Filmclub Bali
   
 

ROBOT MONSTER

(USA 1953) R: Phil Tucker

Es soll ja nach wie vor Menschen geben, die glauben, Ed Woods PLAN 9 FROM OUTER SPACE sei der schlechteste Film aller Zeiten – die kennen aber den unbeschreiblichen ROBOT MONSTER von Phil Tucker noch nicht.
Im Jahr 1953 für lausige 20.000 $ hingeschludert, erzählt der Streifen die hanebüchene Geschichte um eine Handvoll Menschen, welche die Attacke eines ominösen Todesstrahls aus dem Weltall überlebt haben. Sämtliche Städte auf der Erde sind vernichtet, ein Atomkrieg ist ausgebrochen, die Menschheit hat es dahingerafft. Alle, bis auf ein buntes Grüppchen von sechs Leuten: ein „Professor“ namens George (der Österreicher John Mylong), seine Ehegattin Martha (Selena Royle) und die gemeinsame Tochter Alice (Claudia Barrett), der Rotzlöffel Johnny (Gregory Moffett), seine fette Schwester Carla (Pamela Paulson) und Roy (George Nader alias G-MAN JERRY COTTON), der obligatorische Muskelprotz mit Elvis-Tolle und Beschäler der drallen Alice. Die außerirdischen Usurpatoren, fantasievoll als „Ro-Mans“ (vom Planeten Ro-Man!) tituliert, senden einen Spezialisten in Sachen Kaputtmacherei auf die verwüstete Erde, um die letzten Überlebenden auszurotten und die Erde urbar für -was auch immer- zu machen: „In the 27th category, there is an error of sixteen billionths!”
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Unter Zuhilfenahme hochkomplexer intergalaktischer Technologie (ein Rundfunkgerät, das Seifenblasen produziert und auf einer pittoresken Holzanrichte in einer Höhle steht) findet der Ro-Man XJ-12 schnell heraus, dass die widerspenstigen Rebellen keineswegs bereit sind, ohne Gegenwehr den Löffel zu reichen. Er nimmt per Seifenblasen-Generator mit ihnen Kontakt auf und verspricht ihnen einen schnellen und schmerzfreien Tod, sofern sie sich ihm ergeben. “A painless surrender death – or the horror of resistance death!” Von dieser Idee sind unsere Survivor jedoch wenig begeistert – nur gut, dass sie in einer Ruine ohne Dach hausen, die sie mittels eines geheimen Tricks („an electronic barrier“ – aha!) vor dem Ro-Man abgeschirmt haben. Die vor jugendlichem Tatendrang strotzende und in vollem Saft stehende Alice will nun einen sehr emanzipierten Vermittlungsversuch auf eigene Faust unternehmen, jedoch wird sie von ihrem konservative Vater kurzerhand an die Leine gelegt. Johnny, unser kleiner Held, unternimmt nun seinerseits einen diplomatischen Vorstoß und gerät in die Fänge des Robot Monsters. (Johnny zu Ro-Man: “You look like a pooped-out pinwheel!” Ro-Man zu Johnny: “Now I will kill you.”) Nun erfahren wir auch, warum ausgerechnet diese sechs Luschen den nuklearen Holocaust überstanden haben: Der „Professor“, ein waschechter Superwissenschaftler, hat kurz vor der Apokalypse noch sein Unsterblichkeitsserum fertiggestellt, von dem alle in der Familie reichlich getankt haben. Zu dumm, dass seine Erfindung nicht mehr honoriert werden kann und ihm der Nobelpreis verwehrt bleiben wird. Als der außerirdische Terminator diesen Umstand seinem Chef mitteilt, wird dieser arg sauer und verlangt die sofortige Auslöschung der Sippe bis in die dritte Generation. Dies stellt sich als passende Gelegenheit für Roy und Alice heraus, spontan zu heiraten. Zur Feier des Tages entledigt sich Roy sogar seines schmierigen Hemdes und ehelicht seine Angebetete mit nacktem Oberkörper. Zur Hochzeitsreise begibt man sich auf Wanderung in die Wüste, wo man unverzüglich dem sinnlos durch die Pampa schlurfenden Ro-Man in die Arme läuft. Infolge eines dramatischen Zweikampfs beißt Roy ins Gras und Alice wird in die Höhle verschleppt. Nach einem Zwiegespräch mit seinem Vorgesetzten reagiert XJ-12 jedoch mit Ungehorsam: Anstatt Alice wie angeordnet zu töten, verlangt er von „Great Guidance“, dass dieser ihm die Fähigkeit zur Gefühlsempfindung verleiht, denn natürlich hat er sich – ganz King Kong-like – in Alice verknallt. Obendrein macht er sich vor seinem Boss mit philosophischen Monologen lächerlich: “To be like the Hu-Man— to laugh, to love, to want— why are these things not in the Plan?” Ja, hier begibt das Drehbuch sich gar in Hamlet-Regionen: “I cannot, yet I must… How do you calculate that? Where on the graph do ‘cannot’ and ‘must’ meet?” Die Chefetage (“You want to be like the Hu-Man? Good— then you can die like the Hu-Man!”) strahlt den Ärmsten daraufhin in den Orkus und lässt Dinosaurier auf die Erde regnen, um der störrischen Menschheit den Rest zu geben…
Oder, um genauer zu sein: “The deadly Q-rays, which will release prehistoric reptiles to devour all life!” – Wer sich nun in freudiger Erwartung uriger Gummimonster-Stop Motion-Effekte die Hände reibt, soll das Frohlocken umgehend einstellen – es handelt sich lediglich um schlecht montiertes Archivmaterial aus THE LOST WORLD („Die verlorene Welt“, 1925) und ONE MILLION B.C. („Tumak, der Herr des Urwalds“, 1940).
Dies ist gewiss nicht das einzige, was schlecht an ROBOT MONSTER ist. Wer es bisher noch nicht begriffen haben sollte: Hier haben wir es mit einer Trash-Gurke vom Allerfeinsten zu tun. Mittlerweile legendär ist das unvergessliche Kostüm des titelgebenden Monstrums: Der Ro-Man steckt in einem überdimensionalen Gorilla-Anzug, auf dem Kopf trägt er eine Mischung aus Taucherglocke und Astronautenhelm, gekrönt von zwei dullen Fernsehantennen! Man muss es einfach gesehen haben, wie dieser traurige Fettklops durch die Ödnis watschelt, während die Zotteln seines Affenanzugs ihm bis zu den Knien runterhängen. Generationen von SF-Billigfilm-Fans werden sich pausenlos gefragt haben: „Gut und schön – aber warum ausgerechnet ein Gorillakörper??“ Ich vermute, die Lösung ist so unromantisch wie pragmatisch: Wahrscheinlich lag der Läusefiffi einfach irgendwo in der Requisitenkammer rum und man verwendete ihn in Ermangelung eines Besseren…
In technischer und formaler Hinsicht, gibt es eigentlich nichts an ROBOT MONSTER, was nicht falsch gemacht wurde. Der Film wimmelt von den haarsträubendsten Anschlussfehlern (Tag- und Nachtwechsel? Alles relativ!), hundsmiserabler Schauspielerei, ungeschickten Schnittfolgen, dilettantischer Fotografie und lausigen Spezialeffekten. Die Sets beschränken sich auf zwei bis drei staubige Wüsteneien, die im legendären Bronson Canyon zu finden sind (sämtliche B-Filme der 50er Jahre, in denen Wüsten, Felsen und Höhlen zu sehen sind, wurden im Bronson Canyon gedreht). Dass das Drehbuch ein hoffnungslos konfuser Haufen Firlefanz ist, versteht sich von selbst. (Obwohl das Original-Skript von Wyott Ordung möglicherweise Potential hatte, was von Tuckers Talentlosigkeit aber beherzt in den Schornstein geblasen wurde.) Teile von ROBOT MONSTER wurden übrigens in 3-D gedreht, viel merkt man davon allerdings nicht. Bei den Spezialeffekten verließ Regisseur Tucker sich größtenteils auf Stock-Footage (zu Beginn des Films sieht man bereits Ausschnitte aus Wochenschauen um die Zerstörung der Erde zu demonstrieren), nervtötende Negativ-Spielereien, Wackelbilder und –natürlich! – Seifenblasen. Etwas Tiersnuff wird zur Auflockerung auch noch dargereicht: Wir werden Zeuge des grausamen Todeskampfes zweier Wüstenleguane! Am Ende serviert das deliriöse Skript uns dann noch einen Twist, der mulmige Erinnerungen an Lenzis GROSSANGRIFF DER ZOMBIES wachruft.
Unfassbarerweise wurde der Score zu diesem Rohrkrepierer von Elmer Bernstein komponiert und ist viel besser, als der Film es verdient hätte.
Eine erwähnenswerte Anekdote, die der ganzen Sause posthum eine recht tragische Note verleiht, ist der Selbstmordversuch von Phil Tucker, nachdem die Kritik seinen Film in der Luft zerriss. Offenbar hielt der Mann sich – wie auch Ed Wood – für einen Künstler, dessen Werk missverstanden wurde. Immerhin drehte er 1960 noch THE CAPE CANAVERAL MONSTERS, den ich gern mal sehen würde…
Für das Schlusswort zitiere ich einfach mal Oliver Nöding:
Alles in allem ein echter Gigant des guten schlechten Films und eine sehr sinnvolle Möglichkeit, andernfalls ereignislos verstreichende 60 Minuten mit Leben zu füllen. Ein ähnliches Motiv hatten wohl auch die Beteiligten als sie diesen Film drehten – und wesentlich länger kann das auch nicht gedauert haben.
Ein Traum wäre es, diesen Meilenstein des „Turkey-Movies“ in der RÜCKKEHR DER GALERIE DES GRAUENS oder als Bestandteil der DRIVE-IN CLASSICS vorzufinden. Eine deutsche DVD-Auswertung liegt bislang nicht vor. Leider existiert aber keine deutsche Synchronisation – sicher wäre es eine echte Herausforderung eine solche speziell anzufertigen, aber leider auch anspruchsvoll und kostspielig.
Bis dahin muss die US-Veröffentlichung von „Image Entertainment“ ausreichen, die den Film immerhin in beachtlicher Bildqualität präsentiert.
- Pelle -





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