Filmclub Bali
   
 

DIE RÜCKKEHR DER ZOMBIES

("Le notti del terrore", Italien 1981) R: Andrea Bianchi

Ein Professor der Archäologie erforscht auf einem alten weitläufigen Anwesen antike Riten der Etrusker, speziell das geheime und gut behütete Wissen zur Wiederbelebung der Toten. Sein Hauptaugenmerk liegt in einer unterirdischen Gruft, bei deren Untersuchung er versehentlich und zunächst unbemerkt einen Mechanismus auslöst, der einige lebende Tote freisetzt, die ihn umgehend auf bestialische Weise töten.
Am gleichen Tag besucht der wohlhabende Villenbesitzer George zusammen mit seiner Geliebten Evelyn und deren vom Ödipuskonflikt geschädigten Sohn Michael (Der 25-jährige Peter Bark spielt hier ein Kind), sowie zwei befreundeten Pärchen seinen noblen Landsitz um gemeinsam einen schönen Urlaub zu verbringen. Die Gruppe wundert sich zunächst über das Fernbleiben des skurrilen Wissenschaftlers, der ihnen gute Neuigkeiten versprach, geht aber bald eigene Wege. Getrennt voneinander machen die Pärchen am späten Nachmittag ausgiebige Spaziergänge (inklusive einiger freizügiger Sexeinlagen) im angrenzenden Schlosspark.
Es dauert nicht lange, da erheben sich die Toten aus ihren Gräbern und bereiten den Urlaubern eine wahre Nacht des Terrors...
Rückkehr der Zombies
Meine Herren, was für eine Gurke! Einer dieser Filme, die so schlecht sind, daß sie wieder richtig gut sind. Andrea Binachis Oevre muss man als durchwachsen bezeichnen; er hatte durchaus seine lichten Momente, vor allem bei seinem Giallo DIE NACHT DER LANGEN MESSER und dem Henry Silva-Kracher DIE RACHE DES PATEN, fischte aber auch im Sleaze-Sumpf mit etlichen weniger gelungenen Sexkomödien.
Die Sequenzen, in denen sich die (durch die Bank wenig sympathischen) Urlauber in der Villa verlustieren, sind verdammt harter Tobak. Darunter sind auch ein blondes Dummchen mit esoterischen Anwandlungen und ihr Macho-Freund mit Haarausfall. Gastgeber George trägt dafür einen Schnauzbart, der aussieht, wie mit dem Prittstift angeklebt. Sämtlichen Handlungen, selbst den harmlosesten und profansten, wohnt ein unter der Oberfläche brodelnder und nur mühsam unterdrückter Paarungswille inne. Die Dialoge sind an launiger Sinnlosigkeit schwer zu überbieten und bewegen sich auf Pornofilm-Niveau (kein Wunder, Bianchis Sexorzisten-Filmchen MALABIMBA - KOMM UND MACHS MIT MIR [1979] weist bereits die Richtung, in die dann auch sein Beitrag zur Zombiewelle marschiert). Dialogbeispiele: "Das sieht ja aus wie ein halbverwester Mensch!" "Ja, das sind lebende Tote!" – Oder mein Lieblingszitat, welches das Ende dieser Besprechung krönt.
Angesichts des hanebüchenen Unsinns, den die Protagonisten pausenlos verzapfen, wünscht man sich die geifernde Zombiehorde geradezu herbei. Und allzu lange muss man zum Glück auch nicht warten. Bis es soweit ist, wird ausgiebig gefummelt und am Mieder gezerrt.
Als dann die lustlos herumschlurfende Zombiebrut auftaucht, wuseln alle kopflos durch die Walachei und wissen nicht mehr weiter. In den Momenten, wo der Konflikt die Oberhand zu gewinnen droht, wird erst mal großzügig J&B-Whisky ausgeschenkt. Jawoll, so werden Probleme gelöst! Das blonde Dummchen tappt in ein Fangeisen, das – einfach so! – im Garten der Villa ausliegt.
Die Schauspieler sind durch die Bank grottenschlecht oder unsympathisch bis schmierig – Peter Bark, der den Filmsohn von Mariangela Giordano gibt, sieht aus als leide er an Progerie und kommt unheimlicher daher, als jeder Zombie. Als wäre dies nicht schon Strafe genug, hat er im Film auch noch eine Frisur wie Prinz Eisenherz.
Peter Bark
Das Grauen: Peter Bark
Einige Szenen des Streifens sind derart unfassbare Brüller, dass man meint, seinen Augen nicht zu trauen: Als Evelyn und ihr hässliches Söhnchen Michael vor den Untoten flüchten, retten sie sich in eine Werkstatt, wo ein paar Bottiche mit grüner Farbe herumstehen. Michael: "Mama, sieh mal da! Die Eimer!" Woraufhin Mami sofort weiß, was zu tun ist – sie überkippt die herbeitaumelnde untote Bagage mit dem Kleister, entzündet ruhigen Blutes ein Streichholz und setzt sie in Brand! Das nenne ich konsequente Mutterliebe!
Apropos: In zweien der berüchtigtsten Szenen des Films geht es ja um ödipale Beziehungen. Zuvor wird Sohn Michael zudringlich, als er der Frau Mama seine Zuneigung beichtet und greift ihr beherzt ans Dekolleté und in den Schritt. Dafür kassiert er eine schallende Ohrfeige, was er pikiert hinnimmt und beleidigt in die Tiefen der Villa flüchtet – wo sich ja, wie wir alle wissen, die Zombies herumtreiben und nach Kutteln lechzen. Man könnte also mit Fug und Recht ausrufen: "Selbst Schuld!", wenn ihm kurz darauf das Grabschehändchen samt Arm ausgerupft wird. Mama ist untröstlich und gibt sich Mitschuld an seinem Tod. Mit starrem Blick und ruiniertem Nervengewand stolpert sie fürderhin ihren Leidensgenossen hinterdrein. Wen wundert´s, dass sie ihren Sohnematz überglücklich in die Arme schließt, als er kurz darauf als Wiedergänger zurückkehrt – und ihm bereitwillig die blanke Brust entgegenstreckt! Was dann passiert, weiß man oder man kann´s sich denken...
Ja, der Bianchi macht keine Gefangenen und spielt völlig losgelöst auf der Sleaze-Klaviatur. Warum der Film trotzdem mächtigen Spaß macht? Vor allem: gerade deswegen! Weiterhin auf der Haben-Seite steht die sehr atmosphärische Location: Die (einstmals gewiss prunkvolle, mithin aber arg heruntergekommene) Villa und ihr üppig wuchernder Garten sind eine Augenweide. Das "Make-Up" der Zombies (inklusive Regenwürmer, die aus den Sehschlitzen baumeln) finde ich durchweg sehr innovativ und gelungen – jedenfalls ist es um Längen besser, als die Heilerde-Packung-Fressen in Lenzis GROSSANGRIFF DER ZOMBIES, dessen Schrottqualität Bianchis Machwerk noch bei Weitem übertrifft. Zum Großteil hat der Film auch ein angenehmes Tempo, Langeweile kommt aufgrund des hohen Trashgehalts selten auf – auch wenn einige Szenen herrlich sinnfrei sind und in die Länge gezogen werden. (In einer Szene zündet ein Lakai einen Kerzenleuchter an, während die Untoten draußen vor die Tür bumsen – das dauert fast geschlagene zwei Minuten und ist so spannend, wie es sich anhört.) Gore und Blutmatschereien gibt es freilich auch zur Genüge. Die Zombies halten sich nicht nur am Menschenfleisch gütlich, sie benutzen auch Sensen, Äxte und Gartenwerkzeuge, um die Leiber von innen nach außen zu kehren. Einer der Gammelköppe erweist sich gar als begabter Zirkusartist und nagelt die Hand einer Haushälterin zielsicher mit einem Bolzen-Wurfgeschoss an die Balustrade.
Im Gekröse wird reichlich gewühlt; besonders Vollgas gibt der bärtige Darsteller des zombiefizierten Herrn Professors, der kaut auf den (echten!) Därmen rum, als gäbe es nichts Besseres zum Abendbrot. Gut ist auch die düster-dräuende Musik von Elsio Mancuso, die jedoch zum Großteil aus dem Film KATARSIS (1963) geklaut wurde. Man muss Bianchi zugute halten, das ihm einige wirklich stimmungsvolle Sequenzen gelungen sind, die mir nachhaltig im Gedächtnis haften geblieben sind. Der Schluss ist ein pessimistischer Gnadenhammer und soll an dieser Stelle den Uneingeweihten nicht verraten werden...
Die DVD des österreichischen Labels XT kommt in stilvoller Blechverpackung und kann ein schönes Holobild auf dem Cover vorweisen. Was an der Fassung allerdings großartig "restauriert" wurde, erschließt sich mir nicht recht – das Bild ist immer noch etwas griesig, wenn auch bedeutend heller als die abgedunkelte Version auf der alten UFA-Videokassette.
Im Großen und Ganzen eine absolute Graupe, aber gleichzeitig ein sehenswerter Partyfilm, dem jeder Italo- und Zombiefreund eine Chance geben sollte!
"Trotz einiger effektvoller Sequenzen ein äußerst fragwürdiger Horrorfilm voller Zynismus und Blutrünstigkeiten."
- Lexikon des internationalen Films
Lieblingszitat:
"Mami, sieh mal, es riecht so nach Tod!"
- Pelle -





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