
sonst auf der Welt gibt es so viele Django-Filme ohne Django.
Erst jetzt, fast dreißig Jahre später, weiß man zu
schätzen, welche Gunst wir damals erfuhren, Zombiefilme auf
großer Leinwand im Kino goutieren zu dürfen; lang währte
die Freude freilich nicht. Im Fahrwasser der Zombiewelle schwappte
bald auch eine Woge der Entrüstung durch deutsche Lande und
beschwor ein Inquisitionstribunal von selbsternannten Moralaposteln
und Jugendschützern herauf. Die Schergen der Bundesprüfstelle
für Jugendgefährdende Schriften (kurz: BPS) liefen Amok,
entrüstete Lehrer- und Elternverbände schwenkten Fackeln
und Mistgabeln, Zensurinstanzen setzten gnadenlos die Schere an. Die
Zombies (und mit ihnen ihre nächsten Leinwand-Verwandten, die
Kannibalen) wurden zunächst in die Schmuddelecke der Videotheken
verbannt, landeten alsbald auf dem Index und wurden schließlich
zum Großteil bundesweit beschlagnahmt und eingezogen. In
manchen ehrbaren Gemeinden wurden gar Schauprozesse inszeniert, bei
denen man auf öffentlichen Rathausplätzen ganze
Wagenladungen von "Gewalt-Videos" mit der Dampfwalze einstampfte
— eine Hexenverbrennung nahm sich dagegen aus wie ein Grillfest im
Kleingartenverein. Wohl dem, der damals in der Videothek seines
Vertrauens eine Kassette von JUNGFRAU IN DEN KRALLEN VON ZOMBIES
abgreifen konnte, ohne angespuckt zu werden!
Heutigentags, im Zeitalter von Torture-Porn und französischem
Hardcore-Splatter, erscheint ein derartiger Ausbruch von Hysterie
doppelt grotesk — wer sich ein Bild von den damaligen
Gutmenschen-Exzessen machen will, sollte mal einen Blick
hier hinein http://www.youtube.com/watch?v=N34jjArTgqA
werfen...
Eine kleine Geschichte des Zombiefilms...
Durch den Kontakt mit der haitianischen Kultur während der Besetzung
Haitis von 1915 bis 1934 gelangten Zombies als Filmfiguren in die
Produktionen US-amerikanischer Filmschaffender. Der erste Film, in
dem Zombies auftauchten, war Victor Halperins WHITE ZOMBIE (1932) mit
Bela Lugosi in der Hauptrolle, in dem die Darstellung der wandelnden
Toten noch sehr dem Voodoo-Glauben entspricht. Zombies sind hier noch
keine blutrünstigen Menschenfresser wie in späteren Filmen,
sondern agieren als willenlose Sklaven ihres Meisters. In ICH FOLGTE
EINEM ZOMBIE (1942) von Jacques Tourneur wird der Zombie als
traurige, friedfertige Figur gezeichnet.
Ähnliches gilt für den britischen Gruselfilm NÄCHTE DES GRAUENS
(PLAGUE OF THE ZOMBIES, 1966) von John Gilling, der eher als
Mystery-Thriller durchgeht.
Der eigentliche Großvater des heutigen Zombie-Genres war George A.
Romeros NACHT DER LEBENDEN TOTEN aus dem Jahr 1968, einem der
wichtigsten und besten Vertreter seiner Art. In diesem
Schwarzweiß-Schocker werden die wandelnden Leichname erstmals
als die fleischfressenden Monster dargestellt, für die sie in
späteren Filmen berühmt wurden. Der große Zombie-Boom
begann aber erst fast zehn Jahre später, als Romero die
Fortsetzung ZOMBIE (DAWN OF THE DEAD, 1979) drehte und die Leinwände
rot färbte.
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Und dann kamen die Italiener.
Als flinke Reaktion auf Romeros kommerziell enorm erfolgreichen Film, verzapfte
der fleißige italienische Genreregisseur Lucio Fulci 1979 die
Quasi-Fortsetzung WOODOO — SCHRECKENSINSEL DER ZOMBIES, in der die
Voodoo-Thematik wieder aufgegriffen wurde, allerdings gepaart mit
derben Splatter-Effekten. Fulci, der sich zuvor seine Brötchen
in sämtlichen italienischen Genres, von Western über
Komödien bis hin zu Gangsterfilmen und Gialli verdient hatte,
trat damit in Italien eine regelrechte Zombie-Lawine los. Von der
Kritik geschmäht oder verrissen, erlangte der Film unter Fans
bald Kultstatus.
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Ebenfalls auf Fulcis Konto geht der berüchtigte EIN ZOMBIE HING AM
GLOCKENSEIL (1980), der von Jugendschützern gern als
Paradebeispiel für die unterste Gosse herangezogen wurde.
Dabei geht es durchaus schlimmer: Der wohl miserabelste Zombie-Streifen aller
Zeiten stammt von Bruno Mattei und trägt den lieblichen Titel
HÖLLE DER LEBENDEN TOTEN (1980). Ähnlich grottenschlecht,
wenn auch auf schrullige Weise unterhaltsam, ist Andrea Bianchis
RÜCKKEHR DER ZOMBIES (1981). Bei Umberto Lenzis Beitrag zum
Sujet, GROSSANGRIFF DER ZOMBIES (1980) scheiden sich die Geister —
die einen halten ihn für einen guten Bier-und-Pizza-Partyfilm,
die anderen möchten ihn am liebsten durchs Klo spülen.
Erwähnenswert wären noch die Grenzgänger, von denen es ja auch einige
gibt: In dem schwer amüsanten ZOMBIES UNTER KANNIBALEN (1980)
paart Regisseur Marino Girolami die untote Brut mit den nicht weniger
verpönten Menschenfressern vom Amazonas, während Joe
D´Amato bei IN DER GEWALT DER ZOMBIES (1980) auf die sichere
Schweinkram-Karte setzt und seine Zombies im Pornosumpf sudeln lässt.
Damit war jedoch das Ende der Fahnenstange noch längst nicht erreicht. Die
wandelnden Leichen waren nicht totzukriegen — und sind es bis heute
nicht. Im Genre des modernen Horrorfilms sind sie zu einer festen
Instanz geworden und auch im Jahr 2008 schwappt die Zombiewelle
unaufhörlich.
"Wenn in der Hölle kein Platz mehr ist, kommen die Toten auf die Erde
zurück." — Dawn of the Dead
Zur Interpretation des Zombiefilms schreibt Wikipedia (2009/11/09):
Zombiefilme sind seit jeher ein idealer Nährboden für Subtexte und
versteckte Anspielungen. So existiert in den meisten Zombiefilmen
eine gesellschaftskritische Konstante: Die größte Gefahr
für die Charaktere geht zwar von den Zombies aus, jedoch fallen
auch die gesunden Menschen in vom Selbsterhaltungstrieb gesteuerte
Verhaltensmuster: Der Wegfall von sozialen Normen und Werten, der im
Zombiefilm typischerweise mit der Invasion der Untoten einhergeht,
und die Angst um die eigene Sicherheit — gepaart mit
Opportunismus und Egoismus — erzeugen zwischen den Charakteren
ein Klima der Feindseligkeit, das Kooperation verhindert. Dieser
Tatsache fallen — zumindest indirekt — viele der
Charaktere zum Opfer: der Mensch wird, wie man mit Thomas Hobbes
sagen könnte, des Menschen Wolf ("Homo homini lupus.").
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Weiteres,etwas abstrakter funktionierendes Motiv vieler Zombiefilme ist das
Abschotten des verbliebenen Rests an Menschen in einer für
Zivilisation stehenden Einrichtung, z. B. einer Riesenstadt
(LAND OF THE DEAD) oder einem Einkaufszentrum (DAWN OF THE DEAD), was
primär sicher den apokalyptischen Charakter vieler dieser Filme
unterstreichen soll, zuweilen aber auch als das Eindringen der
natürlich-tierischen Triebe (in Gestalt der Zombies) in das
kultivierte menschliche Sein gewertet werden könnte.
Kennzeichnend für den Großteil der Zombiefilme ist auch das Fehlen eines filmtypischen Happy Ends. Die Überlebenden gehen einer ungesicherten Zukunft entgegen, symbolisiert durch ein Aufbruch ins Nirgendwo, untermalt von pessimistischen Musikmotiven. Dadurch ist dem Zombiefilm eine nihilistische Weltsicht zueigen, der Zuschauer verlässt das Kino mit ambivalenten Gefühlen.
Kennzeichnend für den Großteil der Zombiefilme ist auch das Fehlen eines filmtypischen Happy Ends. Die Überlebenden gehen einer ungesicherten Zukunft entgegen, symbolisiert durch ein Aufbruch ins Nirgendwo, untermalt von pessimistischen Musikmotiven. Dadurch ist dem Zombiefilm eine nihilistische Weltsicht zueigen, der Zuschauer verlässt das Kino mit ambivalenten Gefühlen.
Der beste Zombiefilm des Jahres kommt aus Spanien — das verwundert nicht
wirklich, schickte doch bereits Amando de Ossorio 1971 seine
REITENDEN LEICHEN auf die Reise ins fleischliche Glück. Und
einer der besten Beiträge des Genres stammt vom Spanier Jorge
Grau, der 1974 die Zombies aus seinem LEICHENHAUS DER LEBENDEN TOTEN
auf die Menschheit losließ.
Der erste Film unserer zombiefizierten Doppelvorstellung wurde vergangenes Jahr
von dem in Madrid ansässigen Filmemacher Jaume Balagueó
in Szene gesetzt und räumte auf verschiedenen Festivals
reichlich Preise ab. Zu Recht, wie wir finden — denn der Streifen
rockt mächtig! Angelehnt an artverwandte Konzepte wie MANN
BEISST HUND oder BLAIR WITCH PROJECT, begleiten wir ein Fernsehteam
auf einen scheinbaren Routineeinsatz der Madrider Feuerwehr, der
katastrophal aus dem Ruder läuft. Denn, wir ahnen es bereits,
ein mysteriöser Virus sorgt dafür, dass die Toten sich
erheben und nach dem warmen Fleisch der Lebenden gieren...
Review von Bastian Glodd auf mannbeisstfilm.de
http://www.mannbeisstfilm.de/kritik/Jaume-B...
Der zweite Beitrag unserer Zombie-Nacht ist ein Klassiker aus dem heißgeliebten
Bella Italia. Inszeniert im Jahr 1981 von Zombie-Flutschmeister Lucio
Fulci, wurde er seinerzeit als einer der Hauptverantwortlichen für
die Zensur-Hysterie herangezogen. Dabei ist der Film sicherlich einer
der besten, atmosphärisch dichtesten und stimmungsvollsten
Vertreter seiner Gattung — ein unterschätztes kleines
Meisterwerk. Begleiten Sie uns in ein zerfallenes Hotel in den
Sümpfen von New Orleans, wenn wir eines der fluchbeladenen
"Sieben Tore des Schreckens" für Sie aufstoßen...
Review von Carsten Henkelmann auf senseofview.de
http://www.senseofview.de/review/129 |
Die auf dieser Netzpräsenz veröffentlichten Filmbesprechungen haben rein
filmjournalistische Bedeutung. Das verwendete Bildmaterial dient nicht zu Werbezwecken,
sondern ausschließlich zur filmhistorischen Dokumentation.